Kapitel 17.2 - Alleingang
Er ging etwas schneller und langsam konnte ich erkennen, was der zweite Prinz mir zeigen wollte.
Nach und nach kamen wir immer näher, bis wir vor dem Eingang einer Höhle standen.
Die Aussicht, die sich uns bot, war atemberaubend. Um es nur ansatzweise zu beschreiben.
Achtsam lief ich mit Yateras an der Hand in die Höhle und musste genau aufpassen, wo ich hin trat um nicht ins Wasser zu fallen. Das Meer hatte den Boden ausgehöhlt, so das eine Art See entstanden war. Hier konnte man definitiv unbeobachtet schwimmen.
Erst weiter hinten erreichten wir wieder festen Boden und Yateras ließ meine Hand los. Das Licht erreichte uns hier nur noch teilweise und das Rauschen des Meeres hallte als ein seltsames Echo von den Wänden.
So einen Ort hatte ich noch nie zuvor gesehen. „Es ist unbeschreiblich hier."
Ich konnte nicht anders als mich immer wieder umzusehen.
Der Bruder meines Verlobten lehnte sich gegen eine Säule aus blankem Felsgestein. Geformt durch die Kraft der See und den zermahlenden Zahn der Zeit. So wie alles an diesen Ort. „Ich bin froh das es euch gefällt." Er grinste breit „Und wollen wir nun schwimmen gehen?"
Unsicher sah ich mich um und musterte Yateras. Ich konnte doch nicht mit irgend einem Mann ins Wasser steigen. Andererseits er war Zains Bruder, da gab es nichts zu bedenken, oder? Jedenfalls solange ich mich nicht ganz auszog. Und das hatte ich nicht vor.
Zögerlich nickte ich und ließ lediglich das um mich herum gewickelte Tuch zu Boden gleiten. Damit hatte ich noch immer einen Rock und ein ärmelloses Oberteil aus dünnen Stoff an, das nur den Blick auf meinen Bauch frei gab.
„Den Rock solltet ihr vielleicht noch ablegen." Meinte Yateras und ich unterdrückte ein seufzen. Natürlich hatte er recht. Der Stoff würde sich um meine Beine wickeln und mich beim Schwimmen behindern, doch der See schien nicht besonders tief zu sein.
„Es wird schon gehen" antwortete ich deshalb und setzte mich zuerst an den Rand, um mich dann langsam ins Wasser rutsche zu lassen.
Tatsächlich spürte ich, wie der Stoff sich vollsaugte und mich ein wenig nach unten zog. Doch gleich darauf trafen meine Füße auf den Grund und meine Schultern ragten noch immer aus dem Wasser.
Endlich konnte ich mich entspannen und das kühle Nass genießen. Kurz schloss ich die Augen und tauchte meinen Kopf unter Wasser. Auch hier war das Rauschen des Meeres zu hören und ich hätte zu gerne einen Blick riskiert, doch das Salz würde in den Augen brennen und so kam ich zurück an die Oberfläche, bevor ich sie öffnete.
Dabei hörte ich wie Stoff nach unten feil und wagte einen verstohlenen Blick über meine Schulter.
Yateras hatte sein Oberteil ausgezogen und während er zu mir ins Wasser stieg, konnte ich sehr deutlich die Zeichnungen auf seiner Haut betrachten. Damit hatte sich wohl endlich die Frage beantwortet, ob Zain auch welche hatte, schließlich waren sie Zwillinge.
War es in Ordnung, dass ich seinen Bruder oben ohne sah, bevor das bei ihm der Fall war?
Ich sollte mir nicht den Kopf darüber zerbrechen. Es hatte sich nun mal so ergeben und zumindest hatte ich nun eine Ahnung, was mich bei Zain erwartete.
Die Zeichnungen waren bei Yateras heller als seine übrige Haut. Sie bildeten eine Art verschnörkelte Sonne um seinen Bauchnabel herum und die Strahlen bedeckten auch den Rest seiner Brust. Für Yeron die das Licht verehrten musste das etwas ganz besonders sein.
Yateras grinste ein wenig und ich wand schnell den Blick ab. Sicher hatte er bemerkt, dass ich ihn angestarrt hatte.
„Du darfst mich ruhig ansehen. Das ist nur fair. So eine schöne Aussicht hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr.", hörte ich ihn sagen und hatte das Gefühl, das er sich näher anhörte.
Ich sah zu ihm zurück und schon fand ich mich in Armen wieder die mich sehr an die von Zain erinnerten, doch ein wenig muskulöser waren.
„Ya...°!" Ich schluckte, um ihn nicht anzuschreien und ruhig fortzufahren „Yateras, was soll das? Ich weiss nicht so Recht ob Ihr mir so nahe sein solltet. Ihr seid immerhin mein Schwager.", bevor ich weiter reden konnte, legte sich einer seiner starken Finger auf meine schmalen Lippen.
„Pssht, wieso solltet ihr euch mit meinem Bruder zufriden geben, schließlich bin ich auch ein Prinz?"
Ich war zu fassungslos um sofort darauf zu reagieren.
„Du kannst mich haben.", flüsterte seine Stimme nun, während er über meine Wange strich und ein Schauer meinen Körper erschütterte.
Ungläubig starrte ich ihn einen Moment, an und versuchen mir darüber im Klaren zu werden, was gerade passierte. Versuchte er gerade tatsächlich mich zu verführen!?
„Was bei ?! Lasst mich sofort los !", fand ich endlich meine Stimme wieder und stieß ihn davon, bevor er noch weiter gehen konnte.
Yateras stolperte zurück und ich schwamm zum Ausgang der Höhle. Das Tuch, das noch im Sand lag war mir vollkommen egal und ich zog mich über die kleine Steinbariere in den Ozean.
"Wartet doch!" Rief er und versuchte mich aufzuhalten doch ich dachte gar nicht daran.
Nur ein kleines Stück musste ich noch schwimmen eh ich an den Strand kommen und zu meinem Pferd rennen konnte. Den Tränen nahe stieg ich auf und ritt Richtung Schloss. Ich war außer mir. Was im Namen der Götter war in diesen Mann gefahren ?!
Als ich zum Schloss kam stürmte sofort eine Wache auf mich zu und griff nach dem Zügel meines Pferdes. "Euer Hoheit was ist passiert? Geht es euch gut?"
Verflucht. Ich wollte einfach nur in mein Zimmer und hatte dabei nicht an die Reaktion der Wachen gedacht.
Natürlich fragten sie sich was die Prinzessin klitschnass außerhalb des Schlosses gemacht hatte.
Und allein die Frage wie es mir ging reichte um alles wieder aufzuwühlen und mir die Tränen in die Augen zu treiben.
Der Wachmann fragte nicht weiter sondern führte das Pferd zum Schlosstor. Dort half er mir beim absteigen und führte mich ins Schloss.
"Warte hier." Forderte er mich auf und lief davon.
Kurze Zeit später kam er zurück und Zain rannte hinter ihm her.
Ich konnte nicht anders und warf mich sofort in seine Arme. Eigentlich wollte ich Zain nichts von all dem erzählen. Die Beziehung der beiden Geschwister war auch so schon so belastet genug.
"Was ist passiert?" Wollte er wissen und ich schluchze. Ich konnte es ihm nicht verheimlichen. Wenn er vom jemand anderen davon erfahren würde, oder noch schlimmer wenn Yateras ihm irgendwas erzählte könnte er wer weiß was denken.
Ich wischte die Tränen aus meinen Augen und sah ihn ernst an „Ich werde dir alles erzählen, aber unter vier Augen."
Weder Wachen noch neugierige Dienstmädchen, die hinter irgendwelchen Ecken lauschten, mussten erfahren, dass der Bruder des Prinzen versucht hatte, ihm seine Verlobte auszuspannen. Das ging alleine Zain etwas an und er sollte entscheiden, wie er damit umging.
Der Prinz nickte und führte mich zu seinem Zimmer. Das war das erste Mal, das ich seine Gemächer betrat und ich konnte nicht anders als mich fasziniert umzusehen. Der Raum war noch größer und edler als meiner und ich hätte ihm sicher mehr Aufmerksamkeit gewidmet, wenn nicht dieses Gespräch in der Luft schweben würde. Wie ein drohendes Unwetter hingen die schwarzen Wolken im Raum und verhagelte die Stimmung, obwohl sie uns noch nicht erreicht hatten.
„Also, was ist los?" Fragte Zain und ich konnte ihn nicht ansehen während ich erzählte, was passiert war. Ich beichtete, dass ich alleine an den Strand wollte, aber von Yateras aufgehalten wurde und erklärte, dass er mich dann begleitet hatte. „Ich dachte, das sei in Ordnung. Immerhin ist er euer Bruder. Aber als wir am Strand waren, wollte er mir einen Ort zum Schwimmen zeigen. Er hat mich zu einer Art Grotte geführt und" ich wurde noch etwas leiser „wir sind zusammen ins Wasser gestiegen."
