Prolog
Nach langen Wochen der Hitze und Trockenheit kündigte sich endlich etwas Abkühlung und vor allem der lang ersehnte Regen an. Die Bauern atmeten auf, denn endlich würde es eine Chance auf rascheren Graswuchs geben, damit sie vor dem anstehenden Winter noch einmal eine Ladung Silofutter einfahren könnten. An jenem Morgen hatten sich die Schleusen am Himmel geöffnet. Es goss seit Stunden wie aus Kübeln.
Hoch über der Schlucht rannte er durch das nasse Gras, ohne Regenjacke, durchnässt und voller Furcht. Seine schicken Designerschuhe waren ruiniert, doch das interessierte ihn im Moment wenig. Er schaute immer wieder zurück, strauchelte mehrmals, rappelte sich immer wieder auf und rannte weiter - direkt auf die Schlucht zu. Das Geräusch seiner Schritte ähnelte mehr einem Platschen denn einem Rennen. Der starke Regen hatte bereits erste Pfützen auf dem zu trockenen Boden hinterlassen.
Natürlich kannte er das Räbloch, als gebürtiger Emmentaler wusste er, dass die Schlucht an dieser Stelle besonders tief war, doch er wollte die schmale Brücke erreichen, um seinem Verfolger vielleicht doch noch zu entkommen. Er drehte sich ein weiteres Mal um und stellte erleichtert fest, dass sich die vielen Stunden auf dem Hometrainer wohl doch gelohnt hatten - der Verfolger war weg.
Er verlangsamte seinen Lauf, versuchte etwas ruhiger zu atmen und drehte seinen Kopf wieder in Laufrichtung. Nur aus dem Augenwinkel konnte er den Knüppel bemerken, wie ein Schatten des grossen Raubvogels, vor dem er als Kind solche Angst hatte. Den Aufprall spürte er seltsamerweise nicht, es wurde schlagartig dunkel, alles verschwand - die Schlucht, das Gras, der Regen. Noch bevor sein Körper im Gras landete verliess ihn die Seele und schwebte durch den Regen himmelan. Die weiteren Schläge landeten dumpf auf dem bereits toten Körper, liessen mehr Blut austreten und den Schädel splittern.
Erst nach einem guten Dutzend Schlägen stellte der Verfolger seinen Knüppel zufrieden im Gras ab, stütze sich darauf und wartete. Nichts regte sich, die Regentropfen wuschen das Gesicht, auf dem noch immer der Schrecken festsass, wieder blutfrei. Er würde auch viele der anderen Spuren vernichten, das wusste der Verfolger.
Nach einer kurzen Verschnaufpause warf er den Knüppel in hohem Bogen in die Schlucht hinab, wohl wissend, dass die rasch fliessende Emme ihn mit ihrem Hochwasser mitnehmen würde, unauffindbar. Dann packte er den leblosen Körper an den Füssen und schleifte ihn auf den Abgrund zu.
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