Der Ball war inzwischen in vollem Gange, doch ich wartete weiter draussen.
Ich wollte erst eintreten, wenn die Matesuche-Veranstaltung begann und bis dahin wanderte ich, weiterhin unsichtbar, durch den Wald.
Gerade wollte ich noch ein Stückchen tiefer in das Dickicht gehen, als ich aus der Richtung des Balls eine kurze Melodie hörte, die wohl um Aufmerksamkeit bat und dann verstummte das kleine Orchester drinnen komplett. Die Veranstaltung zum Finden des Mate hatte begonnen.
In Gedanken verabschiedete ich mich vom Wald und nahm noch kurz zu Nicole Kontakt auf, während ich mich in Richtung Ball bewegte.
'Hey Nicole. Danke für den Umhang', fing ich an und spürte sofort eine Verbindung.
'Hey Süsse, gerne. Aber ich hab noch etwas für dich. Vor dem Gebäude ist ein Portalkreis in den Boden gemalt, solltest du also irgendwie flüchten wollen, dann benutze den. Wenn du willst kann ich dich dann auch abholen kommen, dann kann ich den Kreis noch gleich verwischen, damit man uns nicht folgen kann.'
'Wow, Dankeschön Tante Nicole! Ich geh jetzt rein, hoffentlich muss ich den Kreis nicht benutzen', erwiderte ich und wusste noch nicht, dass meine Hoffnung um sonst sein würde.
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Im Ballsaal war es laut. Manche wenige wuselten herum, soweit ich sehen konnte nur Paare. Es rannte auch vereinzelt jemand zum Eingang, fast immer gefolgt von einer weiteren Person, dem jeweiligen Mate.
«Wir begrüssen Kyran von–», begann der Ansager zu sprechen, wurde jedoch irgendwie aufgehalten.
Neugierig drehte ich meinen Kopf zum kleinen Podest, auf dem die ranghöheren Werwölfe zuerst standen, bevor sie dann durch die Reihen schreiten würden.
Doch als ich sah, wer da auf der Bühne stand, gefror mir das Blut in den Adern.
In mir tobte meine tierische Hälfte vor Freude und doch wollte ich eine Bestätigung.
Er liess seinen Blick schweifen, sein gesamter Körper stand unter Spannung und dann geschah es. Er fand, wonach er gesucht hatte. Nur sah er dort niemanden, denn ich war weiterhin unsichtbar. Sein Blick brannte auf mir und das Schlimmste war, dass niemand hinter mir stand und er somit auf eine leere Fläche sah.
Vielleicht wusste er, dass er ausgetrickst wurde oder vielleicht folgte sein Blick einfach aus Zufall meinen Schritten. Doch seine bernsteinfarbenen Augen lagen bei jedem meiner Schritte auf mir. Bis zum Badezimmer.
Kaum hatte ich die Tür zur kleinen Kabine geschlossen, liess ich mich hinuntergleiten und sank auf den Boden. Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen und ich liess meinen Kopf auf die Knie fallen.
Ich hatte meinen Erasthai gefunden. Und er war ebenfalls ein Lykaner.
'Hol mich bitte hier raus.'
Ein grobes Klopfen liess mich aufschrecken, «Hallo? He! Aufmachen! Ich weiss, dass du da drin bist», erklang seine warme Stimme vor ebender Tür, hinter der ich mich verkrochen hatte.
«Ich kann dich riechen, Liebes.»
Ich nahm all meinen Mut zusammen, krabbelte auf den Spülkasten, der sich unter anderem in der kleinen Kabine befand und krallte mich an der dünnen Wand fest.
Er brach das schwache Schloss. Die Tür trat er förmlich auf und stand verdutzt vor der Toilette, als er mich nicht fand. Umso schneller war er mir wieder auf den Fersen, da ich die Haupttür zu den Damentoiletten gerade geöffnet hatte.
Meine Kapuze musste irgendwie verrutscht oder runtergefallen sein, denn ich sah so etwas wie Neugierde in seinen bernsteinfarbenen Augen aufblitzen.
Zeit um mich genauer zu betrachten liess ich ihm jedoch nicht, denn ich nahm meinen Rock und raffte ihn hoch.
Ich rannte um mein Leben.
Er mir hinterher.
'Ich bin da, Andrea!', rief mir Nicole durch unsere Gedankenverbindung zu und ich atmete auf.
Mit meiner letzten Kraft rannte ich aus der Tür und auf den Kreis, auf dem die Blondhaarige bereits stand, ihre lilafarbenen Augen geschlossen. Der Kreis leuchtete in einem warmen und hellen weiss, die Hexe neben mir beendete ihren Spruch und wir lösten uns vor Kyrans Augen immer mehr in Luft auf.
Ungläubig fluchend hielt er Blickkontakt, im hellen Braun seiner Augen blitzte es gefährlich gelb. Er hatte Mühe seinen Lykaner unter Kontrolle zu behalten.
Doch ehe er noch irgendetwas machen konnte, verschwamm er vor meinen Augen, wir lösten uns wohl komplett auf und wurden zu meinem Zuhause teleportiert.
Sobald wir angekommen waren, überschlugen sich meine Gedanken geradezu.
Ich habe meinen Erasthai gefunden.
Er ist auch ein Lykaner.
Er heisst Kyran.
Er weiss, wie ich aussehe.
«Rea?», Darwin rannte auf mich zu und schloss mich in seine Arme.
«Ich hab ihn gefunden und er weiss, wie ich aussehe. Er heisst Kyran. Seine Augen sind bernsteinfarben und seine Haare braun», sprudelte es nur so aus mir heraus.
«Ganz ruhig. Weiss er wo du wohnst?», ich schüttelte den Kopf, «Weiss er ausser deinem Aussehen sonst etwas über dich?», wieder ein Schütteln meines Kopfes.
«Na also, dann pack mal deine Sachen, falls er dich dennoch schneller als gedacht finden sollte», kam nun auch Ethan dazu und umarmte und beide gemeinsam, sodass ich mich minimal eingequetscht fühlte.
«Ich hab euch lieb.»
«Wir dich doch auch», kam es zweistimmig zurück und ich konnte nicht anders, als zu grinsen.
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Was brauche ich noch?
Alle Unterwäsche, Socken und alle meine Kleider. Ausserdem sind hier noch meine Zahnbürste, Zahnpasta, Zahnseide, Shampoos, Haarpflegemittel und Haarbürsten drin. Mein Geld, mein Ausweis und meine Ladekabel, als auch mein Handy haben hier auch noch ihren Platz.
Dank dem Zauber, der in meine Reisetasche eingewebt war, konnte ich so viel in meine Tasche packen, wie ich wollte. Das Gewicht würde nur wenig zunehmen und ich könnte es ohne Probleme selbst tragen.
'Und? Wie weit bist du mit dem Packen?', erklang die Stimme von Ethan in meinem Kopf.
'Fast fertig. Ich überlege noch, ob ich etwas vergessen habe.'
'Wenn du schon so weit bist, dann komm doch runter und iss mit uns zu Abend. Wir wissen nicht, ob es für die nächste Zeit das Letzte sein wird.'
Die Traurigkeit in seiner Stimme spiegelte förmlich meinen eigenen Kummer wider.
Der kam hoch, wenn ich nur daran dachte, dass Kyran mich wohlmöglich sofort mitnehmen würde. Zumindest würde er das wollen.
'Ich bin gleich da, ich will mich nur noch vom oberen Stock verabschieden, falls ich flüchten muss.'
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