You gotta love
Ich kauere zitternd neben Theo, der blutend und erschöpft neben mir auf dem dreckigen Steinboden sitzt. Er hat den Rücken gegen die Wand neben dem Transformator gelehnt, die Beine ausgestreckt und die Arme kraftlos neben sich abgelegt. Dunkles Blut klebt an seinem Rücken, seiner Brust und in seinem Gesicht. Die dunkelbraunen Haare fallen ihm wirr in die Stirn und manche Strähnen sind blutverklebt und wirken dadurch fast schwarz. Wir haben kein Wort gesprochen, seit dem Mr. Douglas den Ghostrider getötet und ausgeweidet hat. Er ist danach ohne ein weiteres Wort verschwunden und ich hatte mich mit letzter Mühe aus dem Schrank und zu Theo gehievt. Meine wackeligen Beine haben neben ihm nachgeben und mein schnell schlagendes Herz pocht noch immer so laut in meinem Kopf, dass ich weiterhin keinen meiner eigenen Gedanken verstehen kann.
Fassungslos.
Angst.
Sorge.
Ich höre hektische Schritte näher kommen. Mein Blick richtet sich langsam auf die Türe, durch die in diesem Moment meine besten Freunde schreiten. Zu erst betritt Scott den Raum. Er lässt seinen Blick aufmerksam über den offenstehenden Käfig wandern und in seinem Gesicht kann ich Verwirrung ablesen. Zu mindest solange, bis sich sein Gesicht auf das Blut im Käfig legt. Es ist bereits in den Steinboden eingesickert, führt jedoch noch immer unverkennbar zu dem regungslosen Ghostrider. Er ist Tod und mit ihm unsere wohl einzige Chance, die vergessenen Menschen vor den Reitern zu retten. Mich zu retten. Hinter Scott kann ich Stiles erkennen. Er wagt sich genauso dicht an den Käfig wie sein übernatürlicher Freund, auch wenn der Anblick ihn zum Taumeln bringt. Nach ihm betreten Liam, Hayden und Mason den Raum. Auch sie betreten zögerlich das Zimmer und schauen sich aufmerksam um. Jedoch dauert es auch bei ihnen nicht lange, bevor sie den toten Ghostrider entdecken und sich ihren Teil der Geschichte denken. Ich kann die Fassungslosigkeit in ihren Gesichtern sehen und würde mich gerne bemerkbar machen. Doch noch immer hat sich die Angst wie eine lähmende Kraft um meine Muskeln gelegt und ein weiteres Mal frage ich mich, wie ich es überhaupt geschafft hatte mich aus meinen Versteck zu lösen und zu Theo zu kriechen. Dieser hustet in diesem Moment geschwächt auf, sodass sich die Blicke der Jugendlichen langsam auf uns richten.
Sie scheinen uns trotz der Dunkelheit schnell zu erkennen. Die Kampfbereitschaft fällt von ihnen ab, nicht jedoch die Aufmerksamkeit und die Verwunderung. Während Scott seinen Blick erneut auf den toten Ghostrider richtet, setzt sich Hayden in Bewegung und eilt mit verkrampfter Mimik zu uns. Ich möchte meine Augen weiterhin auf Scott richten. Er scheint vorzuhaben die Wunde des Ghostriders zu untersuchen und erst dann Fragen zu stellen. Hayden jedoch hat bereits eine ganz andere Idee. Sie bleibt schweratmend vor uns stehen und bevor ich reagieren kann, greift sie nach Theo. Ihre Finger krallen sich in sein Oberteil, bevor sie ihn mit einer unmenschlichen Kraft auf die Beine zieht. Theo stöhnt zwischen zusammengebissenen Zähnen auf. Jedoch wird sein schmerzersticktes Ausatmen lauter, als ihm Hayden fest gegen die Wand presst und wütend anstarrt. Ich möchte aufschreien, schaffe es jedoch nur, meinen zitternden Körper schwankend auf die Beine hinziehen.
„Was hast du getan?"
In Hayden's Stimme schwingt Wut mit. Hinter ihr setzten sich die anderen Jugendlichen langsam in Bewegung und taumelnd stütze ich mich neben Theo an die Wand. „Er...," meine Stimme bricht ab und ich muss mich räuspern, um erneut die Kraft aufzubringen dem aufgebrachten Mädchen zu widersprechen, „Er hatte nichts damit zu tun."
„Es...es war Mr. Douglas!"
