"Ich habe gekündigt."

Draco blinzelte überrascht, und ließ seine Gabel sinken.

"Wie bitte?", fragte er. Sie nickte. "Aber du hast doch so hart dafür gearbeitet, deinen Job zu behalten..."

"Eigentlich habe ich das nicht.", gestand sie. Seine Augenbrauen schoben sich nach oben. Kam jetzt ein Geständnis? War das hier ein Bitte-verzeih-mir-Essen? Schnell schob er diese Gedanken ganz weit nach hinten.

"Also...warst du nicht lange arbeiten, wenn du das gesagt hast?", wagte er sich ein Stück vor auf unbekanntes Terrain.

"Nicht immer." Sie starrte auf ihren Teller. "Ich wollte nicht lügen, aber ich konnte dir auch nicht die Wahrheit sagen."

Draco lehnte sich zurück. Er brauchte jetzt seine ganze Zurückhaltung, um keinen Streit anzufangen. Aber heute sollte anders sein. Sie würden reden, wie vernünftige Menschen.

"Wirst du mir jetzt die Wahrheit sagen?", fragte er also, auch wenn sein Tonfall mehr als deutlich zeigte, dass er alles andere als begeistert davon war, belogen worden zu sein. Sie nickte schnell.

"Wir nennen es Shadow. Wir haben eine Organisation ausgearbeitet, die aus dem Schatten heraus agieren soll, da wir der Meinung sind, dass das Ministerium die Aurorenabteilung zu schnell abbaut. Es ist eine Vereinigung Weniger, die bereitstehen, wenn wir gebraucht werden, die nach alten und neuen Bedrohungen fahnden und das Ministerium bis zu einem gewissen grad auch überwachen.", erzählte Hermine. "Wir denken, dass das Ministerium Schwachpunkte hat, die leicht ausgenutzt werden können, um es zu stürzen. Da ein Großteil der wichtigen Leute jedoch nicht mit sich reden lässt, haben wir begonnen, einen Plan auszuarbeiten, um das zu verhindern und gleichzeitig für den Fall der Fälle gewappnet zu sein."

Draco sah sie an.

"Wer sind 'wir'?", fragte er schließlich.

"Vor allem Harry und ich. Ein paar ehemalige Ordensmitglieder, eine Handvoll Auroren und anderer Mitarbeiter des Ministeriums. Kingsley hat die Idee angestoßen. Aber als Zaubereiminister hat er zu viel zu tun und kann natürlich als Mitglied und Vorsitz des Ministeriums auch nicht Teil einer Geheimorganisation sein, die gegen ihn arbeitet. Im Moment arbeiten wir noch an dem Konzept."

"Warum hast du mir nicht davon erzählt? Ich hätte es verstanden, ich hätte es geheim gehalten.", warf Draco ihr vor. "Vertraust du mir nicht?"

"Wir haben uns nie alle zusammen getroffen. Niemand weiß ganz genau, wer alles dabei ist. Wir haben keine Ahnung, gegen wen wir arbeiten.", verteidigte sich Hermine. "Noch bevor wir angefangen haben, das Konzept zu erarbeiten, haben wir beschlossen, dass niemand davon erfahren darf, bis wir entschieden haben, wie viel geheim ist und wie viel streng geheim. Die Gefahr war zu groß. Jetzt haben wir eine offizielle Version. Das Konzept steht, wir fangen im Januar an, zu fungieren."

Draco schwieg. Das klang...logisch. Hieß aber trotzdem nicht, dass es ihm gefiel. Ein bisschen verraten fühlte er sich schon. Hermine legte eine Hand auf seine.

"Du bist lange nicht der einzige, der nichts davon wusste.", versuchte sie ihn zu beruhigen. "Ginny weiß auch erst seit einer Woche Bescheid, weil sie angefangen hat, die richtigen Fragen zu stellen. Ron weiß noch gar nichts, und das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben. Im Moment sind nur Ehepartner und Leute, die es absolut wissen müssen, informiert."

"Und hast du mir jetzt die Wahrheit gesagt, oder die offizielle Version?", fragte er, versöhnlicher gestimmt. Sie lächelte ein wenig.

"Von beidem ein bisschen.", meinte sie. "Es ist immer noch eine Geheimorganisation. Ich habe einen Vertrag unterschrieben."

Einen Moment wurde es still. Dann sagte Draco:

"Also, ab jetzt keine Lügen mehr?" Sie nickte.

"Versprochen.", meinte sie feierlich. "Keine Lügen mehr."

"Habt ihr dann eigentlich ein offizielles Büro, oder wirst du dich weiter mit Harry in Cafés treffen?", konnte er sich trotzdem nicht verkneifen. Sie sah ihn strafend an. 

"Du hast mich ausspioniert.", stellte sie fest, ein bisschen verletzt, aber auch überrascht. 

"Ich habe dich nicht ausspioniert!", protestierte Draco. "Du hast mich angelogen! Was sollte ich denn denken, wenn du mir sagst, dass du lange arbeitest und ich dich dann plötzlich mit deinem besten Freund in der Winkelgasse beim Eisessen sehe?"

Ihre Augen weiteten sich ein wenig. 

"Verdammt.", murmelte sie. "Hast du etwa gedacht, ich gehe fremd?"

Draco sah sie schweigend an. Dann platze er heraus:

"Ich wollte es nicht denken. Aber auf die Idee, dass du für eine noch nicht existente Geheimorganisation arbeitest, bin ich nicht gekommen, entschuldige!"

Sie seufzte und nickte.

"Ok, da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Mann, da habe ich gar nicht drüber nachgedacht." Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. "Aber ich garantiere dir, ich gehe nicht fremd. Ich weiß, dass unsere Ehe in letzter Zeit nicht das war, was wir uns beide gewünscht haben. Aber ich will, dass es wieder besser wird."

Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber.

"Ich liebe dich.", meinte Draco dann. Hermine wirkte überrascht.

"Ich dich auch.", erwiderte sie sanft.

Irgendwann sagte Draco leise: "Ich habe dich wirklich vermisst, das letzte Jahr. Ich habe uns vermisst. Und Leo vermisst dich auch."

"Ich wünschte, ich könnte das vergangene Jahr wieder gut machen.", erwiderte Hermine. "Du hast das nicht verdient, und Leo auch nicht. Und Rain auch nicht."

"Meinst du, wir schaffen es, dass es wieder so wird, wie früher?", fragte Draco zweifelnd. Hermine lächelte bestimmt.

"Ich bin mir ganz sicher.", sagte sie. "Weißt du...ich habe mir den heutigen Tag für diese Aktion nicht ganz zufällig ausgesucht."

"Ich wusste es!", rief Draco und Hermine musste lachen. Dann wurde sie wieder ernst.

"Heute vor genau acht Jahren haben wir uns zum ersten Mal geküsst.", erinnerte sie ihn. Er musste lächeln. Das hätte er im Leben nicht mehr gewusst, aber sie war die Art Mensch, die sich so etwas merkte. Dafür liebte er sie nur noch mehr.

Und so beugte er sich über den Tisch und verschloss ihre Lippen und einem neuen ersten Kuss. 

So, das ist also das große Geheimnis. Ich hoffe, ihr findet es nicht zu weit hergeholt, mit Geheimorganisationen und alledem. Gegen Ende dann ein bisschen Dramione-Fluff. Die nächsten Kapitel widmen sich auf jeden Fall wieder Rain und allgemein ein bisschen der Familiendynamik. Und dann gehen wir noch einmal in eine ganz andere Perspektive, aus der in dieser Geschichte noch gar nicht erzählt wurde. Könnt ihr erraten, welche?