Ich schielte nach oben, um seine Reaktion zu sehen, doch sein Blick war eine eisige Maske und ich redete weiter. „Es tut mir so leid, doch ich dachte, bei eurem Bruder muss ich mir keine Sorgen machen und ich hatte genau dasselbe an wie jetzt. Aber plötzlich kam er mir näher und meinte ich sollte nicht dich heiraten, sondern mich lieber für ihn entscheiden und ..."
Bevor ich noch etwas sagen konnte schrie Zain. „Er hat was!? Das soll doch hoffentlich ein schlechter Scherz sein."
Eingeschüchtert sah ich ihn an und schüttelte den Kopf „Nein, leider nicht. Als er das gesagt hat hab ich ihn geschubst und bin sofort zu dir gerannt. Ich hab wirklich nicht geahnt das er sowas vor hatte."
„Dieser verdammte Mistkerl!" Er ballte seine Hände zu Fäusten, öffnete sie kurz und presste sie dann wieder zusammen.
Offensichtlich glaubte er mir, doch das schmälerte nicht seinen Zorn und ich hauchte leise „Ich konnte es auch nicht glauben."
Besser wäre es gewesen den Mund zu halten. So richtete sich seine Wut auf die einzige Person, an der er sie gerade auslassen konnte und er brüllte hysterisch. „Du hättest nie mit ihm gehen dürfen! Und du hättest erst recht nicht versuchen sollen alleine davon zu reiten!"
„Das ist mir nun auch bewusst geworden.", seufzte ich. Natürlich hätte ich sagen können, dass das nicht passiert wäre, wenn er sich Zeit genommen hätte, doch ich wollte den Streit nicht verschlimmern.
Anscheinend war ich aber nicht in der Lage seine Wut zu zügeln, denn er sah mich mit vor Wut funkelnden Augen an und fragte „Denkst du das macht es wieder gut!? Weist du in was für eine Situation du mich gebracht hast!?"
Ich schüttelte den Kopf und traute mich nichts mehr zu sagen. Trotzdem redete er weiter und seine Stimme zitterte vor Wut „Offenbar kann ich dir nicht vertrauen und muss den Wachen sagen das sie dich nicht mehr aus den Augen lassen dürfen."
Mit großen Augen starte ich ihn an und konnte es nicht fassen. Das hatte ich nun davon die Wahrheit zu sagen. „Das ist doch nicht dein Ernst. Ich bin kein Kind. Ich kann auf mich aufpassen."
„Wer heimlich alleine aus dem Schloss abhaut verhält sich wie ein Kind!" Fuhr er mich mit scharfer Stimme an und ich hatte genug.
Die Tür viel mit einem lauten Knallen ins Schloss als ich aus dem Raum rannte und sie hinter mir zu schlug. Ich flüchtete in mein eigenes Zimmer und und ließ mich nass, wie ich war auf das Bett fallen.
Dort blieb ich liegen bis die Sonne langsam unter ging. Das Wasser war inzwischen verdunstet doch ich wollte mich trotzdem umziehen. Die Salzgetränkte Kleidung warf ich einfach auf den Boden. Ich hatte nicht die Motivation sie weg zu räumen. Seufzend zog ich ein dünnes weißes Nachthemd aus den Schrank und streifte es über. Der weiche Stoff flatterte um meine Beine während ich zurück zum Bett lief und ich wollte mich gerade hinein fallen lassen, als es an der Tür klopfte.
"Verschwindet!" rief ich aufgebracht und nicht annähernd höflich. Egal wer vor der Tür stand, im Moment wollte ich mit niemanden reden.
"Thea ich bin es" drang nur ein leises Flüstern in den Raum. Es reichte aus um Zains Stimme zu identivizieren, doch mit ihm wollte ich am aller wenigsten sprechen.
"Geht weg!"
Ich drehte mich um und maschierte zu meinem Bett um mich wieder hinein zu werfen. Die Tränen bahnten sich erneut einen Weg in meine Augen und ich musste an mich halten um nicht zu weinen.
Die Tür schwang auf und der Prinz betrat einfach mein Zimmer. Wütend wirbgelte ich herum und konnte es nicht fassen das er ohne meine Erlaubnis eingetretten war.
Zain hob die Hände als wolle er sich vor meinen Blick schützen "Bitte hör mir zu. Ich kann das nicht so zwischen uns stehen lassen."
"Du hast mich angeschreien! obwohl ich dir nur die Warheit sagen wollte und du willst mir verbieten alleine herum zu laufen"
Er seufze schwer und blickte auf seine Schuhe "Ich wollte mich entschuldigen. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen."
Trotzig blickte ich ihn an "Aber deine Meinung hat sich nicht geändert?"
"Nein"
"Dann geh!"
"Thea" er kam zu mir und griff nach meiner Hand. Erstaunt schaut ich nach unten. Seine fühlte sich ganz kalt und verschwitzt an. "Ich möchte dich doch nur beschützen. Weist du...meine Mutter sie" es viel ihm sichtlich schwer weiter zu sprechen "sie wurde getötet als ich noch sehr jung war." und atmete hörbare aus "Zehn Jahre von euch sind etwa hundert von uns."
Ungläubig starrte ich ihn an. Er sah aus wie etwa zwanzig. Das hies tatsächlich war er vermutlich zweihundert. Das überstieg meine Vorstellungskraft.
"Als sie starb war ich tatsächlich erst sechzehn."
Meine Kehle schnürrte sich zusammen. Ich wusste aus eigener Erfahrung genau wie schrecklich es ist seine Mutter zu verlieren. Er war dabei zwar ein wenig älter als ich, doch dafür galt bei ihm auch eine volkommen anderer Zeitspanne. Bedeutete das er war da praktisch erst zwei? Ich hätte nachfragen können, doch es schien mir unangemessen in dieser Situation noch mehr Fragen über ihr Alter zu stellen und ich brachte es nicht über die Lippen. "Wie? Ich meine wer?"
Wer tötete eine Mutter die sicher nichts anderes wollte als ihre Kinder groß zu ziehen.
Zain schaffte es nicht mich anzusehen. Sein Blick hing an den Vorhängen die im Abendwind vor sich hin wehrten und einen verschleierten Blick auf den Sonnenuntergang gewährte. Die glühende Scheibe spiegelte sich in den Wasser hinter dem sie bereits halb verschwunden war und bemalte den blauen Himmel mit roten Farben.
Die wenigen Wolken die über dem Ozean in die Nacht zogen tauchte es in ein violetten Licht und alles wirkte so friedlich. So unpassend für die Stimmung die über den Raum sank während Zain erklärte. "Wir wissen es nicht. Sie wurde mitten auf dem Markt angegriffen. Der Täter lief einfach an ihr vorbei wie ein normaler Bürger, doch dann hat er ihr ein Messer in den Bauch gerammt. Er wurde sofort überwältigt doch wir konnten nichts mehr tun. Sie ist vor meinen Augen verblutet." Er kam ins stocken und ich sah wie er mit den Tränen kämpfte. Es tat mir so unglaublich leid. Natürlich wollte er mich nicht alleine aus dem Schloss lassen nachdem er zusehen musste wie das passiert war. Er musste fürchterliche Angst haben.
"Alle haben meine Mutter geliebt. Die Leute auf dem Markt haben den Täter sofort überwältigt und er wurde gefangen genommen doch wir haben nie erfahren was sein Motiv war, ob mehr dahinter steckte, ob es noch mehr wie ihn gibt. Er hat nicht verraten."
Es viel mir schwer das zu glauben. Ich befürwortete es nicht doch ich wusste das Methoden existierten die jeden zum reden brachten.
Zain fiel wohl mein irritirter Blick auf und er erklärte "Er hatte schon als er sie Angriff keine Zunge mehr. Doch gerade das lies uns vermuten das er nicht der einzige war der uns schaden wollte. Aber wir haben niemals mehr erfahren."
Meine zunge wurde schwer wie blei und trocken wie wüstensand "Das bedeutetet sie könnten noch immer da draußen sein?"
Männer die hinter der ganzen Familie her waren, oder vielleicht speziell hinter den Frauen? Ich wünschte er hätte mir eher davon erzählt dann hätte ich ihn besser verstanden.
Er nickte ich presste hervor "Es tut mir so leid. Wenn ich das gewusst hätte."
Zain zog mich in seine Arme und drückte mich fest gegen seine Brust "Es war mein Fehler. Ich hätte es dir sagen müssen." Dann hob er mein Kinn so das ich ihm direckt in die Augen sah. Er war vollkommen ernst und fragte "Wirst du es jetzt akzeptieren wenn ich dich beschütze?"
Ich nickte und er küsste mich sanft.
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