Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

In tiefer Trauer

Joshua Repp saß in der allerletzten Bank der Christuskirche und versuchte möglichst wenig aufzufallen, was ihm nicht besonders gelang, denn er hatte im Gegensatz zu den restlichen Trauergästen weder einen schwarzen Anzug angezogen, noch seine etwas mitgenommen aussehende Kappe abgesetzt. Der große Notizblock, den er auf seinem Schoß platziert hatte und auf dem er hin und wieder ein paar Stichpunkte festhielt, machte es natürlich auch nicht besser. Zu allem Überfluss knipste er auch noch hin und wieder ein Foto mit seiner Handykamera, was die ältliche Frau zwei Reihen vor ihm schon mehrfach mit empörten Blicken kommentiert hatte. Auch dem Herren, der auf der anderen Bankseite in der gleichen Reihe wie der Reporter hockte, schien dessen Tätigkeit gar nicht zu behagen, was den Journalisten jedoch nicht im Geringsten störte.

Man mochte Joshua für pietätlos halten, jedoch war dies seiner Meinung nach absolut nicht der Fall. Schließlich tat er hier nur seinen Job. Außerdem interessierte er sich ja sogar wirklich für die Reden der trauernden Angehörigen und Freunde des Verstorbenen, vermutlich im Gegensatz zur Hälfte der restlichen Anwesenden, die wahrscheinlich zum Großteil doch nur der Form halber zur Beerdigung gekommen waren. Als die letzte Rednerin, Gino Clebsch' feste Spielpartnerin im Badminton-Verein, mit feuchten Augen zu ihren Platz zurückging und einige Fürbitten oder Gebete vorgelesen wurden, überflog Joshua seine Aufzeichnungen. Der verstorbene Politiker schien pro Tag mehr Stunden zur Verfügung gehabt zu haben als Normalsterbliche, anders ließ sich die ansehnliche Liste auf Joshuas Notizblock kaum erklären. Laut dieser hatte Clebsch als freiberuflicher Informatiker gearbeitet, war aber gerade dabei gewesen, gemeinsam mit einem alten Studienkollegen eine eigene Firma zu gründen. Er war Mitglied bei den Grünen und Greenpeace gewesen, hatte im Stadtrat gesessen und im Internet einen Blog gegen Rechtsextremismus geführt. Er hatte im Kirchenchor gesungen, monatlich einen Spieleabend in der sehr aktiven evangelischen Gemeinde mitorganisiert, war zweimal pro Woche zum Badminton-Training gegangen und hatte freitags obendrein noch den Volkshochschulkurs ,,Kroatisch" besucht.

Joshua sah ehrfürchtig auf die weiße Urne, die inmitten von Blumen und verschiedenen, von den Rednern dort abgelegten Gegenständen vor dem Altar stand und die die Asche des Verstorbenen beherbergte. So viel konnte ein einzelner Mensch doch unmöglich schaffen. Joshuas Leben wirkte damit verglichen ziemlich erbärmlich und leer: Neben seiner Arbeit, die ja in Wirklichkeit auch nur ein Teilzeitjob war, war er tatsächlich nur noch Mitglied in einem Fitnessstudio, das er vielleicht drei- bis fünfmal im Monat aufsuchte, was für den Preis, den er für das Jahresabonnement zahlte, eigentlich viel zu selten war. Früher hatte er auch noch geboxt, aber das war nun auch schon wieder einige Jahre her. Ansonsten vertrödelte der kleine Mann seine freie Zeit meistens nur im Internet, las Kriminalromane oder unternahm ausgedehnte Spaziergänge durch sein geliebtes Köln. Joshua wurde aus seinen Gedanken gerissen, als der Chor verstummte und sich die Trauergemeinde erhob, um sich auf den Weg zum relativ neu angelegten Teil des Friedhofs zu machen, auf dem sich die kleinen, quadratischen Urnengräber befanden.

Joshua blieb sitzen; die Beisetzung konnte er sich sparen, dort würde nicht viel Interessantes gesagt werden. Vielleicht konnte er hinterher noch ein paar Worte mit dem Pfarrer oder einigen Angehörigen wechseln. Sein Blick glitt über die sich leerenden Bänke und blieb an dem Mann hängen, der ihn schon vorhin, als er die Fotos gemacht hatte, so seltsam angesehen hatte, und der auch jetzt wieder zu ihm herüberschaute. Ebenso wie der Reporter mit der blauen Kappe machte auch er keine Anstalten, dem Trauerzug zu folgen. Als die letzten Kirchgänger die Eingangstüre passiert hatten und Joshua mit dem anderen Mann in der Kirche alleine war, kam dieser zu ihm herüber, was in Joshua ein ungutes Gefühl auslöste. Er schätzte den Herren in dem dunkelblauen Anzug auf etwa gleichaltrig, jedoch überragte er ihn um fast zwei Köpfe und hatte auch einen wesentlich massigeren Körperbau als der zierliche, nur 1,63 Meter große Journalist.

,,Löschen Sie sofort das Foto von mir, Sie haben kein Recht, mich zu fotografieren, wenn ich das nicht will!", verlangte der Fremde ohne irgendeine Einleitung.
Joshua blickte erstaunt zu ihm hoch. Was war so schlimm an einem Bild, das einen beim Besuch einer Beerdigung zeigte? Das durch jahrelange Erfahrung geschulte Sensations-Radar schlug deutlich aus, als Joshua vernünftigerweise sein Smartphone herauszog, die Galerie öffnete und alle Bilder entfernte, die der ihm körperlich Überlegene für problematisch befand. Als er zufrieden war, kam er mit seinem Gesicht noch einmal bis auf wenige Zentimeter an das des Journalisten heran, sodass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Joshua hatte plötzlich einen Geruch in der Nase, der ihn vage an die Schlosserei erinnerte, in der er einmal für zwei Jahre gearbeitet hatte, was er sich in Gedanken ebenso notierte wie die unterschiedlich großen Ohrläppchen und die ungewöhnlich hellen Haare, Wimpern und Augenbrauen seines Gegenübers.

,,Wenn Sie mich in Ihrer Zeitung auch nur mit einem Wort erwähnen, mache ich Ihnen die Hölle heiß, ist das klar?"

Joshua nickte gehorsam, worauf der bullige Mann von ihm abließ und sich in Richtung Ausgang bewegte, wobei er seine Schritte zunehmend beschleunigte. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, sprang Joshua sofort auf und eilte hinterher. Um nicht gesehen zu werden, lief er eng an der Kirchenmauer entlang und hockte sich schließlich hinter die Buchenhecke, die den Parkplatz vom Friedhofsgelände abschirmte. Den Mann konnte er von seinem Versteck aus nicht sehen, aber er konnte eigentlich nur hier entlang gelaufen sein, wenn er nicht doch noch den anderen Trauergästen zum Grab gefolgt war, und davon ging Joshua nicht aus. Das Geräusch aufgeworfenen Schotters, der knirschend von den Reifen des anfahrenden BMWs erfasst und von unten gegen die Karosserie geschleudert wurde, ließ Joshua aufhorchen. So schnell er konnte, hastete er zur Straße, gerade noch rechtzeitig, um sich das Nummernschild merken zu können. ,,K HF 714, K HF 714, ..." murmelte er vor sich hin, bis er seinen Block aufgeschlagen und das Kennzeichen notiert hatte. Ob der Fahrer wirklich der flachsköpfige Mann aus der Kirche gewesen war, konnte Joshua streng genommen nicht wissen, aber er zweifelte dennoch keine Sekunde daran. Nachdenklich machte er sich auf den Rückweg zum Friedhof, um unter dem Vorwand, einen ausführlichen Nachruf zu schreiben, die Trauergäste über das Privatleben des Verstorbenen auszufragen. Irgendetwas Berichtenswertes würde er von den Leuten schon erfahren. Im Notfall würde er eben ein bisschen kreativ sein müssen.

Joshua hatte Tilmann nämlich bis zum Abend einen Artikel versprochen, für den er aktuell noch nicht einmal ein Thema hatte, ansonsten wäre er gleich jetzt zur Kfz-Zulassungsstelle gefahren und hätte eine Auskunftsanfrage bezüglich des Nummernschilds gestellt. Woher diese Ahnung kam, wusste der Reporter nicht, aber er fühlte, dass der seltsame, hellhaarige Kerl womöglich der Schlüssel zu einer ganz großen Story war. Einer Story, von der jeder Journalist träumte, für die er sich kein Wort aus den Fingern saugen musste und die trotzdem ein größerer Knüller sein würde als alles, was er davor jemals geschrieben hatte.

Während Joshua Repp also damit beschäftigt war, trauernde Angehörige zu belästigen, öffnete die Kriminalkommissarin Stefanie Berg gerade ein PDF-Dokument mit dem Ergebnis der Haaranalyse, das die Forensik soeben per Mail geschickt hatte. Neben ihr saß Fabian Chernikov, ein noch recht junger Kollege, von dem die erfahrene Polizistin aber eine sehr hohe Meinung hatte. Im Moment trug er allerdings keinen besonders intelligenten Gesichtsausdruck zur Schau.

,,Und das heißt jetzt was genau?", fragte er, denn er konnte der riesigen Tabelle voller Zahlen keinerlei relevante Information entnehmen. Seiner Vorgesetzten ging es da nicht viel anders, nur wusste sie aus Erfahrung, wohin man gucken musste.

,,Die Haare vom Tatort sind wirklich von dem Vogt", sagte sie und deutete dabei auf ein kleines ,p' auf dem Bildschirm, das eine positive Übereinstimmung der beiden Proben bedeutete.

,,Laden wir ihn doch morgen gleich noch einmal vor!"

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro