,,Mum, beeil dich!"

,,Melody, bitte! Geduld!"

,,Wir kommen noch zu spät!"

,,Melody!!!"

Mels Mutter seufzte leicht genervt, ehe sie sich zu ihrer Tochter vor die Eingangstür des Hauses stellte. Mel stand da, ihre Haare wie immer zu einem Zopf zusammengebunden, in einem viel zu großen Appleby Arrows Trikot ihres Vaters. Auf den Wangen hatte sie jeweils zwei blau-silberne Streifen aufgemalt.

,,Hör auf so zappelig zu sein, das macht mich noch wahnsinnig..." murmelte Mels Mutter.

,,Ja, ja... Gehen wir jetzt endlich?" drängelte Mel noch immer weiter. Seufzend öffnete ihre Mutter die Tür, sodass sie in den Vorgarten gelangte. Nachdem sie die Haustür zugesperrt hatte, hielt sie Mel ihren Arm hin. Hastig griff sie danach, woraufhin sie nach wenigen Sekunden von einem eigenartigen Gefühl durchströmt wurde, wie immer beim apparieren. Sie kniff instinktiv die Augen zu und öffnete sie erst, als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte.

Das erste was sie wahrnahm war das laute Geräusch einer Menschenmasse, die unter Fanfaren aufgeregt durcheinanderredete. Als Mel vorsichtig ihre Augen öffnete erblickte sie ein massives Stadion, welches bis in den Himmel zu ragen schien. Überall um sie herum waren Hexen und Zauberer, die darauf zugingen und nicht minder aufgeregt waren als Mel.

,,Hey, Mel!!" hörte sie plötzlich jemanden ihren Namen rufen. Sie wirbelte herum und erblickte plötzlich zwei Gestalten, die auf sie zugedackelt kamen.

,,Auggie! Stu!" sagte sie überrascht, als sie ihre Mannschaftskollegen erkannte.

,,Scheiße, bin ich aufgeregt!" meinte Auggie mit leuchtenden Augen.

,,Ich hab mit Jacob gewettet und fünf Galleonen auf die Arrows gesetzt! Ich hoffe, sie gewinnen..."

,,Machst du Witze?" fragte Mel stirnrunzelnd.

,,Natürlich gewinnen sie!"

,,Na, wen haben wir denn da?" hörte sie plötzlich eine weitere Stimme hinter ihr. Sie sah nur, wie Auggie und Stu die Augen verdrehten, als sie die Person erblickten, die gerade zu Mel gesprochen hatte. Sie drehte sich um und hätte sofort ebenfalls die Augen verdrehen können.

,,Hallo, Sirius." seufzte sie und verschränkte ihre Arme als sie den Gryffindor-Casanova und seine drei Freunde auf sie zukommen sah.

,,Zufall, dass wir uns noch sehen." meinte er grinsend.

,,Jaa... wahnsinniger Zufall..." meinte Mel mit sarkastischem Unterton. Sirius musterte sie von oben bis unten.

,,Also man merkt ja überhaupt nicht, für welches Team du bist." schnaubte er ebenfalls mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme als er ihr übergroßes, blau-silbernes Appleby Arrows Trikot erblickte.

,,Tja... Für das Gewinnerteam!" meinte sie und zuckte provokant mit den Schultern.

,,Bist du dir da so sicher?" fragte James mit hochgezogenen Augenbrauen.

,,Ja, klar! Die Quaffelpunchers sind Versager." schnaubte sie.

,,Hä? Bei den Auswahlspielen hast du doch ein Quaffelpunchers-Trikot getragen." kam es Stuart stutzig in den Sinn.

,,Ja, weil der French Falcon davor noch bei ihnen gespielt hat und ich kein Arrows-Trikot hatte..." entgegnete Mel lediglich.

,,Melody! Komm jetzt, wir müssen zu unseren Plätzen!" rief ihr plötzlich ihre Mutter zu, die abseits gestanden und geduldig darauf gewartet hatte, dass ihre Tochter die Gespräche mit ihren Freunden beendete.

