Seamus
Hermine:
Seine Worte hallten in meinem Kopf wider.
Weißt du, Granger, es ist immer am dunkelsten vor dem Sonnenaufgang.
Ein paar Sekunden lang starrte ich verständnislos auf den Tisch. Dann schienen seine Worte erst wirklich mein benebeltes Gehirn zu erreichen. Verwundert hob ich meinen Blick. Ich spürte eine einzelne Träne, die noch an meinen Wimpern hing. Sie löste sich und rollte langsam meine Wange hinunter. Trotzig wischte ich sie weg und mein Blick traf seinen. Mir stockte der Atem und vor Überraschung öffnete ich leicht meine Lippen.
Seine Augen waren eiskalt und so hart wie immer. Wie konnte er mich trösten, so sanft sein um mich danach mit diesem Blick anzusehen, der Lava hätte gefrieren können? Warum musste er mich so durcheinander bringen? Konnte er sich nicht entscheiden? Entweder das Arschloch oder so wie eben? Aber beides? Das würde ich nicht aushalten. Ich hasste es, wenn ich bei Leuten nicht wusste woran ich war.
Seine Augen verhärteten sich, wenn das überhaupt möglich war, noch mehr bis sie schließlich rauchgrauen Steinen glichen. Er löste den Blickkontakt indem er auf seine Uhr schaute. Mit ausdruckslosem Gesicht stand er auf. "Ich gehe jetzt. Es ist schon zehn nach sieben", sagte er mit frostiger Stimme und zusammengebissenen Zähnen.
Ich nickte langsam, doch ehe ich antworten konnte, war er schon zügig hinter den Bücherregalen verschwunden. Kopfschüttelnd sah ich ihm hinterher.
Was machte er nur mit mir?
Draco:
Wütend schlug ich mit der Faust auf den Tisch. Ich saß im Slytheringemeinschaftsraum an einem der Tische auf einem der bequemsten Sessel, doch ich nahm den Komfort nicht wirklich wahr. Alles was gerade zählte, war das Blut das in meinen Adern pulsierte. Die kühle Fassade begann zu bröckeln.
Warum war ich so freundlich zu ihr gewesen? Warum hatte ich mich nicht einfach an meinen Plan gehalten? Blaise und ich hatten uns das so gut überlegt. Ich war zu der Nachhilfestunde gegangen mit dem festen Entschluss sie für all die besseren Noten, für die Freundschaft mit Potter und Weasley um die ich sie, auch wenn ich es nicht zugab, beneidete, und für den Schlag im dritten Jahr, den ich nie zurück zahlen konnte, büßen zu lassen.
Für all das und noch vieles mehr.
Doch was war aus dem ach so tollen Plan geworden, sobald wir einmal angefangen hatten? Ich hatte fast schon Spaß an der Nachhilfe gehabt. Und dann... dann hatte ich sie getröstet. Ich, Draco Malfoy, Todesser und überzeugter Slytherin habe Granger, dreckiges Schlammblut und Gryffindor, Trost gespendet.
Mir wurde schlecht bei dem Gedanken daran, was der Dunkle Lord mir antun würde, wenn er das herausfand. Es war niemand da, der euch gesehen hat, versuchte ich mich zu beruhigen. Niemand, außer Potter, aber der würde niemals irgendetwas dem Dunklen Lord verraten. Und ohne Legilimentik konnte selbst der Dunkle Lord nicht in Potters Kopf gucken.
Erleichtert stieß ich die Luft aus von der ich nicht gemerkt hatte, dass ich sie angehalten hatte. Somit konnte mir nichts passieren.
Beim nächsten Mal würde ich sie mit meinen Worten verletzen und mit meinen Blicken erdolchen.
Hermine:
Ich stolperte in den Gemeinschaftsraum und sah mich hastig um. Keine Ginny weit und breit. Zügig kletterte ich zurück durchs Portraitloch und stieß gegen Seamus. Hätte er mich nicht festgehalten, wäre ich mit voller Wucht auf den Boden geknallt. "Danke", murmelte ich, etwas außer Atem. Ich war vorhin den ganzen Weg von der Bibliothek bis hin zum Gemeinschaftsraum gerannt nachdem ich mich aus der Starre gelöst hatte, in der Malfoy mich zurück gelassen hatte. "Kein Problem", lachte Seamus und ließ mich los. Ich trat einen Schritt zurück und plötzlich glaubte ich einen Schimmer Enttäuschung in seinen Augen zu sehen. Doch als ich erneut hinsah war er wieder verschwunden.
Seamus räusperte sich und kratzte sich verlegen mit der Hand am Hinterkopf. "Ähm... hast du Ginny gesehen?", fragte ich hoffnungsvoll. "Wir hatten gerade Quidditchtraining. Sie wollte noch kurz auf dem Feld bleiben um etwas mit Ron zu besprechen", antwortete Dean an Stelle von Seamus.
"Ok, danke. Dann-", fing ich an, doch plötzlich kam mir ein Gedanke. Wieso war Harry in der Bibliothek gewesen, wenn Quidditch trainiert wurde? "War Harry heute beim Training?", sprach ich meine Gedanken laut aus.
"Nee, ich glaube, ihm ging's nicht so gut", erklärte Dean, "oder?" Fragend schaute er Seamus an, der leicht nickte.
Ich bedankte mich schnell bei den beiden und wollte mich gerade auf den Weg zum Quidditchfeld machen, als Seamus mich zurück hielt. "Ähm... Hermine, kann ich dich vielleicht kurz sprechen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Klar, was ist denn?"
"Unter vier Augen?", bat Seamus. Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen.
"Okay, natürlich", antwortete ich etwas überrumpelt.
Schweigend folgte ich ihm in eine Nische am Ende des Korridors. "Also, ich weiß nicht wirklich wo ich anfangen soll", begann er, sobald Dean uns nicht mehr sehen konnte. Ich blickte ihn aufmerksam an.
Seine blauen Augen glitzerten leicht. Er atmete tief durch und sprach weiter: "Ich bin über Ginny hinweg. Klar, sie ist attraktiv, klug und wunderbar, aber ich habe mich damit abgefunden, dass sie Dean gehört."
"Das freut mich für dich, aber-", fing ich an, doch Seamus legte mir einen Finger auf die Lippen. Verwirrt von der Geste machte ich einen Schritt zurück, woraufhin Seamus seine Hand senkte.
"Außerdem", fuhr er mit leiser Stimme fort, "habe ich jemanden gefunden, der noch attraktiver, noch klüger und noch wunderbarer ist, als sie."
Sein Blick bohrte sich in den meinen. Warum erzählte er mir das? Konnte er...? Nein.
"Dich."
Dieses eine Wort bestätigte meine Befürchtung.
"Seamus... ich... ich kann das nicht so kurz nach Ron. Ich... es tut mir leid, aber..." Verzweifelt rang ich nach Worten. Ich hob meine Hände nur um sie wieder fallen zu lassen.
Enttäuschung spiegelte sich in Seamus Augen. "Schon okay", murmelte er mit belegter Stimme, "schon... okay."
Er drehte sich von mir weg und flüsterte: "Ich will nur, dass du weißt, dass ich immer für dich da bin. Wenn du mich brauchst..."
Ich nickte, auch wenn ich wusste, dass er mich nicht sehen konnte, doch ich konnte jetzt nicht sprechen. Meine Kehle war wie zu geschnürt. War das jetzt ein Liebesgeständnis? Seine Stimme klang heiser. "Vielleicht... überlegst du es dir ja noch mal?", schlug er vor, das Gesicht immer noch abgewandt.
Dann ging er zurück zu Dean.
***
Ich saß mit Ginny auf dem selben Baumstamm auf dem ich auch schon heute Nachmittag gesessen hatte. Jetzt allerdings fing es langsam an zu dämmern und schon wieder musste ich an Malfoy denken. Ich hatte Ginny gerade alles erzählt. Vom Nachsitzen bishin zu Seamus.
"Kannst du mir bitte erklären, wie er sich innerhalb von ein paar Tagen in mich verlieben konnte?", wollte ich aufgebracht wissen. "Ich meine... vor kurzem hat er mir noch erzählt, dass er unsterblich in dich verliebt wäre. Und jetzt? Jetzt das!" Diese Frage hatte mich den ganzen Weg zum Quidditchfeld beschäftigt. Dort hatte Ginny gerade die Bälle weg geräumt. Ron war wohl schon gegangen.
