34 - THE TRAGICAL RISE AND FALL OF CHRISSY CUNNINGHAM
Die milchigen Scheiben des Bootshauses boten nur spärliche Einblicke in die scheinbar-verlassene Hütte. Hinter staubigen Fensterscheiben verbarg sich allerlei Gerümpel, ein altes Boot und verschluckende Schwärze.
Robin ging voraus, eine Taschenlampe in der Hand, die uns den Weg bis zur Tür erleuchtete. Dann schob sie die Tür auf. Es quietschte unangenehm.
"Hallo, jemand zuhause?", fragte Robin nervös und trat ein.
Auf den ersten Blick war alles ruhig. Ihre Taschenlampe suchte den Raum ab, erfolglos. Nur Dreck und Gerümpel.
"Was für ein Drecksloch", kommentierte Steve, der hinter mir und Robin eintrat.
Es roch in der Tat ein bisschen muffig, nach abgestandenem Seewasser, Rauch und Staub.
Vorsichtig tastete ich mich in der Dunkelheit vor und versuchte, mich nicht irgendwo zu stoßen. Mein Blick fiel auf einen Tisch, der mit lauter Krimskrams beladen war. Dann entdeckte ich eine leere Dose Cherrycoke.
Ich keuchte auf.
"Guckt mal!", raunte ich Dustin zu, der direkt neben mir stand, "Da!"
"Cherry Coke!", rief Dustin begeistert aus, "Eddie liebt Cherrycoke!"
Im gleichen Moment ertönte ein ohrenbetäubendes Krachen und wir zuckten zusammen.
Steve hämmerte mit einem Paddel auf das abgedeckte Boot ein.
"Was machst du da?!", fauchte Dustin empört.
"Vielleicht versteckt er sich darunter!", verteidigte sich Steve.
"Das ist doch kein Grund ihm den Schädel einzuschlagen, du Vollidiot!", schimpfte ich ebenso empört mit Steve.
"Ach ja-", setzte Steve an und wurde von einem ohrenbetäubenden Krachen unterbrochen.
Die Plane war zum Leben erwacht und schlug Steve das Paddel aus der Hand. Dann sprang die Person darunter auf und zum Vorschein kam...
"Eddie!", schrie Dustin auf. Mein Mund klappte auf, als ich beobachtete, wie Eddie Steve beinahe umrannte und ihn gegen die nächste Wand presste. Glas glänzte im Mondlicht auf und erschrocken stellte ich fest, dass es sich um eine zerbrochene Glasflasche handelte, die Eddie Steve an den Hals presste.
"Eddie!", rief ich entgeistert, "Lass das! Das ist Steve!"
"Wir sind's", bestätigte Dustin panisch, "Mave und Dustin und Robin und Steve- du kennst uns!"
Eddie erstarrte und sah über seine Schulter.
Obwohl es dunkel in dem Bootshaus war, erkannte ich, wie sein Blick über unsere Gesichter huschte und dann an mir hängenblieb.
"Mave", wisperte er beinahe tonlos.
Ich nickte und Tränen der Erleichterung traten mir in die Augen, als mir bewusst wurde, dass wir ihn gefunden hatten.
Lebend.
Unverletzt.
Endlich.
Klimpernd fiel die Glasflasche zu Boden und mit drei großen Schritten war Eddie bei mir und zog mich an sich.
Ich erwiderte die Umarmung, lehnte mich gegen ihn. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, auf dem Hellfire-Shirt, dass nach Rauch und Regen roch, eine seiner Haarsträhnen kitzelte mich im Nacken. Ich grub meine Finger in den Stoff seiner Jeansjacke und spürte erst jetzt, wie angespannt ich den ganzen Tag gewesen war.
"Mave", wiederholte er meinen Namen, ganz leise, nur dass ich es hörte, "Du bist hier."
"Ich bin hier", wiederholte ich seine Worte mit zitternder Stimme.
"Wiedersehensküsschen könnt ihr auch noch später austauschen", warf Steve pampig ein und unterbrach damit den Moment.
Ich löste mich hastig aus der Umarmung, wohlwissend, dass jeder uns gerade beobachtet hatte.
Ohne das ich etwas dagegen tun konnte, spürte ich die Hitze in meine Wangen steigen. Falls ich gerade rot wurde, konnte es wenigstens niemand sehen. Dabei gab es gar keinen Grund um rot zu werden. Wir hatten uns schließlich nur umarmt- es war eine ganz normale Umarmung gewesen!
Mein Blick fiel auf Eddie und erst jetzt, wo ich Zeit hatte ihn zu betrachten, bemerkte ich, wie übel er aussah. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, seine Wangen wirkten etwas eingefallen und das Weiße seiner Augen war rotgerändert. Er hatte geweint- und Eddie weinte nur selten.
Unwillkürlich streckte ich die Hand nach seiner aus. Sie war kalt, kälter als sonst und das kühle Metall seiner Ringe bildete dieses Mal keinen Kontrast zu seiner Haut. Ich drückte sanft zu. Sein Blick verhakte sich mit meinem und wurde sanfter.
"Eddie", räusperte sich Dustin und mein Blick fiel auf die anderen, die sich wie im Kreis um uns aufgestellt hatten.
"Wir sind hier um zu reden... Wir wollen, nein, wir müssen wissen, was gestern Nacht geschehen ist. Mit Chrissy", erklärte Dustin und seine Stimme wurde mit jedem Wort etwas vorsichtiger und leiser.
Bei seinen Worten, spürte ich wie die Anspannung in Ed's Körper zurückkehrte.
Abwartende Stille breitete sich zwischen uns aus, als sich die Blicke der anderen auf Eddie hefteten. Selbst im schwachen Mondlicht, erkannte ich die Panik in seinen Augen, die kleinen Schweißperlen auf seiner Haut. Ganz so, als ob seine Knie nachgeben würden, sank er auf den Boden und kauerte sich zusammen.
"Ihr werdet es mir nicht glauben", flüsterte er schließlich mit rauer Stimme und vermied den Blick in unsere Richtung.
"Versuch es", erwiderte Max mit unbewegter Miene und ich erkannte, dass sie beinahe ebenso angespannt zu sein schien, wie Eddie selbst.
"Glaub' mir, wir sind einiges gewöhnt", sagte ich, als Eddie nichts sagte und nur stumm auf den Boden starrte.
Langsam hob er seinen Blick und fand den meinen. Die Panik in den dunklen, braunen Augen jagte mir eine Heidenangst ein.
Hoffentlich würde er uns genug vertrauen um uns alles zu erzählen. Mir genug vertrauen... In den letzten Monaten waren wir immerhin nicht die Freunde gewesen, die wir hätten sein sollen.
"Es- es war grässlich", begann er mit bebender Stimme, "Ich war nur kurz weg und als ich wieder kam... Ihr Blick war ganz starr, ihre- ihre Augen wurden weiß."
Seine Stimme versagte. Ich kniete mich neben ihn auf dem Boden und griff nach seiner Hand.
Ich versuchte ihm ein ermutigendes Lächeln zuzuwerfen, doch es war beinahe so, als ob die Angst, die Eddie mit jeder Faser seines Körpers ausströmte auch auf mich überging. Wahrscheinlich war es die Tatsache, dass ich Eddie gut genug kannte um zu wissen, wie ungewöhnlich er sich verhielt. Ich wusste, was immer geschehen war, musste grausam gewesen sein.
"Es ist okay. Wir glauben dir", wiederholte ich die Worte von vorhin mit leiser Stimme um ihm Mut zu machen.
Er blinzelte und ich bemerkte, dass Tränen in seinen Augen glänzten. Am liebsten hätte ich ihn den Arm genommen, doch irgendetwas- vielleicht die Blicke der Anderen- hinderte mich daran.
"Ihr... Ihr Körper wurde in die Luft gehoben", setzte er an und seine Stimme war nur noch ein raues Flüstern, "Und- und dann hing sie einfach da... in der Luft. Und ihre Knochen sie b-", er brach ab und schloss verzweifelt die Augen. Eine einsame Träne rann die blasse Wange hinunter und unwillkürlich drückte ich seine Hand noch ein wenig fester.
"Ihre Knochen... sie begannen Stück für Stück durchzubrechen. Und ihre Augen, es war als wäre etwas in ihr drinne und würde ziehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Also ich ich... Ich bin weggerannt. Ich hab ihre Leiche zurückgelassen", wisperte Eddie und ein hartes, raues Schluchzen erfüllte die atemlose Stille.
Ein eiskalter Schauer von purem Horror lief mir über den Rücken und die Blicke der Anderen verrieten, dass es ihnen ähnlich ging.
Wenn Eddie die Wahrheit sagte- und das tat er- dann war das Viech nicht zurück.
Nein, dann würde noch etwas viel Schlimmeres auf uns zukommen.
"Verdammt, ihr denkt ihr bin verrückt, oder?", raunte Eddie und klang so verzweifelt, so allein, dass mein Herz sich schmerzhaft zusammenzog.
"Nein!", protestierte Dustin sofort.
"Du bist nicht verrückt!", pflichtete ich Dustin bei.
"Jetzt verarscht mich doch nicht, ich weiss wie das klingt!", fluchte Eddie und warf uns einen fassungslosen Blick zu.
"Wir verarschen dich nicht", sagte Max. Selbst in der Dunkelheit war der Blick aus ihren hellen, blauen Augen durchdringend und ernst.
"Wir glauben dir!", nickte Robin bekräftigend und brachte so etwas, wie ein zittriges Lächeln zustande.
Eddie atmete hörbar aus.
"Hör mal, was wir dir jetzt sagen ist vielleicht... etwas schwer zu verkraften. Verstehst du?", begann Dustin zögernd.
Eddie antwortete ihm, nicht sondern sah ihn nur an. Fragend, abwartend, verängstigt.
"Du weißt doch was die Leute sagen, Hawkins sei.. verflucht. Nun, sie haben nicht ganz unrecht", bis auf Dustin's leise, ernste Stimme war es totenstill im Bootshaus. Es war, als ob selbst die Grillen verstummt wären.
"Es gibt eine andere Welt, eine Welt versteckt unter Hawkins. Eine dunkle, böse Welt. Und manchmal... Manchmal da bricht sie in unsere herein."
"Wie Geister oder so 'n Scheiss?", fragte Eddie und wirkte ein wenig verwirrt. Ich konnte es ihm nicht verdenken.
"Es gibt schlimmere Dinge als Geister", wisperte Max mit rauer Stimme.
"Diese Monster aus der anderen Welt... Wir dachten sie wären verschwunden. Aber sie sind schon einmal zurückgekommen. Und deshalb mussten wir dich finden", erklärte Dustin weiter. Ich war dankbar, dass Dustin das Erklären übernahm. Er kannte Eddie nach mir wohl am besten, gleichzeitig kannte er aber auch die Geschichte des Upside Downs von Beginn an.
Wenn einer Eddie von alldem erzählen sollte, dann wohl er.
"Wenn diese Monster wieder da sind, dann müssen wir das wissen", unterbrach Max Dustin's Erzählung, "In dieser Nacht, hast du da etwas gesehen?"
"Dunkle Partikel zum Beispiel?", schlug Dustin vor, "Es sieht fast aus wie aufgewirbelter Staub!"
"Nein, Mann, da war nichts was man sehen... oder anfassen konnte." Eddie warf mir einen unsicheren Blick zu, ich nickte ihm aufmunternd zu. "Ich hab versucht sie aufzuwecken. Sie konnte sich nicht bewegen. Es war als wäre sie in Trance oder so", fuhr er mit gedämpfter Stimme fort.
"Ein Bann", entfuhr es Dustin.
"Wie ein Fluch?", fragte Eddie.
"Vecnas Fluch", bestätigend nickte der Jüngere mit dem Kopf und seine Locken wippten im Takt.
"Wer ist Vecna?", fragte Steve. Beinahe hätte ich vergessen, dass er sich ebenfalls hier befand.
"Ein untotes Wesen von großer Macht", erklärte Dustin und Eddie fügte hinzu: "Ein Zauberer."
"Ein dunkler Zauberer", wisperte Dustin und hinterließ eine atemlose Stille.
Mir lief ein Schauer über den Rücken- dass, was Chrissy getötet hatte war weder der Demogorgon, noch das schleimige Spinnen-Viech aus der Mall. Es war etwas schlimmeres.
Etwas, dass brutal mordete, ohne anwesend zu sein.
Etwas, dass es auf Hawkins abgesehen hatte.
Hoffe es hat euch gefallen!
Falls ihr ein bisschen mehr Infos zu Rainbow in the Dark haben wollt, schaut doch mal bei meinem Instagram Account vorbei.
Ich poste dort unter dem gleichen Namen und erstelle immer wieder kleine Beiträge zu meinen aktuellen Stories, zu Charakteren und anderen Autoren-Themen. Außerdem gibt's dort gerade einen kleinen Insight in das nächste Kapitel...
Bis dann!
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