
Kapitel 14
Beim Aufreißen der schweren Metalltür schlug ihr als erstes der altbekannte markante Geruch entgegen.
Diese Mischung aus süßen schweren ätherischen Ölen, die zwar anregend sein mochten, bei den meisten Menschen jedoch allenfalls zu Kopfschmerzen führten.
Und Zigarettenrauch.
Kalter, abgestandener Dunst.
Hier am Hintereingang war es besonders schlimm, weil jeder in seinen Pausen scheinbar nichts besseres zu tun hatte, als sich eine Kippe anzustecken.
Danbi hatte das Gefühl, innerhalb von Sekunden in der atemraubenden Dunstwolke zu stehen, die ihr Tränen in die Augen trieb.
"Könnt ihr nicht wenigstens das Fenster aufmachen?", beklagte sie sich, den aufkommenden Hustenreiz in ihrer Kehle nur schwer unterdrückend.
"Du bist zu spät.", wurde ihr in süffisant grinsendem Ton von einer jungen Frau geantwortet, die in einen dunkelroten seidenen Morgenmantel auf einem Barhocker saß, fast schon thronte.
"Das weiß ich selbst.", murmelte Danbi kurz angebunden, eilte zu einem kleinen angrenzenden Raum, welcher auf beiden Seiten mit metallenen Spinden gesäumt war.
"Das wird dem Boss nicht gefallen.", fuhr die Frau weiter spitz fort, entlockte bei Danbi jedoch lediglich ein stummes Augenrollen, während sie das Vorhängeschloss ihres Schrankes aufklicken ließ.
Ihr Blick ging automatisch zu einem Spind nur einen halben Meter entfernt, welcher im ersten Moment so wie immer wirkte. Selbst die albernen glitzernden Herzsticker auf der sonst tristen grauen Oberfläche waren noch intakt.
Nur das Schloss nicht. Es hing wie auf Halbmast, der Bügel in der Mitte zerschnitten.
"Wer war das?", fragte Danbi alarmiert, riss die nun offene Spindtür auf. Vollkommen leer. "Das ist Jiwoos Schrank."
"Sie braucht ihn doch eh nicht mehr.", zuckte die Frau im Bademantel ungerührt mit den Schultern.
Danbi funkelte sie böse an: "Und dann brecht ihr einfach das Schloss auf? Was ist mit ihren Sachen?"
Ihr unentwegt fast schon hämisch lächelndes Gegenüber antwortete: "Entsorgt, nehme ich an. Und der Rest..", sie hob den Arm, schüttelte das Handgelenk in Danbis Richtung, damit diese einen erstklassigen Blick auf ein dünnes silbernes Armkettchen erhaschen konnte, dass leise bei der Bewegung klirrte.
Danbi erkannte es sofort, ließ alles von sich fallen und rannte auf die Frau zu, riss an ihrem Arm.
"Das gehört Jiwoo! Du hast nicht das Recht, es dir einfach zu nehmen.", schrie sie wütend, ließ nicht locker und versuchte, das Schmuckstück von dem Handgelenk zu zerren.
Die Frau kreischte laut auf. Erst erschrocken, dann aber ebenso verärgert, wehrte sich zusehends gegen Danbis Umklammerung und verlor dabei das Gleichgewicht, rutschte wie ein nasser Sack von dem Barhocker.
Danbi folgte ihr, war wie von Sinnen und nicht bereit, loszulassen.
Niemals würde sie zulassen, dass ausgerechnet jemand wie diese Tussi etwas trug, das einmal Jiwoo gehörte.
"Was soll der Lärm? Seid ihr noch ganz dicht?", herrschte sie urplötzlich eine laute Männerstimme an.
Sofort erstarrte Danbi in der Bewegung.
Ihr war innerhalb einer Sekunde klar, wer aufgetaucht war und nun hinter ihr stand, wahrscheinlich mit einem anklagenden Ausdruck im Gesicht und den Armen vor der Brust verschränkt.
Vorsichtig wandt sie den Kopf zu der Person. Bingo.
Vor ihr aufgerichtet in exakt der vorgestellten Pose stand die Person, vor der sie den womöglich größten Respekt hatte. Und zum jetzigen Zeitpunkt die größte Furcht.
"Sie hat mich einfach angegriffen. Wie so eine Furie.", keifte die Frau im Bademantel ohne Vorwarnung los, zerrte ihre Hand aus Danbis gelockerter Umklammerung. "Schau dir das an! Wie soll ich mit den Kratzern arbeiten. Das wird mit Sicherheit blau."
"Es reicht!", donnerte der Mann ihr entgegen. Was dazu führte, dass automatisch beide Frauen schockiert zusammenzuckten.
Danbi biss sich auf die Lippen, um jeden noch so kleinen Laut zu vermeiden. Sie wusste nur allzu gut, dass man einer Person wie ihm besser nicht widersprach.
Stattdessen hockte sie wie festgetackert auf dem Boden, starrte schuldbewusst zu ihm auf.
Von hier unten wirkte seine Körpergröße noch viel beeindruckender. Zudem hatte sie einen nahezu perfekten Blick auf die Tätowierungen, die unter dem geöffneten Seidenhemd des Mannes hervorlugten.
Der große Engel an der Seite, dessen detaillierte Flügel bis zu den ausgeprägten durchtrainierten Bauchmuskeln reichten. Der Schriftzug unterhalb der linken Schulter.
Danbi wusste, dass der Mann noch weitaus mehr Tattoos hatte. Teilweise offensichtlich, teilweise versteckt.
"Wollt ihr, dass euer Gekreische die Gäste verschreckt? ", hakte er mit todernstem Blick nach.
Beide Frauen schüttelten stumm den Kopf.
"Nutzt eure überschüssige Energie lieber für die Arbeit, als euch die Köpfe einzuschlagen.", brummte er, verengte dabei die Augen zu der Frau im Bademantel. "Und geraucht wird vor der Tür. Wie oft noch?"
Die Angesprochene sprang ertappt auf, verhedderte sich mit dem Pfennigabsatz ihrer Highheels aber im Seidenstoff des Mantels und stolperte eher unelegant zu der Metalltür, die sie rasch aufriss.
Mit einem lauten Knall krachte diese kurz darauf wieder ins Schloss, dass nicht nur Danbi zusammenfuhr.
Wobei der Mann vielmehr genervt als erschrocken die Augen schloss, sichtbar einatmete.
Danbi beobachtete ihn unschlüssig. Wusste nicht, ob und was sie sagen sollte. Ihr Gefühl riet ihr, es war eindeutig besser, die Klappe zu halten.
Gleichzeitig hatte sie jedoch auch das Bedürfnis, ihr Handeln zu rechtfertigen.
"Ich will es nicht wissen.", schnitt er ihr das Wort ab, bevor sie überhaupt die Möglichkeit hatte, zum Reden anzusetzen.
Die Augen überrascht, eher beeindruckt, aufgerissen, dass er scheinbar sogar Gedanken lesen konnte, nickte Danbi nur stumm. Schon wieder.
" Beeil dich mit Umziehen. Wir haben einige Geschäftsleute da.", sprach er ungerührt weiter. "Ich will keine weiteren Verzögerungen."
Mit diesen Worten drehte er sich einfach um, verließ mit schnellen weit auslaufenden Schritten den Raum. Und ließ die verdatterte Danbi zurück.
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