036
Schnell stelle ich den Wecker ab, in der Hoffnung, dass Harry noch schläft. Doch als ich mich gerade aus dem Bett schleichen will, um ihm Frühstück zu machen und gleich damit zu wecken, schlingt er seine beiden Arme von hinten fest um mich und zieht mich zurück. "Nicht weggehen, bitte..." murmelt er in meinen Nacken. "I-Ich... ich wollte nur kurz in die Küche w-was trinken..." stammle ich, doch er zieht mich noch enger an sich. "...aber ich-... beeil dich, bitte. Ich will nicht alleine sein..." Ich drehe mich zu ihm und sehe ihn besorgt an. "Hey, alles okay, Love?" flüstere ich und lege ihm die Locken aus der Stirn. Dadurch, dass er seinen Griff um mich etwas gelockert hat, sehe ich, dass seine Hände leicht zittern. "S-Sorry, ich bin nur so... nervös." Ich küsse vorsichtig seine Stirn und frage "Warum bist du denn nervös, Sweetheart?" Er schluckt schwer und kaut sich auf der Lippe herum.
"Louis, ich zerbreche mir jetzt seit einer Woche den Kopf, ich werde wahnsinnig, wenn ich nicht-..." Leise höre ich ihn seufzen, weshalb ich ihm beruhigend durchs Gesicht streichle. "Lou, fährst du mit mir nach Holmes Chapel... Bitte?"
Daher weht also der Wind. Es ist knapp eine Woche her, dass wir über seine Familie gesprochen haben und ich habe genau gemerkt, dass ihn das Thema die ganze Woche über nicht losgelassen hat. Immer wieder wirkte er nachdenklich und ich habe ihn nach ihren Namen googlen sehen - vermutlich um herauszufinden, ob seine Mutter und Schwester überhaupt noch in seiner Heimat wohnen.
Sofort nicke ich und gebe ihm ein Küsschen auf die Nasespitze. "Natürlich begleite ich dich nach Hause, das habe ich dir doch versprochen." Er nickt und kuschelt sich etwas in meine Halsbeuge. "Ich habe so Angst, Louis." gibt er zu und ich merke, wie er unruhig gegen mein Schlüsselbein atmet. "Ich bin sicher, dass sie sich freuen, dich wieder zu sehen. Sie sind deine Familie und sie lieben dich. Man kann dich nur lieben, Hazza." Erneut höre ich ihn seufzen. "Ich habe über 7 Jahre nichts von mir hören lassen, ich würde mich nicht mit offenen Armen empfangen." Liebevoll drücke ich ihn etwas fester an mich. "Shhh, Sunshine. Ich bin mir sicher, dass deine Mum sich freut, dich zu sehen." Schniefend reibt er seine Nase gegen meine Schulter. "Ich hoffe es..." Er hebt den Kopf und küsst meinen Kieferknochen. "Ich-" bevor er weiter redet, drückt er sich ein Stück weiter weg, damit er mir in die Augen sehen kann. "Ich bin so dankbar, dass ich dich habe, Louis. Wirklich, ich sage dir das nicht oft genug, wie viel du mir bedeutest. Du nimmst so viele Dinge auf dich, verzichtest auf so vieles und nimmst dich selbst zurück, damit ich glücklich bin, ich-..." Zittrig atmet er aus und wieder ein, wandert mit seinen Augen zwischen meinen hin und her.
"Ich liebe dich so sehr, Lou."
Schnell drücke ich meine Lippen auf seine, bevor meine feuchten Augen sich verselbstständigen. "Ich liebe dich auch, Hazza." flüstere ich vor seine Lippen, bevor ich ihn erneut fest umarme. "Ich weiß das klingt so lächerlich, aber... ich wünsche mir nichts mehr, als von meiner Mama so in den Arm genommen zu werden." murmelt er gegen meinen Nacken. "Ich bin mir sicher, das tut sie. Versprochen." antworte ich und kraule ihm den Kopf. "Versprechen kannst du das nicht..." flüstert er. "Ich weiß..." sage ich traurig. "Aber ich wünschte, ich könnte."
