cause i wanna be free ☼
Tief atme ich die salzige Meerluft ein und genieße, wie der warme Wind durch meine ungemachten Haare weht. Sie wären durch eben diesen sowieso innerhalb von Minuten zerstört worden. Für einen Moment schließe ich meine Augen und lausche dem leises Summen, das Harry von sich gibt.
Wir sind heute morgen bloß wenige Kilometer weiter gefahren, bevor wir uns entschieden haben, Bibo den schmalen Strandweg zuzutrauen, der uns hierher geführt hat. Es ist unfassbar, wie viele nahezu menschenleere Stellen es in diesem Land gibt, doch ich freue mich darüber enorm.
Denn obwohl es mir heute morgen deutlich besser ging, als vergangene Nacht, bin ich noch immer emotional etwas aufgewühlt. Nachdem ich gestern erneut zu weinen begonnen hatte, hat er die Kofferraumklappe geschlossen, mich dabei mit dem anderen Arm weiter eng bei sich behalten und anschließend im Licht der kleinen Lämpchen, die er um die Fenster drapiert hat, wieder hingelegt. Sanft hat er mir durch die Haare gestrichen und meine Kopfhaut massiert, bis mich die Erschöpfung über all die Eindrücke und Gefühle, die in den vergangenen Stunden auf mich eingeprasselt waren, bezwungen hat.
Harry hat mir heute morgen erzählt, dass ich jedes Mal, wenn er sich nur leicht von mir gelöst hat, zu winseln begonnen habe. Letztendlich hab ich mich wohl wie ein süßes, kleines Klammeräffchen (ja, das ist seine Wortwahl) von hinten an seinen Rücken gekuschelt, mich ganz doll an seiner Hand festgehalten und immer wieder 'Danke' in seinen Nacken genuschelt.
Ein bisschen unangenehm war es mir anfangs schon, dass ich ihn so belagert habe, doch er hat mir schnell erneut ein Gefühl von Sicherheit gegeben.
Als ich die Augen wieder öffne, blicke ich in Harrys Gesicht, der sich mir gegenüber an ein Dreieckskissen gelehnt hat und mal wieder in seinem Block herum kritzelt. Er lächelt mich sanft an, senkt dann wieder den Kopf und setzt weitere Striche auf das Papier. Nachdenklich mustere ich ihn und frage "Hat es eigentlich einen Grund, dass du mich immer wieder zwischendurch ansiehst?" Er grinst frech und murmelt "...vielleicht?", kichert dann dämlich und dreht den Block demonstrativ ein Stück weg.
Ich bin mir sicher, er weiß, wie neugierig er mich dadurch auf das macht, was da auf seinem Ringbuch passiert. Also blicke ich für einen Moment Richtung Wasser, damit er sich in Sicherheit wähnt, bevor ich auf ihn zu hechte und versuche, einen Blick auf das Papier in seiner Hand zu erhaschen. Leider reagiert er schnell genug und drückt es an seine Brust, streckt mir die Zunge heraus und funkelt mich neckisch an.
Ich bin alles, aber kein mutiger, frecher Mensch. Doch jetzt gerade, will ich ausnahmsweise mal genau das sein.
Ich beuge mich vor, lasse meine Zungenspitze nach vorne schnellen, lecke ihm damit einmal über seine Nasenspitze. Wie ich gehofft hatte, hat er damit nicht gerechnet, denn er zuckt zusammen, rutscht ein Stück tiefer und sorgt so dafür, dass ich auf ihn falle, denn ich hatte mich an seiner Schulter abgestützt. Ich versuche, nach dem Block zu greifen, doch er drückt kichernd seine Nase in meine Halsbeuge und leckt über meine Haut, denn er weiß seit gestern, wie empfindlich ich dort bin.
Wie von ihm erhofft bringt er mich damit kurz aus dem Konzept, sodass er wenige Sekunden die Kontrolle über die kleine Rangelei gewinnt. Aber letztendlich bin doch ich derjenige, der die Überhand behält und am Ende mit seinem Buch triumphierend zurück robbt.
