Erinnerung
Draco:
Ich lief im Raum der Wünsche auf und ab. Wie ein wildes Tier im Käfig. Immer wieder auf und ab. Ich versuchte das eben Geschehene komplett auszublenden und mich voll und ganz auf das Reparieren des Verschwindekabinetts zu konzentrieren. Seit zwanzig Minuten befand ich mich schon hier und hatte es nicht geschafft mich genug zusammen zureißen um weiter zu arbeiten. Ständig schob sich das Bild von Granger und mir vor mein inneres Auge. Was war nur in mich gefahren?
In letzter Zeit stellte ich mir diese Frage ziemlich oft. Zu oft, meiner Meinung nach. Sobald ich irgendetwas mit Granger zu tun hatte, sobald wir uns begegneten, hatte ich im Nachhinein diese Frage im Kopf und dieses Gefühl im Bauch. Eine undefinierbare Mischung aus Reue - warum war ich so freundlich gewesen?-, Selbsthass - warum schaffte ich es nicht mich auf die Aufgabe des Dunklen Lords zu konzentrieren?- und Verzweiflung - was hatte ich getan um Granger am Hals zu haben?
Unruhig fuhr ich mit meiner Hand durch meine Haare, während ich weiterhin rastlos durch den freien Raum, den ich um das Verschwindekabinett geschaffen hatte, tigerte. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, als eine Erinnerung mich durchzuckte.
Selbstbewusst trat ich einige Schritte in den großen Raum vor mir. Einige Kerzen in gusseisernen Haltern hingen an den kahlen Steinwänden und verströmten ein diffuses, flackerndes Licht, dass den Raum nur dürftig beleuchtete. Nachdem ich ein, zwei Meter in den Raum hinein getreten war, fiel mir auf, dass er noch größer war, als ich zuerst gedacht hatte, fast schon ein Saal. In den Schatten am anderen Ende des Saales konnte ich einige dunkle Gestalten ausmachen.
Eingeschüchtert blieb ich stehen. Das Selbstbewusstsein mit dem ich in den Raum getreten war, war verschwunden. Das Echo meiner Schritte verhallte langsam und vollkommene Stille trat ein. Eine Stille, die so bedrückend war, dass man sie fast schon fühlen konnte. Das einzige, was ich hören konnte, war das ungleichmäßige Schlagen meines Herzens und meinen hektischen Atem, der mir in der Stille ungewohmt laut vorkam.
Panik erfüllte mich. Ich versuchte meine Atmung und meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen, doch ich versagte. Ich hatte noch immer die Stimme meines Vaters im Ohr, kalt und abschätzig, ohne jegliches Gefühl: "Sei stolz, Draco. Nicht jedem wird so eine Ehre zu teil. Zeige, dass du würdig bist, den Namen Malfoy zu tragen."
Ich sollte Stolz fühlen. Das sollte ich wirklich, doch alles, was ich fühlte, war eine alles verzehrende Angst. Mein Gefühl sagte mir, dass ich mich umdrehen und so schnell rennen sollte, wie ich konnte. Einfach weg von hier. Doch so sehr ich die tun wollte, ich wusste, dass mir keine andere Wahl blieb, als mich den Gestalten im Schatten zu stellen.
Ich tat einen zittrigen Atemzug und machte einen Schritt. Und noch einen. Mit jedem Meter, den ich mich den Gestalten näherte, hatte ich mehr und mehr das Gefühl, dass das was ich dabei war zu tun, falsch war. Absolut falsch.
Aber ich ignorierte dieses Gefühl und stand schließlich ungefähr drei Meter von den Gestalten entfernt. Jetzt konnte man sie genauer erkennen. Schwarze Umhänge verhüllten ihre Gestalt. Sie alle trugen silberne Masken, die ihr Gesicht vor meinen Blicken verbargen.
In der Mitte von ihnen, gut einen halben Meter vor dem Rest, stand Er. Der Dunkle Lord. Umringt von seiner treuen Gefolgschaft, den Todessern. Auch er trug einen schwarzen Umhang, allerdings keine Maske. Er war unnatürlich blass. Die Pupillen seiner roten Augen waren zu katzenartigen Schlitzen verengt. Das Gesicht ähnlich dem einer Schlange mit Schlitzen als Nüstern.
Grauen erfasste mich als ich in das verunstaltete Gesicht meines neuen Herrn blickte. Die eine Hand des Mannes drehte seinen Zauberstab während die andere den Kopf einer gigantischen Schlange streichelte, die zu seinen Füßen am Boden lag. Seine langen, gelblichen Fingernägel kratzten über die Schuppen der Schlange und erzeugten ein Geräusch, das mir Gänsehaut verursachte.
"Draco Malfoy", sagte der Dunkle Lord mit hoher, kalter Stimme. Seine Worte hallten von den Wänden wider. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sobald das Echo verstummt war, sprach er weiter. "Wie schön, dass du heute hier bist." Seine Stimme hatte einen höhnischen Unterton, er machte sich über mich lustig.
Einige Todesser hinter ihm lachten hämisch und Nagini, die Schlange, zischte wütend. Der Aufruhr schien ihr nicht zu gefallen. Langsam hob der Dunkle Lord seine Hand und sofort kehrte wieder Stille ein.
"Du hast Angst", stellte der Dunkle Lord fest. Er lächelte. Ein kaltes, berechnendes und böses Lächeln. Ich schluckte. Mein Herz raste, aber ich wagte nicht, etwas zu sagen. Es stimmte, aber ich wusste nicht wieso. Ich war darauf vorbereitet gewesen. Ich hatte gewusst, was mich erwartet und doch hatte ich Panik.
Diesmal lachte keiner der Todesser. Der Dunkle Lord machte einige Schritte auf mich zu und griff nach meinem linken Arm. Reflexartig zuckte ich zurück, doch seine langen Finger hatten sich schon fest um mein Handgelenk geschlungen. Langsam, wie in Zeitlupe schob er den Ärmel meines Unhangs hoch und entblößte meine helle Haut.
Sein Blick schweifte über das unberührte Fleisch. Noch unberührt. In Kürze würde es von dem Dunklen Mal verunstaltet werden. Es würde allen zeigen, auf welcher Seite ich stand, was ich tat und woran ich glaubte.
Es würde mich für immer zu einem Monster machen. Ich mochte keine Muggelstämmigen, ja, aber die Methoden, des Dunklen Lordes schienen etwas... radikal.
Es schien, als würde der Dunkle Lord missbilligend die Augen verengen. Fast als hätte er meine Gedanken erraten, aber das konnte doch nicht sein. Der Dunkle Lord konnte niemals Gedanken lesen. Obwohl... es war der Dunkle Lord. Der meist gefürchtete Zauberer in Großbritannien. Ich musste vorsichtig sein, was ich in seiner Gegenwart dachte.
"Bist du bereit, dich mir anzuschließen?", fragte der Dunkle Lord bedrohlich.
Ich nickte. Was blieb mir anderes übrig.
"Sprich es aus", zischte er kalt und seine roten Augen schienen im Kerzenlicht zu leuchten.
"Ja, ich bin bereit", antwortete ich mit fester Stimme. Ich hatte keine Ahnung, woher diese plötzliche Sicherheit kam. Wenn ich mich ihm schon anschließen musste, dann mit Würde.
"Bist du bereit, jeden meiner Befehle auszuführen?" Das flackernde Licht gab seinem Kopf das Aussehen eines Totenschädels.
Erneut antwortete ich: "Ja, ich bin bereit."
"Und bist du bereit, jedes Schlammblut, jeden Blutsverräter und jedes Lebewesen, ob Mensch oder Tier, das sich uns in den Weg stellt, umzubringen?" Seine Stimme echote von den Wänden und mit jedem Echo erschien die Stimme gespenstischer.
"Ja, ich bin bereit", antwortete ich.
"Schwörst du mir auf ewig Treue und Gehorsam?", fragte er und blickte mir direkt in die Augen. Rot traf Grau. Ich hatte das Gefühl, er könne mir bis in meine Seele sehen und diese Vorstellung erfüllte mich mit Grauen. Mein Herz begann wieder schneller zu schlagen und in ungleichmäßigem Takt gegen meine Rippen zu pochen. Könnte ich diese drei einfachen Wörter aussprechen? Könnte ich ihm folgen? Könnte ich mich willentlich zu einem Monster machen?
"Ja, ich schwöre."
Bei diesen Worten drückte der Dunkle Lord die Spitze seines Zauberstabs in meinen Unterarm und ich hatte, das Gefühl, dass mein ganzer Körper in Flammen stand. Wellen des Schmerzes jagten meine Wirbelsäule entlang, doch ich verzog keine Mine. Von der Spitze seines Zauberstabs aus, breitete sich Schwärze, wie eine giftige Wolke, auf meinem Arm aus und formte schließlich einen Schädel aus dessen Mund eine Schlange kroch.
Ich war ein Todesser. Ich gehörte nun zu ihnen. Zu den Bösen. Für immer.
Schwer atmend öffnete ich die Augen. Ich löste meine verkrampften Hände und sah, dass meine Fingernägel halbmondförmige Abdrücke auf der Innenseite meiner Hand hinterlassen. In meinem Mund schmeckte ich Blut. Ich hatte mir wohl auf die Zunge gebissen beim Versuch nicht zu schreien.
Diese Erinnerung verfolgte mich. Sie war der Grund, warum ich nachts manchmal schlaflos durchs Schloss wanderte aus Angst meine Augen zu schließen und das schreckliche Antlitz des Dunklen Lords zu sehen.
Ich ließ mich an einem der vollgestellten Regale auf den Boden sinken und vergrub seufzend meinen Kopf in meinen Händen.
Eine Weile verharrte ich so und tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Wieso ich? Das war doch nicht gerecht. Wieso musste das Leben mich bestrafen? Was hatte ich getan um dieses Schicksal zu verdienen?
Irgendwann kämpfte ich mich verbissen wieder hoch und griff nach den Anweisungen zur Reparatur des Verschwindekabinetts. Ich würde jetzt weiter arbeiten. Ich würde Erfolg haben und ich würde mich von Granger verdammt nochmal endlich nicht mehr ablenken lassen.
Hermine:
Ich saß mit Ginny im Gemeinschaftsraum in einer abgelegenen Ecke und unterhielt mich flüsternd mit ihr. Doch meine Gedanken schweiften kontinuierlich zu einem gewissen, blonden Slytherin ab. Ich hatte Ginny nicht erzählt, was in der Bibliothek zwischen ihm und mir vor gefallen war. Keine Ahnung warum, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass der Moment seine Besonderheit verlor, wenn ich laut davon sprach.
Ginny war gerade dabei von ihrem Date mit Dean zu reden, als sie mich plötzlich ohne Vorwarnung fragte: "Wie läuft's denn mit Malfoy?"
Was? Wie hatte sie das rausgefunden? Ich wollte gerade verwirrt nachhaken, wie sie von Malfoys und meiner Begegnung in der Bibliothek erfahren hatte, als mir klar wurde, was sie meinte.
Unser Racheplan an Ron und Harry. Klar.
"Ganz okay, denke ich", antwortete ich wahrheitsgemäß. Ich glaubte in diesem Moment wirklich, dass ich es vielleicht schaffen könnte, ihn dazu zu bringen mit mir auf die Party zu gehen.
"Endlich!", seufzte Ginny, "Du machst Fortschritte. Du glaubst, dass du das schaffst?"
Ich nickte, etwas zögerlich, aber ich nickte.
Ja, ich werde das schaffen.
Ich habe es endlich geschafft ein neues Kapitel zu schreiben. Es tut mir total leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich hatte eine ziemliche Schreibblockade. Ich versuche ab jetzt wieder regelmäßig zu posten. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, dass jeden Montag ein Kapitel kommt. Wenn ich das aus welchen Gründen auch immer nicht schaffen sollte, wird das im Laufe der Woche auf jeden Fall nachgeholt.
Ich wollte mich außerdem noch einmal bedanken. Vielen, vielen Dank für 4,25k Reads, 421 Votes und die ganzen lieben und motivierenden Kommentare.❤💘
Ich kann mich gar nicht oft genug bedanken.
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