Einen Moment lang ist es still, dann setze ich erneut an. "Erinnere mich dran, ihr zu danken." Verwirrt blinzelt er mich an. "...dafür, dass sie so einen wundervollen Menschen auf diese Erde gebracht hat." Verlegen schüttelt den Kopf. "Dann muss ich deine Mutter wohl mit Gold überschütt-" er stockt und presst die Lippen aufeinander, als ihm bewusst zu werden scheint, dass er das nicht mehr kann. "E-Es-... sorry, es tut mir Leid, i-ich wollte nicht-..." stammelt er und sieht mich traurig an. "Schon okay, sie freut sich bestimmt trotzdem noch, wenn du sie mit Gold überschütten willst... da oben."
Auch wenn es ein schöner Gedanke ist, der mich an meine Mutter denken lässt (Ich denke jeden Tag an sie, aber über sie zu reden ist doch nochmal etwas anderes) zieht sich automatisch mein Herz etwas zusammen. "Tut mir Leid..." murmelt Harry trotzdem noch einmal, als er mein etwas verkrampftes Lächeln sieht. "Sie ist bestimmt wahnsinnig stolz auf dich." flüstert er und gibt mir einen Kuss. Ich nicke, merke dann wie mir eine Träne über die Wange kullert. "Oh, ich-... ach verdammt, ich wollte dich nicht zum weinen bringen, es tut mir leid, Boo..." Sofort küsst er zart die Träne weg und gibt meinem Gesicht noch ein paar weitere, liebevolle Küsschen.
Er hat mich 'Boo' genannt.
Das ist das erste Mal, dass er mir einen Kosenamen gibt.
Obwohl meine Gefühlswert noch immer etwas instabil ist, kann ich nicht verhindern, dass ich breit zu strahlen beginne. Etwas irritiert sieht er mich an, doch ich nehme sein Gesicht in meine Hände und drücke meine Lippen auf seine. Fest umschlingt er anschließend meine Taille mit seinen Armen und kuschelt sich an meine Brust.
"Wann möchtest du los?" frage ich nach ein paar Minuten in die Stille. "Wenn wir ausgeschlafen und gefrühstückt haben." sagt er. "Ich will mir keine feste Uhrzeit ausdenken oder so, dann mache ich mir nur noch mehr Stress..." Ich nicke und wickle mir eine Locker um den Finger. "Da hast du Recht. Lass uns noch etwas kuscheln und aufstehen, wenn es nach Rührei riecht." Er schmunzelt etwas. "Es gibt Rührei?" Auch ich muss leise lachen. "Dani ist hier. Wenn du Glück hast, macht Liam sogar noch Pfannkuchen." Er gibt mir kichernd noch ein Küsschen, bevor er die Decke ein Stück höher über uns zieht und sich wieder in meine Halsbeuge kuschelt.
"Was habt Ihr heute Schönes vor?" will Liam 2 Stunden später wissen, als wir am Frühstückstisch sitzen. Harry schiebt sich gerade mit der Flasche Orangensaft hinter mir her, weshalb ich noch ein Stück mit meinem Stuhl nach vorn rutsche. "Passt schon, danke, Boo." flüstert er und gibt mir ein Küsschen auf den Kopf. Verliebt blinzle ich ihn an, als er sich neben mir niederlässt. Ich habe mich noch immer nicht ganz dran gewöhnt, dass er immer offener auch vor Liam und Danielle wird, weshalb ich von solchen liebevollen Gesten immer etwas überrumpelt bin.
Aber an diesen Spitznamen könnte ich mich wirklich gewöhnen.
Etwas nervös sieht Harry mich an, weshalb ich das Antworten übernehme. "Wir wollten Richtung Manchester, da soll das Wetter auch etwas schöner sein und wir müssen mal wieder raus..." sage ich, mehr oder weniger wahrheitsgemäß, denn Holmes Chapel ist immerhin die gleichen Richtung, wie Manchester. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Harry dankbar lächelt.
Wir haben gerade vorm Frühstück noch kurz darüber geredet, dass wir fürs Erste niemandem davon erzählen, wo wir hinwollen. Sollte es widererwartend doch nicht so laufen, wie wir uns das wünschen, will er nicht mit jedem darüber reden müssen.
Liam sieht mich lächelnd an und nuschelt dann mit vollem Mund "...du denkst dran, nach meinen Schuhen zu gucken, oder?" Augenrollend nicke ich. "Liam, ich würde mir nicht allzu große Hoffnungen machen, dass du die Sonderedition noch irgendwo bekommst. Es sind limitierte Footballschuhe von Tom Brady, es ist doch klar, dass die überall ausverkauft sind." Er nickt. "Ich weiß, aber man darf ja wohl noch träumen..." murmelt er. Ich bin eigentlich ganz froh darüber, dass die Schuhe überall ausverkauft sind, dann ist es immerhin realistischer, dass ich ihm diese nicht mitbringen kann. Dass das eigentlich daran liegt, das wir nicht direkt in Manchester sein werden, merkt er dadurch dann gar nicht.
"Bist du soweit?" frage ich Harry wenig später, der etwas geistesabwesend auf den Schlüsselbund in seiner Hand blickt. Er schreckt hoch und nickt nervös. Hektisch packt er das Geklimper in seiner Hand in seine Jackentasche und ergreift die Hand, die ich ihm hinhalte. "Wir sind weg, bis später!" rufe ich ins Wohnzimmer, in dem Liam es sich mit seiner Freundin gemütlich gemacht hat. "Viel Spaß Euch!" wünschen sie uns, bevor die Tür ins Schloss fällt.
Die ganze Fahrt über liegt meine Hand auf Harrys Schoß und wird von ihm fest umklammert. Nur zum Schalten löst er eine seiner beiden Hände davon, lässt die andere allerdings darauf liegen. Ich habe ihn ja schon öfter aufgeregt erlebt, aber heute ist es wirklich ein ganz anderes Level - verständlicherweise. Die Fahrt dauert knapp 2 Stunden und nicht mal die unterschiedlichen Soundtracks, die er sonst lauthals mitsingt, bringen ihn heute dazu, sich etwas zu entspannen.
Nur bei 'Satisfied' aus dem Musical Hamilton muss er plötzlich etwas schmunzeln. "Hmn?" gebe ich fragend von mir. "Erinnerst du dich noch an den Moment, als wir uns das erste Mal gesehen haben?" Entgeistert sehe ich ihn an. "Ist das eine ernstgemeinte Frage, Hazza? Natürlich erinnere ich mich daran, ich war direkt hin und weg von dir, du Doofkopf." grinse ich. Er bekommt etwas rote Wangen, bevor er fortfährt. "Same." schmunzelt er. "Als du dich zu mir umgedreht hast, ich in deine Augen gestarrt habe und du mich dann hochgezogen hast... Du hast dich vorgestellt und ich wollte das Gleiche tun aber... 'when you said hi i forgot my dang name.' " zitiert er dann die Songzeile aus dem im Hintergrund laufenden Song. "Du hast mich so aus dem Konzept gebracht, dass ich erst Liam angucken musste, bevor mir wieder eingefallen ist, wie ich heiße." Da wir gerade an einer Ampel stehen, sehe ich gerührt zu ihm rüber. "Das ist echt süß." schmunzle ich, beuge mich rüber und gebe ihm ein Küsschen. Kurz darauf geht es vor uns weiter, doch er küsst meine Fingerknöchel noch ein paar mal, als ich fertig bin mit Schalten.
Sobald wir das Ortsschild mit der Aufschrift 'Welcome to Holmes Chapel' passiert haben, ist sein Blick aus dem Fenster gerichtet. "Unfassbar..." murmelt er immer wieder. "Hier hat sich absolut nichts verändert." Ich drücke seine Hand etwas fester, als wir an einer Kreuzung erneut vor einer roten Ampel zum Stehen kommen. Rechts neben uns ist ein großer, alter Friedhof, den Harry gedankenverloren mustert.
