Vorbereitungen
Hermine:
Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Halb erwartete ich, dass er in hämisches Gelächter ausbrach und sich mit den Worten "Du dummes Schlammblut. Dachtest du ernsthaft, dass ich dich mag?" über mich lustig machte. Doch nichts dergleichen passierte. Er stand einfach nur da, erwartungsvoll, neugierig. Ich starrte in seine Augen und fand nichts als Aufrichtigkeit vor. Pure Ehrlichkeit.
Es war das, was ich die ganze Zeit gewollt hatte, oder? Ich hatte doch vorgehabt mit ihm zu der Party zu gehen, nicht wahr? Dieser Plan war der Grund meiner Freundlichkeit zu ihm gewesen. So war es doch. Oder nicht?
Ich müsste erleichtert sein, dass er mich gefragt hatte, doch ich fühlte keine Erleichterung. Das war meine Chance Ron zurück zu erobern, ihn eifersüchtig zu machen und doch zögerte ich. Warum? Ginnys und mein Plan ging auf und ich hielt inne. Es ergab keinen Sinn. Ich löste meinen Blick aus seinem nur um wieder wie magisch von seinen sturmgrauen Augen angezogen zu werden. Als unsere Blicke sich ineinander verhakten durchströmte mich Erkenntnis. Ich wollte nicht mit ihm zur Party gehen wegen einem Plan von Ginny und mir. Ich wollte, dass wir zusammen auftauchten, weil wir auch zusammen dort sein wollten.
"Ja", hauchte ich leise, "Ich gehe mit dir zur Party."
Einen Moment sah ich, wie Erleichterung in seinen Augen aufleuchtete, dann verschloss er seine Gefühle wieder vor mir.
***
"Ginny", kreischte ich und lief durch die geöffnete Tür in ihren Schlafsaal. Peinlich berührt trat ich wieder einen Schritt zurück, als ich sah in was ich hineingeplatzt war. Ginny saß auf Deans Schoss auf ihrem Bett in einer innigen Umarmung mit ihm. Sie küssten sich leidenschaftlich und fuhren erschrocken auseinander, als sie mich hörten. Verlegen sahen sie sich an. Die Haare der beiden verwuschelt, die Wangen gerötet. Die obersten Knöpfe von Deans Hemd waren geöffnet.
"Was ist los, Mine?", fragte Ginny leicht außer Atem.
"Ähm... ich wollte euch nicht stören", stellte ich klar. Meine Wangen brannten vor Scham und ich machte noch einen Schritt nach hinten.
"Ach, kein Problem", winkte Ginny lässig ab. Dean machte allerdings den Eindruck, als wäre es sehr wohl ein Problem für ihn. Ich schaute ihn unsicher an. Konnte ich ihn weg schicken?
Ginny deutete meinen leicht verzweifelten Blick richtig und kicherte: "Mädchengespräche." Daraufhin stand Dean seufzend auf und ich hatte das Gefühl, er würde mir einen leicht unwilligen Blick zuwerfen.
"Das muss auch nicht jetzt-", setzte ich an, doch Ginny unterbrach mich. "Ich habe dir doch schon gesagt, dass das kein Problem ist, Mine", erklärte sie barsch. Man sah ihr an, dass ihr meine Unsicherheit und Deans Anhänglichkeit auf die Nerven gingen. Ich schaute vorsichtig zu Dean und fasste einen Entschluss. "Dann ist ja gut", sagte ich mit einem Lächeln und setzte mich neben Ginny.
Deans genervter Blick wanderte von mir zu Ginny und wieder zurück. "Ich bin schon weg", murmelte er unwirsch und schlug die Tür hinter sich zu. Ginny bedachte die nun geschlossene Tür mit einem Stirnrunzeln und seufzte, dann wandte sie sich mir zu.
