Verwirrung
Hermine :
Ich seufzte und sofort richtete sich Snapes missbilligender Blick auf mich: "Worauf warten Sie? Ich habe nicht ewig Zeit."
Errötend starrte ich auf den Tisch vor mir. Ich war es nicht gewohnt von Lehrern getadelt zu werden und es war mir jedes Mal unangenehm. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder hochsah, bemerkte ich, dass Snape mich immer noch genervt anschaute und Malfoy amüsiert eine Augenbraue hoch gezogen hatte.
Jedoch erreichte sein spöttisches Lächeln seine Augen nicht, sie blieben kalt und berechnend.
Ich wusste nicht so recht, ob ich eine der Karten nehmen und einfach anfangen sollte vor zulesen oder Malfoy fragen, ob er lieber schreiben oder lesen wollte. Warte, was bei Merlin hatte ich da gerade gedacht?! Malfoy fragen? Höflich sein zu ihm? Niemals.
Doch Malfoy nahm mir die Entscheidung ab indem er lässig die Karten nahm und anfing vorzulesen. Empört öffnete ich den Mund. Wie dreist war es bitte nicht mal zu fragen, wer was machen wollte?
Ja, es ging immer noch um Malfoy, aber Reinblüter sollten doch Marnieren haben, oder? Wurden sie nicht von Anfang an zu 'perfekten Gentlemen' erzogen? Aber an Malfoy war diese Erziehung ganz offensichtlich vorbei gegangen. Ich bemerkte, dass Malfoy nur darauf wartete, dass ich mir leere Karten und eine Feder nahm und anfing zu schreiben.
Also nahm ich mir hastig meine Tasche und holte eine Feder hinaus, die unbeschriebenen Karten lagen dank Snape schon vor mir. Während Malfoy mir die erste Karte diktierte, machte ich mir in Gedanken eine Notiz in der Gegenwart von Malfoy nicht mehr ganz so häufig meinen Gedanken nachzuhängen. Er musste ja glauben, dass ich nicht mehr alle Quaffel beisammen hatte.
Nach den ersten paar Karten stellte ich fest, dass ich tatsächlich das Glück hatte unseren Jahrgang erwischt zu haben, was logischerweise hieß, dass auch Harrys und Rons Namen viel öfter vorkommen würden, als mir lieb war.
Harry James Potter & Ronald Bilius Weasley
Aufhalten auf den Korridoren nach Sperrstunde
Zur Strafe: 1 Stunde Nachsitzen
Obwohl Malfoy mich nicht mehr offensichtlich beleidigen durfte, schaffte er es doch seine ganze Abneigung in die Sätze zu legen, die er mir mit vor unterdrückter Wut blitzenden Augen entgegenschleuderte.
Die Arbeit war monoton und langweilig. Man musste nicht denken, aber sich trotzdem konzentrieren und solche Aufgaben hasste ich. Du konntest mit deinen Gedanken nicht abschweifen, aber es war trotzdem nichts aufregendes an der Arbeit.
Eine halbe Stunde später hatten wir die ersten 100 Karten geschafft und ich konnte endlich vorlesen. Also schob Malfoy mir den Kasten zu und ich gab ihm im Gegenzug meine Feder und die unbeschriebenen Karten.
Als das stete Kratzen der Feder und Malfoys Ansagen kurz aussetzten schaute Snape überrascht auf, bemerkte dann aber, dass wir nur tauschten und starrte weiter auf die Tischplatte aus Mahagoni. Das Holz hatte eine wirklich schöne Maserung, fiel mir auf, doch ich konzentrierte mich schnell wieder auf die nächste Karte.
Das Papier war noch relativ neu und fast gar nicht verstaubt - Snape hatte sich wohl die ganz aktuellen ausgesucht. Dann fing ich an zu lesen, was in fein säuberlicher, enger Schrift aufgeschrieben wurde.
Ronald Bilius Weasley & Lavender Brown
Aufhalten auf den Korridoren nach Sperrstunde & untugendhaftes Verhalten
Strafe: Säubern des Pokalzimmers
Ich schluckte. Untugendhaftes Verhalten? Was hatten sie auf den Gängen nach Sperrstunde getrieben? Sofort hatte ich ein paar Visionen vor Auge. Ron wie er Lavender innig küsste, die Hände an ihrer Hüfte. Lavender, die Finger unter Rons T-Shirt, kichernd.
Mit zitternder Stimme fing ich an Malfoy die Karte zu diktieren: "Ro- Ronald Bilius Weasley und- und Lavender Brown-", meine Stimme versagte und Malfoy sah mich spöttisch an. Ich atmete einmal tief durch, straffte die Schultern und fuhr fort: "Aufhalten auf den Korridoren nach Sperrstunde und untugendhaftes Verhalten. Strafe: Säubern-", bevor ich den Satz zu Ende führen konnnte, wurde ich von einem Klopfen an der Tür unterbrochen.
"Herein", rief Snape unfreundlich. Die Tür öffnete sich und ein verängstigter Erstklässler trat ein. "Professor S-Snape...? Dumbledore wünscht Sie zu sehen, Sir...", stotterte er.
Snape blickte den Jungen vernichtend an und wandte sich dann an Malfoy und mich: "Ihr beide werdet weitermachen. Und glauben Sie mir ich werde wissen, wenn Sie sich streiten oder nicht richtig arbeiten".
Mit diesen Worten drehte er sich energisch um und schritt mit wehendem schwarzen Umhang aus dem Raum hinaus.
Ich seufzte erleichtert auf, endlich war Snape weg. Obwohl, fiel mir kurz darauf ein, Malfoy war wahrscheinlich nur dank Snape so zurückhaltend gewesen.
Dem Erstklässler in der Tür schenkte ich ein aufmunterndes Lächeln, woraufhin er leicht zurück lächelte und die Tür wieder schloss. Jetzt war ich also mit Malfoy allein. Ich beschloss, dass es das beste wäre, diese Tatsache erstmal zu ignorieren und einfach mit der Strafarbeit fortzufahren.
"Strafe-", setzte ich an, wurde jedoch erneut unterbrochen. "Du willst doch jetzt nicht ernsthaft weitermachen, oder?", fragte Malfoy ungläubig.
Oh, doch. Das werde ich., dachte ich verbissen und fuhr fort, als hätte er mich nicht unterbrochen: "Säubern des Pokalzimmers."
Malfoy starrte mich immer noch voller Unglauben an, den Mund leicht geöffnet. Es sah wirklich witzig aus. "Mund zu, es zieht", kicherte ich. Warte? Kicherte?! Warum bei Merlins Barte habe ich gekichert? Ich, Hermine Granger, aufgrund von Draco Malfoy? Okay, er sah ganz gut aus. Na ja, eigentlich eher verdammt gut, attraktiv wie auch immer. Mit seinen hellblonden Haaren, die ihm locker in die Stirn fielen, den markanten Gesichtszügen, die trotz allem nicht zu hart wirkten, den schiefergrauen Augen und seiner schlanken, aber doch muskulösen Statur war er der Traum eines jeden Mäschens.
Aber, und dieses 'Aber' machte es für mich quasi unmöglich ihn wie die anderen Mädchen heimlich oder auch offensichtlich für heiß zu erklären, er hatte einen schlimmen Charakter. Es machte ihm Spaß andere leiden zu sehen, er war... böse? Nein, böse traf es nicht, ich konnte nicht glauben, dass wirklich jemand abgrundtief böse oder vollkommen gut war. So etwas gab es nur in Märchen.
Stattdessen war er vielleicht einfach nur falsch erzogen worden und deshalb so kalt. Trotz allem sah er gut aus, auch wenn ich es nicht einsehen wollte. Aber wen kümmerte es schon, ob er gut aussah. Alles was zählte war ein guter Charakter. Und den hatte er nun mal nicht.
Zufrieden mit meiner Schlussfolgerung wandte ich mich jetzt Malfoy zu: "Ja, ich werde jetzt weiter arbeiten, damit ich nicht länger als nötig mit dir in einem Raum sein muss."
Malfoys Augen verengten sich amüsiert. "Tsss, Granger. Eigentlich genießt du es doch. Du genießt es, dass du endlich mal Zeit mit jemand attraktivem verbringst. Wiesel und Potter erfüllen diese Anforderung einfach nicht", feixte er arrogant.
Wie konnte man nur so ein großes Ego haben? Und wieso streute er immerzu Salz in meine Wunde, drehte das Messer, das in meinem Herzen steckte und grinste dabei auch noch hämisch?
Weil er nun mal Malfoy ist... ein arrogantes Arschloch, dass sich nicht um die Gefühle anderer schert. Ich versuchte mich zusammen zureißen. Denk an den Plan. Wie willst du mit ihm zur Party gehen, wenn du ihm jetzt den Kopf abreißt?!