Ohne darüber nachzudenken, rutscht mir die Frage heraus, die mir auf der Zunge brennt. "Liegt sie hier?" Er sieht zu mir rüber, schluckt schwer und schüttelt langsam den Kopf. "T-Tschuldigung, ich hätte nicht fragen sollen..." murmle ich und senke den Kopf. Doch er lächelt mich sanft an und sagt "Schon okay, du darfst über sie reden." Er streichelt über meine Hand und gibt ihr ein Küsschen. "Sie ist nicht erdbestattet worden." sagt er dann leise. Überrascht darüber, dass er weiter darüber redet, drehe ich meinen Kopf wieder zu ihm.
"Ihre Familie hat aus ihrer Asche einen Diamanten pressen lassen, weil sie fanden, das würde ihr am ehesten gerecht werden." Gerührt streichle ich ihm durchs Gesicht. "Was eine wundervolle Idee." flüstere ich, bevor ich mich wieder auf den Verkehr konzentrieren muss. "Ihre Eltern sind gerade im Urlaub, sonst hätten wir kurz Hallo sagen können..." murmelt er. "Wir können ja nochmal herkommen, wenn sie Zeit für uns haben." sage ich, weshalb ich ihn aus dem Augenwinkel leicht lächeln sehe. "Fahr hier rein, da hinten ist die Straße so eng." Ich nicke, merke im gleichen Moment, dass die Hand, die ich wieder in meine nehme, plötzlich wahnsinnig schwitzig wird.
Nachvollziehbar, denn die nächste Straße, in die ich abbiege, ist die, in der sein Elternhaus steht.
Extrem zittrig knibbelt er an seinen Fingern herum, als ich den Motor abstelle. "Komm mal her..." flüstere ich und ziehe ihn in meine Arme. Kurzatmig nestelt er sein Gesicht in meine Halsbeuge. "I-Ich hab so Angst, Lou." gibt er zu. "Ich bin bei dir, dir kann nichts passieren, okay?" Er hebt den Kopf an und drückt seine zitternden Lippen auf meine. "Mir ist so schlecht." flüstert er. "Tief durchatmen, Sunshine. Du hast schon so viel geschafft, zusammen packen wir das doch locker, oder meinst du nicht?" lächle ich ihn aufmunternd an.
"Mit dir schaffe ich Alles."
Gerührt ziehe ich ihn im Nacken in einen weiteren Kuss, flüstere anschließend "Ich liebe dich, mein Herz." Er atmet noch einmal tief durch, bevor er nervös aus dem Fenster in Richtung Eingangstür sieht. "Wollen wir es wagen?" frage ich ermutigend, weshalb er zaghaft nickt. Ich steige aus und gehe ums Auto herum, um ihm die Tür zu öffnen. Ich ziehe ihn an der Hand hoch, als er nicht von sich aus aussteigt. "Es ist alles gut, Hazza. Ich bin bei dir." Er verschränkt seine Finger mit meinen und lässt sich von mir zur Tür ziehen. Kurz stocke ich, als ich das Klingelschild sehe, auf dem 'Twist' steht.
Ist seine Familie etwa doch umgezogen?
Als könnte er Gedanken lesen, sagt Harry leise "Sie hat wieder geheiratet." Ich sehe ihn an und lächle sanft. "Das freut mich." Er nickt und lächelt etwas verkrampft. Noch einmal atmet er tief durch, bevor er tatsächlich auf den kleinen Knopf neben dem Namen drückt. Doch es tut sich nichts. "Sie ist vermutlich einkaufen." flüstert er. "Zumindest früher war sie immer um die Uhrzeit auf dem Wochenendmarkt." Ich streichle ihm über den Arm. "Wir können ja warten, bis sie wieder kommt." lächle ich ihn aufmunternd an. Er sieht nachdenklich Richtung Tür, als ich etwas klimpern höre. Er zieht seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche und mustert einen Schlüssel. "Ich habe ihn nie abgemacht..." gibt er zu. Fragend sieht er mich an. "Es ist dein Elternhaus, Harry." Er nickt zögernd. "Ich weiß... es fühlt sich trotzdem komisch an, einfach reinzugehen. Es ist 7 Jahre her... es ist so komisch, es fühlt sich irgendwie so fremd an, aber gleichzeitig auch so vertraut." Verstehend nicke ich. "Kann ich mir vorstellen."
Einen Moment fummelt er mit dem Schlüssel in der Hand herum, bis er sich letztendlich dafür entscheidet, ihn ins Schloss zu stecken. "Er passt noch." flüstert er, als könnte er selbst nicht glauben, dass seine Mutter nie das Schloss ausgetauscht hat. "Siehst du, sie wollte, dass du jederzeit wieder kommen kannst." sage ich und lege meine Hand auf seine, um den Schlüssel nach links zu drehen. Knackend öffnet sich die Tür vor uns und wir treten ein in einen liebevoll dekorierten Flur.
Harrys Blick wandert durch den kleinen Raum und ich sehe, dass er feuchte Augen bekommt. "Es hat sich kaum etwas verändert." flüstert er, dreht sich dann zögerlich nach rechts und presst beim Blick an die Wand neben sich die Lippen aufeinander. Ich folge seinem Blick und muss grinsen. Über der Kommode mit einem Strauß Orchideen darauf, hängt ein Kinderfoto des Mannes an meiner Hand. Auch ohne das Wissen, dass er hier aufgewachsen ist, wäre er darauf unverkennbar.
Dieses Grinsen würde ich überall erkennen.
"Oh Gott, darf ich dich bitte auffressen? Du warst ja wirklich schon immer so zuckersüß." schmunzle ich und gebe ihm ein Küsschen auf die Wange. Er läuft rot an und zieht mich dann, nachdem wir die Schuhe ausgezogen haben, an der Hand in Richtung Treppe. Auf dem Weg dorthin werfen wir einen Blick in den Wohnbereich, der laut Harrys Aussage ebenfalls noch immer aussieht, wie sein Zuhause. Oben angekommen atmet er tief ein und wieder aus, als er die angelehnte Tür am Ende des Flurs sieht. "Ich habe Angst." flüstert er und greift wieder nach meiner Hand, zieht mich in Richtung der Tür, hinter der sich offenbar damals sein Zimmer befunden hat. "Ich bin da." sage ich und streichle mit der freien Hand über seinen Arm.
Mit zittrigen Fingern schiebt er die Tür auf und geht ein paar Schritte herein, bleibt dann mitten im Raum stehen. Es sieht aus, wie ein klassisches Jugendzimmer eines, zugegebenermaßen sehr kreativen, Teenagers. Auf dem hübsch bezogenen Bett schläft eine kleine, schwarz-weiße Katze, an den Wänden hängen diverse Fotos, Zeichnungen und das ein oder andere Bandposter und in einer Ecke steht ein E-Piano. Es riecht angenehm nach Vanille und durch das Sprossenfenster, vor dem auf einer breiten Fensterbank ein paar Kissen liegen, scheint die Sonne herein.
Fast regungslos sieht er sich einen Moment um, schließt dann die Augen und presst die zitternden Lippen aufeinander, als ihm stumm die Tränen runter laufen. "Hey, Love, was ist los?" frage ich und nehme ihn schnell in den Arm. "Es ist alles wie damals, sie hat nichts verändert, Louis. Absolut gar nichts." wispert er in meine Halsbeuge. "Sie wollte, dass du dich wie zuhause fühlst, wenn du zurück kommst." sage ich und kann nicht in Worte fassen, wie froh ich darüber bin, dass ich offensichtlich Recht hatte.
Natürlich haben sie ihn nicht vergessen.
Kurzatmig blinzelt er mich an und lächelt ganz sanft. Mit meinem Ärmel wische ich ihm die Tränen aus den Augen und streichle ihm liebevoll über den Rücken. Die Katze auf dem Bett wacht schmatzend auf (ich muss schmunzeln, denn es erinnert mich direkt an ihn, wenn er wach wird) und streckt sich einmal ausgiebig, bevor sie uns anblinzelt. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf das Gesicht meines Freundes, als er ihr die Hand hinhält. "Hallo meine Schöne, hab dich vermisst." flüstert er als er die Katzendame hinterm Ohr krault. Sofort schmiegt sie sich schnurrend an ihn und verteilt dabei eine Menge weiße Haare auf seiner schwarzen Hose. Doch das scheint ihn nicht im geringsten zu stören.
Sie wälzt sich leise fiepend auf dem Bett hin und her, genießt die Streicheleinheiten in vollen Zügen. "Darf ich dir Dotty vorstellen?" sagt er lächelnd, als ich zu den beiden rüber gehe. "Sie hat früher immer bei mir geschlafen." erzählt er, als ich mich neben ihn aufs Bett setze. "Das hat sich wohl nicht geändert." schmunzle ich. Er nickt und zieht die, durch die Tränen laufende, Nase hoch.
Dotty sieht ihn daraufhin aufmerksam an, klettert auf seinen Schoß, stützt sich dann mit einer Pfote gegen seine Brust und stupst sein Kinn sanft mit ihrer Schnauze an. Er beginnt zu lächeln, flüstert "Alles gut, Süße, ich bin nicht traurig, ich weine... vor Freude." und streichelt ihr über das kleine flauschige Köpfchen. "Sie war schon immer so, wenn ich traurig war, hat sie mich trösten wollen." erklärt er, neigt sich dabei zu der Katze auf seinem Schoß herunter, die ihm daraufhin die Träne von seiner linken Wange leckt. "Ah, das kitzelt, lass das, Dotts!" Er kichert leise und lehnt sich wieder zurück.
Kurz krault er sie noch, bis sie zu mir rüber sieht und auf mich zukommt. "Na du?" sage ich und halte ihr die Hand hin, damit sie daran schnuppern kann. Harry streichelt mir dabei durchs Gesicht, was dazu führt, dass der kleine Fellball vor mir kurz zu ihm rüber sieht, dann wieder zu mir und sich erst gegen meine Hand drückt, dann an mich gekuschelt wieder auf dem Bett zusammenrollt.
"Ich würde sagen, du bist akzeptiert." schmunzelt er, als er die leise schnurrende Katze hinterm Ohr krault. "Na, wenn deine Katze uns ihren Segen gibt, kann ja nichts mehr schief gehen." grinse ich. Er gibt mir einen kurzen Kuss, bevor er wieder aufsteht und langsam durchs Zimmer läuft. "Es sieht wirklich aus, als wäre ich gestern erst gegangen..." murmelt er. "Alles ist so sauber, sie lässt nicht nur alles, wie es war, sie pflegt es au-" Er stockt, als das Knacken der Haustür, gefolgt von Schlüsselgeklimper durchs Haus hallt. Panisch sieht er Richtung Flur, dann zu mir und beißt sich nervös auf die Unterlippe.
Leise höre ich eine weibliche Stimme vor sich hin summen, weshalb Harry die Hand nach mir ausstreckt. "Hey, es ist alles gut, ich bin da, Love." flüstere ich und drücke ihm ein Küsschen auf die erhitzte Wange. "W-Was soll ich tun? Soll i-ich runter gehen, o-oder-...?" Das Summen verstummt und wird durch ein nachdenkliches Brummen ersetzt. "Robin?" Ich sehe, dass Harry beim Klang der Stimme seiner Mutter eine Gänsehaut bekommt. Die pure Angst sticht aus seinen Augen. "Liebling, bist du zuhause?" Seine Atmung beschleunigt sich und ich habe plötzlich Angst, dass er eine Panikattacke bekommt. "Shhh, Engel, es ist alles gut, hörst du? Beruhig dich." Ich drehe sein Gesicht zu mir und gebe ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Er nickt mit glasigem Blick und schluckt schwer. Dann zucken seine Augen zurück Richtung Flur, aus dem nun rasche Schritte auf der Treppe zu hören sind.
Harry hält die Luft an und starrt mich an. Hinter meinem Rücken höre ich stattdessen jemanden erschrocken einatmen. Schnell drehe ich mich um und blicke in zwei ungläubig dreinblickende blaue Augen. Die dunkelhaarige Frau öffnet leicht den Mund, hält sich dann die Hand vors Gesicht und schüttelt ganz leicht den Kopf.
"H-Harry?"
____________________
3398 Words
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro