Das Verfahren und das Urteil ( Überarbeitet )
Nach ihrem Urlaub hatten Mila und Marcel mehrere Termine beim Anwalt gehabt. Der Verteidiger von Anna wollte das Strafmaß drücken.
Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen versuchtem Mord erhoben, nachdem die Beweisermittlung abgeschlossen war und die Verhöre sowie Aussagen aufgenommen waren.
Die Verteidigung fand immer neue Wege, den Start des eigentlichen Verfahren zu verzögern. Doch nun war es April und das Gericht hatte eine weitere Verzögerung ausgeschlossen.
Der Anwalt von Mila, der sie in der Nebenklage vertrat, ging davon aus, daß nach einem Verfahrenstag schon ein Urteil gefällt werden würde.
Nun stand Mila im Bad, trug einen Hosenanzug in schwarz und hatte die Haare hochgesteckt. Es war morgens halb neun und selbst Marcel war bereits fertig. Ungewohnt sah sie ihren Freund in Jeans, Hemd und Lederschuhen zu gegelten Haaren.
Er wollte sie unterstützen.
Er musste sie unterstützen, wollte sie beschützen, auch wenn sie ihn nicht gebeten hatte. Nur einmal hatte sie gesagt, daß sie glaubt es nicht allein zu schaffen. Jetzt aber sah er ihr an, das sie diese Verhandlung belastete. Sie zeigte sich stark, aber während der Fahrt sprach sie kein einziges Wort. Öfter griff er ihre Hand, welche eiskalt war. Sie versuchte ihn anzulächeln, aber es gelang ihr nicht wirklich.
Keine Stunde später trafen sie sich vorm Gerichtsgebäude mit dem Anwalt. Trotz leichtem Make up war die junge Frau blass. Sie war aufgeregt und nervös. Ihr Magen rebellierte und sie hatte bis zur Verhandlung nicht einmal etwas getrunken. Marcel hatte es morgens mit einer Cola bei ihr versucht, aber sie hatte diese abgelehnt. Er hatte an dem Tag den AMG aus der Garage geholt, um selber zu fahren.
Da es eine öffentliche Verhandlung war, war auch die Presse anwesend und die üblichen Schaulustigen. Diese besetzten die Reihen im Gerichtssaal.
Als der alternde Richter das Verfahren eröffnete, saßen Mila und Marcel hinter der Anwaltsbank der Staatsanwaltschaft. Er hielt ihre eiskalten Hände.
Zunächst wurde die Anklageschrift verlesen.
Mila musste dann direkt in den Zeugenstand. Sie wurde zu den Geschehnissen befragt, musste alles wiedergeben. Immer wieder stockte sie in ihren Erzählungen. An dem Tag war es, als würde sie es noch einmal erleben. Sie musste mehrfach schlucken, schloß immer wieder die Augen.
Der Staatsanwalt bat sie: "Können sie die Person, die ihnen das angetan hat Identifizieren?" Die junge Frau nickte und deutete auf Anna, die neben ihrem Verteidiger sass. Diese grinste sie siegessicher an.
Als sie dann aus dem Zeugenstand trat und die Momente des Martyrium noch einmal erlebt hatte, war sie regelrecht bleich. Der Richter bot ihr eine Unterbrechung an, welche sie ablehnte. Marcel wurde als nächstes in den Zeugenstand gerufen. Mit einem Auge blickte er immer wieder auf Mila. Diese war weiterhin bleich und zitterte.
Nach seiner Aussage beeilte er sich, an ihre Seite zu eilen. Dann kam der Moment, vor dem sie sich beide etwas fürchteten. Anna wurde in den Zeugenstand gerufen.
Sie musste erst die persönlichen Angaben preisgeben, in welcher Verbindung sie alle zueinander standen.
Mila bemühte sich aufrecht zu sitzen und sie anzusehen. Marcel hielt ihre eiskalte Hand. Ihre Finger wurden von seinen umschlossen.
Anna leugnete nicht, daß sie den Angriff auf Mila begangen hatte und beschrieb, was genau sie getan hatte, wie sie es getan hatte. Und sie beschrieb, was sie sich erhofft hatte.
Der Anwalt der Nebenklage wollte wissen weshalb sie das getan hatte. Ihr Blick wanderte zu Marcel.
"Wir waren über acht Jahre zusammen. Ich habe ihn geliebt, liebe ihn noch immer. Er hat mir immer gesagt, es käme für ihn nicht in Frage mit mir zusammen zu wohnen, das man bei ihm übernachtet. Kinder waren erst gar kein Thema. Und dann kommt da diese Schlampe und nimmt ihn mir weg! Alles was ich nicht bekommen hatte, bekam sie sofort. Sie wohnt bei ihm, jetzt ist er an ihrer Seite. Er gehört an meine Seite.", erklärte sie. Marcel konnte kaum begreifen, was er dort hörte.
Der Staatsanwalt schaltete sich ein.
"Bereuen sie ihre Tat?", wollte er wissen.
Sie grinste. "Ich hätte ihren Tod in Kauf genommen. Ich wollte das sie verschwindet. Ich wollte ihren Tod. Und irgendwann werde ich die Möglichkeit bekommen ihn mir wiederzuholen! Marcel gehört mir und ich werde alles tun was möglich ist, um sie verschwinden zu lassen.", gab sie an. Die von sich überzeugte Person wurde aus dem Zeugenstand entlassen. Bei den Geständnissen zu ihren Absichten, keuchte Mila einmal auf.
Anna wurde von einem Vollzugsbeamten an ihren Platz zurück gebracht.
Der Richter setzte gerade an, etwas zu sagen, als Mila die Hand vor ihren Mund schlug und aufsprang. Sie kämpfte sich durch den Gerichtssaal nach draußen, so schnell es ihr auf den High Heels möglich war. Marcel folgte ihr umgehend.
Vorm Gerichtssaal saßen Dennis und Memo, die auch noch als Zeugen gehört werden sollten. Diese deuteten den langen Flur hinunter, wo man die Schritte noch hörte. Nun konnte Marcel ihr schneller folgen und sah sie noch wie sie in den Damenwaschraum verschwand.
Als er diesen betrat, hörte er noch, wie sie sich geräuschvoll übergab. Er trat hinter sie, wie sie matt vor der Toilette stand. Sie ließ sich von ihm vor die Waschtische führen. Sie spülte sich den Mund aus.
Er hielt sie im Arm als er mit ihr raus trat. An den Getränkeautomaten holte er eine kalte Cola und führte sie zurück zum Gerichtssaal. Kaum das sie davor sass, flösste er ihr die Cola schlückchenweise ein bis ihr zittern nachliess. "Was habe ich denn verbrochen?", wollte sie flüsternd wissen. Marcel hielt sie im Arm. "Baby, dich trifft nicht die geringste Schuld!", versuchte er sie zu beruhigen. Diese offensichtliche Ankündigung, was der Plan war, machte Mila unsicher. Sie schürte Übelkeit.
Ihr Anwalt kam kurz danach raus, ebenso der Staatsanwalt. Dieser bedankte sich bei Dennis und Memo für das Erscheinen. Der Anwalt erklärte, daß man nach der Zeugenaussage von Anna genug gehört habe und man sich nun zur Urteilsfindung zurückziehen würde.
Eine Stunde später wurden alle zur Urteilsverkündung gerufen.
Sie standen als der Richter verkündete, das der Staatsanwaltschaft stattgab und die geforderte Strafe von elf Jahren festgesetzt wurde. Im Anschluss würde über Sicherheitsverwahrung nachgedacht. Sie hatte als Auflage eine psychiatrische Behandlung auferlegt bekommen.
Mila sank erleichtert an Marcels Brust, der sie umschlang und auf den Scheitel küsste.
Nachdem die Verhandlung geschlossen worden war, wurde Anna abgeführt. Das Paar stand dort und sah das Szenario an, während die Schuldige den Saal verließ. Mila und Marcel bedankten sich bei dem Anwalt und gingen raus.
Mit den beiden wartenden Freunden verließen sie das Gerichtsgebäude. Für den Abend verabredeten sie sich mit allen zum Essen. Zuhause legte Mila sich schlafen, während Marcel mit Kylo spazieren ging. Sie war erschöpft und fühlte sich ausgelaugt. Aber da war auch Erleichterung.
Nach zwei Stunden wachte die junge Frau auf. Sie zog sich eine enge Jeans mit weißem Top an, als sie runterging. Sie nahm sich eine Cola und ging ins Wohnzimmer. Dort saß Marcel und zappte durch die Netflixsparten. Sie ging zu ihm und rollte sich auf seinem Schoß zusammen. "Danke das Du heute bei mir warst!", gab sie zu. "Als hätte ich dich allein gelassen!", erwiderte er. Er hielt sie im Arm und ehe sie los mussten, knutschten sie eine Weile wie Teenager. Sie hielten einander, sie kuschelten und schmusten.
Gegen sechs am Abend fuhren sie in die Stadt, wo sie sich mit den anderen beim Italiener trafen.
Die beiden waren die letzten die eintrafen. Dennis nahm Mila in den Arm. "Du siehst schon besser aus als heute Mittag!", gab er besorgt an. "Ich habe etwas geschlafen!", gab sie zu.
Während sie die Getränke bestellten sprachen sie über die Verhandlung und das Urteil. Eher war es Marcel der sprach, Mila war sehr ruhig. Sie konnten alle kaum fassen, daß es ihre Freundin Anna war, die sich derart verändert hatte.
Mila hatte sich eine Pizza bestellt und knabberte auf dieser herum. Sie war froh über die Ablenkung mit ihren Freunden, war aber auch immer noch nachdenklich. Das einzige was ihr ein spontanes Lächeln entlockte, war die Portion Tiramisu, die Marcel für sie orderte. Während sie dieses aß, hielt sie seine Hand. Sie konnte und wollte seine Hand nicht los lassen. Er sah besorgt, das ihr der Tag wieder so aufs Gemüt schlug. Er sorgte sich.
Dennis und Teresa kamen noch mit zu ihnen nach Hause. Während die Mädels einen Hugo tranken standen die Kumpels zum Rauchen auf der Terrasse.
"Jetzt wo das mit Anna vorbei ist, wie geht es weiter?", wollte Dennis wissen. Marcel zuckte mit den Schultern. "Wehe Du lachst, aber als Anna heute davon gesprochen hatte, wie sehr ich gegen Familie und so war, kam mir der Gedanke, daß ich garnicht mehr so abgeneigt wäre!" Dennis sah ihn an. Dann sah er ins Wohnzimmer. Dort sah er seine Freundin, die Frau der er einen Ring angesteckt hatte, dessen Gegenstück er als Versprechen trug. Er sah die Frau, die er liebte, mit der er eine Familie gründen wollte. Und er hatte keine Ahnung, wie er ihr das begreiflich machen sollte.
"Diggah, sie hat dich mehr bei den Eiern, als ich dachte.", hörte Marcel seinen Freund. Der Streamer nickte. "Und ich hoffe, daß es so bleibt!", gab er zu.
Und das war nicht nur so dahergesagt. Er hoffte das wirklich.
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