this time i'm ready to run ☼
"Verficktes Drecksteil!"
Mit voller Wucht trete ich vor den Radkasten dieser Schrottkarre, die ich mein Eigen nennen muss. Anders als es zu meinem Glück passen würde, gewinnt tatsächlich der Schuh an meinem Fuß und hinterlässt eine Beule im Lack, die diesem Blechhaufen gerecht wird. Schnaufend wische ich mir den Schweiß von der Stirn, knete einige Sekunden mit geschlossenen Augen meinen Nasenrücken, um mich zu sammeln.
Die Sonne steht im Zenit, wir haben locker 35 Grad und ich kann kaum klar denken. Das Letzte, was ich jetzt noch gebrauchen kann, ist ein rauchender Motor. Aber das ist nunmal das Einzige, worauf ich mich bei diesem Gefährt verlassen kann: Unzuverlässigkeit...
Dennoch bleibt mir nichts anderes übrig, als der Herkunft des Rauches auf den Grund zu gehen, weshalb ich vorsichtig die Motorhaube öffne. Hustend trete ich erstmal ein paar Schritte zurück und wedle vor meinem Gesicht hin und her, als mir eine riesige Wolke entgegen kommt. Ich lasse sich den Rauch erstmal etwas verflüchtigen, bevor ich mich wieder näher heran traue. Doch wirklich weiterhelfen tut mir das leider auch nicht.
Mehr als: 'es raucht' und 'es strahlt eine enorme Hitze aus' kann ich mit meinem unglaublichen, nicht vorhandenen Fachwissen leider nicht feststellen.
Zu allem Überfluss komme ich, während ich mich in den Motorraum beuge, natürlich an den Motorblock und verbrenne mir an dem heißen Plastik so dermaßen die Brust, dass ich mehrere Sekunden fluchend vor meinem Auto auf und ab springe wie ein Gummiball.
Wie gut, dass hier meilenweit keine Menschenseele ist, die mich dabei beobachten könnte, denn ich komme mir vor, als hätte ich so eben die Hauptrolle des trotteligen Pechvogels in einem 0815 Hollywoodstreifen übernommen.
Vor Schmerz zischend hechte ich zur Fahrertür und suche verzweifelt nach irgendwas, um den bereits jetzt strahlend roten Fleck oberhalb meiner rechten Brust irgendwie kühlen zu können. Ich hätte auch vorher darauf kommen können, dass ein weites Tanktop nicht die beste Wahl ist, um in einem offensichtlich überhitzten Motor zu hängen, aber bei Temperaturen um den Siedepunkt war nun wirklich nicht mein erster Gedanke, meine Jeansjacke wieder anzuziehen.
Nachdem ich eines meiner dreckigen T-Shirts aus der Reisetasche gezogen und es mit etwas, im besten Fall lauwarmen Wasser befeuchtet habe, um es auf meinen Körper zu drücken, krame ich mit der freien Hand in meiner Hosentasche nach meinem Handy. Kurz überlege ich, wieder ins Auto zu steigen, da es in der prallen Sonne echt unerträglich heiß ist, aber im Innern dieses Gefährts ist es locker nochmal 10 Grad heißer, als draußen.
Also lasse ich mich kurzerhand auf dem Boden vor meinem Kofferraum nieder, dessen Klappe ich als Sonnenschutz zweckentfremdet habe - oder es zumindest versucht habe. Denn wirklich erfolgreich war dieses Vorhaben selbstverständlich nicht.
"Boah, im Ernst jetzt?!" führe ich mein Selbstgespräch fort, als ich auf meinen Display blicke - und ein kleines x auf der Empfangsanzeige sehe. Das kann nicht wahr sein. Als würde es nicht reichen, dass ich mit dieser dämlichen Karre mitten in der Pampa liegen bleibe, dann muss ich also ernsthaft auch noch so weit weg von sämtlicher Zivilisation sein, dass ich nicht mal einen Abschleppdienst erreiche? Ich streiche mir vor Wut knurrend den Schweiß von der Schläfe und blicke mich um.
Das einzige Lebenszeichen, dass ich erspähen kann, ist ein Bauernhof, der allerdings mehrere Kilometer entfernt zu liegen scheint. Das zugehörige Schild und den Feldweg dorthin habe ich vor knapp 2km passiert. Würde ich verhindern wollen, den ganzen Weg zurück zu stapfen und stattdessen querfeldein drauf zu laufen, müsste ich ein riesiges Maisfeld durchqueren, in dem ich mich vermutlich mehr verlaufen würde, als dass ich irgendwo ankäme.
Beginnen so nicht die schlechtesten Horrorfilme? Also doch 0815 Hollywoodstreifen...
Für wenige Sekunden schließe ich die Augen und atme tief durch. Ich merke, wie sich der Druck in meiner Brust erhöht, doch es tut sich nichts. So sehr ich es mir auch wünsche, dass es endlich rauskommt - nicht eine einzige Träne schenkt mein Körper mir. Und das, obwohl ich allen Grund dazu hätte.
Denn obwohl der Geburtstag meines Opas hier in der Normandie für mich wie immer hauptsächlich daraus bestand, zu erklären, wie es denn wohl sein könne, dass der Großteil meiner jüngeren Geschwister bereits in festen Händen sei und teilweise sogar schon Kinder hätten, während ich noch immer single und kinderlos bin - ich wäre dennoch gern noch länger geblieben. Weil, ja, trotzdem hätte ich lieber noch etwas Zeit mit besagten Geschwistern verbracht, anstatt an einem Sonntagnachmittag durch die Hölle auf Erden ohne Klimaanlage und über 8 Stunden zurück nach London zu fahren.
Vorallem in Anbetracht dessen, dass Zuhause nur eine einsame, winzige Wohnung voll leerer Pizzakartons und ein Job auf mich wartet, der so unterbezahlt ist, dass ich selbst kaum glauben kann, dass ich mir das freiwillig antue.
Doch trotz dieses Trauerspiels, das ich mein Leben nenne, welches nun von dieser überragenden Autopanne gekrönt wird, kann ich nicht weinen. Seit Mum vor 5 Jahren gestorben ist, habe ich nicht eine Träne mehr vergossen, egal wie beschissen meine Situation war. Ich weiß nicht, ob mein Herz einfach der Meinung ist, dass nie wieder etwas so schrecklich sein kann, wie meine Mutter zu verlieren, oder ob ich einfach in den 10 Tagen, die ich damals durchgeheult habe, meinen Tränenvorrat für immer aufgebraucht habe.
Irgendwas in mir sträubt sich auf jeden Fall vehement dagegen, ab und an mal loslassen zu können.
Da auch dieser Moment daran offenbar nichts ändern wird, rapple ich mich also auf und werfe fürs Erste doch noch einen weiteren Blick in den Motorraum. Keine Ahnung, was ich mir dadurch erhoffe, aber ich würde wohl alles tun, um nicht in dieser Affenhitze mehrere Kilometer durchs Niemandsland latschen zu müssen, um Hilfe oder zumindest Netz zu finden.
Wie zu erwarten war, bin ich auch nun nicht viel schlauer, als noch vor 7 Minuten, sodass ich leise vor mich hin fluchend unterschiedliche Dinge auf und wieder zu drehe, bevor ich mich plötzlich fast zu Tode erschrecke.
"Hey, kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?"
-♡-
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