Red
Ich starrte auf den Bildschirm vor mir, aber die Worte und Zahlen darauf machten keinen Sinn.
Mein Kopf war voll – voll von Gedanken an letzte Nacht. Jisung.
Sein Lächeln. Sein Blick, der mich durchbohrte, als ob er alles von mir sehen könnte. Seine Hände, die mich berührten, wie ich es noch nie erlebt hatte.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mich zu konzentrieren, aber es war, als ob mein Gehirn in Watte gepackt wäre.
Der Bildschirm verschwamm vor meinen Augen, und ich seufzte leise.
„Alles okay bei dir?“ fragte Seungmins Stimme plötzlich.
Ich hob den Kopf und sah ihn neben meinem Schreibtisch stehen.
Er hielt eine Kaffeetasse in der Hand und sah mich mit einer Mischung aus Besorgnis und Neugier an.
„Ja, klar. Alles bestens“, sagte ich schnell und versuchte, überzeugend zu klingen.
Seungmin zog eine Augenbraue hoch und setzte sich auf die Ecke meines Schreibtischs.
„Du bist ein schlechter Lügner, weißt du das?“
Ich konnte nicht anders, als ein kleines Lächeln zu unterdrücken.
„Es ist nichts, wirklich. Nur... Stress.“
„Stress?“
Er schnaubte leise und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
„Du meinst also nicht die Art von Stress, bei der man in die Luft starrt und so aussieht, als hätte man etwas getan, worüber man nicht reden will?“
Ich verdrehte die Augen. „Hör auf, Seungmin.“
„Ich hab recht, oder?“
Er grinste, als hätte er mich durchschaut.
„Also, wer ist es? Jemand aus dem Club gestern? Dein Blick schreit förmlich ‚Ich bin verwirrt, weil jemand mich komplett umgehauen hat.‘“
Ich starrte ihn an und versuchte, ruhig zu bleiben, aber meine Ohren wurden heiß.
„Es war nichts“, murmelte ich schließlich.
„Mh-hm.“
Seungmin setzte seinen Kaffee ab und verschränkte die Arme.
„Hör zu, ich bin dein bester Freund. Wenn du reden willst, bin ich da. Aber wenn nicht, dann mach wenigstens einen besseren Job, so zu tun, als wärst du okay.“
Ich nickte langsam und atmete tief durch.
„Danke. Es ist nur... kompliziert.“
Er lächelte leicht.
„Das Leben ist immer kompliziert. Aber manchmal macht genau das es so interessant.“
Mit diesen Worten ließ er mich wieder allein, und ich versuchte, mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren. Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass Jisung und alles, was gestern passiert war, mich nicht so schnell loslassen würden.
Seungmin war gerade gegangen, und ich starrte wieder auf den Bildschirm, aber mein Fokus war genauso miserabel wie vorher.
Statt Zahlen und Daten sah ich Bilder vor mir – Jisungs Lächeln, seine Finger, die sanft meinen Arm entlangfuhren, seine dunklen Augen, die mich durchdringend angesehen hatten.
Ich fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
Was war das überhaupt? Ich kannte ihn kaum, aber es fühlte sich an, als hätte er etwas in mir berührt, das ich nicht einmal wusste, dass es existierte.
Ein Ping meines Handys riss mich aus meinen Gedanken.
Widerwillig griff ich danach und entsperrte es. Eine Nachricht. Von ihm.
Woher hatte er meine Nummer?
Jisung:
Hoffentlich bist du heute nicht zu verkatert. Du siehst bestimmt auch mit Augenringen süß aus.
Ich spürte, wie sich meine Mundwinkel unwillkürlich nach oben zogen.
Wie machte er das? Selbst mit ein paar Wörtern ließ er mein Herz schneller schlagen.
Ich:
Ich bin auf der Arbeit, also solltest du mich nicht ablenken.
Seine Antwort kam fast sofort.
Jisung:
Oh, dann muss ich wohl aufpassen. Nicht, dass du noch deinen Job verlierst wegen mir.
Ich schüttelte den Kopf, aber ich musste lachen. Er war charmant, und das wusste er.
