Red Lights
Ich hätte es wissen müssen.
Wenn meine Freunde sagen: „Das wird lustig“, endet es garantiert in einer Katastrophe.
Oder in einem Club. Beides ist für mich gleich schlimm.
Die Neonröhre über dem Eingang flackerte in einem tiefen Rot, passend zum Namen des Clubs: Red Lights.
Es hätte mich abschrecken sollen, aber stattdessen ließ ich mich wie ein Idiot mitziehen.
Der Bass war draußen schon so laut, dass ich ihn in meiner Brust spürte, noch bevor wir durch die Tür gingen. Ich war nicht gemacht für solche Orte, das wusste ich genau.
Aber ich war auch nicht der Typ, der eine Ausrede findet, wenn seine Freunde ihn zu etwas überreden wollen.
Kaum öffnete sich die Tür, schlug mir eine Welle aus Hitze, Schweiß und dieser klebrigen Mischung aus billigem Parfum und Alkohol entgegen.
Es war stickig, laut, chaotisch.
Mein persönlicher Albtraum.
„Was mach ich hier?“ murmelte ich, doch keiner hörte mich.
Meine Freunde waren längst in der Menge verschwunden.
Ich blieb stehen und ließ den Raum auf mich wirken.
Alles war in ein tiefes, beinahe hypnotisches Rot getaucht.
Die Schatten tanzender Körper bewegten sich synchron zum Takt der Musik. Es war seltsam… fast schon surreal.
Und dann sah ich ihn.
Ich weiß nicht, warum meine Augen ausgerechnet ihn fanden.
Vielleicht war es sein Crop-Top, das mehr Haut zeigte, als ich gewohnt war, oder die Art, wie er sich bewegte – selbstbewusst, als würde ihm die Tanzfläche gehören.
Er strahlte etwas aus, das mich sofort an sich zog.
Er lachte über irgendetwas, sein Kopf leicht in den Nacken gelegt, während er sich drehte und der rote Lichtschein sein Gesicht erfasste.
Er war wunderschön.
Und ich wusste, dass ich ihn nicht aus den Augen lassen konnte.
Ich spürte, wie mein Magen sich zusammenzog, als er plötzlich in meine Richtung sah.
Unsere Blicke trafen sich, und in diesem Moment fühlte es sich an, als würde die Luft zwischen uns knistern.
Er grinste.
Nicht so ein freundliches, harmloses Grinsen – es war frech, herausfordernd. Es sagte: Na, traust du dich?
Ich wusste sofort, dass ich verloren war.
„Wer ist das?“ murmelte ich vor mich hin, obwohl niemand mehr da war, um mir zu antworten.
Plötzlich war die Menge um mich herum verschwunden.
Es gab nur noch ihn und das rote Licht, das wie ein Magnet wirkte. Ohne wirklich zu wissen, warum, setzte ich mich in Bewegung.
Meine Füße trugen mich über den klebrigen Boden, immer näher zu ihm.
Als ich endlich vor ihm stand, legte er den Kopf schief und musterte mich mit einem Blick, der mich gleichzeitig nervös und fasziniert machte.
„Hey“, sagte ich, meine Stimme brüchig und viel zu leise.
„Hey.“
Sein Lächeln wurde breiter, und dabei blitzte etwas Herausforderndes in seinen Augen.
„Du bist neu hier, oder?“
Ich nickte. Worte schienen nicht mehr zu funktionieren.
Er trat näher, bis ich sein Parfum riechen konnte – süß, aber irgendwie gefährlich.
Der Duft war intensiv und betörend, fast wie eine Einladung.
„Ich bin Jisung. Und du bist?“
„Minho“, stieß ich schließlich hervor.
„Minho“, wiederholte er langsam, als würde er meinen Namen auf der Zunge schmecken.
„Was macht ein schüchterner Typ wie du an einem Ort wie diesem?“
Ich wollte etwas Schlaues sagen, aber meine Gedanken waren leer. Stattdessen brachte ich nur ein: „Ich… wurde gezwungen.“
Jisung lachte leise, seine Finger strichen kurz über meinen Arm.
„Gut so. Vielleicht brauchst du genau das.“
„Was?“
„Jemanden, der dir zeigt, wie man Spaß hat.“
Er zog mich näher an sich heran, und für einen Moment fühlte es sich an, als würde der Club um uns herum verschwinden.
Das rote Licht schien intensiver zu werden, als würde es nur noch uns beleuchten.
Mein Herz schlug schneller, und ich wusste nicht, ob es an der Musik lag oder an ihm.
Jisungs Finger, die sich für einen Moment auf meinem Arm abstützten, waren warm.
Nicht unangenehm, aber genug, um mir bewusst zu machen, wie nah er war.
Ich spürte einen leichten Druck in meiner Brust – keine Angst, sondern eher etwas, das ich nicht benennen konnte.
Er lächelte mich immer noch an, fast so, als wüsste er genau, was in meinem Kopf vorging.
Vielleicht tat er das auch.
Leute wie er wirkten, als hätten sie ein Gespür für andere, als könnten sie einen Blick auf dich werfen und dich vollständig durchschauen.
„Na, komm schon.“
Er zog mich ein Stück näher, seine Bewegungen so beiläufig, dass es wirkte, als sei das alles selbstverständlich.
„Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du dich den ganzen Abend nur an die Wand lehnen willst.“
„Das ist… eigentlich genau der Plan“, erwiderte ich trocken, woraufhin er lachte – ehrlich, laut, ansteckend.
Jisungs Grinsen hatte etwas Unverschämtes, fast Herausforderndes, und ich wusste, dass er genau das erreichen wollte: mich aus meiner Komfortzone locken. Aber ich war nicht so leicht zu knacken.
„Tanzen?“
Ich zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nicht mein Ding.“
Er ließ seine Hände lässig in die Hüften gleiten und musterte mich mit einem Blick, der mich mehr verunsicherte, als ich zugeben wollte. „Wirklich? Du siehst aus wie jemand, der heimlich übt, wenn niemand hinschaut.“
„Träum weiter.“
Er lachte, ein leicht kehliges Geräusch, das seltsam ehrlich klang, und trat einen Schritt näher.
Sein Crop-Top funkelte im Licht, und der Schimmer seiner Haut wirkte fast wie Teil der Atmosphäre.
„Okay, Minho, du tanzt also nicht. Aber warum bist du dann hier? Clubs scheinen echt nicht dein Ding zu sein.“
„Sind sie auch nicht.“
Ich zuckte mit den Schultern, während ich versuchte, meinen Blick nicht zu lange auf den frechen Schnitt seines Shirts ruhen zu lassen.
„Meine Freunde haben mich überredet. Und dann sind sie abgehauen.“
„Klassiker.“
Er zog die Mundwinkel nachdenklich hoch.
„Na ja, immerhin haben sie dich an den perfekten Ort gebracht, um Leute wie mich kennenzulernen.“
„Leute wie dich?“ Ich war mir nicht sicher, ob ich neugierig oder skeptisch klingen wollte.
Er trat noch ein kleines Stück näher, bis ich die Süße seines Parfums erneut wahrnahm – ein seltsam betörender Duft, der fast überwältigend war.
„Leute, die wissen, wie man Spaß hat. Im Gegensatz zu dir, Mister Ich-bin-zu-cool-zum-Tanzen.“
„Vielleicht bin ich einfach zu cool, um mich zum Affen zu machen.“
Er kicherte leise, ein Ton, der irgendwie in meinen Ohren hängen blieb.
„Schlagfertig, das gefällt mir. Aber du wirst hier drin nicht lange überleben, wenn du dich nicht ein bisschen öffnest. Vielleicht bist du ja genau deshalb hier.“
„Wegen tiefgründiger Lebenslektionen in einem Club?“
Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme leicht sarkastisch klang.
Er grinste wieder.
„Warum nicht? Das rote Licht bringt die Wahrheit mit sich.“
Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken konnte.
„Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe.“
„Vielleicht.“
Seine Augen funkelten. „Oder vielleicht verstehst du es nur noch nicht.“
Ein Teil von mir wollte ihm die Stirn bieten, wollte ihm zeigen, dass ich nicht so leicht zu beeindrucken war. Aber ein anderer Teil – ein kleiner, leiser Teil – fragte sich, warum ich mich überhaupt so sehr dagegen wehrte.
Jisung lehnte sich zurück, verschränkte selbst die Arme vor der Brust und musterte mich mit einem Blick, der mich auf eine seltsame Weise durchbohrte.
„Okay, Minho. Wenn du nicht tanzen willst, was dann? Bleibst du hier stehen und beobachtest mich den ganzen Abend? Oder willst du dich wenigstens ein bisschen unterhalten?“
Ich wollte etwas antworten, doch stattdessen schien mein Mund plötzlich trocken zu sein.
Sein Grinsen wurde breiter, als hätte er mich schon wieder durchschaut.
„Weißt du was?“ sagte er und trat einen Schritt zur Seite.
„Ich bin da hinten an der Bar, wenn du beschließt, dass du doch ein bisschen Spaß haben willst.“
Bevor ich etwas sagen konnte, wandte er sich um und verschwand in der Menge, sein Crop-Top und die glitzernden Bewegungen seiner Schritte das Letzte, was ich von ihm sah.
Ich blieb stehen, die Geräusche des Clubs dröhnend um mich herum. Meine Freunde waren nirgendwo zu sehen, und ich fühlte mich auf einmal, als hätte sich die Welt um mich herum verändert.
Es war dumm, ich wusste es – aber ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob ich wirklich hierhergekommen war, nur um diesen Moment zu erleben.
Jisung hatte eine Art, die an mir rüttelte, mich provozierte und aus der Reserve lockte.
Und so sehr ich auch den Drang verspürte, den Club sofort zu verlassen, blieb ich doch.
Mein Blick wanderte zur Bar, wo ich ihn verschwinden gesehen hatte.
Vielleicht war dieser Abend doch noch nicht vorbei.
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