26. Dezember 2023
Es war der zweite Weihnachtsfeiertag. Den ersten hatten Natasha und Rain zu zweit verbracht, hatten sich gegenseitig Geschenke gemacht und auch die von ihren Freunden ausgepackt. Nachmittags waren sie in der Kirche gewesen. Natasha hatte, seit sie in London wohnte, mehrere Kirchen ausprobiert und letztendlich eine kleine protestantische Gemeinde gefunden, in der sie sich sehr wohlfühlte. Auch Rain mochte die Menschen, die sie dort kennen gelernt hatten und so ließ sie sich doch gelegentlich überreden, Natasha zu begleiten.
Die Entscheidung ihrerseits, den Weihnachtsgottesdienst zu besuchen war vor allem auf das Krippenspiel zurück zu führen, welches die Kinder und Jugendlichen der Gemeinde lange vorbereitet hatten. Und der kleinen Olivia, die in den letzten Jahren einen Narren an Natasha gefressen hatte (und umgekehrt), konnten sie es einfach nicht abschlagen, als sie sie gefragt hatte, ob sie sie denn als dritten Hirten sehen würden.
All das (der Gottesdienst, die Zweisamkeit, die Ruhe) waren Gründe, weshalb sie Rains Eltern nur für den heutigen Tag und nicht für das gesamte Fest zugesagt hatten. Es war seltsam, sie lebten in derselben Stadt und sahen sich doch nicht öfter, als zu den Zeiten, als Rain noch in Hogwarts war - vermutlich die Macht der Gewohnheit.
Deshalb hatten sie sie auch seit der Verlobung noch nicht gesehen und deshalb wussten die Schwiegereltern in spe auch noch nichts von ihrem Glück. Ganz im Gegensatz zu Natashas Eltern, die sie Anfang des Monats wie geplant zu Anastasija Iwanownas Geburtstag besucht hatten. Die Eröffnung war ziemlich genauso gelaufen, wie sie es erwartet hatten: Arina und ihr Mann Jurij hatten sie beglückwünscht, Natashas Eltern waren etwas überrascht und ein bisschen skeptisch, aber im Grunde erfreut gewesen und Grischa hatte die überraschte Rain von den Füßen gerissen und durch die Luft gewirbelt "...weil du jetzt endlich wirklich meine Schwester wirst!".
Im Endeffekt also war es ein gänzlich positives Ereignis gewesen und die beiden Verlobten hofften, dass es heute ähnlich verlaufen würde.
Aktuell stand Rain vor dem Spiegel im Bad und vollendete ihr Make-up, während Natasha versuchte, das zu retten, was von den Geschenk-Einpackversuchen ihrer Verlobten übrig geblieben war (nicht so viel). Eigentlich wusste Rain zwar, dass Natasha darin wesentlich talentierter war, aber ihr Stolz verbot es ihr, das zuzugeben.
Gerade drückte Natasha eine große Schleife auf das Geschenk für ihre zukünftige Schwiegermutter, um möglichst viel von Rains Ungetüm zu verbergen, als die Schuldige ins Wohnzimmer kam.
"Ich bin soweit.", erklärte sie. Natasha drehte sich um und nickte anerkennend. Ja, sie hatte eine gute Wahl getroffen.
"Sehr schön, ich bin auch gleich soweit.", antwortete sie, ließ das Unglück Unglück sein und verschwand kurz im Bad, wo sie ihre Haare richtete und den Kragen ihrer Bluse glatt strich.
Wieder im Wohnzimmer hatte Rain die Geschenke in eine Tüte getan und stand wartend vor dem Kamin. Natasha lächelte und stellte sich neben sie, wollte gerade nach dem Flohpulver greifen, da hielt Rain ihre Hand fest.
"Warte kurz.", sagte sie leise. "Du hast da einen Knopf vergessen." Sie schloss den untersten Knopf von Natashas Bluse und strich sie sanft glatt. Natasha lächelte. "Bist du nervös?"
"Ein bisschen.", murmelte Natasha und schob eine Haarnadel zurück in das Kunstwerk auf Rains Kopf. "Ich freue mich eigentlich mehr. Dass es endlich offiziell wird. In den letzten Wochen hätte ich es am liebsten jedem erzählt."
