~5~
Am nächsten Tag am Set zählte ich fast schon die Sekunden, bis ich frei hatte und Pier wieder sehen konnte.
Und endlich war kurze Drehpause und ich hielt nach meiner Traumfrau Ausschau.
"Auf wen wartest du denn?" fragte mich Rick, der bei Jenseits von Eden, meinen Bruder spielte.
Wie auch im Film hatten wir nicht gerade ein engen Verhältnis zueinander, was höchstwahrscheinlich daran lag, dass er mich für einen Einzelgänger und ich ihn für eine Nervensäge hielt.
"Was?" fragte ich, völlig aus meinen Gedanken gerissen.
"Du suchst doch jemanden? Wartest du auf wen?"
"Ja." antwortete ich kurz angebunden und leider nicht besonders freundlich.
Leider, weil als er weg ging, ich bereute, das gesagt zu haben. Wieso verhielt ich mich so bei Leuten die nur nett sein wollten? Warum war ich nur so ein unerträglicher Mensch?
Und da endlich sah ich sie, diesmal ohne Filmkluft sondern mit ihren eigenen Sachen. Sie sprach mit zwei anderen Frauen, vermutlich Freundinnen oder Kolleginnen.
Schnurstracks ging ich auf sie zu, bahnte mir den Weg durch die anderen Schauspieler und ließ mich von niemanden aufhalten. Nicht einmal von Paul, der auf mich zukam und ansprach: "Hey, Jimmy! Wie lief es eigentlich...?"
Ohne ihn anzusehen, hob ich nur meine Hand und sagte nahezu monoton und wie hypnotisiert: "Nicht jetzt, Paul. Ich komme gleich zu dir."
Endlich war ich bei Pier und ihren Freundinnen angekommen.
"Hi, Pier." sagte ich und erschrocken drehte sie sich um. Dann lächelte sie glücklich.
"Jimmy!"
Die anderen Mädchen kicherten und gackerten wie Hühner und ich musste mich beherrschen, dass ich nicht genervt die Augen verdrehte.
So waren sie alle. Schrecklich. Wieso war Pier nur die Ausnahme?
"Können wir vielleicht unter vier Augen sprechen?" fragte ich, da ich dieses Gegacker nicht viel länger aushalten würde.
"Klar." meinte sie, nahm sich unauffällig meine Hand und ging mit mir an einen ruhigeren Platz.
Endlich alleine.
"Es tut mir leid, die anderen sind immer so, das ist nichts persönliches." entschuldigte sie sich.
"Ist schon okay. Die anderen sind mir ziemlich egal. Also, hast du heute Nachmittag schon was vor? Ich könnte dir das Motorrad fahren beibringen."
"Das wäre super. Aber ich schätze, davor muss ich mich noch umziehen."
Wir beide blickten herunter auf ihr Outfit. Es war ein langes, eng anliegendes, pastellfarbenes Kleid.
"Ja, das wäre wahrscheinlich nicht schlecht." meinte ich mit einem Grinsen.
"Dann werde ich mich einfach umziehen. Ich habe heute früher frei, dann komme ich einfach bei dir vorbei und warte auf dich. Was meinst du?"
"Perfekt. Wenn du nichts dagegen hast, dass ich noch meine Set-Kleidung trage." meinte ich schultern zuckend.
"Warum sollte ich etwas dagegen haben? Mir wäre es sogar egal, wenn du im Kleid auftauchen würdest."
Ich lachte.
"Also da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Daran würde ich nicht im Traum denken."
***
Kurz vor meiner letzten Szene für diesen Tag hatte ich eine kurze Pause, in der ich nichts zu tun hatte, darum beschloss ich, meinen Dad anzurufen. Ich habe schon seit ich hier in Hollywood bin kein einziges Mal gesprochen und das ist jetzt auch schon einige Zeit her.
Ich hatte ihm so viel mitzuteilen. Ich wollte ihm erzählen, wie es in Hollywood so war, dass mich dieser Ort nervte und ankotzte aber es eine Ausnahme für alles gab und mich dieses Mädchen für immer verändern würde. Dass ich durch Pier so werden könnte, dass man auf mich stolz sein konnte.
Am Telefon Automaten wählte ich die Nummer meines Vaters und wartete.
"Ja, hallo?" meldete sich eine Stimme.
"Dad?" fragte ich.
"James?" Diesmal konnte ich die Stimme erkennen. Es war nicht Dad, sondern eine weibliche Stimme. Ethel, Dads neue Frau.
"Ja." sagte ich leicht enttäuscht.
"Winton ist leider nicht zuhause, James. Kann ich ihm etwas ausrichten, Schätzchen?"
Auch wenn ich sie hassen wollte, konnte ich es nicht. Sie war nett, verständnisvoll und liebenswert. Vor allem hatte sie mehr Kontakt zu mir als mein Dad und sie musste sich immer wieder neue Ausreden für ihn zurecht suchen, wenn er nicht mit mir sprechen wollte.
Ich kannte das schon. So ging das schon seit ein paar Jahren. Mittlerweile müsste sie verstanden haben, dass ich nicht mehr so dumm war um auf so etwas herein zu fallen, aber ich fand es nett von ihr dass sie immer wieder versuchte, uns näher zusammen zu bringen und nie einen Streit anzufangen.
"Nein, es ist nur...es würde ihn ja eh nicht interessieren." murmelte ich in den Hörer.
"Das stimmt nicht, James. Du weißt, er liebt dich."
Ach, weiß ich das? Davon habe ich noch nicht viel gemerkt.
"Wenn du meinst."
"Und, wie geht es dir? Wie läuft es in Hollywood? Ich habe letztens diesen Film mit dir gesehen. Wir sind wirklich stolz auf dich."
"Danke, das freut mich." Schön, dass Dad den Film nicht gesehen hat. Aber das habe ich auch nicht erwartet, nachdem er die letzten Aufführungen und Filme auch alle nicht gesehen hat.
"Mir geht es gut. Der Dreh ist bald zu Ende und...ich habe jemanden kennen gelernt."
"Wen denn?"
Ich lachte.
"Eine Frau. Ich weiß jetzt schon sicher, sie ist die Richtige, aber ich bin nicht der Richtige für Sie." sagte ich betrübt.
"James, du hast sonst so viel Selbstvertrauen, dass es abschreckend ist aber bei solchen Dingen bist du dir viel zu unsicher. Du bist zwar nicht perfekt und auch nicht wirklich groß, aber du hast das größte Herz von allen."
Ich lächelte.
"Wenn das jemand erfährt ist mein Image dahin."
"Du und dein Image. Nicht das Image zählt, sondern du selbst."
"Ich weiß. Sie durchschaut mich sofort und sie ist noch nicht vor mir weggelaufen."
"Es gibt auch keinen Grund dafür. Dieses Mädchen scheint wirklich sympathisch zu sein und sehr tiefgründig. So eine findest du nicht so oft. Halte sie gut fest!" riet sie mir, aber das war nicht nötig. Das war mir längst klar.
"Ich weiß. Das werde ich. Ich muss jetzt auflegen. Bis bald."
Ich hängte den Hörer auf und ging zurück zum Set, wo ich gleich die letzte Szene drehen würde.
Und da sah ich Pier auch schon auf den Stufen sitzen.
"Wartest du schon lange?" fragte ich sie.
Sie schüttelte den Kopf.
"Nur noch etwa fünfzehn Minuten dann bin ich fertig."
Sie nickte und lächelte, dann wurde ich auch schon zum Regisseur gerufen.
Es hat ewig gedauert, ich weiß aber ich habe lange überlegt wie ich weiter schreiben sollte. Hoffe es ist gut geworden ❤
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