Theos Stimme zittert obwohl er die Wahrheit sagt. Ihm fällt es schwer nicht zu stottern und trotzdem schleicht sich ein Zögern in seine Stimme. Gleichzeitig schüttelt er leicht mit dem Kopf und versucht dabei an Hayden vorbei zu starren und Scott Blick aufzufangen. Dieser scheint hin und hergerissen und lässt seine Augen von mir, zu Theo und dann zu Hayden schweifen.
„Er hat sein Gehirn gegessen," versucht sich Theo weiter mit einer Erklärung, obwohl Hayden ihn noch immer mit einem wütenden Blick mustert. Theo jedoch schenkt dem aufgebrachten Mädchen keinen weiteren Blick. Er starrt an ihr vorbei und versucht Scott mit seinen Augen von der Wahrheit zu überzeugen. Dass scheint auch die braunhaarige Hockeyspielerin zu bemerken. Mit einer langsamen Bewegung dreht sie sich ihren Freunden zu und lässt dabei endlich Theos Oberteil los. Mein Blick lässt nun ebenfalls von dem Jungen ab und legt sich stattdessen auf Scott, der in der Zwischenzeit neben dem Ghostrider auf dem Boden kniet und seinen Blick aufmerksam über die Wunde schweifen lässt.
„Scott hatte recht", dieses Mal ergreift Liam die Stimme und ich kann seine Enttäuschung hören, obgleich ich sie nicht ganz verstehe. „Ich lag falsch," Liam fasst mit jedem weiteren Wort Selbstvertrauen und doch verstehe ich erst beim nächsten Satz seine Andeutung, „Ich schicke dich zurück." Ich kann spüren, wie Theo neben mir kaum merklich zusammen zuckt. Er lässt den Blick auf Liam gerichtet, der seinen Kiefer fest aufeinander presst und an sich selbst zu zweifeln scheint. Im Augenwinkel glaube ich einen wässrigen Schimmer in Theos Augen wahrzunehmen und die enttäuschte Hoffnungslosigkeit, die sich bei den Worten des Gegenübers auf sein Gesicht legt. Ich möchte mich schützed vor den Jugendlichen schieben, spüre im selben Moment jedoch erneut das schmerzhafte Pulsieren in meinem Unterarm.
„Es war nicht sein Gehirn," greift Scott in diesem Moment die Worte von Theo auf und lässt dabei die Drohung seines jüngeren Freundes unbeachtet. „Mr. Douglas aß seine Zirbeldrüse."
Ich weiß nichts mit seinen Worten anzufangen. Mason dagegen schon. Ich kann sehen wie er nachdenklich mit dem Kopf schüttelt, bevor an die Worte von Scott anknüpft: „Es kann nicht Theo gewesen sein. Diese Morde finden schon seit Wochen statt." Ich kann spüren wie Theo neben mir leicht zusammen sinkt. Die gerade aufgebaute Spannung in seinem Körper zerfällt und ich glaube Erleichterung in seinem Gesicht sehen zu können. Wohin auch immer die Jugendlichen Theo zurückschicken wollen, es scheint ihm gehörig Angst zu machen.
„Leute," Liam hat seinen Blick gedankenverloren auf den Ghostrider gerichtet und mit unsicherer Stimme spricht er weiter: „Seine Peitsche ist weg." „Mr....Mr. Douglas," meine Stimme zittert und doch halte ich es für den richtigen Moment, Theos Worte zu unterstützen und die Wahrheit zu sagen, „Er hat sie mitgenommen." „Warum?" es ist das erste Mal, dass sich Stiles seit dem Eintreten zu Wort meldet und langsam zucke ich mit den Schultern. „Ich weiß es nicht." Das Schweigen im Zimmer wird lauter und ich kann sehen, wie Theo seinen verletzten Körper langsam von der Wand abstößt. „Ich fahre nach Hause," Theos Worte sind trotz den mitschwingenden Schmerzen viel zu gut in dem kleinen Raum zu hören und ich vermute bereits laute Wiederworte, vor allem von Liam und Hayden. Doch zu meiner Überraschung schweigen die Beiden und mit langsamen Schritten setzt sich Theo in Bewegung. „Charlotte?" Er bleibt plötzlich stehen und wirft mir einen kurzen Seitenblick zu. Ich sehe das getrocknete Blut an seiner Nase und dem Mund und muss daran denken, dass er mir heute das Leben gerettet hat. „Soll ich dich mitnehmen?" Ich nicke ihm automatisch zu und vergesse dabei zum ersten Mal meine Vorsicht. Theo möchte weiterlaufen, stolpert jedoch über seine eigenen Beine und sofort setze ich mich in Bewegung. Ich greife ihm unter die Arme und stütze ihn. Ich spüre die Blicke der restlichen Jugendlichen auf mir hängen, ignoriere sie jedoch. Sollen sie denken was sie wollen. Zum ersten Mal seit meinem Verschwinden durch die Ghostrider vergesse ich mein Vorhaben, mich möglichst weit von Theo zu distanzieren, um das Misstrauen ihm gegenüber nicht auch auf mich zu ziehen. Jetzt jedoch hat sich sein starker Arm um meine Schulter gelegt und das Gewicht seines Körpers scheint das Zittern in meinen Gliedern zu stoppen und mir mein ursprüngliches Selbstvertrauen einzuhauchen.