Ich:
Wie wäre es, wenn du mich heute Abend nicht ablenkst, sondern dich blicken lässt?
Ich hielt den Atem an, als ich auf die Antwort wartete.
Das war mutiger, als ich normalerweise war, aber ich hatte keine Lust, noch länger um den heißen Brei herumzureden.
Nach ein paar Sekunden vibrierte mein Handy wieder.
Jisung:
Deal. Ich hol dich ab. 19 Uhr?
Mein Herz machte einen kleinen Sprung.
Ich:
19 Uhr. Und keine Verspätung.
Jisung:
Ich bin pünktlich. Versprochen.
Bevor ich aus dem Chat gehen konnte, kam noch eine Nachricht.
Jisung:
Zieh dir was heißes an
Ich legte das Handy weg und lehnte mich zurück.
Vielleicht war es verrückt, vielleicht war es dumm, aber ich konnte nicht anders. Irgendetwas an ihm zog mich an wie ein Magnet.
Der Rest des Tages verging wie im Flug und bevor ich es wusste, stand ich vor dem Spiegel, zog mein Hemd zurecht und versuchte, nicht wie ein nervöser Teenager zu wirken.
Ich betrachtete mich im Spiegel und runzelte die Stirn.
Mein Outfit war... okay. Jeans und ein schwarzes Hemd, schlicht und unauffällig.
Doch irgendwie fühlte es sich nicht richtig an. Nicht für heute.
Nicht für Jisung.
Ich strich mit der Hand über das Hemd und überlegte. Sollte ich es dabei belassen? Aber je länger ich in den Spiegel starrte, desto mehr wuchs das Gefühl, dass ich mich selbst nicht richtig repräsentierte – dass ich nicht genug Mühe gab.
Seufzend drehte ich mich vom Spiegel weg und ging in mein Schlafzimmer. Mein Schrank stand offen, ein Chaos aus gefalteten und halb zusammengelegten Kleidungsstücken. Ich schob die Türen ganz auf und begann, die Reihen von Hemden, Jacken und Hosen durchzusehen.
„Was würde ihm gefallen?“ murmelte ich vor mich hin, während meine Finger durch die Stoffe glitten.
Ich wollte nicht zu viel tun – nicht aufdringlich wirken – aber auch nicht so aussehen, als hätte ich mir keine Gedanken gemacht.
Nach einigem Überlegen blieb mein Blick an einem weinroten Pullover hängen.
Er war weich und figurbetont, der Stoff schimmerte leicht im Licht. Elegant, aber nicht zu förmlich.
Ich zog ihn heraus und hielt ihn gegen meinen Körper, betrachtete ihn kritisch im Spiegel.
„Hm, vielleicht mit der schwarzen Hose?“
Ich griff nach einer eng anliegenden Hose aus schwarzem Stoff, die ich sonst nur zu besonderen Anlässen trug. Sie betonte meine Beine und passte farblich perfekt.
Um es abzurunden, nahm ich noch meine schwarzen Converse und eine dünne silberne Kette aus der Schublade.
Ein wenig lässige Eleganz, dachte ich mir. Es fühlte sich richtig an – wie etwas, das Jisung gefallen könnte.
Als ich das Outfit angezogen hatte, stellte ich mich erneut vor den Spiegel.
Dieses Mal war das Bild, das mich ansah, ein anderes.
Selbstbewusster, irgendwie passender. Ich konnte nicht genau erklären, warum, aber ich wusste: Das war es.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, während ich noch einmal den Kragen des Pullovers zurechtrückte. Jisung würde das bestimmt bemerken. Oder zumindest hoffte ich das.
Als es an der Tür klingelte, atmete ich tief durch.
Mein Herz schlug wie wild, als ich die Tür öffnete und ihn dort stehen sah, mit seinem typischen Grinsen und diesem Glitzern in den Augen.
„Bereit?“ fragte Jisung und streckte mir die Hand entgegen.
Ich nickte und nahm seine Hand. „Bereit.“
Was auch immer dieser Abend bringen würde, ich wusste, dass ich es herausfinden wollte – mit ihm.
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