S I E B E N
Zwei weitere Kaffeetassen und eine Dusche später fühlte ich mich halbwegs für den Tag gewappnet. Trotz des ganzen Koffeins blickten meine hellgrauen Augen mich noch einigermaßen müde aus dem Spiegel an, als ich meine dunklen Haare kämmte. Auf dem Weg zum Gel stoppte meine Hand, dann entschied ich mich, Fionns Vorschlag zu befolgen und heute so herauszugehen. Ich rieb mir noch einmal die Augen, dann trottete ich in mein Zimmer, zog meinen Pulli an und band mir meine Tickertasche, wie Kirian die um eine Schulter gehängten Bauchtaschen immer nannte, um. Darein wanderten Schlüssel, Handy, Geld, Kopfhörer, Zigaretten und ein Feuerzeug.
Auf dem Weg besorgte ich noch Brötchen, dann stand ich auch schon, sogar ein paar Minuten zu früh, vor der Haustür unserer neuen Freunde. So wie ich meine Bandkollegen kannte, würden sie sowieso zu spät kommen, sodass ich mich auf eine entspannte Zeit vorher mit Jannis und Mare freute. Die Sprechanlage knackste, nachdem ich geklingelt hatte, und kurze Zeit später stand ich schon im Flur der kleinen Dachgeschosswohnung. Ich blickte mich um und fühlte mich sofort wohl. „Rayk!" Mare lächelte mich an, dann wandte sie sich um und rief „Jannis!". Kurze Zeit später kam ihr bester Freund oberkörperfrei in den Flur und schenkte mir ebenfalls ein Lächeln. Mare jedoch schüttelte den Kopf und klatschte mit der flachen Hand gegen seine nackte Brust. „Ziehst du dir gefälligst mal was an?!" Jannis verschwand mit einem leisen „Aua" hinter einer anderen Tür und trat kurz darauf angezogen wieder heraus. „So ist's brav", flötete Mare zuckersüß und ich begann, leise zu lachen. Im gleichen Moment klingelte es jedoch, sodass mir das Herz aus Angst, dass es meine Freunde sein könnten, in die Hose rutschte. Was bist du für ein Feigling, Angst vor deinen besten Freunden zu haben?, schalt ich mich selbst und straffte meine Schultern. Von Mare fing ich noch einen aufmunternden Blick auf, dann trat ich hinter Jannis, der die Wohnungstür bereits öffnete.
Einen Augenblick später traten jedoch Jarvis und Nael in den Flur und ich atmete heimlich erleichtert aus. Wenn schon mehr Leute da waren, wurde es vielleicht nicht so seltsam. Die beiden begrüßten mich freundlich und mir fiel auf, dass sie sich heute wie normale Freunde verhielten. Kaum hatten die zwei allerdings ihre Schuhe und Jacken ausgezogen, klingelte es wieder und kurze Zeit später standen auch Kirian und Fionn im Flur. Unsicher ging ich auf sie zu, als Kirian laut „Rayk!" schrie. Der kleinste von uns nahm mich direkt in den Arm und ich hatte das Gefühl, dass er sich wirklich nicht mehr erinnerte. „Hast du ne Ahnung, was mit Fionn ist?", flüsterte er mir ins Ohr, ehe er mich losließ. Ich schüttelte gespielt ahnungslos den Kopf und wendete mit dann meinem blond gelocktem Kumpel zu, um ihn schüchtern anzulächeln. Er zog mich ebenfalls in eine kurze Umarmung, dann ging er einen Schritt zurück und betrachtete mich freudig. „Deine Haare!", stellte er fest und wuschelte einmal mit seiner Hand durch sie hindurch. Ich hatte das Gefühl, dass meine Wangen etwas warm wurden. „Ja, ich dachte, ich nehm deinen Ratschlag mal an." Fionn nickte begeistert, dann begrüßte er die anderen.
Das Katerfrühstück war entspannter als gedacht, denn abgesehen davon, dass Fionn Kirian mehr oder weniger ignorierte und ich noch weniger redete als sonst, war die Atmosphäre angenehm. Nael und Jarvis machte viele Späße und brachten uns mit ihrer verrückten Art immer wieder zum Lachen, zum Beispiel, als sie eine Packung Kiri-Käse auf den Tisch warfen und meinten, sie hätten speziell etwas für Kirian dabei. Ab diesem Zeitpunkt nannten unsere drei neuen Kumpels unseren Frontsänger nur noch Kiri. Mare und Jannis warfen mit immer wieder aufmunternde Blicke zu, sodass ich mit der Zeit irgendwie die Anspannung von mir abfiel und ich mich für meine Verhältnisse relativ viel am Gespräch beteiligte.
Zwischendurch huschte mein Blick immer wieder zu Fionn hinüber, der das zum Glück nicht bemerkte oder jedenfalls so tat. Gleichzeitig beobachtete ich, wie Kirian immer wieder zu Mare schielte, was sie jedoch ignorierte. Daraufhin fragte er Nael nach seiner Nummer, was ich nur mit einem Augenrollen kommentierte. Mir fiel auf, wie Jarvis die Lippen aufeinander presste, als sein Kumpel zustimmte und eine kleine Falte auf seiner Stirn entstand. Bevor ich mich in Gedanken weiter damit befassen konnte, vibrierte mein Handy in meiner Hosentasche. Verwundert holte ich es hervor, denn nur meine Familie, Kirian und Fionn hatte ich nicht vibrationslos gestellt. Überrascht stellte ich fest, dass es eine Nachricht von Fionn war. Wollen wir nachher noch was machen? Ich hob meinen Blick und begegnete direkt seinen blaugrünen Augen. Mit einem schüchternen Lächeln im Gesicht nickte ich leicht, woraufhin die Augen meines blondgelockten Kumpels aufleuchteten.
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