6 - THE WEEK IS L-WHAT?!
Auch wenn ich Robin zugesagt hatte ihr beim Übersetzen zu helfen, musste sie noch warten, bis ich auch tatsächlich Zeit hatte.
Meine Schicht ging noch ein paar Stunden. Die Pause nutzte ich um einen von Steve's Eisbechern zu essen und diesen ominösen Funkspruch ganze drei Mal zu hören. Besonders effektiv helfen konnte ich daher noch nicht.
Da jedoch meine Schicht früher zu Ende war als die von Robin und Steve, entschloss ich mich einfach dazu, danach noch länger bei Ihnen zu bleiben. Nach einem Anruf bei Eddie war Alles erledigt und als ich dann am Ende des Tages endlich Zeit hatte, die Welt zu retten, kribbelte die Aufregung in meinem Bauch.
"Endlich jemand mit Gehirn!", rief Robin und strahlte, als sie mich sah.
Ich grinste und deutete eine kleine Verbeugung an.
Steve und sein Zwergenfreund saßen mit missmutigen Gesichtsausdruck am Tisch, das Aufnahmegerät in ihrer Mitte.
"Ich find's immer noch nicht gut, dass wir dieses brisante Wissen mit jedem teilen", lispelte der Zwergenfreund und musterte mich kritisch, "Es geht schließlich um die nationale Sicherheit."
Unwillkürlich musste ich schmunzeln: "Guter Instinkt, Zwerg. Ich bin eigentlich eine russische Spionin, die euch von der richtigen Fährte abbringen soll."
Der Zwergenfreund starrte mich irritiert an. Ich grinste.
"Das hat sie nicht ernst gemeint, oder, Steve?", wisperte er und seine Augen waren mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Verwirrung auf mich gerichtet.
"Nein, Dustin, dass hat sie nicht ernstgemeint", seufzte Steve, "Ganz abgesehen davon, dass wir keine Wahl haben. Wir brauchen sie."
Robin und ich wechselten einen Blick miteinander und ich bemerkte, dass sie, ebenso wie ich, kurz davor war erneut in Gelächter auszubrechen. Es war beinahe süß, wie ernst die Beiden ihre Aufgabe als Weltretter nahmen.
Trotz Steves Beteuerungen, dass ich keine Gefahr darstellte, spürte ich Dustins misstrauischen Blick noch immer auf mir, als ich mich zu ihnen an den Tisch setzte.
"Ich versprech' ich verrate niemanden hier, was wir hier machen", sagte ich und sah den Zwerg aka Dustin ernst an. Dann warf ich Robin einen Blick zu: "Und jetzt lasst mal sehen, was ihr herausgefunden habt."
Ein betroffener Gesichtsausdruck huschte über ihre Züge.
"Wie jetzt? Gar nichts?"
Sie schüttelte bedauernd den Kopf.
"Was bitte habt ihr dann den ganzen Tag gemacht?", fragte ich und zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
"Wie wäre es denn mit Eis verkauft?", meldete sich Steve zu Wort, "So wie du den ganzen Tag gearbeitet hast, mussten wir auch unseren Job erledigen."
Abwehrend hob ich die Hände: "Ist ja gut, Harrington."
"Und russisch gelernt. Ich habe das Alphabet einmal nach Gehör übersetzt", sagte Robin und deutete auf eine Tafel an der Wand.
Na, also.
"Sagt das doch gleich!", grinste ich und schnappte mir das Aufnahmegerät.
Damit konnte man arbeiten.
Robin und ich waren von da an so vertieft ins Übersetzen, dass ich nicht einmal mitbekam, wie Steve vorne den Laden schloss und begann zu putzen.
"Die Woche ist L. L-Was?", murmelte ich und drückte ein weiteres Mal auf Play.
"Lustig?", schlug Robin halbherzig vor.
"Nein, dass passt nicht, es ist glaube ich ein A", sagte ich nach wiederholtem Hören.
Dustin hatte sich mental bereits vor einer halben Stunde verabschiedet, Steve warf immer wieder nicht besonders hilfreiche Kommentare ein und vor den nicht vorhandenen Fenster wurde es immer dunkler. Erst eine Stunde später hatten Robin und ich die ersten Sätze.