"Jetzt erzähl schon", forderte sie mich auf. Ich holte einmal tief Luft und schilderte ihr die Ereignisse. Meine Erzählung schloss ich ab mit den Worten "Ich gehe mit Malfoy zur Party". In dem Moment in dem ich die Worte aussprach, realisierte ich erst richtig, was sie bedeuteten.
"Ich gehe mit Malfoy zur Party", wiederholte ich leicht panisch.
Ginny strahlte mich überglücklich an. "Ich habe dir doch gesagt, dass du das schaffst", rief sie und zog mich in eine Umarmung. "Jetzt kannst du dir Harry und Ron zurück holen. Jetzt wird alles wieder gut", flüsterte sie sanft, als würde sie versuchen mich zu beruhigem. Doch ihr Versuch hatte bei mir eher den gegenteiligen Effekt. Meine Atmung beschleunigte sich und ich malte mir verschiedene Szenarien aus.
Was, wenn Malfoy mich doch nur verarschte und zur Party gar nicht auftauchen würde?
Was, wenn ich mich lächerlich machte?
Was, wenn Harry und Ron mich danach nur noch mehr hassen würden?
À propos Harry und Ron...Wollte ich Malfoy noch dazu benutzen die beiden zurück zu gewinnen? Diese Frage hatte ich mir schon gestellt kurz bevor ich mit "Ja" geantwortet hatte, aber eine wirkliche Antwort hatte ich weder dann noch jetzt gehabt. Könnte ich Ginny von meinen Zweifeln erzählen? Würde sie das verstehen?
Wir waren zwar ohne Harry und Ron beste Freunde, aber irgendwie hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass es falsch wäre ihr davon zu erzählen. Als würde ich ihre Illusion unseres Planes zerstören. Ich konnte es noch nicht einmal mir selbst rational erklären. Vielleicht war es einfach... weibliche Intuition.
"Du brauchst unbedingt ein Kleid, Schuhe und Schmuck. Wir müssen uns überlegen, was wir mit deinen Haaren machen und wie wir doch schminken", ratterte Ginny herunter und zählte die einzelnen Punkte an ihren Fingern ab. "Erst das Kleid", beschloss sie nach einer kurzen Pause, "Morgen gehen wir nach Hogsmeade."
Ich nickte ergeben. Gegen Ginny kam ich eh nicht an. Durch das Fenster sah ich die strahlende Nachmittagssonne, die den Schnee glitzern ließ. Von außen schien es perfekt. Doch diese Perfektion würde nicht lange währen. Im Frühjahr würde die Wärme die Kälte besiegen und die fragilen Verbindungen der Eiskristalle zerbrechen. Die Wärme würde über die Kälte gewinnen. Die Kälte war wunderschön und faszinierend, doch letzten Endes gewann die Wärme.
Es war wie mit Malfoy. Sein Herz war durch die Erziehung seines Vaters eingefroren. Es herrschte tiefer Winter und keine Pflanzen überlebten. Die Welt war kahl und tot, doch von außen sah sie atemberaubend schön aus. Er hatte seine Sonne noch nicht gefunden. Die Person, die ihm das Herz auftaute, es lebendig werden ließ und zum Blühen brachte. Diese Person fehlte ihm. Bis er sie gefunden hatte, würden Dunkelheit und Kälte sein Herz im Griff haben.
Jetzt übertreibst du, flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf. So schlimm ist er nicht. Er war warmherzig zu dir, hat dich getröstet und aufgemuntert.
Vielleicht... vielleicht hatte er seine Sonne ja doch gefunden und langsam brach der Frühling an.
Ich überlegte krampfhaft. Wer könnte das sein? Doch zu meinem Bedauern fiel mir niemand ein, der ihn so verändern könnte.
***
Am nächsten Morgen wachte ich ungefähr um neun auf, duschte, zog mich an, kämmte mir schnell die Haare und ging dann in die Große Halle. Heute war Samstag, der 21.12. In drei Tagen fand die Party statt, weshalb ich heute auch mit Ginny ein Kleid und vielleicht Schuhe kaufen würde. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich mit Malfoy zur Party ging. Es schien so abwegig und doch ist es in Erfüllung gegangen.