Ginny sah ziemlich ratlos aus. Zu ratlos um genau zu sein. "Theorie Eins: Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein, dass er schon immer irgendwie Gefühle für dich hatte, aber einfach zu feige war um dich auf ein Date zu bitten. Ich war quasi... Ablenkung von dir. Und als du angefangen hast ihm mit seinem Streit mit Dean zu helfen, hat er neue Hoffnung geschöpft. Genug um dich auf seine Gefühle an zu sprechen. Theorie Zwei: Es ist eine Wette zwischen ihm und wahrscheinlich Dean, ob er es schafft mit dir aus zu gehen. Theorie Drei: Einfach Hormone. Testosteron. Das ist das perfekte Alter dafür."
Ich war ein wenig überrascht von ihren vielen Theorien. Sie sah davor doch so ratlos aus. "Welche hältst du für die wahrscheinlichste?", fragte ich nach während ich den See beobachtete. Das inzwischen rot-orangene Licht warf Muster der Bäume auf den Boden und verwandelte den See in ein Flammenmeer.
"Schwer zu sagen", antwortete Ginny grüblerisch, "Die Wette würde ich ausschließen. So schätze ich ihn nicht ein. Also entweder Hormone - dann geht diese Phase schnell vorbei - oder echte Gefühle - dann wird's knifflig."
Ich raufte mir die Haare, als ich plötzlich eine Idee hatte. "Egal welche der Theorien es ist, könnte ich nicht einfach mit Seamus statt mit Malfoy zu Slughorns Party gehen?", schlug ich aufgeregt vor. Dann musste ich mir nicht auch noch den Kopf über einen Plan mit Malfoy zur Party zu gehen zerbrechen.
Doch Ginny machte mir einen Strich durch die Rechnung. "Niemals", stellte sie klar, "Du kannst Seamus doch nicht so ausnutzen. Was, wenn er echte Gefühle für dich hat? Was dann? Dann machst du ihm Hoffnung und..." Anscheinend fehlten ihr die Worte um mir klar zu machen, wie schlecht die Idee war.
"Okay, gut", beschwichtigte ich sie lachend, "Ich hab's schon verstanden. Dumme Idee. Was hattest du eigentlich mit Ron zu besprechen?"
"Ich habe ihn gefragt, was das mit dir, Harry und ihm soll. Aber er..." Sie stockte und blickte mich unbehaglich an. "Er?", hakte ich nach.
"Er meinte, dass sie sich nicht mit verrät- dass sie ihre Gründe haben."
Ich merkte, dass sie mir etwas verschwieg. "Was hat er wirklich gesagt, Ginny?"
Sie rutschte unruhig auf dem Baumstamm hin und her. "Willst du das wirklich wissen?"
Wollte ich das? Wollte ich das wirklich? "Herr Gott, ja! Will ich", stieß ich hervor.
"Na gut. Auf deine eigene Gefahr. Er meinte, er und Harry wollen nichts mit verräterischen Schlampen zu tun haben", murmelte Ginny, jedoch deutlich genug, dass ich sie hören konnte.
Empört starrte ich sie an. Ich öffnete meinen Mund und schloss ihn wieder verdattert. In Ginnys Gesicht sah ich, dass sie erwartete, dass ich in Tränen ausbrach, doch das tat ich nicht. Malfoys Spruch hatte mir wirklich und wahrhaftig Hoffnung gegeben.
Ich wollte nicht weinen. Ich wollte nur heraus finden, warum Harry und Ron so von mir dachten und das wieder gerade biegen. Und das würde ich nicht schaffen indem ich weinend in der Ecke saß, nein, das würde ich schaffen indem ich hoch erhobenen Hauptes kämpfte.
Ich würde mit Malfoy zu dieser Party gehen. Ich würde Harry und Ron zeigen, was ihnen entging und alles wäre wieder gut.
Komme was wolle.
Es tut mir total leid, dass ich so lange für das Kapitel gebraucht habe, aber ich habe im Moment ziemlich viel Stress in der Schule und auch an den Wochenenden, weshalb ich nicht besonders viel Zeit habe. Außerdem hatte ich in den letzten Tagen immer wieder Kopfschmerzen, also keine Konzentration. Ich hoffe, dass das nächste Kapitel wieder schneller kommt❤💘
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro