
~8~
Da ich noch immer kein Auto besaß, lieh ich mir wieder mal das von Paul, mit dem wir dann zum Auto Kino fuhren.
Es lief irgendein Liebesfilm von dem ich den Titel schon wieder vergessen habe, aber auch Pier schien kein allzu großes Interesse daran zu haben, denn schon nach zehn Minuten wandte sie ihren Blick vom Bildschirm ab und sah zu mir.
"Was würdest du sagen wenn ich dir sagen würde ich liebe dich?" fragte sie mich und unpassenderweise fing ich an, zu lachen.
"Ich würde sagen, du bist verrückt."
"Was? Wieso verrückt?" Pier war erschrocken über meine Reaktion. Noch mehr als ich, denn ich kannte meine unkontrollierten Lachanfälle in den schrecklichsten Situationen.
"Falsch. Die richtige Frage muss lauten: Wieso liebst du mich?" erwiderte ich, diesmal ernst und sanft.
"Ich bin eine Katastrophe. Ich verdiene dich gar nicht. Also wie kannst du nur etwas annäherndes wie Liebe für mich empfinden?"
Als ich das ausgesprochen habe, lächelte Pier wieder. Offenbar hat sie augenblicklich befürchtet, dass ich für sie nicht so empfinden könnte.
"Das ist nicht wahr, Jimmy! Du bist unglaublich, nur lässt du es niemanden erkennen! Aber ich sehe, wer du wirklich bist und darum liebe ich dich."
"Dann bist du die erste, die das sagt." murmelte ich lächelnd und meine Gedanken kreisten nur noch um diese drei kleinen Wörter. Ich liebe dich. Erstaunlich, wie 12 läppische Buchstaben dein ganzes Leben verändern können.
"Das kann nicht sein." Pier war fassungslos.
"Okay, doch meine Mom. Aber nicht einmal mein Dad."
"Und keine Freundin?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich habe es dir ja gesagt, ich bin nicht gerade eine liebenswerte Person. Du dagegen total. Doch muss man einfach lieben und ich wette, dass es dir schon viele Typen gesagt haben."
"Das stimmt, das haben schon einige, aber nicht einer hat es wahrhaftig so gemeint."
"Wenn ich es dir jetzt sage, dann meine ich es auch so. Ich liebe dich. Wirklich und wahrhaftig."
"Und alleine das macht dich schon besonders." sagte sie und küsste mich.
Mein Herz fuhr Achterbahn. Wenn mir noch vor einer Woche jemand gesagt hätte, dass ich mich so richtig verlieben könnte, hätte ich ihn ausgelacht.
Ich war James Dean, der rebellische Junge vom Land, der sich vielleicht austobte, aber insgeheim als herzlos verschrien war. Oder...herzlos traf es nicht gerade, eher unfähig, eine Beziehung aufzubauen und zu halten. Naja, es kam aufs gleiche raus. Wer hätte sich gedacht dass ich mich in eine Frau - oder irgendwen, so altmodisch bin ich schließlich nicht - verlieben könnte? Nicht dieses altbekannte verlieben, wenn man jemanden sympathisch fand und einfach viel Zeit miteinander verbrachte und sich näher kam, sondern dieses unglaubliche Gefühl, dass man ohne den anderen nicht mehr leben konnte und alles für ihn tun würde.
Wer hätte das gedacht?
Ich wahrscheinlich am aller wenigsten.
Aber es passierte und ich war mitten drin.
***
"Warte, Jimmy. Dafür ist es hier viel zu unbequem in dem Auto." sagte Pier atemlos, als ich meine Hand unter ihren Rock schob.
"Du hast Recht. Tut mir leid, eigentlich wollte ich gar nicht... ich..."
Pier lächelte wissend.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß sowieso, dass du es vorhattest. Aber das ist nicht schlimm. Nur das Ambiente fehlt mir irgendwie." meinte sie und sah sich in dem recht engen und wirklich unbequemen Auto um.
"Gar nichts weißt du. Ich will auf den perfekten Moment warten und das ist er auf keinen Fall. Außerdem ist es noch nicht einmal mein Auto! Mal abgesehen davon stehe ich nicht unbedingt auf Zuschauer." erklärte ich und sah aus dem Fenster zu dem Auto nebenan. Bei den beiden war der Film auch eher Nebensache.
"Aber...?"
Ich nahm meine Brille ab, legte sie auf die Armaturen und kam ihr näher, bis ich schließlich meine Stirn an ihre lehnte.
"Wenn ich bei dir bin...dann....verdammt noch mal warum kann ich mich nie richtig ausdrücken?" Wahrscheinlich wäre dieser Satz viel lauter und wütender herausgekommen, wenn nicht Pier diese beruhigende Wirkung auf mich gehabt hätte.
Sie lachte nur leise.
"Versuch es. Ich höre dir zu, egal ob es Sinn macht oder nicht."
"Danke, sehr nett von dir." sagte ich mit einem Grinsen und versuchte es von Neuem nach einem kräftigen Atemzug.