,,Wo sitzt du?" fragte Auggie gleich neugierig nach.

,,Bei den Spieler-Logen!" rief sie den anderen noch zu, bevor sie zu ihrer Mutter eilte.

,,Vielleicht sehen wir uns noch nach dem Spiel!"

Ehe die anderen noch etwas erwidern konnten, war Mel schon mit ihrer Mutter verschwunden. Die beiden gingen in das Stadion und stiegen einige Treppen hinauf, bis zu ihren Plätzen. Als Mel jedoch die Loge betrat, erwartete sie eine Überraschung... denn sie war nicht leer.

,,Valerie?" fragte sie etwas überrascht als sie ihre Zimmergenossin bemerkte, die am Gelände stand und auf das Spielfeld hinunterblickte. Neben ihr stand noch ein älterer, bärtiger Mann.

,,Oh Hallo, Mel!" antwortete Valerie nicht weniger überrascht.

,,Ist das deine Freundin, die uns die Karten besorgt hat?" fragte der Mann neben Valerie lächelnd.

,,Ja, genau!" antwortete diese.

,,Ah, sie müssen Mister Lawrence sein!" meldete sich plötzlich Mels Mutter zu Wort.

,,Ja, das bin ich! Vielen Dank nochmals für die Karten und dann sind das auch noch so großartige Plätze! Ich weiß gar nicht, wie wir uns revanchieren sollen!" meinte Valeries Vater überglücklich und schüttelte die Hand von Mels Mutter.

,,Nichts zu danken! Wir sind diejenigen, die sich revanchieren mussten, immerhin hat ihre Tochter unserer gewaltig aus der Patsche geholfen." meinte Mels Mutter mit einem Blick auf Mel.

,,Mum... Ich wusste nicht, dass du ihnen Freikarten für unsere Loge besorgst!" zischte Mel ihrer Mutter zu, als Valerie und deren Vater nicht hinhörten.

,,Schätzchen, was hast du denn erwartet? Alle anderen Logen waren schon ausgebucht, ich konnte ihnen nur welche für unsere Loge geben. Außerdem, was ist denn schon dabei? Platz ist doch genug." meinte ihre Mutter schulterzuckend. Mel warf Valerie flüchtig einen Blick zu. Sie stand lachend mit ihrem Vater am Geländer. Irgendwie erinnerten die beiden sie an sich selbst und ihren eigenen Papa.

,,Schau mal, Mel! Da drüben sitzen die Jungs!" rief Valerie Mel plötzlich zu und deutete an das andere Ende des Stadions. Tatsächlich standen dort fünf Männchen, die ihnen fröhlich zuwinkten. Anscheinend saßen sie alle beisammen. Mel winkte zurück.

,,Die Plätze sind ja echt der Wahnsinn!" murmelte Valerie vor sich hin. Man hatte das komplette Stadion aus vollster Nähe im Blick.

,,Wie ist deine Mum an Plätze in einer Spieler-Loge herangekommen...? Ich meine, normalerweise sind die doch für Verwandte der Mannschaftsmitglieder reserviert, oder?"

Mel zuckte schmunzelnd mit den Schultern.

,,Mein Papa spielt ja auch mit." meinte sie flüchtig. Valeries Augen weiteten sich überrascht.

,,Was?" fragte sie ungläubig. Mel nickte.

,,Klar!"

,,Aber... Ich wusste nicht, dass dein Dad Quidditch-Spieler ist." stammelte Valerie noch immer verwundert.

,,Woher denn auch, du hast mich ja nie danach gefragt." antwortete Mel lachend. Valerie schnaubte ungläubig.

,,Und wer ist dein Dad?" fragte sie schließlich neugierig nach.

,,Raph-..." wollte Mel gerade sagen, als plötzlich alle Leute im Stadion wie verrückt zu brüllen und zu jubeln begannen. Am Himmel explodierte ein in blau und Silber gehaltenes Feuerwerk, als sieben Spieler in den gleichfarbigen Trikots auf das Spielfeld geflogen kamen.

,,Whohoo!!" rief Mel aufgeregt und stellte sich auf die Zehenspitzen, um die Spieler besser sehen zu können. Die Appleby Arrows flogen eine Runde um das gesamte Stadion in der altbekannten V-Formation. Allen voran flog ihr Kapitän, Mels Vater. Raphaël Moreau!

,,Da vorne ist er!!" rief sie Valerie zappelig zu und deutete nach vorne auf ihren Vater.

,,Das ist mein Dad!!!"

Valerie klappte der Kiefer hinunter.

,,Was?!" platzte es fassungslos aus ihr heraus.

,,Papa!!" rief Mel ihrem Vater laut zu und begann mit beiden Armen zu winken. Auch wenn das Gejubel der Zuschauer sie fast übertönte, ihr Vater hörte sie trotzdem. Er wandte seinen Kopf zur Seite, erblickte Melody und verließ daraufhin die Formation, um zu seiner Tochter zu fliegen.

,,Hallo, mein Schatz!" rief er ihr über das Gejubel hinweg auf Französisch zu. Valerie neben ihr hatte gar keinen Plan, was gerade abging.

,,Mach sie fertig, Papa!!" rief Mel ebenfalls auf Französisch zurück, woraufhin er ihr einen Luftkuss zuwarf.

,,Warte... Ist der French Falcon gerade hinüber zu Mel geflogen?" fragte James gerade stutzig an seine Freunde gewandt, die gerade ein paar Plätze weiter oben beobachtet hatten, wie der Kapitän der Arrows hinüber zu ihrer Schulkollegin geflogen war.

,,Hmm... Ja, sieht so aus." murmelte Remus.

,,Entweder zu ihr, oder zu Valerie."

,,Valerie sitzt neben ihr?" fragte Sirius verblüfft und versuchte ebenfalls einen Blick auf die beiden zu erhaschen. Und tatsächlich! Als der French Falcon weiterflog, konnte er erkennen, wie sich Valerie und Mel angeregt zu unterhalten schienen.

,,Was ist da passiert? Die haben sich doch vor einem Monat noch gehasst!" schnaubte Sirius.

,,Naja, sie verstehen sich jetzt bestimmt besser, weil sie mehr Zeit miteinander verbringen. Du weißt schon, weil Valerie ja jetzt auch bei Ravenclaw spielt." grübelte Peter vor sich hin.

,,Trotzdem komisch..." murmelte Sirius vor sich hin und stützte sich ans eiserne Geländer, während die rosa Umhänge der Quiberon Quafflepunchers über das Feld wehten als die gegnerische Mannschaft ebenfalls auf dem Spielfeld eintraf.

,,Herzlich Willkommen meine Damen und Herren, zum heutigen Spiel der Appleby Arrows gegen die französischen Quiberon Quafflepunchers!" eröffnete der Kommentator das Spiel.

,,Auf eine Herausforderung ihrer französischen Konkurrenten hin, haben sich die Appleby Arrows zu diesem Spiel bereit erklärt. Die beiden Kapitäne Maurice Laurent und Raphaël Moreau geben sich die Hand! Alle warten gespannt auf das Startsignal!"

Mels Herz pochte nervös als sie die beiden Kapitäne beobachtete. Sie kannte Laurent, den Kapitän der Quaffelpunchers von früher. Er war ein Schleimbolzen und ein arroganter Mistkerl, der sich für den geilsten Mann auf Erden hielt.

,,Verdammt, Mel! Wieso hast du uns nicht erzählt, dass du die Tochter von-..." begann Valerie neben ihr wieder, die es immer noch nicht glauben konnte, doch Mel unterbrach sie barsch.

,,Pscht!" zischte sie.

,,Das Spiel beginnt gleich!"

