
02 | A conversation & a distraction
John sieht mich an, als würde Gott höchstpersönlich vor ihm stehen. Leider muss ich ihn jedoch enttäuschen, da es nur ich bin. Seine Ex.
»Ich hätte nie geglaubt, dich hier zu treffen«, murmelt er immer noch ungläubig, was ich ihm allerdings nicht wirklich abkaufe.
Na klar! Und ich bin der Heilige Geist? So ein Lügner. Er hat mich bestimmt gesucht, er war schon immer etwas komisch, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Ob er mich schon länger beobachtet hat?
»Tja, da sind wir schon zu zweit«, antworte ich jedoch kühl, ignoriere den kalten Schauer, der mir wegen des Gedankens über den Rücken zieht, und sehe zu seiner Begleitung.
»Und wer ist die blonde Tussi? Deine Neue? Dein Fick für zwischendurch?«
Ich ziehe eine Augenbraue nach oben. Die Frau schnaubt empört, während John weiß wird. Vielleicht mag das jetzt eifersüchtig klingen, aber das bin ich definitiv nicht. Schließlich habe ich mich von ihm getrennt und das nicht nur, weil ich nun ein Wolf bin. Es hat nicht mehr zwischen uns gepasst. Finito.
»Ach, weißt du was, es interessiert eh mich nicht. Mach was du willst. Ist schließlich dein Leben«, meine ich dann, als er immer noch nichts gesagt hat.
Ich drehe mich einfach um, ohne die Bestellung aufzunehmen, und verschwinde hinter die Theke.
»Emily, bitte übernehme Tisch 10. Ich mache diesen Tisch nicht.«
Meine Kollegin sieht mich deswegen sofort verwirrt an, weswegen ich aufseufze.
»Wieso? Du bist doch gerade bei diesem gewesen. Und es ist deiner.«
»Dort sitzt aber mein Ex mit seiner neuen Schlampe«, brumme ich und schenke mir ein Glas Wasser ein und leere es in einem Zug.
»Oh Alessya. Das tut mir leid!«, erwidert die Frau mit den orange-blonden Haaren mitfühlend.
Ausdruckslos sehe ich meine Kollegin an. Das hat sich wohl viel zu eifersüchtig angehört.
»Es interessiert mich reichlich wenig, wen er da jetzt dabeihat. Ich habe mich von ihm getrennt. Mich interessiert es jedoch, warum er hier ist. Er hat mich bestimmt gestalkt, dieses verdammte Arschl...«
»Miss Winters! Sie sind schon viel zu spät und jetzt stehen sie hier noch faul herum?! Sie haben es faustdick hinter den Ohren!«, brüllt mein Chef plötzlich hinter mir, sodass Emily und ich zusammenzucken. Oh Mist. Jetzt treibe ich es wohl auf die Spitze, oder?
»Entweder arbeiten Sie jetzt oder ich werfe sie raus!«
Ja, ich habe es verstanden, Chef.
Schnell schnappe ich mir wieder meinen Block mit Stift und gehe zu meinen Tischen, wobei Emily den Tisch mit John übernimmt.
Dabei merke ich genau Johns Blicke in meinen Rücken. Na toll, das wird heute was werden.
☾☾☾☾☾☾☾☾
Um Mitternacht ist meine Horror-Schicht endlich vorbei. Horror-Schicht deswegen, weil mein Chef immer ein Auge auf mich hatte und die Hälfte meiner Arbeitszeit auch John im Dinner saß.
Schnell verabschiede ich mich von Emily und gehe dann den Gehsteig entlang. Dadurch, dass ich in der Nacht immer als Wolf durch die Wälder streife und morgens kaputt zuhause ankomme, schlafe ich immer tagsüber und hab heute natürlich meinen Schichtbeginn um 16 Uhr verpasst, was mir wieder viel Ärger gebracht hat. Naja, kann man jetzt auch nichts machen. Nur heute werde ich nicht als Wolf rumlaufen.
Nein, heute brauche ich Drinks. - Mehrere.
»Alessya. Warte!«
Oh fuck. Das auch noch.
Ich beschleunige meine Schritte, bis ich schließlich laufe. Ich werde mir nicht anhören, was dieses Arschloch zu sagen hat. Schnell biege ich in meine Straße ein und krame unterm Laufen schon meinen Schlüssel hervor. Natürlich muss mir dieser vor der Haustüre auf dem Boden fallen, weswegen ich gezwungen bin, stehen zu bleiben und John mich einholt.
»Alessya. Hör mir zu. Bitte.«
Ich sage nichts, sondern hebe meinen Schlüssel auf.
»Alessya. Ich will dich zurück. Okay, es sind eineinhalb Jahre vergangen, aber wir waren so lange zusammen. Die Gefühle können nicht einfach weg sein. Es tut mir leid, aber ich habe dich die ganze Zeit gesucht und schließlich gefunden. Es war kein Zufall, dass ich im Dinner war.«
Wunderbar! Er hat mich also gesucht und auch noch gefunden. Ich knurre leicht.
»Lass mich in Ruhe, John. Wir sind getrennt und so wird es auch bleiben.«
Ich sperre die Tür auf und husche hinein. Schnell knalle ich ihm die Tür vor der Nase zu.
»Alessya! Bitte...«, höre ich ihn noch jammern.
Ich brauche irgendwas zum Trinken, und zwar sofort.
Schnell habe ich mein Vorhaben in die Tat umgesetzt, da ich nun seit zwei Stunden in einer kleinen, schummrigen Bar in Toronto sitze. Wo ich hoffentlich niemand treffen werde, denn ich kenne. Allerdings wäre ein heißer Kerl jetzt genau das, was ich brauche. Eine verdammte Ablenkung von meinen Leben, was gerade etwas den Bach hinunterrinnt.
Ich seufze und bestelle mir noch einen doppelten Whisky, wobei ich nicht mitgezählt habe, wie viel ich mittlerweile getrunken habe. Aber es ist definitiv schon im zweistelligen Bereich.
Keiner der anwesenden Männer traut sich in meine Nähe, was gut so ist, jedoch werfen sie mir trotzdem aufreizende Blicke zu. Nun ja, wenn man es so sieht, komme ich so oder so wie eine Nutte rüber, da ich nur mein enges, schwarzes Cocktailkleid angezogen habe. - Keine Unterwäsche, nicht mal Schuhe. Einfach nichts weiter.
Schließlich bin ich eine Stunde als Wolf hierhergelaufen und ich hatte einfach keine Lust, mehr als nur das Kleid im Maul herumzutragen.
Ich nippe an meinem Glas, die braune, klare Flüssigkeit fließt mir die Kehle runter und hinterlässt ein angenehmes Brennen. Genüsslich seufze ich. Wenn jetzt noch ein perfekter One-Night-Stand durch die Tür laufen würde, wäre der beschissene Tag wenigstens etwas gerettet. Normalerweise bin ich nicht so, aber heute ist mir einfach alles egal. Nun ja, fast alles.
Diese bulligen Männer mit Tattoos und Piercings sind einfach nicht mein Fall. Auch nicht für eine schnelle Nummer. Schnell trinke ich mein Glas aus, was dazu führt, dass die Flaschen gegenüber an der Wand verschwimmen. Mist, ich habe zu viel getrunken.
Ich sehe zur Tür, dann zu meinem leeren Glas. Soll ich lieber gehen?
Scheiß darauf, einer geht noch, denke ich mir, als die Tür geöffnet wird und ein kalter Windstoß mir über meinen nackten Rücken fährt.
Ich bekomme sofort eine Gänsehaut und sehe wieder zum Eingang, um zu wissen, wer hereingekommen ist. Leicht beiße ich mir auf die Lippen. Na endlich. Ein heißer Kerl.
Er hat kurze, dunkelbraune Haare und blaugraue Augen. Verdammt schöne Augen, das blaugrau bleibt einem einfach in Erinnerung.
Selbstbewusst schlendert er zur Bar und setzt sich direkt neben mich, dem einzigen freien Platz. Innerlich grinse ich triumphierend und drehe mich zu ihm. Mal sehen, was der Rest des Abends so bringt.
☾☾☾☾☾☾☾☾
Drei Stunden später hält er vor dem Mehrfamilienhaus an, in dem ich wohne. Es ist draußen immer noch stockfinster und es fahren keine Fahrzeuge vorbei. Naja, es ist ja auch vier Uhr in der Früh oder so. Jedenfalls ist es sehr früh.
Er lässt den Motor laufen und sieht zu mir. Sein Blick zeigt keine Emotionen. Wir kamen wirklich schnell ins Gespräch und ich merkte sofort, dass auch er nur auf was Schnelles aus war, weswegen wir recht schnell die Bar verlassen haben und uns anderweitig vergnügt haben.
Bedauerlicherweise muss ich zugeben, dass dieser One-Night-Stand mit ihm einfach perfekt war. Kann ein One-Night-Stand perfekt sein? Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht. Aber er war es wirklich.
Bedauerlicherweise wollte er mir nicht seinen Namen verraten. Ich seufze innerlich und ziehe sein Hemd fester um mich, da mein Kleid diese Aktion nicht überstanden hat, so eilig hatte er es, als wir aus der Bar gegangen sind und in seinem Auto waren. Es besteht nur noch als Fetzen.
»Du solltest Aussteigen.« Eine verdammt klare Ansage.
Ich nicke, starre jedoch immer noch seine nackte, durchtrainierte Brust an. Eigentlich echt schade, dass ich ihn wahrscheinlich nie wiedersehen werde.
» Ähm... ja, danke fürs Heimbringen und so«, stottere ich immer doch total aus dem Konzept und steige dann aus, nachdem ich mich nochmal vergewissert habe, dass das Hemd alles Nötige bedeckt.
Er sieht nochmal kurz zu mir und fährt dann los. Ich sehe ihm hinterher, bis ich sein Auto nicht mehr sehen kann. Verdammt, ich hatte gerade den besten Sex meines Lebens und ich werde ihn nie wiedersehen. Oh man, ich bin doch nicht mehr normal! Ich habe doch gerade nicht mit einem wildfremden... Ich schüttle den Kopf. Ändern kann man es eh nicht mehr. Es ist nun passiert und damit muss ich leben.
Aber rückgängig würde ich es auch nicht mehr machen wollen, dazu war es einfach viel zu gut.
Seufzend drehe ich mich um und gehe die paar Stufen zu der Haustüre nach oben. Sein Hemd bedeckt gerade so das Nötigste und ich kann nur hoffen, dass mich jetzt niemand so sieht. Denn alle würden dann denken, dass ich eine Schlampe bin. Naja, vielleicht bin ich das ja wirklich.
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