"Ich habe dieses Gefühl...dass wir zusammengehören. Wenn ich bei dir bin, dann vergesse ich... wer ich bin. Ich vergesse dass du eigentlich viel zu gut für mich bist, ich vergesse dass ich seit zwei Jahren nicht mehr mit meinem Dad gesprochen habe, ich vergesse sogar dass ich Hollywood über alles hasse! Und wenn ich dich küsse, dann fühlt es sich so an...als wärst du für immer mein." sagte ich und fuhr mir verlegen durch meine Haare. Ich sprach nie wirklich offen über meine Gefühle und da ich noch nie ein Mann der großen Worte war, hoffte ich, dass meine 'Rede' nicht allzu erbärmlich war.
Doch Pier schien sie zu gefallen, denn sie lächelte ihr wärmstes und strahlendstes Lächeln.
"Das bin ich, Jimmy. Mein Herz wird immer dir gehören."
***
Als der Film vorbei war, merkten wir es erst, als die Hälfte aller Autos schon verschwunden waren und als mich Pier belustigt fragte, um was es eigentlich in dem Film ging, war alles was ich darüber sagen konnte: "Da war eine Frau und ein Mann und...die haben sich verliebt?"
Was bei einer Romanze etwas unglaublich Besonderes war.
Danach fuhren wir noch zu einer Bar und bestellten uns zwei Cola, da ich später noch fahren musste, aber wir hatten trotzdem so viel zu lachen, dass alle dachten, wir wären betrunken.
Wir kamen erst nach der Sperrstunde heraus und mussten feststellen, dass längst Mitternacht vorbei war. Aber was solls, wir waren noch jung und hatten nicht einmal etwas verbotenes angestellt.
Das sah Mrs. Pierangeli allerdings anders, als ich Pier nach Hause brachte.
Wir waren sehr leise, da in der Gegend alles ruhig war und wahrscheinlich schon jeder schlief, doch das war egal, denn Mrs Pierangeli öffnete die Haustür und verschränkte ihre Arme. Sie hatte die ganze Nacht auf ihre Tochter gewartet.
"Anna Maria, das ist jetzt schon das zweite Mal kurz hintereinander, dass du so spät nach Hause kommst! Es schickt sich nicht für eine junge Dame, sich mitten in der Nacht so durch die Stadt zu treiben!"
"Aber Mama, es ist nichts schlimmes passiert. Wir haben nur die Zeit vergessen." rechtfertigte sich Pier und ich sah sie erstaunt, aber auch stolz an, dass sie sich wehrte und sich verteidigte.
"Das interessiert mich nicht, du bist zu spät. Viel zu spät. Junger Mann, passen sie entweder auf, dass meine Tochter pünktlich nach Hause kommt oder lassen sie ihre Finger von ihr." fuhr sie mich an ohne Rücksicht auf die Lautstärke.
"Ihre Tochter ist alt genug zu entscheiden, was richtig für sie ist." sagte ich ruhig, aber innerlich wütend, da ich nicht fassen konnte, wie eine Frau so stur sein konnte.
"Was fällt Ihnen ein? Pier, es reicht, du wirst diesen Mann nicht mehr treffen, ist das klar?" keifte die Mutter.
"Nein, das ist nicht klar! Er hat mir nichts getan und ich mag ihn, du kannst mir nicht befehlen, wen ich sehen kann und wen nicht."
"Darüber reden wir noch und jetzt komm herein. Auf Wiedersehen, junger Mann. Pier komm jetzt!" sagte sie streng und stieg die Stufen zu ihrem Haus hoch.
Pier folgte ihr nicht nach oben, sie blieb stehen. Ihre Mutter drehte sich um und war fuchsteufelswild, aber ich glaubte auch Überforderung zu erkennen, weil sie das erste Mal keine Macht mehr über Pier hatte.
"Du kommst jetzt sofort mit nach oben!" sagte sie drohend.
Pier ging langsam die wenigen Schritte zu mir, legte ihre Arme um meinen Hals und küsste mich demonstrativ vor ihren Augen.
Sehr langsam, sehr französisch und sehr provozierend.
Ihre Mutter tobte, wie ich aus dem Augenwinkel sehen konnte, aber Pier grinste nur.
"Sorry, aber das musste ich jetzt tun. Ich hoffe, du fühlst dich jetzt nicht ausgenutzt." entschuldigte sich Pier im Flüsterton.
"Keineswegs." antwortete ich ebenfalls grinsend.
"Aber du solltest jetzt vielleicht wirklich gehen, bevor sie dich noch einsperrt."
"Ja, das sollte ich. Wir sehen uns morgen, ja? Morgen ist mein freier Tag."
"Morgen ist mein Vorsprechen für Denn sie wissen nicht was sie tun. Aber das dauert nicht so lange, da ich laut Jack sowieso schon in der engsten Auswahl bin und er meinte, wenn nichts schief geht, ich die Rolle so gut wie sicher habe."
"Dann wünsche ich dir viel Glück und Erfolg. Bis morgen, Jimmy." sagte sie und drehte sich um. Ihre Mutter packte sie am Arm und schleifte sie ins Haus.
Ich dagegen steckte mir eine Zigarette in den Mund, zündete sie an und stieg ins Auto.
Wenn ich mit Pier zusammen war, dann war mir sogar diese schreckliche Mutter egal. Für sie würde ich es jederzeit mit der alten Schreckschraube aufnehmen.
Tut mir leid dass es so lange gedauert hat, aber ich bin einfach mitten drin nicht weitergekommen :(
Aber jetzt ist es endlich fertig. Hoffe, es hat euch gefallen ❤
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