59 | Single POV vs Multiple POVs
Nachdem ich in letzter Zeit wieder vermehrt im Fantasy-Bereich gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass gerade dort sehr oft Multiple POVs (deutsch: mehrere Erzählperspektiven) aufkommen. Manchmal ist mir das beim Lesen sehr willkommen, manchmal jedoch führt das sogar dazu, dass ich ein Buch abbreche.
Ihr seht also bereits: Es gibt kein Richtig oder Falsch, wenn es darum geht, sich für eine oder mehrere Erzählperspektiven zu entscheiden. Vielmehr gibt es bei beidem sehr viele Vorteile sowie auch negative Aspekte, die ich im Folgenden gerne mit euch diskutieren möchte.
Vorteile des Single POV
· Was ganz klar für den Single POV spricht, ist die Tatsache, dass es oft einfacher ist, den Überblick über die Geschichte zu behalten – sowohl für den Autoren als auch für den Leser. Mehrere Erzählperspektiven können schlimmstenfalls verwirrend auf den Leser wirken.
· Eine Erzählperspektive macht es dem Leser einfacher, sich in den Charaktere hineinzudenken und eine Bindung zu ihm aufzubauen. Zu viele POVs können dazu führen, dass dem Leser die Charaktere egal sind und das ist eines der schlimmsten Dinge, die in einem Buch passieren können. Bauen wir als Leser keine Bindung zu den Charakteren auf, interessiert uns auch deren Geschichte und somit letztendlich der Plot sowie das Buch an sich sehr viel weniger. Ich habe bereits öfter genau aus diesem Grund ein Buch abgebrochen und das ist immer wieder schade, gerade wenn der Plot ansonsten wirklich Potenzial hat.
· Viele nennen außerdem den Vorteil, dass Autoren sich einfacher damit tun, aus einer Perspektive zu schreiben, weil man so nicht zwei verschiedene Charaktere unterschiedlich aufziehen muss. Zum Beispiel kann man so dem männlichen POV aus dem Weg gehen. Ich halte dieses Argument jedoch nicht wirklich für stichfest, denn als Autor muss man ohnehin männliche und weibliche Charaktere schreiben. Ob nun aus deren Sichtweise erzählt wird oder nicht, ist egal.
· Mehrere Erzählperspektiven können dazu führen, dass der Plot sich zu langsam entwickelt, weil man zu viele Charaktere vorstellen und ihre Gedanken erklären muss. Das Problem hat man bei nur einer Sichtweise nicht.
· Eine Erzählperspektive führt zu einer klaren Sichtweise. Der Leser ist nicht verwirrt, was genau nun jetzt eigentlich der Plot ist oder welcher Subplot gerade vorliegt. Bei zu vielen Erzählperspektiven besteht die Gefahr, dass die Leser das wirklich Wichtige des Buches gar nicht begreifen könnten.
· Bei nur einer Erzählperspektive kann man einen Hauptcharakter genauer ausarbeiten, als wenn man mehrere besitzt. Man kann sich auf ihn fokussieren und seine Charakterentwicklung stärker betonen.
Vorteile von Multiple POVs
· Ihr habt durch den Single POV die Herausforderung, wirklich in der Sichtweise zu bleiben und könnt nur eine beschränkte Welt beschreiben, während es eigentlich sehr viel mehr Informationen gibt. Durch mehrere Erzählperspektiven kann man auch mehr Informationen in einer Geschichte mit aufnehmen. Hier sollte man jedoch aufpassen, dass das nicht Überhand wird und die Informationen nur so auf den Leser geworfen werden.
· Durch mehrere Erzählperspektiven hat man die Möglichkeit, verschiedene Sichtweisen zu erklären und diese auch durch Gedankengänge zu unterlegen. Dadurch kann man bestimmte Aussagen klarer herausarbeiten.
· Außerdem kann man Unterschiede zwischen den Charakteren mit mehreren POVs noch besser herausarbeiten und authentischer wirken lassen, wenn man diese durch Gedanken und Handlungen in der Vergangenheit der Charaktere unterstreicht, die man ansonsten bei nur einer Erzählperspektive nie erfahren hätte. Dies kann man auch bei dem Single POV authentisch darstellen, nur gestaltet sich dies dort oft schwerer.
· Durch mehrere Erzählperspektiven kann man auch mehr Spannung, mehr Cliffhänger und mehr Fragen erzeugen. Wenn man die Erzählperspektive an einer dramatischen Stelle wechselt, sorgt das meistens dafür, dass der Leser weiterlesen möchte, auch wenn es bei der anderen Erzählperspektive gerade vielleicht etwas ruhiger ist.
· Durch mehrere POVs kann man mehrere Geschichten gleichzeitig erzählen, die vielleicht erst ganz am Schluss des Buches zusammengeführt werden.
· Mehrere Erzählperspektiven eignen sich außerdem dazu, verschiedene Situationen und Handlungen an verschiedenen Orten zu erklären. Gerade im Genre Fantasy wird häufig genau aus diesem Grund aus mehreren Sichtweisen erzählt.
Wie ihr seht, gibt es Vorteile für beide Varianten, wobei mehrere Erzählperspektiven natürlich auch noch einmal in die Anzahl der Sichtweisen unterteilt werden kann.
Wichtig dabei ist es, immer zu bedenken, dass es keine allgemeingültige Antwort gibt, ob man denn nun eine Erzählperspektive oder mehrere wählt. Denn das ist doch das Schöne am Schreiben: Es gibt keine Musterlösung. Vielmehr ist die Entscheidung wie so oft von der Geschichte, der Handlung, dem Genre und auch den Charakteren selbst abhängig.
Für manche Bücher funktionieren mehrere Erzählperspektiven ganz hervorragend, für andere einfach überhaupt nicht. Abhängig ist das auch noch davon, wie viele unterschiedliche Erzählperspektiven ihr nun in einem Buch habt. Zwei bis drei funktionieren meiner Meinung nach gut, bei mehr als dreien kann es je nach Geschichte schon kritisch werden.
Außerdem kann sich das auch von Leser zu Leser unterscheiden. Ich habe vor Kurzem ein Fantasy-Buch abgebrochen, weil mich die vielen Erzählperspektiven keinen Zugang zu den Charakteren haben finden lassen. Gleichzeitig habe ich aber in vielen Reviews gelesen, dass die Leser gerade die vielen Wechsel wunderbar fanden.
Ein möglicher Ausweg, bei dem man sich nicht wirklich zwischen den beiden Alternativen zu POVs entscheiden muss, bietet sich übrigens, wenn man die 3. Person Singular beim Schreiben wählt. Dort müssen keine Sichtwechsel passieren und man kann dennoch Geschichten aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Ich habe das mittlerweile bei einigen Geschichten ausprobiert und muss sagen, dass das auch seine Vorteile haben kann.
1. Wie viele POV (Point of Views) habt ihr höchstens in einem Buch?
2. Lest ihr lieber mehrere POVs oder nur einen POV?
3. Wie viele POVs darf ein Buch bei euch im Normalfall höchstens haben?
4. Findet ihr es schwer, bei mehreren POVs den Überblick zu behalten?
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