Kapitel 10
Noch immer in den großen Hoodie von Rafael gehüllt, saß ich am Morgen auf dem weichen Bett im Gästezimmer und dachte über die vergangenen Stunden nach. Luca hatte uns erzählt, dass Sam scheinbar von einem Partygast in der Gasse gefunden wurde und so hatte es auch unter den restlichen Gästen von Lewis schnell die Runde gemacht. Man durfte nicht vergessen, dass Sam ein beliebter Schüler und dazu noch der Star des Basketballteams war. Wenn irgendwas vorgefallen war, in das er in irgendeiner Weise verwickelt war, wusste es bald darauf die komplette Schule. Nur eine Sache, hatte er ganz gut verheimlichen können.
An Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Zu viel schwirrte in meinem Kopf herum und der Schock der vergangenen Stunden steckte mir noch immer in den Knochen. Rafael blieb tapfer mit mir wach, obwohl sich etliche male ein Gähnen verkneifen musste. Ich hatte nicht nur ein mal zu ihm gesagt, dass er ruhig schlafen gehen können, allerdings redete ich was das anging gegen eine Mauer.
Rafael war erst vor ein paar Minuten gegangen um sich zu duschen. Auch wenn er es nicht offen zu gab, konnte man ihm deutlich ansehen, dass es ihm nicht im geringsten leid tat, dass Sam jetzt offenbar im Krankenhaus war. Und auch Luca schien es nicht weiter zu stören. Bevor ich Rafael kennengelernt hatte, hatte ich zwar nichts mit Luca zu tun, aber so ziemlich jeder auf der Schule wusste, dass er und Sam sich nicht ausstehen konnten. Beide hatten irgendwie das Sagen an der Schule und waren auf ihre eigene Art und Weise beliebt. Sam war der Sportstar, der Lehrerliebling, das Mitglied des Schülerkomitees, das sich am meisten für die Wünsche der Schüler einsetzte. Dazu kam das Ansehen das seine Familie in der Stadt besaß und das kleine Vermögen das damit verbunden war. Luca hingegen war ein Bad Boy wie er im Buche stand. Gutaussehend, mysteriös, meistens schlecht gelaunt und ein Rebell, der sich von niemanden etwas sagen ließ. In der Schule ließ er keinen Streit aus und die Gerüchte und Warnungen über ihn bekam man gleich am ersten Tag gesagt. Und auch wenn ich ihn die letzten Tage ganz anders erlebt hatte, konnte ich nicht bestreiten, dass er sich in der Schule wie das größte Arschloch überhaupt verhielt. Und trotz allem lagen sowohl ihm, als auch Sam die Mädchen zu Füßen und die Jungs kämpften um einen Platz in den Freundeskreisen der beiden. Da war es kein Wunder, dass die beiden regelmäßig aneinander gerieten.
Aber wenn man so darüber nachdachte war es wirklich absurd, dass die beiden tatsächlich etwas gemeinsam hatten. Beide hatten eine perfekte Fassade aufgebaut. Sam war nach außen hin ein Traumschwiegersohn. Er kam aus gutem Haus, schrieb gute Noten und war in den passenden Situationen immer höflich. Insgeheim war er aber ein Monster das verdammt gut schauspielern und lügen konnte. Luca hingegen war von außen betrachtet nicht unbdeingt der Junge, dem man seine Tochter anvertrauen würde. Er hatte Tattoos, rauchte, sein Ruf eilte ihm voraus und die Gerüchte, die über seine Familie kursierten, waren auch nicht gerade hilfreich. Aber als ich ihn die letzten Tage gesehen hatte, war er nicht das Arschloch das sonst immer in der Schule herumstolzierte. Er war nett und hatte tatsächlich mitten in der Nacht versucht mich abzulenken. Und das obwohl er nicht einmal genau wusste was vorgefallen war.
"Ich werde dich nachher nach Hause fahren." Rafael stand grinsend im Türrahmen und sah mich an. "Und wieso erst nachher?" "Weil du davor die besten Pancakes essen wirst, die du in New York finden kannst. Du kannst nicht leugnen, dass du hunger hast." "Du lässt mich davor sowieso nicht gehen, oder?" Seufzend erhob ich mich. "Du hast es erfasst. Und jetzt komm bevor Luca aufsteht, sonst bekommen wir nichts mehr." Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen folgte ich ihm. Auch wenn ich ihn kaum kannte mochte ich Rafael. Die Zweifel die ich gestern noch hatte, dass er mir irgendwas tun könnte waren wie weg geblasen. Er hatte mir diese Nacht einiges von sich erzähl um mich irgendwie von den Geschehnissen mit Sam abzulenken. Auch wenn das nur teilweise funktioniert hatte, hatte ich so das Gefühl ihn ein wenig zu kennen.
In der Küche die an einen großen modernen Wohnraum grenzte roch es wirklich himmlisch. Mein Magen fing wie auf Kommando an zu knurren, was Rafael mit einem amüsierten Grinsen kommentierte. Erst als ich neben ihm auf einem Barhocker saß bemerkte ich die Frau die durch die Küche wuselte und uns schließlich mit einem strahlenden Lächeln zwei Teller vor die Nase stellte. "Du musst Roxana sein. Ich bin Maria, Rafaels Mutter. Es freut mich wirklich dich kennen zu lernen. Für gewöhnlich bleiben Rafas Bekanntschaften nicht zum Frühstück." Sie zwinkerte mir zu bevor sie sich wieder zum Herd drehte. "Mom!" Ein herzliches Lachen kam über ihre Lippen. "Ist ja schon gut. Der junge Herr hat gemeint ich solle mich zurück halten." Ich mochte diese Frau jetzt schon. Und als ich dann auch noch den ersten Bissen dieser himmlischen Pancakes probierte, war es um mich geschehen. Konnte sie bitte mal meiner Mom beibringen wie sie das machte? Die Pancakes meiner Mutter waren nicht mal halb so gut und ein Großteil landete immer verkohlt in der Tonne.
"Roxy, dein Handy lag noch im Gästezimmer. Dein Bruder hat dich glaube ich angerufen." Ein verschlafener Luca kam in die Küche und streckte mir mein Handy entgegen. Tatsächlich sechs verpasste Anrufe und etliche Nachrichten von Carter. Vermutlich hatte jetzt auch er mitbekommen, dass Sam gestern Nacht im Krankenhaus gelandtet war und machte sich jetzt verständlicher Weise Sorgen um mich. "Rafael! Du lässt deine Freundin wirklich im Gästezimmer schlafen?" Mrs. Salvatore warf Rafael einen empörten Blick zu während sie Luca ebenfalls einen Teller vor die Nase stellte. Der Angsprochene verschluckte sich an einem Stück seiner Pancakes und begann heftig zu husten. Seine Mutter warf erst ihm, dann mir und zum Schluss Luca einen fragenden Blick zu. "Die beiden sind nicht zusammen." Schulterzuckend drehte sie sich wieder um. "Was nicht ist kann ja noch werden." Jetzt verschluckte ich mich. Amüsiert lachte Luca neben mir auf und klopfte mir ein paar mal auf den Rücken. Ich kannte Rafael noch nicht mal eine Woche. Über sowas wollte ich gar nicht erst nachdenken. Besonders musste ich zuerst die ganze Sache mit Sam klären und hinter mich bringen.
Nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, stand ich auf. "Ich glaube ich sollte Carter mal anrufen, bevor er noch einen Suchtrupp losschickt." Luca nickte, während Rafael sich ein Glas Orangensaft in den Rachen schüttete. Ich entfernte mich einige Meter von der Familie und drückte auf den Kontakt meines Bruders. Kaum ertönte das erste Tuten, da nahm er schon ab. "Gott, Roxy! Wo steckst du? Ich hab die Sache mit Sam gehört. Ist alles in Ordnung mit dir? Gehts dir gut? Weißt du was für Sorgen ich mir gemacht hab?" Ich schmunzelte. Mein Bruder hyperventilierte bald. "Keine Angst Carter, alles gut. Ich bin in einer halben Stunde Zuhause. Dann reden wir, okay?" Er gab einen widerwilligen Laut von sich. Ich kannte Carter. Am liebsten hätte er schon jetzt seine ganzen Fragen beantwortet haben wollen. "Okay. Vielleicht ist Leo bis dahin auch wieder ansprechbar. Ich hab dich lieb." "Ich dich auch." Ich beendete das Telefonat bevor er es sich doch noch anders überlegte und jedes Detail übers Telefon aus mir herausquetschte.
Ich ging zurück in die moderne Küche. "Cara kommt heute Abend wieder. Euer Vater musste den Flug verschieben und kommt erst morgen wieder aus Washington. Dann müssen wir das Essen heute Abend wohl absagen." Mrs. Salvatore machte sich daran die Küche zu putzen und lächelte mich an, als ich mich wieder auf den Barhocker zwischen die beiden Jungs setzte. "Wann musst du Zuhause sein, bevor er seinen Suchtrupp losschickt?" Grinsend musterte mich Rafael, während ich meinen letzten Pancake aß. "Ich hab gesagt, dass ich in einer halben Stunde Zuhause bin." "Das reicht. Von hier bis zu dir sind es nur ungefähr zehn Minuten. Und nein, du wirst nicht laufen."
Auf einmal spürte ich etwas an meinen Beinen und gab ein erschrockenes Quitschen von mir. Mein Blick wanderte nach unten wo es sich ein Fellhaufen bequem gemacht hatte. "Das ist Bonny, Caras Hund." Treuherzig blickte mich das weiße Fellkneul von untern an. Grinsend streckte ich meine Hand aus und spürte kurz darauf wie die Hündin mich ableckte. "Theoretisch haben wir noch einen Rottweiler, aber der hat es ausgenutzt, dass mein Bett heute leer war und pennt jetzt seelenruhig darauf. "Der faulste Wachhund den es gibt." Luca grinste mich an und stand dann auf. "Wenn ihr schon die Nacht zusammen verbracht habt, wieso dann im Gästezimmer und nicht bei dir?" "Mom!" Ein freches Grinsen legte sich auf die Lippen von Mrs. Salvatore und ich konnte die Belustigung in ihrer Stimme hören. Das hatte sie eindeutig nur gesagt um Rafael zu ärgern. "Also Kinder, ich muss los. Wenn euer Dad heute nicht kommt, muss ich die Arbeit übernehmen." "Mom, es ist Sonntag!" "Und trotzdem muss die Arbeit getan werden." Die beiden Jungs warfen sich komische Blicke zu. "Ich hoffe wir sehen uns bald mal wieder, Roxana." Die Mutter der beiden lächelte mich warm an und wandte sich dann an ihre Söhne. "Und ihr beide macht bitte nicht zu viel Unfung. Ihr wisst was das letzte mal passiert ist." Sie verschwand aus der Küche und Luca brach in schallendes Gelächter aus. "Ich glaube sie schmiedet schon Hochzeitspläne für euch beide." Über Rafaels Lippen huschte ein Grinsen.
"Ich glaube wir sollten langsam los." Mit einem Nicken stand ich vom Hocker auf und sah zu den beiden Brüdern. Ich war überrascht als Luca mich in eine Umarmung zog. "Mach mit ihm Schluss, er ist ein Arschloch." Mit einem kurzen Lächeln verabschiedete ich mich von ihm und machte mich kurz darauf zusammen mit Rafael auf den Weg in die Tiefgarage. Zielstrebig steuerte er auf einen schwarzen Mustang zu. Waren wir gestern nicht mit einem anderen Auto gefahren? Und beim ersten Mal hatten die Jungs einen Mercedes dabei. "Sag mal, wie viele Autos besitzt ihr?" Grinsend drehte sich der große Junge zu mir um und breitete die Arme aus. "Alle die du hier siehst. Einschließlich der Motorräder dort hinten." Mir fiel die Kinnlade nach unten. "Du verarschst mich gerade, oder?" Hier standen gut ein Dutzend Autos, die zum Teil vermutlich den Wert einer Eigentumswohnung hatten. Er schüttelte den Kopf. "Zugegeben, ein paar sind Geschäftsautos, aber egal. Mein Dad besitzt einen Faible für teure Autos." Kopfschüttelnd setzte ich mich in den schwarzen Mustang und Rafael fuhr kurz darauf los.
Es dauerte nicht viel länger als zehn Minuten, da standen wir vor meiner Wohnung. Gerade als ich aussteigen wollte fiel mein Blick auf ein Auto auf der anderen Straßenseite, das mir nur all zu bekannt vorkam. "Hey, Roxy. Was ist los?" Ich zeigte auf den silbernen BMW während mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich.
"Das ist das Auto von Sams Vater."
Yo Potatoes :D
Hoffentlich hat euch das Kapitel gefallen :)
Was denkt ihr wie es weiter geht?
Irgendwie kann ich es nie erwarten hier ein neues Kapitel zu posten. Ich hab gerade viel zu viele Ideen :D
Ich habe jetzt beschlossen die Kapitel immer etwas länger zu machen und auf jeden Fall einmal die Woche zu updaten.
Und sobald die Geschichte 10k Reads hat werde ich als kleines Dankeschön dafür eine Lesenacht planen :) Also freut euch schon mal :D
Love you ♥
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