Rain grinste.
"Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir vergessen haben, es Teddy und Vicky zu sagen, als wir mit ihnen telefoniert haben.", meinte sie. Natasha musste leise lachen.
"Naja, es war noch so neu. Und so surreal, irgendwie.", erklärte sie. "Ich glaube, ich habe es immer noch nicht ganz begriffen." Sie berührte sanft Rains linke Hand, an der der schmale silberne Ring steckte.
"Na, dann begreif es schnell.", meinte Rain und hob eben diese Hand, um einen von Natashas Zöpfen hinter ihr Ohr zu streifen. "Ich lass dich nämlich nicht mehr gehen." Natashas Lächeln wurde breiter, sie neigte den Kopf um einen federleichten Kuss auf Rains Hand zu setzen.
"Das ist gut.", sagte sie. "Da ich gar nicht vorhatte, zu gehen."
Ihre Lippen trafen sich zu einem kurzen Kuss, der für Natashas Geschmack viel zu schnell endete.
"Bereit für meine Eltern?", fragte Rain und ihre Augen leuchteten. Natasha lachte leise.
"Für deine Eltern schon.", sagte sie. "Nur bei deinem Bruder bin ich mir nicht so sicher."
Rain trat einen Schritt zurück und griff nach der Schale mit Flohpulver, Natasha nahm die Tüte mit den Geschenken und sie stiegen nacheinander in den Kamin.
Sie erreichten das East End wohlbehalten und tauchten im Wohnzimmer der Familie Granger-Malfoy gerade pünktlich auf, als Rains Mum einen Teller Kekse auf den Tisch stellte.
"Wow, ihr seid ja früh dran!", meinte sie überrascht und schloss ihre Tochter und Schwiegertochter (auch wenn sie das noch nicht wusste) in den Arm. Rain nutzte die Gelegenheit, als ihre Freundin von ihrer Mutter begrüßt wurde und klaute sich einen Schokokeks.
"Früh dran?", meinte sie verwundert. "Wir sind sogar fünf Minuten zu spät."
"Eben." Ihre Mutter grinste, schenkte ihrer Tochter aber gleichzeitig auch einen strafenden Blick für den Keks. "Nur fünf Minuten, da ist ja mit euch noch gar nicht zu rechnen."
"Das ist unfair.", protestierte Natasha. "Ich gebe mir immer alle Mühe, dass wir pünktlich sind. Das ist alles Rains Schuld."
Mrs. Granger bedachte sie nur mit einem zweifelnden Blick und verließ das Wohnzimmer, um im Flur laut nach ihrem Mann und Sohn zu rufen und zu verkünden, dass die beiden Gäste angekommen seien.
"Wann sagen wir es ihnen?", wisperte Rain, als sie allein waren. Natasha grinste.
"Wir könnten einfach abwarten, ob jemand den Ring bemerkt.", schlug sie vor. Rain musste ebenfalls grinsen und nickte, bevor sie die Hände hinter dem Rücken verschränkte - man musste es ihnen ja nicht allzu leicht machen.
"Was tuschelt ihr denn da?", kam es jetzt von der Tür. Die beiden Frauen sahen auf und erblickten Leo, der betont lässig im Türrahmen lehnte. Er trug eine verwaschene Jeans und ein dunkelgrünes T-Shirt, das wohl seine nicht vorhandenen Muskeln betonen sollte. Rain musste erneut grinsen - ihr Bruder war so eindeutig zwölf Jahre alt, es war beinahe lächerlich.
"Ach nichts.", meinte sie, ging zu ihm hinüber und wuschelte ihm durch die Haare, was er nur unter Protest zuließ (eigentlich überhaupt nicht). "Schön dich zu sehen. Was macht Hogwarts?"
"Ist cool.", erklärte Leo, durchquerte jetzt seinerseits den Raum, um Natasha zu begrüßen. "Frohe Weihnachten!"
"Ebenso.", meinte Natasha amüsiert. "Hast du dich mit Lehrern angelegt, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?"
Er verschränkte die Arme und ließ sich auf einen Sessel fallen.
"Das war im September.", erinnerte er sie. "Selbstverständlich habe ich mich mit Lehrern angelegt." Er nahm sich einen Schokoladenkeks.
In diesem Moment betrat Mrs. Granger wieder den Raum, ihr Blick fiel auf ihren Sohn.
"Finger weg von den Keksen!", befahl sie und sah zwischen ihren Kindern hin und her. "Also wirklich, wer hat euch beide bloß erzogen!" Sie sah an Leo herunter, der noch immer in dem Sessel lümmelte. "Außerdem hatte ich dir doch gesagt, dass du dir was Vernünftiges anziehen sollst!"
"Das ist was Vernünftiges!", protestierte Leo und richtete sich auf, um sich noch einen Keks zu nehmen. Seine Mutter schlug ihm mit den Servietten, die sie gerade verteilte, auf die Finger. "Komm schon, Mum, es ist Weihnachten!"
Natasha und Rain tauschten einen belustigten Blick und beschlossen dann, sich aufs Sofa zu setzen und das Familienleben zu genießen, welches im Moment aus einer Diskussion bestand, ob man zum Weihnachtskaffee ein Hemd tragen musste oder nicht. Sie waren sich beide einig, dass sie sehr froh waren, nicht mehr unter dem Pantoffel ihrer Mütter zu stehen.
Jetzt kam endlich auch Rains Vater in den Raum und sie sprang auf, um ihn begeistert zu begrüßen, was er lachend hinnahm. Auch Natasha begrüßte ihn und schließlich setzten sie sich alle um den Wohnzimmertisch herum und begannen, die Kekse und das Shortbread zu vernichten und Geschenke auszupacken.
"Dad hat übrigens noch Kuchen gemacht.", meinte Mrs. Granger irgendwann, als sie die Bescherung hinter sich gebracht hatten. Die Augen aller Anwesenden leuchteten auf und so wurde die Himbeertorte geholt. Rain durfte anschneiden und verteilen.
"Cooler Ring.", meinte Leo irgendwann. Rain hielt für den Bruchteil einer Sekunden inne, machte dann aber einfach weiter.
"Danke.", meinte sie. "Ich mag ihn auch."
"Woher hast du ihn?"
Sie reichte Natasha ein Stück Kuchen und zwinkerte ihr zu. "Natasha hat ihn mir geschenkt."
"Hä, aber ich dachte immer, man trägt Ringe nur, wenn man heiratet.", wunderte sich Leo und nahm jetzt dankend sein Stück entgegen. Rains Blick huschte zu ihren Eltern hinüber, die Blicke tauschten, die Rain nicht ganz zu deuten wusste.
"Ist ja auch eigentlich so.", griff jetzt Natasha ein. "Wenn man heiratet, oder wenn man beschließt, dass man gern heiraten möchte." Sie und Rain tauschten ein Lächeln.
"Ihr wollt heiraten?", fragte Leo überrascht. Alle sahen jetzt gespannt zu ihren Eltern hinüber, die mit einem absoluten Pokerface zurücksahen. Dann blickte Rains Vater erwartungsvoll zu seiner Frau.
Rain runzelte die Stirn und ein kurzer Austausch mit Natasha und Leo ergab, dass auch die beiden keine Ahnung hatten, was da vor sich ging.
Dann seufzte ihre Mutter tief, griff in ihre Hosentasche, holte zwei Galleonen heraus und schob sie wortlos zu ihrem Mann herüber.
So, dann ist das Kapitel jetzt endlich an der richtigen Stelle. Sorry an alle, die es schon kennen, ich hoffe, es war ok, es noch mal zu lesen (jetzt sogar mit überarbeiteter Grammatik und Rechtschreibung ;)). Ich habe es leider nicht geschafft, weitere Kapitel zu schreiben, also werden wir sehen, wie es ab jetzt weiter geht. Aber da morgen meine schriftlichen Prüfungen überstanden sind und ich nicht vorhabe, mich auf die mündlichen groß vorzubereiten, hoffe ich, dass ich dann wieder mehr Zeit für Rain und die anderen habe.
Wenn ich das Kapitel also rechtzeitig fertig habe, dann gehen die Weihnachtsferien nächstes Mal mit Leo im Fuchsbau weiter.
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