Also setzte ich ein Lächeln auf, das wie ich hoffte nicht allzu gequält und aufgesetzt aussah. Er sah mich überrascht an; anscheinend hatte mein Lächeln wirklich nicht echt ausgesehen. Aber warum war er überrascht? Weil es mich sonst nicht störte, wenn er mich demütigte? Ich hatte mir angewöhnt seine Beleidigungen und Kommentare zu ignorieren.
Hatte mein Lächeln so sehr gezeigt, wie tief mich seine Worte gerade getroffen hatten? Was für eine Ironie. Mein Lächeln zeigt ihm meinen größten Schmerz.
Ich raufte mir die Haare und murmelte dann kraftlos: "Bitte, können wir nicht einfach... zusammen arbeiten? Einmal wenigstens?" Er sah mich erst mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an - war das Mitleid? - doch dann verhärtete sich sein Gesicht wieder, seine Augen wurden wieder kalt und sein Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen.
Draco:
Sie hatte es wirklich geschafft. Sie hatte es geschafft meine Maske zum Bröckeln zu bringen. Als sie da so verzweifelt saß, da hatte ich, ja, was war das für ein Gefühl? Mitleid? Doch sobald ich erkannte, was ich da fühlte, widerte ich mich selbst an.
Ich und Mitleid mit einem Schlammblut? Ich musste mich auf meinen Auftrag konzentrieren. Da kam mir Mitleid mit einem wertlosen, dreckigen Schlammblut überhaupt nicht recht.
Zorn kochte in mir hoch, Zorn über mich selbst, dass ich so töricht war, aber vor allem Zorn über das Schlammblut. Wie konnte sie es wagen, hinter meine Maske zu sehen? Es auch nur ansatzweise zu versuchen? Wollte sie mich von meinem Auftrag ablenken? Was, wenn sie...?
Nein, der Gedanke war absolut lächerlich. Sie würde es nicht schaffen. Unter keinen Umständen!
Ich blickte in ihr erschrockenes Gesicht. Sie hatte wohl meine mörderische Mine gesehen und war hastig auf ihrem Stuhl zurück gerutscht.
Sie sah so wehrlos aus mit ihren weit aufgerissen, braunen Augen. Aber ich durfte nicht zulassen, dass sie auch nur daran dachte, mich ablenken zu wollen. Von seinem Auftrag, dem alles entscheidenden Auftrag.
Moment, woher sollte sie von dem Auftrag wissen? Egal, schüchter sie ein. Das hat noch nie geschadet.
Langsam stand ich auf und näherte mich Granger, die immer noch auf ihrem Stuhl kauerte.
Ich stellte mich direkt vor sie und stützte sich mit seinen Armen an der Stuhllehne ab, sodass mein Gesicht direkt vor Grangers war. "Das wirst du nicht nochmal tun, verstanden?", zischte ich ihr ins Ohr.
Sie zitterte leicht, dann sah sie mich verständnislos an. Entweder sie wusste wirklich nicht, was ich meinte oder sie war eine verdammmt gute Schauspielerin. Ich wolte sie nicht zu sehr verschrecken - sie sollte zu keinem Lehrer gehen - also stieß ich mich von der Stuhllehne ab und setzte mich wieder auf meinen Stuhl, die Arme vor der Brust verschränkt.
Ein paar Sekunden verharrte ich so und ließ Granger mich anstarren, dann sagte ich ruhig: "Ich dachte du wolltest weiterarbeiten, Granger."
Hermine:
Ich hörte Malfoys Worte, aber in meinen Ohren machten sie keinen Sinn. Weiterarbeiten? Ach ja, die Karten... es schien so weit weg.
Malfoy hatte mich mit seiner Aktion eben überrascht und verwirrt. Was sollte ich lassen? Er hatte doch nicht etwa rausgefunden, was mein und Ginnys Plan war? Nein, wie konnte er. Auffordernd schaute Malfoy mich an und ich verstand worauf er wartete.
Also räusperte ich mich und fing an die nächst beste Karte vorzulesen. So ging es eine Stunde weiter bis Snape schließlich das Zimmer betrat und uns dann entließ. Malfoy und ich hatten kein Wort mehr, außer das Nötigste, miteinander gesprochen.
Vom heutigen Nachsitzen verwirrt lief ich in Gedanken zurück zum Schlafsaal, zog mich um und legte mich dann ins Bett, wo ich noch lange wach lag und mich hin und her wälzte.
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