Rache?
Hermine:
Die Tage bis Samstag vergingen schnell, da es nichts gab, was mich glücklich machen könnte: Ron ignorierte mich immer noch und Harry verbrachte die meiste Zeit mit Ron. Ich war zwar ein wenig enttäuscht, aber irgendwie konnte ich es ihm nicht wirklich übel nehmen, denn mein Verstand konte das nachvollziehen.
Wer wollte schon mit einer untröstlichen Hermine abhängen, wenn man genau so gut mit seinem besten Freund Ron abhängen konnte, der auch noch super gelaunt war? Aber meinem Herz versetzte es schon einen Stich, wenn ich die beiden zusammen lachen sah. Mir war klar, dass ich Harry damit wahrscheinlich Unrecht tat, aber ich konnte doch nicht verhindern, dass ich noch trauriger wurde, meine Augen noch ausdrucksloser und mein Herz noch mehr zerbrach.
Den Großteil meiner Zeit verbrachte ich in der Bibliothek, der einzige Ort, der mich beruhigen konnte und an dem ich mich noch geborgen fühlte.
Am Samstagmorgen nach dem hastigen Frühstück möglichst weit weg von Ron lief ich in Richtung Bibliothek. Mein Plan mir nichts anmerken zulassen war schon mal gründlich schief gegangen, egal. Ändern konnte ich das jetzt auch nicht mehr.
Also tat ich das einzig sinnvolle in meiner Situation. Na ja, sinnvoll für mich. Ich hatte vor mich mit einem schönen Buch in eine Ecke der Bibliothek zu verkriechen und in eine andere Welt abzutauchen, so wie ich es immer tat, wenn etwas in meiner Welt schief lief.
In der Bibliothek angekommen atmete ich erstmal den so bekannten, aber trotzdem jedes mal unwiderstehlichen Geruch ein. Nach altem Pergament, Wissen und Geheimnissen. Ich vergötterte diesen Geruch einfach. Er erinnerte mich an meine Kindheit, wenn meine Mutter mir abends im Bett ein Märchen vorgelesen hat. Oder an die kalten Wintertage auf Hogwarts, an denen ich mit einem guten Buch auf die Sessel im Gryffindor Gemeinschaftsraum gekuschelt hatte während das Feuer vor mir knisternd Funken sprühte.
Ich trat langsam näher an die Regale und strich mit den Fingern über die Buchrücken. Ich spürte, dass mir jedes einzelne eine eigene Geschichte erzählen wollte, mich in eine andere Welt zu führen gedachte.
Mein Weg führte mich in die hinterste Ecke der Bibliothek. Hier saß ich am liebsten, möglichst weit weg von allen Schülern, die mich eventuell stören könnten. Hier hatte ich meine Ruhe. Der Platz war mein Rückzugsort, dorthin flüchtete ich um in Büchern zu versinken.
Gedankenverloren zog ich ein Buch aus dem nächstgelegenen Regal und setzte mich damit auf den Stuhl der einsam in einer Ecke stand. "Fast so einsam wie ich", dachte ich traurig. Aber immerhin hatte der Stuhl immer Bücher um sich herum. Warte, machte ich mir gerade ernsthaft Gedanken zu dem Sozialleben eines Stuhls? Ich musste definitiv übergeschnappt sein.
Anscheinend hatte Ron nicht nur mein Herz sondern auch meinen Verstand zerstört. Und da waren sie wieder: die Gedanken an Ron.
Seufzend schlug ich das Buch auf, ehe ich wieder in Tränen ausbrechen würde. Ich hatte gerade das erste Kapitel geschafft, als ich Ginny hörte, die meinen Namen rief. "Hier", rief ich zurück.
