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«Rücken gerade! Hände auf den Tisch! Kopf hoch!», ermahnte mich mein Lehrer streng und ich musste gestehen, dass er wirklich gut war.
Immer wieder machte ich mit Absicht Fehler, obwohl es ohne diese so viel mehr Spass gemacht hätte. Doch da ich wusste, dass der Lehrer dem König später Bericht über meinen Lernfortschritt erstatten würde, musste ich welche einbauen. Auch wenn das bedeutete, dass ich nicht so schnell mit diesem Kurs abschliessen konnte.
«Ja, so ist es gut. Bleiben Sie so sitzen», er stolzierte durch den Raum, trank seinen Kaffee und beobachtete mich mit Argusaugen.
«Gut, nun machen Sie mir noch einmal den ganzen Ablauf, den wir eben geübt haben vor», konzentriert tat ich wie geheissen, und zwar fehlerfrei.
«Bravo! Sehr gut, für heute entlasse ich Sie hiermit. Geniessen Sie ihren Abend», lächelnd bedankte ich mich, machte eine Verbeugung und verliess anmutig das Zimmer.
Ach wie hatte ich es vermisst, all das gelernte Wissen anzuwenden.
Zunächst ging ich auf mein Zimmer, da ich mir sicher war, dass es bald Abendessen geben würde, jedoch wollte ich noch schnell Zora anrufen.
Erstes Klingeln.
Zweites Klingeln.
Drittes Klingeln.
Viertes Klingeln.
«Ja? Hallo?», erklang die bekannte Stimme meiner Freundin.
«Hi Zora. Ich hab ein Angebot für dich. Wie wäre es, wenn du hier rüber nach Saphirna kommst und bei mir als Kammerzofe arbeitest? Du könntest irgendwie meine persönliche Stylistin sein?», ich hoffte, sie würde das Angebot annehmen.
«Klar, solange ich die meiste Zeit in deinem Zimmer abhängen kann und mich im Schloss frei bewegen darf», das Grinsen war aus ihrer Stimmlage herauszuhören.
«Schön! Dann bin ich nicht mehr so allein, die Königin selbst hat es mir übrigens erlaubt», erzählte ich ihr freudig und sie erzählte mir anschliessend wie es bei uns Zuhause lief.
«Also Gut, wir sprechen uns später nochmal, ich buche jetzt meinen Flug. Bye», damit beendete sie den Anruf und ich schlich mich hinab in das Erdgeschoss, um zu sehen, ob das Abendessen schon begonnen hatte.
«Andrea! Schön, dass du hier bist, heute sind es nur wir drei. Alexej muss noch etwas erledigen und Kyran hat sich in seinem Arbeitszimmer verkrochen», begrüsste mich Calandra sofort und ich konnte nicht anders als zu lächeln bei ihren Worten.
Als ich mich gesetzt hatte und Essen auf meinem Teller war, sah ich zu Calandra, «War Kyran eigentlich schon immer so kühl?», flüsterte ich in der Hoffnung, dass mein Erasthai mich nicht hören würde.
Die Mutter von Kyran schüttelte den Kopf, «Früher war er aufgeweckt und fröhlich, auch als er 18 wurde und anfing die Insel nach seiner Erasthai abzusuchen. Aber nach einem halben Jahr hatte er die gesamte Insel abgesucht und nichts gefunden. Danach wurde er sehr traurig, deswegen schickten wir ihn hinaus in die Welt, um dort nach seiner Seelengefährtin zu suchen. Nach eineinhalb Jahren jetzt hat er dich gefunden.»
Das bedeutete, dass Kyran 20 war. Zwei Jahre, hört sich nicht lange an, aber wenn man seinen Mate sucht, fühlt es sich wahrscheinlich wie eine Ewigkeit an.
Wenn er wirklich so lange ununterbrochen nach mir gesucht hat, sollte er dann nicht froh sein, mich gefunden zu haben?
«Ich weiss nicht, was mit ihm passiert ist, aber wenn du an seiner Seite bleiben und hier leben willst, dann musst du dich anstrengen. Mein Mann will nur das beste für unser Land und deswegen wird er nicht davor scheuen, dich wieder wegzuschicken, wenn er merkt, dass du der Rolle nicht gewachsen bist.»
Zittrig atmete ich ein. Er wollte mich verscheuchen. Ich musste ihn vom Gegenteil überzeugen.
«Danke, ich denke ich verstehe Kyran jetzt etwas besser», ich stocherte auf der letzten Erbse auf meinem Teller herum, ehe ich sie aufspiesste und mir in den Mund schob, «Ich wünsche euch beiden noch einen schönen Abend und werde jetzt ins Bett gehen.»
Es tat mir leid, nochmals so vom Esstisch zu flüchten, doch ich brauchte Zeit für mich. Kyrans Vater wollte mich loswerden und ich würde mein bestes geben, um das zu verhindern.
Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, ertappte ich mich selbst dabei, wie ich kurz innehielt, um zu lauschen, ob ich Kyran in seinem Zimmer hören konnte. Leider war dem nicht so, Calandra hatte es ja gesagt. Er hatte sich in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen.
Müde schleppte ich mich ins Bad, wo ich mir die Zähne putzte und meine Haare zu einem Zopf zusammenflocht.
Ich sah mir die langen schwarzen Haare an. Warum hatte ich mich für schwarz entschieden? Würde ich zu viel riskieren, wenn ich zum Friseur ging und mir die schwarze Farbe auswaschen liess? Ich seufzte, heute jedenfalls würde ich die Farbe nicht mehr ändern. Vielleicht im Verlaufe der Woche.
❥︎ ❥︎ ❥︎
Lustlos lag ich im Bett. Die Sonne liess ihre Sonnenstrahlen durch mein Fenster tanzen und malte hübsche Muster an die Wände.
Muskelkater.
Der gestrige Unterricht war so viel auf einmal seit langem gewesen, dass ich Muskelkater bekommen hatte. Ich dachte, ich hätte es vielleicht ohne geschafft, aber nein. Der Muskelkater hatte dennoch beschlossen mir einen heftigen Besuch abzustatten.
Meine Tür wurde geöffnet und für einen kurzen Moment hatte ich die Hoffnung, es könnte Kyran sein, der sich für sein schlechtes Verhalten entschuldigte, «Guten Morgen», erklang eine Stimme und zerstörte damit jegliche Hoffnung.
«Miss Andrea, ich bin Minna, ihre neue Zofe», ich brummte.
«Hi Minna, du kannst mich duzen und nur Andrea nennen. Könntest du mir aufhelfen? Ich hab einen schrecklichen Muskelkater», sofort eilte Minna zu mir und ich erkannte, dass sie eine Fee war.
Mit ihrer bläulich schimmernden Haut und den tiefseeblauen Augen stach sie hervor. Die algengrünen Haare jedoch erinnerten mich an James.
Eifrig half sie mir auf und assistierte mich sogar beim anziehen und dem frisieren meiner Haare. Dafür war ich ihr wirklich dankbar, da meine schmerzenden Schultern und Arme sich fast nicht bewegen liessen.
Zu meinem Grauen wurde ich an dem Tag morgens erneut in Benehmen unterrichtet, nur um mich am Nachmittag dann in der Kunst des Tanzes zu üben. Es war wahrlich eine Qual, doch ich wusste aus Erfahrung, dass der Muskelkater nur eine Woche anhalten würde und ich mich somit bald wieder normal bewegen konnte.
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