Der Startpfiff ertönte und von einer Sekunde auf die andere zischten unzählige rosa und blaue Blitze durch die Luft. Das Spiel war von der ersten Sekunde an voll im Gange. Mels Vater schoss ein Tor nach dem anderen, während seine Tochter gar nicht mehr aufhörte zu jubeln. Selbst Valerie jubelte pausenlos mit Mel mit, nachdem sie sich von ihrem Schock erholt hatte.

,,50 zu 40 für die Appleby Arrows!"

,,70 zu 40 für die Appleby Arrows!"

,,Ein weiteres Tor von Kapitän Moreau, besser bekannt als der French Falcon! 80 zu 50 für die Appleby Arrows!" verkündete der Kommentator. Das Publikum reagierte darauf mit einer gewaltigen Applaus-Welle.

,,Weiter so, Arrows!!" schrien Mel und Valerie gleichzeitig und klatschten so laut in die Hände, wie sie konnten.

Die Arrows waren in Topform. Die Quiberon Quafflepunchers hingegen waren alles andere als gut gelaunt, vor allem als sie die positive Stimmung des Publikums mitbekamen, als Reaktion auf die Erfolge ihrer Gegner. Melody hingegen lachte sich ins Fäustchen. Sie war einfach nur schadenfroh.

,,Riechst du das auch Valerie? Das ist der Geruch von Verlierern!" schrie sie ganz laut, als Fournier, einer der Treiber der Quaffelpunchers an ihr vorbeiflog. Valerie und Mel lachten ganz laut, wohingegen der Treiber anscheinend nicht sehr amüsiert über Mels Aussage war. Er drehte sich um und warf ihr einen funkelnden Blick zu. Das wiederum schien die Mädchen noch weiter zu belustigen.

,,Mann, ich kann den Typen ja sowas von nicht leiden..." murmelte Mel Valerie grinsend zu.

,,Kennst du ihn?" fragte diese neugierig nach.

,,Ja, klar... Ich kenn die ganze Mannschaft. Hab früher ein paar Mal mit denen trainiert und glaub mir, ich könnte dir nicht sagen, welcher von denen der Arroganteste ist." schnaubte sie.

,,Dein Vater hat dich zu seinen Trainings mitgenommen?" fragte Valerie verblüfft.

,,Ja, manchmal." antwortete Mel.

,,Und ich schwöre dir, ich kann dir gar nicht sagen wie froh ich bin, dass mein Vater-..."

,,MELODY!!!" wurde Mel plötzlich von dem hysterischen Kreischen ihrer Mutter unterbrochen.

Erschrocken wandte Mel ihren Kopf von Valerie ab und erblickte mit geweiteten Augen einen Klatscher, der mit rasender Geschwindigkeit direkt auf sie zugeflogen kam.

Sie stand sofort so unter Schock, dass sie nicht einmal versuchte auszuweichen. Er kam so rasant nahe, dass sie in der nächsten Sekunde damit rechnete, dass er ihr die Nase zerschmettern würde. Instinktiv schlug sie beide Hände vor ihr Gesicht.

Plötzlich bemerkte sie aus den Augenwinkeln den wehenden Umhang eines blauen Trikots. Die Menge im Stadion schnappte erschrocken nach Luft, als der Klatscher mit voller Wucht von jemandem abprallte.

Allerdings war es nicht Melody gewesen...

Diese lugte zwischen ihren Fingern hervor und erkannte einen Hinterkopf, der mit dunkelbraunen Haaren bedeckt war. Doch im nächsten Moment konnte sie erkennen, wie der Mann schlaff von seinem Besenstiel rutschte und bewusstlos nach unten fiel. Mel erwachte sofort aus ihrer Schockstarre.

,,Papa?!" rief sie panisch und stürzte zum Geländer, um gerade noch erkennen zu können, wie ihr Vater mit einer blutigen Platzwunde auf dem Kopf in Richtung Boden raste.

,,PAPA!!!"