Kapitel 60
Bis zum Äußersten angespannt lehnte ich am Auto und sah in auf die dunklen Gebäude die vor mir lagen. Noch eine halbe Stunde bis die Männer von Santos hier offiziell aufschlagen sollten. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass ein Teil dieser Mistkerle schon auf den Dächern und in den Gebäuden rund um uns herum positioniert waren.
Sowohl Luca und Milo als auch Johnny und ein paar unserer anderen Männer waren mit mir hier, der Rest von unseren Leuten und auch die Verstärkung von Ramon und Akio waren gut versteckt nur einige Meter von uns entfernt.
Zu meinem Glück war mein Plan bis jetzt gut aufgegangen und Santos hatte mir dabei mit dem Übergabeort unwissentlich geholfen. Wir befanden uns etwas außerhalb der Stadt in einem Industriegebiet das teilweise sogar noch genutzt wurde. Und genau das spielte uns perfekt in die Karten.
"Meinst du es wird funktionieren?" Milo lehnte sich neben mich an den schwarzen SUV und zog ein letztes Mal an seiner Kippe, bevor er sie achtlos zu Boden warf. "Ich hoffe es." "Du weißt, dass du es Roxy danach endlich sagen musst, oder? Nach der ganzen Scheiße hier hat sie die Wahrheit wirklich verdient." Nachdenklich nickte ich. Auch wenn ich sie aus dieser ganzen Sache am liebsten gänzlich rausgehalten hätte, steckte sie jetzt so oder so mittendrin und wenn wir sie und Cara heil zurückbekommen würden, würde sie Fragen stellen. Fragen auf die sie die Antworten vielleicht nicht unbedingt gutheißen würde aber die sie verdient hätte. Und ob ich sie verlieren würde weil ich ihr nichts sagte oder aber weil sie die Wahrheit kannte, machte im Endeffekt auch keinen sonderlich großen Unterschied. Außer dass sie mich nach der Wahrheit womöglich für ein Monster halten würde.
"Mach dir nicht so viele Gedanken was danach kommt, Rafa. Wir müssen das jetzt erstmal durchziehen und die Mädels zurückholen und alles andere wird sich ergeben. Roxana wird dich mit Sicherheit nicht für immer hassen." Überrascht sah ich zu meinem Cousin der mich halbherzig angrinste. "Woher...?" "Erstens kenne ich dich schon lange genug um dir anzusehen was in dir vorgeht und zweitens bin ich nicht blind. Ich sehe doch die Blicke die ihr euch andauernd zuwerft. Du bist abgöttisch in die Kleine verliebt und bei ihr siehts auch nicht anders aus. Klar, wenn sie die Wahrheit kennt wird sie vermutlich ein bisschen Zeit für sich brauchen aber ich bin mir ziemlich sicher dass ihr beide früher oder später wieder zusammen findet." "Schön, dass du dir da wenigstens sicher bist." Er schlug mir leise lachend gegen den Arm. "Vertrau doch deinem überaus schlauen Cousin mal ein bisschen."
Na immerhin konnte er in dieser Situation Scherze machen.
Ich steckte mir die gefühlt zehnte Kippe seitdem wir hier sind in den Mund und ließ wenig später den giftigen Rauch und die kühle Nacht. Innerlich lagen meine Nerven blank. Ich machte mir nicht nur Sorgen um Cara und Roxy, ich hatte auch unglaublich Angst davor meine Männer ins Verderben zu stürzen. Zwar glaubte ich nicht, dass unser Plan komplett misslingen würde, allerdings waren die Männer von Santos unberechenbar und wer wusste schon ob es nicht auch auf unserer Seite zu Opfern kommen würde.
Ich zwang keinen unserer Leute hier zu sein, geschweige denn für uns zu arbeiten, sie waren alle freiwillig hier, aber trotzdem wollte ich nicht dafür verantwortlich sein, dass einer von ihnen ihr Leben ließ.
"Rafael? Es ist so weit." Johnny hatte sich mit ernster Miene in mein Blickfeld geschoben. Kurz nickte ich, warf meine Zigarette auf den Boden und stieg zusammen mit ihm, Milo und Luca in den SUV ein um zum endgültigen Treffpunkt zu fahren. Ich sah nachdenklich auf den Koffer zwischen meinen Beinen in dem ein Teil des Geldes war. Der Rest war im Kofferraum. Zwar hatte ich nicht vor auch nur einen Cent Santos zu überlassen aber falls alles schief ging wollte ich mit dem Geld zumindest Roxy und Cara aus der Schusslinie holen.
"Mach dir nicht so viele Gedanken was alles schief laufen könnte. Wir bekommen das schon hin, Rafa.", meinte Johnny und fuhr die letzten Meter bis zum Übergabeort.
Ich traute meinen Augen kaum als ich durch die Windschutzscheibe tatsächlich in das dreckig grinsende Gesicht von Santos sah. Ich hätte nicht erwartet ihn heute persönlich zu sehen.
Mit einer Laune die unglaublicherweise noch schlechter war als noch vor wenigen Sekunden stieg ich aus und ging mit dem Koffer und dem Wissen, dass meine Waffe nur ein Handgriff entfernt war, einige Schritte auf Santos zu. Meine Jungs waren dicht hinter mir und der Rest unserer Männer wartete nur auf ein Zeichen von uns um einzugreifen.
"Du bist groß geworden, Rafael. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe hast du dich noch hinter deinem Vater versteckt. Damals warst du noch ein kleiner verängstigter Junge und jetzt stehst du mir gegenüber ohne mit der Wimper zu zucken. Ich bin beeindruckt." Humorlos lachte ich auf. "Scheint so als hätte sich nur einer von uns verändert. Du bist immer noch ein verdammtes Arschloch." Ein kampflustiges Funkeln trat in seine Augen während er einige Schritte auf mich zuging.
"Ich hoffe du hast das Geld, die Ware und die Papiere." Genervt öffnete ich den Koffer und zeigte ihm den Teil des Geldes den ich bei mir hatte. "Der Rest ist im Auto." "Sehr schön Junge. Na los, gib schon her." "Du denkst wirklich ich wäre dumm, oder? Ich will zuerst die beiden Mädchen sehen, sonst läuft hier gar nichts." Ein gefährliches Grinsen legte sich auf seine Lippen während sein rechtes Auge kurz zuckte. "Wie ich sehe lernst du aus den Fehlern deines Vaters." Er wandte sich kurz von mir ab und nickte einem seiner Männer zu, der daraufhin auf einen Van etwas weiter weg zusteuerte.
"Weißt du was wir jetzt machen? Ein Mädchen gegen den Koffer in deiner Hand, das andere Mädchen bleibt als Sicherheit bei mir bis ich den Rest bekommen habe."
Wie aufs Stichwort kam der Kerl mit Cara und Roxy wieder, wobei er Roxana eher hinter sich her schleifte als dass sie selbst lief. Verdammt sie sah furchtbar aus.
"Welche der beiden Süßen willst du zuerst in Sicherheit wissen? Deine geliebte Schwester oder aber das Mädchen das ganz dringend ins Krankenhaus sollte?"
Egal was komme, ich werde sicherlich keine von ihnen bei Santos lassen, nicht mal für fünf Minuten.
Dann lasst den Plan beginnen.
Ich ging noch einige Schritte auf den Dreckskerl zu. "Ich will beide hier aus der Schusslinie haben, verstanden? Das ist eine Sache zwischen uns beiden also halte die Mädchen da raus." "Meinst du ich bin dumm, Junge?" Ich begann zu grinsen. "Was hast du denn bitte zu verlieren? Wie du siehst seid ihr deutlich in der Überzahl und ich denke du warst schlau genug deine Männer schon so früh zu positionieren, dass wir gar keine Chance auf einen Überraschungseffekt hätten, nicht? Du bekommst was du willst, keine Sorge, aber ich will im Gegenzug, dass die beiden zuerst hier weggebracht werden."
Ich konnte an seinem Gesicht sehen, dass ich ihn geknackt hatte. Ich hätte zwar nicht erwartet, dass es so einfach werden würde, aber er wog sich in Sicherheit und glaubte mir tatsächlich, dass er mit seinen Männern in der Überzahl war. Vollidiot.
"Weißt du was, Junge? Du hast recht. Nimm die beiden Püppchen, egal was ihr versuchen würdet, wir sind euch überlegen."
Perfekt, er hatte es geschluckt. Was für ein Trottel.
Santos' Handlanger schubste die beiden Mädchen zu uns. In letzter Sekunde konnte ich Roxy auffangen ehe sie in meinen Armen zusammensackte. Sie war wirklich geschwächt. "Keine Sorge, Kleine. Du wirst schon wieder." Augenblicklich kam Nate zu mir und nahm mir Roxy ab. "Dieses Mal passt du gefälligst richtig auf sie auf, verstanden?" Er nickte ehe er mir Roxy und Cara im zu einem unserer Autos ging während die drei von unseren restlichen Männern abgeschirmt wurden.
Immerhin waren die beiden in Sicherheit.
Das war leichter als erwartet. Allerdings war Santos schon immer ein großkotziger Vollidiot der nichts lieber hörte als Lob an sich selbst. Dann war er immer so von sich und seinen Taten überzeugt, dass er leichtsinnig wurde.
Ich sah über meine Schulter und blickte zu Nate der gerade in den Wagen stieg. Sobald er aus unserer Sichtweite verschwunden sein würde, würde er Akio anrufen und die Show könnte starten.
"Da du ja jetzt hast was du wolltest ist es nun an dir deinen Teil zu leisten."
Entfernt hörte ich einen LKW und begann zu grinsen. "Weißt du, ich habs nicht so mit Deals. Besonders nicht wenn mein Gegner nichts mehr hat das für mich von Interesse ist." "Du bist ein dummer, dummer Junge Rafael. Wie du vorhin schon gesagt hast sind wir in der Überzahl." Leicht schüttelte ich den Kopf als ich am anderen Ende der Gasse sah wie ein Truck auf uns zu kam. "Sei dir da mal nicht so sicher, Santos."
Der Truck blieb stehen und Santos' Leute waren von den Männern die von der Ladefläche sprangen so überrascht, dass es einige Sekunden dauerte bis sie verstanden was hier gerade passierte.
Der Truck war nicht weit von hier gestanden und obwohl Santos Männer im Vorfeld alles abgesucht hatten, hat wohl niemand damit gerecht, dass sich eine kleine Armee auf der Ladefläche eines Trucks verstecken würde.
Ich begann zu lachen als ich in das wutentbrannte Gesicht meines Gegenübers sah. "Überraschung, du Dreckskerl." Blitzschnell zückte ich meine Waffe und schoss Santos ins Knie als ich bemerkte, dass er drauf und dran war wegzurennen.
Um uns tobte bereits der reinste Kampf und immer wieder ging ein Mann zu Boden.
Ich trat an Santos heran der gerade versuchte sich in Sicherheit zu robben und stellte einen Fuß auf seinem Rücken ab um ihn an Ort und Stelle zu halten. "Ich verspreche dir eins." Ich entsicherte meine Waffe und richtete sie auf seinen Kopf. "Du und deine Leute werden nie wieder jemanden aus meiner Familie verletzten. Dafür sorge ich jetzt höchstpersönlich."
Mein Finger zuckte am Abzug als ein weiterer Schuss die Luft in der immer leiser werdenden Kulisse zerriss.
Ich wirbelte herum und blickte in die gehässigen Augen eines Mannes der seine Waffe auf mich gerichtet hatte, ehe sich Luca und Johnny auf ihn stürzten.
Schockiert wanderte mein Blick auf den Boden, wo sich Blut vor meinen Füßen sammelte.
Nein.
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