Paint The Town Red
Es war ein Nachmittag wie jeder andere und doch konnte ich nicht länger zusehen, wie Seungmin weiter in diesem Strudel aus Selbstmitleid und Trauer versank.
Der Auslöser? Eine Packung Schokoladeneis.
„Willst du das wirklich wieder machen?“ fragte ich, als er im Supermarkt zögernd nach der Packung griff. Sein Blick war leer, seine Schultern hingen schlaff herunter.
„Es hilft“, murmelte er, doch wir beide wussten, dass das nicht stimmte.
Es half nicht. Es war ein schwacher Versuch, die Leere zu füllen, die Jeongin in ihm hinterlassen hatte.
„Es hilft nicht“, entgegnete ich ruhig, aber bestimmt, nahm ihm das Eis aus der Hand und stellte es zurück ins Regal.
Sofort bildeten sich Tränen in den Augen des Jüngeren.
„Seungmin, das kann so nicht weitergehen. Du musst mit ihm reden. Ihr müsst das klären.“
Er schüttelte den Kopf, sein Kiefer angespannt. „Er will nicht reden. Er...“
„Hör auf, für ihn zu denken“, unterbrach ich ihn und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Du weißt nicht, was er will, wenn du nicht fragst. Aber ich weiß, dass du so nicht weitermachen kannst. Ich kann dich so nicht weitermachen lassen.“
Er sah mich an, seine Augen glitzerten vor unterdrückten Tränen.
Ich wusste, dass er Angst hatte, aber ich wusste auch, dass er noch immer an Jeongin hing. Und ich konnte nicht länger zusehen, wie die beiden an ihrem Stolz und ihrer Angst scheiterten.
„Wir gehen jetzt zu ihm“, sagte ich entschieden.
„Was?“ Seine Augen weiteten sich. „Minho, das kann ich nicht.“
„Doch, kannst du. Und du wirst“, entgegnete ich, ohne ihm eine Wahl zu lassen.
„Ich werde dabei sein, aber du musst endlich den Mut aufbringen, ehrlich zu sein. Es wird Zeit, Seungmin.“
Eine Stunde später standen wir vor Jeongins Wohnungstür.
Seungmin wirkte, als würde er jeden Moment umdrehen und wegrennen, doch ich hielt ihn am Arm fest.
„Du schaffst das“, sagte ich leise, bevor ich an die Tür klopfte.
Es dauerte eine Weile, bis Jeongin öffnete. Sein Gesicht war eine Mischung aus Überraschung und Vorsicht, als er uns sah.
„Was wollt ihr hier?“ fragte er kühl, doch ich ließ mich davon nicht einschüchtern.
„Wir müssen reden“, sagte ich fest, bevor ich Seungmin einen Schubs in die richtige Richtung gab.
„Ihr müsst reden.“
Jeongin wollte protestieren, doch ich schob Seungmin an ihm vorbei in die Wohnung und schloss die Tür hinter uns.
„Ich lasse euch allein“, erklärte ich und deutete auf das Wohnzimmer. „Redet. Klärt das. Ich warte draußen.“
Ich ließ ihnen keine Zeit, zu widersprechen und zog mich in den Flur zurück. Es war schwer, nicht zu lauschen, aber ich wollte ihnen ihren Raum geben.
Die Minuten zogen sich wie Stunden, und ich fragte mich, ob ich einen Fehler gemacht hatte.
Doch schließlich hörte ich gedämpfte Stimmen, dann wurde es ruhiger.
Als ich vorsichtig durch den Türspalt sah, saßen die beiden auf dem Sofa, Jeongin mit den Händen in seinem Gesicht und Seungmin, der etwas sagte, das ich nicht hören konnte.
Dann geschah etwas, das mich aufatmen ließ. Jeongin hob den Kopf, und in seinen Augen lag etwas, das ich lange nicht mehr gesehen hatte – Hoffnung.
Er griff nach Seungmins Hand und obwohl ich ihre Worte nicht hören konnte, wusste ich, dass sie eine Lösung gefunden hatten.
Als ich wieder hereinkam, sahen mich beide an. Es war Seungmin, der schließlich sprach.
„Danke, Minho“, sagte er leise, aber ich konnte das Gewicht seiner Worte spüren.
„Ich will nur, dass ihr beide glücklich seid“, antwortete ich und lächelte leicht.
Nachdem ich Seungmin sicher bei Jeongin gelassen hatte, machte ich mir auf den Weg zu meiner eigenen Wohnung.
Doch etwas nagte an mir.
Der Gedanke an Jisung.
Sein Lächeln, seine Stimme, die Art, wie er mich ansah.
Ich konnte nicht länger warten.
Ich musste ihm sagen, wie ich fühlte. Und ich wusste genau, wo ich es tun wollte.
Der Club.
Es war der Ort, an dem alles begonnen hatte. Der Ort, an dem ich ihn zum ersten Mal wirklich gesehen hatte. Es war nur passend, dass ich ihm dort sagte, was ich fühlte.
Noch in derselben Nacht machte ich mich auf den Weg.
Der Club war wie immer voller Leben, doch ich nahm kaum etwas wahr.
Als ich durch die Menge im Club schritt, fiel mein Blick sofort auf ihn. Jisung stand leicht abseits der Tanzfläche, gerade so im Scheinwerferlicht, das seine Silhouette umriss, als hätte jemand ihn absichtlich in Szene gesetzt.
Er hatte eine schlichte, aber dennoch auffällige schwarze Jeans an, die perfekt saß, dazu ein weißes Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren und eine dünne, silberne Kette, die an seinem Schlüsselbein glitzerte.
Seine Ärmel hatte er locker hochgekrempelt, was seine schmalen Handgelenke zeigte und an seinem rechten Arm funkelte ein schlichtes Armband.
Sein Haar war leicht zerzaust, als hätte er sich nur einmal kurz mit den Fingern hindurchgefahren, bevor er hierherkam.
Es war dieser Kontrast zwischen seiner natürlichen Unbekümmertheit und dem fast absichtlich makellosen Stil, der mich immer wieder in seinen Bann zog.
Sein Gesicht... Gott, sein Gesicht.
Seine Augen leuchteten selbst in dem gedämpften Licht des Clubs, und er hatte dieses leichte, nachdenkliche Lächeln auf den Lippen, als ob er gerade einen Witz gehört hätte, den nur er verstand.
Es war, als würde die Zeit stillstehen, während ich ihn betrachtete. Jede einzelne Bewegung von ihm schien mühelos, aber gleichzeitig so präzise. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren, so lange, bis er meinen Blick bemerkte.
Unsere Augen trafen sich und für einen Moment fühlte es sich an, als gäbe es niemanden sonst auf der Welt.
Sein Lächeln wurde breiter, als er mich erkannte und er neigte den Kopf leicht zur Seite, als wolle er fragen: „Worauf wartest du?“
Ich holte tief Luft und setzte einen Fuß vor den anderen.
Es gab keinen Zweifel mehr, was ich tun musste. Ich ging auf ihn zu, mit jedem Schritt fester entschlossen, ihm endlich alles zu sagen.
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