"Die Woche ist lang. Die silberne Katze frisst, wenn Blau im Westen das Gelb erreicht", zufrieden verschränkt sie die Arme vor der Brust.
"Nicht besonders informativ, aber immerhin", sagte ich und zuckte mit den Schultern.
"Über die Bedeutung können wir uns morgen Gedanken machen", Robin streckte sich ausgiebig. Steve warf uns einen misstrauischen Blick zu: "Also, ich bin der Meinung, das kann nicht richtig sein."
"Es ist richtig!", schnappte Robin und funkelte ihn an.
"Absolut. Unsere Übersetzung stimmt", stand ich ihr bei und schulterte meine Tasche. Die Mall war vollkommen leer.
"Ich find' das is ne super Nachricht!", sagte Dustin und strahlte.
"Was ist daran ne super Nachricht?", fragte ich irritiert und schulterte meine Tasche, "Seid ihr fertig, dann können wir zusammen zum Parkplatz gehen?"
Steve nickte und schloss das Gitter von Scoops Ahoy hinter sich.
"Naja, so viel zu dem Ding mit den Amerikanischen Helden. Das ist absoluter Stuss", sagte er bedauernd und folgte uns.
"Das ist kein Stuss! Es ist zu speziell, das ist ganz eindeutig ein Code!", hielt Dustin begeistert dagegen und warf uns eine strahlendes, zahnloses Lächeln zu.
"Ein Code?", wiederholte ich irritiert.
"Ein geheimer Spionage-Code!", erklärte Dustin.
Robin sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an: "Ich dachte nicht, dass ich das noch sagen würde... Aber der Hirni hat Recht. Ich mein': die silberne Katze frisst, warum sagt man sowas? Sowas sagt man nur wenn man will, dass die wahre Nachricht geheimbleiben soll. Und wenn eine Nachricht geheimbleiben soll, dann ja nur weil der wahre Inhalt in irgendeiner Form brisant ist, oder etwa nicht?"
"Ganz genau!", rief Dustin begeistert aus.
Steve schien es trotzdem nicht so ganz zu verstehen: "Das heißt?"
"Die bösen Russen!", schloss ich und grinste.
"Unglaublich, dass wir mit diesem komischen Kind einer Meinung sind, aber ja: die bösen Russen!", grinste Robin und stupste mich aufgeregt in die Seite.
Mittlerweile hatten wir den Ausgang erreicht und wie von selbst glitt mein Blick über den Parkplatz... bis zu Eddie.
Eiskalt fuhr es mir in den Magen.
Fuck.
Wie lange wartete er schon? War es schon nach 9?
Ein weiterer schneller Blick auf meine Uhr verriet, dass es viertel vor zehn war.
Oh, scheiße.
Eddie hatte die Hintertür des Van's geöffnet und saß auf der Schwelle. In seinem Mundwinkel befand sich eine Zigarette und selbst aus der Entfernung war die Musik zu hören, die aus dem alten Radio schepperte.
"Verdammt", murmelte ich.
Steve, Robin und Dustin zogen fragend eine Augenbraue hoch, doch ich machte eine abwinkende Handbewegung: "Ich muss los, sorry."
"Aber-?", setzte Robin an, doch da war ich schon losgelaufen.
"Bis morgen!", rief ich ihnen zu, dann war ich schon auf halben Weg zu Eddie.
Als ich näherkam stand er auf, warf die Kippe auf den Boden und trat sie aus. Es war kaum zu übersehen, dass er sauer war.
"Es tut mir so, so leid. Ich habe die Zeit vollkommen vergessen, weil ich mit Robin und Steve-", begann ich und wurde gleich wieder unterbrochen.
"Ehrlich gesagt, ist es mir egal, was du mit Robin und Steve getan hast. Komm' lass uns fahren. Ich warte seit 'ner Dreiviertelstunde und habe Hunger", mit einem Ruck zog er die Schiebetür des Vans zu. Es knallte und ich zuckte zusammen.
Mit einem Kloß im Hals stieg ich auf den Beifahrersitz. Ich warf ihm einen vorsichtigen Blick von der Seite zu: "Es tut mir wirklich Leid."
"Ich weiß. Ist okay— ich habe mir nur Sorgen gemacht", er drehte den Schlüssel im Schloss und fuhr an. Die Musik dröhnte erneut auf, doch ich drehte den Lautstärkeregler sofort hinunter.
"Sorgen?"
"Du warst nicht an unserem Treffpunkt, ich konnte nicht in die Mall um nach dir zu sehen, die einzigen Securitymänner, die ich gefunden habe, waren keine Hilfe, denn sie konnten kein Wort Englisch und gerade als du gekommen bist, dachte ich, dass es Zeit wäre dich im Straßengraben zu suchen", zählte er auf und augenblicklich grub das schlechte Gewissen seine Klauen in mich.
Wie ignorant ich gewesen war, dass ich keinen Gedanken daran verschwendet hatte, wie die letzte Stunde für ihn gewesen sein musste.
"Es tut mir Leid, Ed. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst."
"Schon gut", sagte er und trat aufs Gas, "Ich bin nur froh, dass ich heute Nacht keine Vermisstenanzeige aufgeben muss."
Unwillkürlich musste ich lachen: "Nun übertreib mal nicht— was soll mir bitte in der Mall zustoßen? Ich kann mich wohl kaum einfach so in Luft auflösen!"
"In dieser verfluchten Stadt ist Alles möglich", erwiderte Eddie und zuckte mit den Schultern.
"Hungrig?", schlug er dann vor und das erste Mal an diesem Abend lag ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Trotzdem entging mir nicht der bittere Ausdruck, der wie ein Schatten über seinen braunen Augen lag. Ich schluckte mein schlechtes Gewissen hinunter und akzeptierte sein Friedensangebot.
"Wir können gleich zusammen essen, wenn du willst", sagte ich, "Wir haben noch Reste von meiner Lasagne im Kühlschrank."
"Oh, ich liebe deine Lasagne", schmunzelte er.
"Deswegen sag' ich's ja."
✧
Als Eddie fünfzehn Minuten später den Van vor dem Wohnwagen seines Onkels parkte, war Alles beinahe wie immer. Wir redeten, lachten, hörten zusammen Musik.
Nur dieser Schatten über seinen Augen wollte nicht verschwinden.
War er noch sauer, weil ich zu spät gekommen war?
Ich würde es ihm nicht verübeln, immerhin hatte er fast eine Stunde hungrig auf mich gewartet. Er hätte auch einfach gehen können.
"Ich komm gleich zu dir", rief ich Eddie zu, wohlwissend, dass mein Dad betrunken sein würde, "Ich hole nur kurz das Essen."
Vielleicht war er misstrauisch, dass ich ihn so vehement von Dad und unserem Wohnwagen fernhielt. Als er mich einmal darauf angesprochen hatte, hatte ich gesagt, dass es viel angenehmer bei ihm sei, weil sein Onkel abends nie da war und wir uns keine Sorgen wegen der Lautstärke unserer Musik machen mussten.
Da er seitdem das Thema nie wieder angesprochen hatte, schien es funktioniert zu haben.
"Bis gleich", Eddie sprang aus dem Wagen und verschwand im gegenüberliegenden Wohnwagen.
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube schloss ich die Tür zum Wohnwagen auf und lugte hinein. Das altbekannte Bild von Chaos, Kippen und Alkohol offenbarte sich mir. Dad lag auf der Couch. Er war in den letzten Tagen immer betrunken gewesen, daher war es keine Überraschung, dass er es auch heute war.
Nur heute würde ich ihn ignorieren. Wenn er etwas sagen würde, würde ich gehen. Ich musste nur schnell die Reste aus dem Kühlschrank holen.
Ich atmete tief ein und schloss die Tür hinter mir. Mit einem Klicken fiel sie ins Schloss.
Ich hoffe es hat euch gefallen! <3
Freue mich auf jeden Fall über eure Meinung!
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