Ginny saß schon am Gryffindortisch. Natürlich. Sie war eine Frühaufsteherin. Zügigen Schrittes lief ich auf sie zu und ignorierte die Blicke der anderen, die immer noch nicht verschwunden waren. Inzwischen kam ich besser damit klar eine Außenseiterin zu sein. Zumindest wurde ich nicht mehr runtergemacht. Den Großteil der Zeit ignorierten mich die meisten.
Ich spürte einen Blick auf mir ruhen und wandte mich um auf der Suche nach der Person, die mich intensiv ansah.
Es war Seamus. Prompt schaute ich weg. Zwischen Seamus und mir war nichts nennenswertes mehr passiert. Vielleicht hatte er ja eingesehen, dass er mir nur als Freund etwas bedeutete. Trotzdem tat er mir leid. Ich wusste wie sich Zurückweisung anfühlte und wünschte dieses Gefühl niemandem. Noch nicht einmal meinem ärgsten Feind.
Zielsicher steuerte ich den Platz neben Ginny an und versuchte nicht an Seamus zu denken, was mir auch gelang, als ich sah, wer auf genau den selben Platz zu steuerte.
Ich beschleunigte meine Schritte und wir erreichten den freien Platz genau gleichzeitig.
"Na, Lavender", begrüßte ich sie zuckersüß, "Habt ihr einen Gegenfluch gegen den Dauerklebefluch gefunden, der Rons und deine Lippen zusammen geklebt hat?"
Sie war gefühlt zum ersten Mal seit Wochen ohne Ron unterwegs und das um Ginny einen Besuch ab zustatten. Ich war verblüfft. Sie brauchte einen Moment um das Gesagte zu verstehen und antwortete dann genau so zuckersüß: "Wenigstens habe ich jemanden mit dem ich rummachen kann. Im Gegensatz zu dir."
Sie musterte mich mit hochgezogener Augenbraue von oben bis unten und verzog daraufhin das Gesicht.
Ich schüttelte den Kopf. "Definierst du dich wirklich über einen Jungen?", fragte ich.
"Du bist doch nur neidisch, weil Won-Won mir gehört", keifte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Bin ich das?", wollte ich wissen und zog nun selbst eine Augenbraue hoch.
"Natürlich. Es bricht dir das Herz, weil er mich liebt und nicht dich. Aber, Süße, es kann ja nicht jeder so begehrt sein wie ich."
Ihr affektierter Ton machte mir Kopfschmerzen und entfachte in mir den Drang mich zu übergeben.
"Begehrt? Du?", antwortete ich, betont geduldig, "Du bist einfach nur die einzige, die er haben kann. Du bist nicht begehrenswert. Du bist eine falsche Schlange, die glaubt, dass sie etwas besseres ist, weil sie 'jemanden zum rummachen' hat. Du würdest dich doch jedem Jungen hingeben, solange er gut aussieht und du mit ihm vor deinen sogenannten Freundinnen angeben kannst. Das ist nicht begehrenswert sondern billig."
Die ganze Zeit hatte ich meine Stimme nicht erhoben und lächelte sie an. Lavender wollte doch, dass ich schrie. Aber das würde nicht passieren. Ich hatte mich im Griff.
"Hast du mich gerade billig genannt?", hakte sie empört nach.
"Ja, das habe ich", erwiderte ich schlicht.
"Du hast ihn nicht verdient", zischte sie wütend, ballte die Hände zu Fäusten, sodass ihre Knöchel weiß hervor traten und lief zurück zu Ron.
"Wow", stieß Ginny hervor, als ich mich neben sie setzte. Ich grinste nur schwach. Das hatte gut getan.
***
Ginny und ich standen in Hogsmeade in einem kleinen Laden vor einer großen Auswahl an Kleidern. Unentschlossen ließ ich meine Hände an den Kleidern entlang wandern. Ginny bedachte die Kleidungsstücke mit einem prüfenden Blick. Schließlich zog sie ein schwarzes Kleid hervor.
"Probier das mal an", schlug Ginny vor.
Ohne das Kleid genauer unter die Lupe zu nehmen, nahm ich es mit in die Umkleidekabine und zog es an.
Als ich damit heraus trat, stieß Ginny einen Pfiff aus. Zögerlich betrachtete ich mich im Spiegel. Das Kleid lag eng an und ging bis zur Mitte des Oberschenkels. Es hatte vorne keinen besonders auffälligen Ausschnitt und war recht schlicht gestaltet. Dafür war der Ausschnitt am Rücken umso gewagter. Er reichte bis zum unteren Ende meines Rückens.
Wunderschön, aber zu viel Ausschnitt.
Ich schüttelte den Kopf. "Zu gewagt", murmelte ich in Ginnys Richtung. Sie verdrehte nur die Augen und hielt mir schon ein weiteres Kleid hin.
Ohne Widerstand zog ich mich erneut um. "Hmm...", machte Ginny als ich aus der Umkleide trat und auch meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Auch dieses Kleid war schwarz, wurde allerdings ab der Brust weiter. Außerdem hatte es einen breiten Gürtel an der Stelle an der es weiter wurde und keine Träger.
Das Fehlen der Träger veranlasste mich dazu ständig nervös das Kleid nach oben zu ziehen.
"Definitiv nicht", stellte ich fest und streckte die Hand nach dem nächsten Kleid aus. Erneut verschwand ich in der Umkleidekabine und als ich heraus trat, nickte Ginny anerkennend.
Dieses Kleid war dunkelblau und aus Spitze. Ab der Taille wurde es ein wenig weiter und betonte so meine Beine. Es endete wie auch die vorigen etwa in der Mitte des Oberschenkels. Die Ärmel lagen eng an meinen Armen und gingen bis knapp über den Ellbogen. Ja, es gefiel mir, aber es hatte nicht dieses gewisse Etwas.
In allen Büchern, die ich las, spürte die Protagonistin, wenn sie das richtige Kleid gefunden hatte. Doch ich... ich spürte noch nichts. Kein magisches Gefühl, das mir sagte 'Das ist das Kleid'. Nichts.
Seufzend lief ich durch den Laden und plötzlich fiel mein Blick auf ein Kleid. Ich nahm es von der Stange und zog mich um. Als ich mich im Spiegel betrachtete, wusste ich intuitiv, dass ich das perfekte Kleid gefunden hatte.
Ein wunderschöner Rotton. Der obere Teil des Kleides schmiegte sich an meinen Oberkörper an und der untere Teil wurde langsam weiter und betonte so, wie schon das Kleid zuvor, meine Beine. Es hatte einen herzförmigen Ausschnitt und keine Träger. Allerdings störte mich das hier nicht. Das Kleid saß einfach zu gut, als dass ich mir Sorgen machen müsste, es könne verrutschen.
Sobald Ginny mich sah, strahlte sie: "Das ist es. Perfekt." Auch ich strahlte. Ja, das Kleid war toll. Überglücklich bezahlte ich. Die Party würde ein voller Erfolg werden. Und wenn nicht, dann hatte ich wenigstens ein atemberaubendes Kleid.
Also... ich wollte mich bei euch bedanken. Es ist einfach unglaublich: Diese Geschichte hat 1k Votes und über 11k Aufrufe😱😍😍 Ich kann es noch nicht ganz fassen! Außerdem habe ich festgestellt, dass meine Geschichte #189 in der Kategorie Fanfiction ist. Vielen, vielen Dank an alle die meine Geschichte lesen und mich unterstützen❤❤
Und vielen Dank an _Charlo_03 fürs Aussuchen vom Kleid💞❤
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