Außer Atem kam Ginny bei mir an und stützte ihre Hände auf die Knie um wieder zu Atem zu kommen. "Verdammt, Mine. Musst du dich so verstecken. Ich bin durch das halbe Schloss gerannt um dich zu finden. Obwohl... ich hätte es wohl wissen müssen. Du bist natürlich in der Bibliothek. Also, was ich dir sagen wollte. Mine, so geht das nicht mehr weiter! Du kannst dich nicht immer mehr zurück ziehen. Ich habe das jetzt eine Woche mit angesehen und ich sage dir, keinen Tag länger. Ich verstehe ja, dass es dir im Moment nicht besonders gut geht, okay? Aber das ist doch kein Grund dich so hängen zu lassen. Ich habe dich seit einer Woche nicht mehr lächeln gesehen. Sag nicht, dass eine Woche nicht viel ist. Eine Woche ist genug", sagte sie, immer noch leicht keuchend, aber dennoch mit fester Stimme und einer Sorgenfalte auf der Stirn.
"Tut mir leid", murmelte ich. Es war ja schon süß, wie sie sich sorgte und es tat mir ja auch leid, aber ich konnte einfach nicht anders. Die Trauer war wie ein schwarzes Loch, in das ich immer weiter hinein fiel.
"Es tut dir leid? Dir tut es leid?", rief sie wieder aufgebracht und fuhr dann etwas ruhiger fort, "Die einzigen, denen es leid tun sollte sind Harry und Ron. Schön und gut, Ron kann nichts dafür, dass er offensichtlich in Lavender verliebt ist" -ein verletzter Blick von mir- "aber dass er dich eiskalt ignoriert? Und Harry auch?"
"Harry ignoriert mich nicht, er-", versuchte ich ihn zu verteidigen, aber Ginny unterbrach mich: "Oh doch, er macht nichts mehr mit dir. Natürlich ist das ignorieren." "Okay, okay. Aber daran kann ich nichts ändern", gestand ich resigniert.
Ginny fing plötzlich an zu strahlen. War ich nicht die einzige, die ihren Verstand verloren hatte? Wie konnte sie in einer solchen Situation so strahlen, als hätte Harry ihr einen Heiratsantrag gemacht. Ein enttäuschtes "Ja, du hast wohl recht" wäre angemessener gewesen.
"Doch du kannst etwas daran ändern und dabei vielleicht sogar Ron zurückgewinnen", fing sie an. Ich zog eine Augenbraue hoch. Konnte ich das? "Was muss ich tun?", fragte ich trotz meiner Skepsis.
"Du angelst dir einen anderen Typen", erklärte mir Ginny selbstsicher, immer noch strahlend. "Was zur Hölle soll das bringen? Ron wird nur denken, dass ich über ihn hinweg bin und er noch nicht mal mehr Schuldgefühle haben muss." Nicht, dass er die jetzt hatte, fügte ich in Gedanken bitter hinzu.
"Eben nicht", erläuterte Ginny jetzt leicht genervt, da für sie der springende Punkt wohl auf der Hand lag,"Also. Ich bin der festen Überzeugung, dass Ron Gefühle für dich hat, auch wenn er es selbst vielleicht gar nicht weiß. Auf jeden Fall musst du diese Gefühle nur zum Vorschein bringen." "Und wie?", fragte ich vorsichtig.
Ich wollte mir keine zu großen Hoffnungen machen. "Hab ich doch schon gesagt: Eifersucht. Sobald Ron spürt, dass es ihn stört, wenn er dich mit einem anderen Jungen sieht, wird er merken, dass er eigentlich dich und nicht Lavender liebt. So einfach ist das. Und dadurch wird sich Harry dir dann auch wieder zuwenden. Aber wenn du Ron soweit hast. Renn bloß nicht sofort zu ihm zurück. Lass ihn ein bisschen leiden, für dich kämpfen. Rache muss sein."
Sie grinste mich erwartungsvoll an. Ich überlegte. Was konnte schon passieren. Viel hatte ich nicht zu verlieren. Also, warum nicht? "Na gut Gin. Ich mach's."
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