Ich werfe einen Blick darauf und mir bleibt kurz das Herz stehen, als ich sehe, woran er seit gestern Abend zu arbeiten scheint.
Als ich wieder hoch blicke, geht er sich ein wenig verlegen durch die Locken, kaut sich etwas auf der Lippe herum, bevor er mich schief angrinst. "Du-..." Ich versuche zu verarbeiten, was ich gerade gesehen habe, muss erneut hinabblicken, um es zu realisieren. Mit dem Daumen streiche ich zitternd über den kleinen Papierflieger, drehe meinen Unterarm ein Stück, um das exakt gleiche Symbol auf dessen Innenseite zu finden.
"Du zeichnest m-mich?" flüstere ich und lasse den Block langsam sinken. Sanft lächelnd zuckt er mit den Schultern. "A-Aber... warum?" Leise beginnt er zu lachen. "Weil du ein überaus schönes Motiv darstellst." Ich merke, wie ich rote Wangen bekomme und presse nervös die Lippen aufeinander. Er zieht mich am Arm vorsichtig zu sich rüber, dreht mich an der Hüfte um und drückt mich auf den Boden vor sich, winkelt seine langen Beine links und rechts von mir an, um mich dann noch etwas enger an seine Brust zu ziehen.
Mein Puls schnellt in die Höhe, denn obwohl wir die ganze Nacht gekuschelt haben, ist es noch immer aufregend, wenn er mir so nah kommt. Für ihn scheint das kein großes Ding zu sein, er hat von Anfang an keine Berührungsängste gehabt, doch in mir kribbelt es jedes mal wieder, wenn seine Haut meine berührt.
"Ich sehe Menschen einfach oft mit anderen Augen, weißt du?" Seine Stimme ist nur ganz leise an meinem Ohr, als er mit der Hand, die nicht auf meinem Bauch liegt, den Zeichenblock auf meinen angewinkelten Beinen etwas gerade richtet.
Er streicht mit dem Finger über die kleine Bombe, die kurz davor ist zu zünden. "Das hier musste ich gestern unbedingt dazu malen, als du dem Campingstuhl gezeigt hast, wie kurz deine Zündschnur manchmal ist..." kichert er. "Hey..." schmolle ich mit vorgeschobener Lippe, doch weiß natürlich, dass er Recht hat.
Das Scheißteil wollte aber auch einfach nicht so stehen bleiben, wie ich das wollte...
"Ich hoffe, ich habe sie einigermaßen getroffen." Ich drehe erneut meinen Arm ein Stück und halte ihn neben das Papier. Es ist exakt das gleiche Symbol. Er scheint sich tatsächlich die kleinen Details an mir zu merken...
"Das hier...", er zeigt auf das Bild oben links, "...hab ich rein aus der Erinnerung heraus gezeichnet, als du gestern Abend Holz gesucht hast. Ich fand so süß, wie bockig du ausgesehen hast, weil dein Auto liegen geblieben war..." Er legt sein Kinn auf meiner Schulter ab und lehnt seine Wange gegen meine. "Das ist gerade eben entstanden..." flüstert er und zeigt auf mein seitliches Profil, das er für die Ewigkeit festgehalten hat. "Der Moment hat dich so perfekt dargestellt, fand ich..." Ich schlucke schwer, als mich sein Eigengeruch umhüllt und meinen Puls noch ein wenig schneller werden lässt.
"Du bist ein nachdenklicher Mensch, Louis. Ein nachdenklicher, aber wunderschöner Mensch."
Er dreht seinen Kopf ein Stück zu mir, fährt meine pulsierende Halsschlagader mit seiner Nase hinauf, sein warmer Atem sorgt daraufhin für eine Gänsehaut, weshalb ich ihn leise schmunzeln höre, als mir die Augen zuflattern. "Und so leid es mir tut, ich kann einfach nicht aufhören, dich-..." Nur hauchzart spüre ich seine weichen Lippen, die meine Gänsehaut streifen und den Satz symbolisch beenden, anstatt ihn auszusprechen.
"Ich liebe es einfach, dein Herz so zum rasen zu bringen."
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