Der Auftrag
Draco:
Ich saß gelangweilt am Slytherintisch und versuchte Pansy zu ignorieren, die enthusiastisch über Schuhe redete. Und das seit einer halben Stunde. Wie bei Merlin kann man nur so viel zu einem verdammten Kleidungsstück sagen?, fragte ich mich genervt, während ich in meinen Apfel biss.
Wo blieb nur Blaise? Er hatte mir, mit dem Kopf im Kissen vergraben, versprochen 'so schnell wie möglich' nachzukommen. So schnell wie möglich hieß dann wohl in drei Stunden. Ich hielt mich zwar schon für einen Morgenmuffel, aber im Vergleich zu Blaise war ich definitiv ein Frühaufsteher. Na ja, jeder ist im Vergleich zu Blaise ein Frühaufsteher, dachte ich amüsiert während ich mir noch einen Apfel nahm.
"Draco! Du hörst mir ja gar nicht zu", empörte Pansy sich lautstark. "Nein, warum sollte ich auch? Weil es interessant ist, was du da erzählst? Sorry, Pansy, ist es nicht", erwiderte ich trocken. Verletzt sah sie mich an und schob ihre Unterlippe leicht vor, was ihr das Aussehen eines beleidigten Mopses verlieh.
In dem Moment als Pansy zu einer ihrer 'Aber Draco, wir lieben uns doch und deshalb musst du mir zuhören' - Rede ansetzte, ließ sich mein bester Freund Blaise neben mich fallen. Pansy hatte gerade die Worte "Aber Draco" geschafft, als ich mich demonstrativ von ihr ab- und Blaise zuwandte.
"Na, wie geht's?", begrüßte er mich lachend. "Mir ginge es besser wenn du mich schon früher von Pansy erlöst hättest. Ihr Gerede über Schuhe ist einfach-", antwortete ich, wurde jedoch von Pansy unterbrochen, die hinter meinem Rücken "Wunderbar?" an meinen Satz dran hängte.
"Nein", knurrte ich, "verdammt nervig." Ich hörte, wie Pansy hinter mir ein empörtes "Tsss" hervorbrachte und ich konnte mir fast bildlich vorstellen wie sie dabei leicht den Kopf schüttelte. Aber auch nur leicht! Sonst würde ihre Frisur ja kaputt gehen. Wie schrecklich das wäre. Ich verdrehte die Augen.
"Draco? Meinst du nicht, dass du vielleicht... mit Pansy Schluss machen sollstest? Ich meine, du liebst sie nicht und... na ja, ist es nicht ein bisschen unfair ihr gegenüber", murmelte Blaise kurzdarauf leise. Mir entging der ernste Unterton in seiner Stimme nicht, aber ich hatte keine Lust mich jetzt noch mit Problemen in angeblichen Beziehungen herum zuschlagen.
Deshalb antwortete ich nur: "Schluss machen? Wie denn, wenn wir noch nicht mal ein Paar sind? Sie ist einfach eine nette Ablenkung, ab und zu. Also dann, wenn sie den Mund hält." Doch zu meinem Missfallen ließ Blaise nicht wie sonst locker sondern sagte mit gerunzelter Stirn: "Das meine ich ja. Du spielst mit ihr. Ich denke, dass es nicht fair ist, wenn du ihr so das Herz brichst. Denn sie liebt dich wirklich."
Ich nickte langsam und erwiderte dann: "Also Blaise. Zu deiner Info: Diese hinterhältige Schlange hat kein Herz, dass ich ihr brechen könnte. Sie würde ihre beste Freundin im Schlaf mit ihren mörderisch hohen Schuhen erdolchen, wenn es ihr etwas bringen würde." Blaise lachte leise bei der Vorstellung und ließ dann von dem Thema ab.
Eine Zeit lang schwiegen wir beide und aßen unser Frühstück, ich meinen Apfel, Blaise sein Brötchen mit Salami. Schließlich brach Blaise das eigentlich ganz angenehme Schweigen indem er sagte: "Da ist noch etwas über das ich mit dir sprechen wollte." Ich schaute erschrocken auf bei seinem Tonfall. Er klang todernst und das war sehr selten bei Blaise. Normalerweise war er die Fröhlichkeit in Person, ganz im Gegensatz zum kalten Slytherinklischee.
"Was ist?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Er blickte mich sichtlich unwohl an und sagte dann: "Na ja, es geht um deinen Auftrag von Du-weißt-schon-wem, dem Dunklen Lord. Ich denke, du solltest ihn nicht ausführen." Entgeistert starrte ich ihn an. "Ist dir klar, was das bedeuten würde?!", rief ich zornig und ein paar Köpfe wandten sich neugierig uns zu. Ich dämpte meine Stimme und zischte dann, vor unterdrückter Wut bebend: "Er würde meine Familie umbringen, mich umbringen. Ich muss den Auftrag ausführen. Ich muss Dumbledore töten. Um jeden Preis."
"Ich weiß, Draco. Aber dann brauchst du einen Plan. Weißt du wie dumm die Aktion mit Bell und dem Halsband war? Sie hätte sterben können", erwiderte Blaise darauf bedacht die wütende Stimme ruhig zu halten.
"Ach, als ob es dich kümmert ob es einen Gryffindor mehr oder weniger gibt. Tu doch nicht so scheinheilig. Und außerdem habe ich einen Plan. Einen richtigen! Wenn du mich jetzt entschuldigst. Ich habe besseres zu tun." Mit diesen Worten stand ich auf, kochenden Zorn in mir, der mich zu verbrennen drohte.
Ich stürmte aus der Großen Halle und hetzte die Treppen hoch in den siebten Stock nachdem ich noch schnell einen Brief aus meinem Schlafsaal geholt hatte. Dieser Brief war vor zwei Tagen eingetroffen nachdem ich vor drei Tagen die rettende Idee gehabt hatte. Es würde mich Zeit kosten, ja, aber das Ergebnis würde bedeuten, dass Dumbledore tot und ich am Leben war.
Ich war endlich an der richtigen Stelle angekommen und schritt dreimal an der Wand entlang. Ich brauche den Raum, in dem das Verschwindekabinett versteckt ist. Ich brauche den Raum, in dem das Verschwindekabinett versteckt ist. Ich brauche den Raum, in dem das Verschwindekabinett versteckt ist. Ich stand geduldig vor der noch leeren Wand und wartete darauf, dass eine Tür im Stein entstand, doch plötzlich spürte ich eine Druckwelle, die mich nach hinten gegen die Wand schleuderte.
Verdammt, fluchte ich in Gedanken während mir ein wenig Staub auf den Kopf rieselte. Laut ächzend stand ich auf und rieb mir den Rücken. Was war passiert? Warum ließ mich der Raum nicht rein? Ich stöhnte erneut und beschloss dann erstmal zu warten. Vielleicht... vielleicht war der Raum der Wünsche einfach nur besetzt. Und deshalb konnte er sich auch nicht für mich öffnen.
Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich an der Wand gegenüber vom Raum der Wünsche hinab gleiten. Geduld!, sagte ich mir nur, während ich meinen Kopf an die Wand lehnte. Plötzlich liefen zwei tuschelnde Drittklässlerinnen an mir vorbei, schauten mich einen kurzen Moment sehr verwirrt an, bis ich ihnen mit einer raschen Geste meiner Hand bedeutete zu verschwinden, worauf sie, noch heftiger flüsternd, weitergingen. Genervt schüttelte ich den Kopf. Na ja, dann hatte die Hogwartsgerüchteküche etwas zu bereden und einen Grund sich merkwürdige Theorien auszudenken - Draco Malfoy, der aufgebracht und vor Schmerz stöhnend in einem komplett leeren Korridor an einer Wand sitzt. Wie wunderbar!
Bevor ich mir diese Gerüchte ausmalen konnte, schien die Wand vor meinen Augen zu verschwimmen und ich legte schnell einen Desillusionierungszauber auf mich. Wer weiß, wer in dem Raum war. Aus der flimmernden Wand verfestigte sich nach und nach eine massive Eichenholztür, die einen Moment später auch schon knarrend geöffnet wurde.
Aus der Tür traten das Wiesel-Mädchen und das Schlammblut Granger. Überrascht weiteten sich meine Augen, denn mit den beiden hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Was machten die beiden an einem Sonntag Morgen zusammen im Raum der Wünsche? Bevor ich über diese Frage nachdenken konnte, drehte sich Granger um, sodass ich ihr ins Gesicht sehen konnte.
Ihr Blick traf meinen und obwohl sie mich nicht sehen dürfte, könnte ich schwören, dass ihr Blick kurz an der Stelle hängen blieb, an der sich mein Kopf befand und sie einen winzigen Moment die Stirn runzelte, bevor sie ihren Blick weiter wandetn ließ.
Ihr Anblick riss alle Mauern um mein Herz ein und überflutete es mit einer einzigen Emotion: Mitleid.
Alles was ich in dem Moment wahrnahm waren ihre verweinten, hoffnungslosen, haselnussbraunen Augen.
Dann wandte sie sich ab und ging mit dem Wiesel-Mädchen davon. Ich starrte ihr hinter her, diese gebrochenen Augen immer noch vor mir sehend. Als ich bemerkte was ich da tat, kochte wieder Zorn in mir hoch. Zorn auf mich selbst. Wie konnte ich nur einem Schlammblut hinterhersehen, Mitleid mit einem haben? Ich war ein Malfoy und Malfoys machten sich nichts aus traurigen Schlammblütern. Eigentlich lebte ich nach der Devise: Je trauriger ein Schlammblut desto glücklicher ich.
Ich schüttelte meinen Kopf um das Bild ihrer Augen loszuwerden, doch so ganz funktionierte das nicht. Also seufzte ich einmal und schritt dann weitere drei Male an der Wand entlang, den gleichen Wunsch im Sinn wie schon davor, und schon erschien die Tür aus schön gemusterter, massiver Eiche wieder. Ich trat in den Raum der Wünsche und erblickte eine große Halle, die vollgestellt war mit wackligen Regalreihen auf denen allerlei kaputte Dinge lagen - von alten, gelblich verfärbten Gemälden über ausgetrocknete Tintengläser bis hin zu Käfigen in denen kleine Knochen lagen, vermutlich von einem Schüler, der sein Haustier versteckt und nicht mehr wieder gefunden hatte. Es war pures Chaos.
Ich nutzte eine abgewandelte Form des Vier-Punkte Zaubers und nachdem ich das Wort "Verschwindekabinett" an den Zauberspruch angehängt hatte, zog sich von meinen Füßen aus eine golden glitzernde Linie durch das Wirrwarr aus Schrott. Zufrieden grinsend folgte ich der Linie und sah schließlich das was ich suchte: Das kaputte Verschwindekabinett, was mich retten würde.
Mit einem Winken meines Zauberstabs beschwor ich einen gemütlichen, silbergrünen Sessel herauf, auf dem ich ohne Zögern Platz nahm. Ich zog aus der Tasche meines Umhangs den Brief, den Borgin mir geschickt hatte. Vorne auf dem Brief befand sich der Name des Ladens in dem Borgin arbeitete: Borgin & Burke's. Darunter stand in kleineren Buchstaben, aber dennoch lesbar: Nokturngasse.
Ich fing an den Brief zum 3. Mal zu lesen. Das Pergament knisterte in meinen Händen.
Sehr geehrter Mr. Malfoy,
ja, ich habe ein Verschwindekabinett in meinem Laden, dass vermutlich Zugang zu dem in Hogwarts hat und ja, natürlich kann man Verschwindekabinette reparieren. Es ist jedoch äußerst zeitaufwändig und erfordert einiges an Magie.
Leichter wäre es natürlich, wenn ich es sehen könnte, aber ich habe durchaus verstanden, dass das nicht möglich sein wird.
Hier sind die Zauber aufgelistet mit denen Sie es möglicherweise reparieren können, aber ich kann für nichts garantieren.
Daraufhin folgte eine lange Liste mit Anweisungen und Anmerkungen wie zum Beispiel:
Wenn das nicht funktioniert, nutzen Sie diesen Zauber und wiederholen Sie Punkt 21 der Liste.
Mir schwirrte schon allein vom Angucken der Liste der Kopf, aber na gut, ich würde es versuchen.
Zwei Stunden später ließ ich mich erschöpft in meinen Sessel fallen und rieb mir die Augen. Die viele komplizierte Magie hatte mich ausgelaugt und ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr konzentrieren, auch wenn das Verschwindekabinett noch nicht einmal ansatzweise fertig war. Beim Arbeiten hatten sich ständig Grangers verzweifelte Augen vor mein inneres Auge geschoben. Was habe ich nur mit ihren Augen?!, fragte ich mich, genervt von mir selbst. Ich beschloss eine Pause einzulegen und nach Blaise zu suchen. Ich musste mich bei ihm entschuldigen, denn meine Reaktion heute morgen war übertrieben gewesen und das wusste ich.
Bei jedem anderen wäre ich zu stolz gewesen mich zu entschuldigen, aber bei Blaise war das anders. Wir kannten uns schon so lange und waren immer zusammen durch Dick und Dünn gegangen. Er war derjenige, dem ich blind vertrauen würde und er war wahrscheinlich auch der einzige, dem ich so gut wie alles erzählte. Bei jedem anderen hätte ich Kritik niemals akzeptiert, doch bei Blaise... wenn er mich kritisierte dann war an der Kritik auch was dran. Aus diesem Grund musste ich mich auch bei ihm entschuldigen, denn er hatte Recht. Die Idee mit dem Halsband war vielleicht nicht die klügste gewesen, die ich je hatte.
Blaise war höchstwahrscheinlich im Slytheringemeinschaftsraum, wo er wohl an McGonnagals Aufsatz saß. Shit!, fluchte ich, als mir einfiel, dass ich den auch noch schreiben musste. Egal, ich habe ja heute Nacht Zeit. In den Kerkern angekommen stellte ich mich vor eine der steinernen Wände und murmelte das Passwort.
In der Wand erschien eine dunkle Tür durch die ich in den Gemeinschaftsraum trat. Er war in ein grünliches Licht getaucht, was von der Lage des Raumes herrührte - unter dem See. Ich ließ meinen Blick durch den nicht so vollen Raum schweifen und entdeckte Blaise auf einem der grünen Sofas, wie erwartet schrieb er seinen Aufsatz. Ich setzte mich neben ihn und war erleichtert, dass er sich einen abgelegenen Platz ausgesucht hat.
Er sah mich skeptisch, aber nicht mehr wütend an und zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich blickte unwohl zurück und sagte: "Blaise, ich hab heute morgen echt über reagiert. Tut mir wirklich leid." Blaise grinste und meinte nur gutgelaunt: "Wurde aber auch Zeit, dass du kamst. Schon vergessen. Lust auf'n bisschen fliegen?" Ich nickte erleichtert und folgte Blaise, der seine Hausaufgaben in die Ecke warf und fröhlich aufsprang.
Gemeinsam kamen wir am leeren Quidditchfeld an, holten uns unsere Besen und flogen ausgelassen durch die Luft. Wir übten ein paar komplizierte Manöver und zu meiner Freude vergaß ich alles, was mich im Moment beschäftigte, sobald meine Füße den Boden nicht mehr berührten. Beim Fliegen kriegte ich den Kopf frei und ließ alle meine Sorgen am Boden zurück.
Später am Abend, als ich im Bett lag, natürlich ohne die Hausaufgaben für Verwandlung gemacht zu haben, dachte ich wieder an Granger. Ihre kastanienbraunen Haare, die ihr ungebändigt in Wellen bis knapp über die Brust fielen, ihre haselnussbraunen Augen, die meine gefunden hatten. Verdammt. Was denkst du da? Du hast das wichtigste vergessen, Draco. Den Hass. Du kannst sie nicht leiden. Sie ist ein wertloses, dreckiges Schlammblut.
Mit diesen Gedanken schlief ich ein.
Am nächsten Morgen hatten wir in der ersten Stunde Verwandlung. McGonnagals Augen blitzten wütend, als ich ihr sagte, dass ich meinen Aufsatz nicht mit hatte: "Mr. Malfoy, dass ist jetzt schon das dritte Mal in diesem Schuljahr. Was ist nur mit Ihnen los?"
Was mit mir los ist? Es gibt wichtigere Dinge als Schule!, wollte ich ihr am liebsten entgegnen, doch ich wusste, dass es besser war nichts zu sagen und deshalb schwieg ich. Ich ging zu meinem Platz und setzte mich. Der Unterricht war langweilig und ich hatte keine Lust McGonnagals Ausführungen zu lauschen. Genervt verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah aus dem Fenster bis Blaise mich unsanft in die Seite stieß.
"Aua. Was soll das?", zischte ich und rieb mir die schmerzenden Rippen. Er gab mir mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass ich nach vorne schauen sollte, wo McGonnagal stand, die Hände wütend in die Hüfte gestemmt: "Mr. Malfoy. Da sie sich an ihrem jetztigen Platz wohl nicht besonders gut konzentrieren können, schlage ich vor sie tauschen mit Mr. Weasley die Plätze."
Ich schaute in die Richtung in die sie mit ausgestrecktem Finger zeigte. Neben dem Wiesel saßen Granger und Potter. Toll. Auch Potter und das Wiesel sahen nicht besonders glücklich aus. Ich nahm also neben Granger und Potter Platz und hoffte auf das Ende der Stunde. Potter rutschte eilig so weit wie möglich von mir weg zu seinem anderen Nachbarn Longbottom.
Doch Grangers Reaktion verblüffte mich. Sie lächelte mich an. Sie lächelte.
Was für ein Spiel du auch spielst, ich werde mitspielen. Vorerst.
Und mit diesem Gedanken lächelte ich zurück.
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