Ich drücke mich mit Theo an den anderen Jugendlichen vorbei, die uns nur schweigend mustert. Ich bin noch immer überrascht, dass keiner etwas einzuwenden hat, erkläre es mir aber mit Theos Verletzungen. Ich kann sehen, dass der Kampf mit Mr. Douglas ihm Schmerzen bereitet hat. Schmerzen die langsam besser zu werden scheinen, den Jugendlichen jedoch gehörig Schwächen. Scott, Liam und Hayden können die Schmerzen nicht nur sehen, sondern auch fühlen. Stiles hatte mir einmal versucht zu erklären, wie die Fähigkeiten eines Werwolfes funktionieren. Damals wollte ich ihm nicht wirklich zuhören, jetzt jedoch erinnere ich mich wage an seine Erklärung zurück.
„Charlotte," Stiles Stimme ertönt und durchbricht überrascht die bedrückende Stille, die sich zwischen und ausgebreitet hat. Ich lasse meinen Blick zurück schweifen und sehe wie sich der dunkelhaarige Junge in Bewegung setzt und mir und Theo nacheilt. Mit schnellen Schritten überschreitet auch er die Türschwelle und tritt Sekunden nach uns in den dunklen Wald. Ich halte inne und zwinge somit auch Theo zum Stehen bleiben. Er richtet seinen Blick genervt auf Stiles, der mit etwas Abstand vor uns zum Stehen kommt und seinen Blick erst zurück zu der Hütte schweifen lässt, bevor er seine Augen wieder auf uns richtet.
„Kann ich kurz mit dir reden," ich spüre, dass er nervös ist und mustere ihn mit einem verwunderten Blick. Gleichzeitig beantworte ich seine Frage, ungeachtet von Theo, mit einem kurzen Nicken. Dieser scheint noch immer genervt von Stiles Unterbrechung. „Unter vier Augen," ergänzt Stiles seine Bitte mit einem drängelnden Ton und lässt seinen Blick dabei für wenige Sekunden auf Theo hängen. Ich weiß nicht was ich antworten soll, werde jedoch von Theos Entscheidung erlöst. Er befreit sich aus meinem stützenden Griff und flüstert mir ein leises Ich warte am Auto zu, bevor er sich wegdreht und mit einem humpelnden Schritt wegläuft. Ich beobachte ihn sekundenlang und auch Stiles kann für wenige Sekunden den Blick nicht von dem Jugendlichen richten. Er scheint zu warten, bis er etwas Abstand zu uns gewonnen hat, auch wenn ich nicht glaube, dass Theo in diesem Moment in der Lage ist unsere Worte zu belauschen. Er ist verletzt und geschwächt. Ich glaube, seine Gedanken werden eher um Mr. Douglas kreisen, als um das bevorstehende Gespräch zwischen mir und Stiles. Zu dieser Schlussfolgerung scheint nun auch der Junge neben mir zu. Er räuspert sich kurz, sodass meine Aufmerksamkeit wieder auf ihm landet.
„Du solltest dich von ihm Fern halten."
„Was?"
„Theo," Stiles scheint meine Verwunderung mit Verständnislosigkeit zu verwechseln, „Du solltest ihm nicht vertrauen. Er ist gefährlich."
„Er hat mir heute das Leben gerettet," setzte ich Stiles Worten fassungslos entgegen. Verschweige jedoch den Deal, denn ich mit dem Jungen habe und der es fast unmöglich macht ihm nicht zu vertrauen.
„Das ist seine Masche," ich kann sehen wie sich Stiles in Rage redet. Theo scheint ein wunder Punkt zu sein und wieder einmal frage ich mich, wieso er dem Jungen dermaßen misstraut. Vor allem jetzt, nachdem er mir ohne zu Zögern das Leben gerettet und sich Mr. