Red Army Blues
Ich genoss den Moment. Jisungs Lippen fühlten sich noch immer warm und zart an, und für einen kurzen Augenblick vergaß ich alles um uns herum. Die Musik, die tanzenden Menschen, sogar die lauten Geräusche des Clubs – es war alles weit entfernt, als seine Nähe mich vollständig einhüllte. Ich schloss für einen Moment die Augen und ließ mich von dem Gefühl treiben, das in mir aufstieg.
Doch gerade als ich mich vollkommen in den Kuss vertiefte, vibrierte mein Handy in meiner Tasche. Sofort stieß ich mich leicht von Jisung ab und zog mein Handy heraus. Auf dem Bildschirm stand Minnie🐶.
Ich seufzte, genervt, dass dieser Moment unterbrochen wurde, doch als ich Jisung ansah, grinste er nur und schüttelte den Kopf.
„Dein bester Freund, hm?“ sagte er, seine Stimme klang sowohl amüsiert als auch ein wenig ironisch.
„Ja“, antwortete ich knapp und gab ihm einen flüchtigen Blick, als ich das Gespräch entgegennahm.
„Hey, was gibt’s?“
Am anderen Ende der Leitung hörte ich sofort Seungmins zittrige Stimme. „Minho… Es ist... es ist aus.“
Ich spürte sofort, wie sich etwas in meinem Magen zusammenzog.
„Was? Was ist passiert, Seungmin?“
„Jeongin... hat Schluss gemacht“, flüsterte Seungmin, seine Stimme war fast nicht zu hören und dann folgte ein lautes Schluchzen.
Es klang so herzzerreißend, dass es mir schwerfiel, ruhig zu bleiben.
„Seungmin“, sagte ich sofort, meine Stimme ruhig, aber bestimmt.
„Was ist los? Was ist passiert?“
„Ich weiß nicht mehr, wo ich hin soll, Minho“, stammelte er und ich konnte hören, wie er versuchte, sich zu sammeln, aber es war offensichtlich, dass es ihm schwerfiel.
„Ich habe alles für ihn aufgegeben. Meine Wohnung, meine Familie, die Beziehung, meine Heimatstadt… alles. Und jetzt… jetzt ist er einfach gegangen, ohne ein Wort.“
Ich atmete tief ein, die Sorgen in meiner Brust wurden schwerer.
„Du kannst vorübergehend bei mir bleiben, Seungmin. Ich komme dich abholen, okay?“
„Aber… wo soll ich sonst hin?“, flüsterte Seungmin, als seine Stimme fast in ein Schluchzen überging.
„Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll…“
„Hör zu“, sagte ich, meine Stimme wurde ernster.
„Ich komme gleich, also bitte… bitte tu nichts Dummes, okay? Ich komme jetzt.“
„Okay“, hörte ich ihn flüstern, seine Stimme immer noch von Tränen überschattet.
„Danke, Minho...“
Als ich das Gespräch beendete, steckte ich mein Handy in die Tasche und wandte mich wieder zu Jisung, der mit einem leichten Nicken beobachtet hatte, was passiert war.
Sein Blick war ernst, als er mich ansah.
„Es tut mir leid“, sagte Jisung leise, „das klingt wirklich hart.“
„Ja“, antwortete ich, noch immer von der Nachricht getroffen.
„Seungmin hat alles verloren und jetzt ist er völlig allein. Er hat so viel für Jeongin aufgegeben und jetzt ist es vorbei.“
Jisung nickte langsam, seine Augen zeigten Verständnis.
„Du musst ihn jetzt wirklich unterstützen, Minho. Wenn er zu dir kommen will, dann sei für ihn da. Ich weiß, wie wichtig das für ihn sein muss.“
Ich atmete tief durch.
„Ich weiß... Ich werde ihn nicht im Stich lassen.“
Jisung legte seine Hand kurz auf meinen Arm.
„Ich verstehe. Du bist ein guter Freund, Minho. Ich hoffe, er findet bald einen Weg, mit dem alles umzugehen.“
„Danke, Jisung“, sagte ich, meine Stimme ein wenig weicher.
„Es tut gut zu wissen, dass du das verstehst.“
Jisung lächelte leicht, doch ich wusste, dass er wusste, wie schwer das für mich war.
Aber jetzt musste ich mich auf Seungmin konzentrieren und ihm beistehen. Der Rest – der Moment mit Jisung, der Club, alles andere – musste warten.
Ich fuhr langsam durch die regnerische Nacht, das Geräusch des prasselnden Regens auf der Windschutzscheibe begleitete die Stille im Auto.
Mein Kopf war voller Gedanken, besonders wegen Seungmin.
Die Schwere seiner Worte hatte mich nicht losgelassen.
Ich wusste, dass er gerade in einer unglaublich schwierigen Situation steckte und ich konnte nicht anders, als mir Sorgen zu machen.
Als ich endlich bei ihm ankam, schickte ich ihm eine kurze Nachricht, dass ich vor der Tür stand. Er ließ mich sofort rein und ich konnte die Anspannung in seiner Haltung förmlich spüren, als ich den Raum betrat.
Es dauerte nicht lange, bis wir seine wichtigsten Sachen zusammengepackt hatten, ohne ein Wort oder großen Blickkontakt.
Die Fahrt zu meiner Wohnung verlief genauso.
Als wir angekommen waren, hörte der Regen langsam auf.
Ohne ein weiteres Wort führte ich ihn zu meinem Schlafzimmer und ließ ihn sich auf mein Bett setzen.
In diesem Moment sah er aus wie jemand, der sich selbst verloren hatte, als ob er von der ganzen Welt erdrückt wurde.
Seungmin setzte sich auf das Bett und ich konnte nicht anders, als zu sehen, wie seine Augen in einer Mischung aus Schmerz und Trauer trüb waren. Bevor ich etwas sagen konnte, brach er in Tränen aus.
Ich setzte mich vorsichtig neben ihn, legte ihm eine Hand auf den Rücken und versuchte, ihn zu beruhigen, auch wenn ich wusste, dass es nicht einfach werden würde.
„Es tut so weh“, hörte ich ihn flüstern, seine Stimme brach.
„Ich weiß nicht, was ich tun soll, Minho.“
Ich strich ihm sanft durch die Haare und versuchte, ihm die Tränen abzuwischen, aber es war, als würde er in einem Strudel aus Schmerz gefangen sein, der ihn nicht losließ. „Es wird bald nicht mehr so weh tun“, sagte ich leise, auch wenn ich wusste, dass das alles nicht so einfach war.
Ich sah ihn an, als er sich noch mehr zusammenkauerte, sein Körper zitterte leicht vor den Emotionen, die ihn überwältigten.
Es tat weh, ihn so zu sehen.
Doch dann fiel mein Blick auf sein Handgelenk.
Ich bemerkte die Narben, die dort zu sehen waren und ich konnte nicht anders, als die Besorgnis in mir stärker zu spüren.
Es waren nicht nur die alten Narben – ich konnte auch frische Wunden erkennen.
„Seungmin“, sagte ich mit fester Stimme, „du darfst dir nicht wehtun. Bitte.“
Er schluchzte nur leise, schüttelte den Kopf und entschuldigte sich. Aber ich konnte sehen, wie schwer es ihm fiel, sich zu beruhigen.
Es war, als würde die Welt für ihn zusammenbrechen, und ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte. Ich wollte ihn irgendwie davon abhalten, sich weiter zu verletzen, doch in diesem Moment schien nichts zu helfen.
Ich griff nach meinem Handy, um ihm ein bisschen Ablenkung zu verschaffen.
Die Gruppennachrichten ploppten auf, als ich die Benachrichtigungen sah.
Es war eine Nachricht von Hyunjin, der fragte, ob jemand Lust hatte, feiern zu gehen.
Felix antwortete sofort, dass er keine Zeit hatte, und Jeongin schrieb, dass er „keinen Bock“ hatte.
Aber was mich dann richtig störte, war Jeongins neues Profilbild.
Es war nicht mehr das Bild von ihm und Seungmin im Bett – das Bild, auf dem sie zusammen lächelten und Seungmin schläfrig in den Armen von Jeongin lag.
Jetzt war es nur noch ein Bild von Jeongin allein und die Beschreibung darunter war verändert.
Früher standen da die süßen Emojis von einem Hund und einem Fuchs, die sie immer benutzt hatten, aber jetzt war es nur noch ein trauriges „...“.
Ich konnte nicht anders, als das Gefühl zu haben, dass es noch härter war, Seungmin zu sehen, wie er es mitansehen musste.
Ich ließ das Handy sinken und zog ihn in eine Umarmung, auch wenn ich wusste, dass er sich nicht wirklich beruhigen konnte.
Ich wusste, dass ich ihm nicht einfach eine Lösung geben konnte – er musste sich selbst wiederfinden.
Aber zumindest war ich da.
Und in diesem Moment war das alles, was ich für ihn tun konnte.
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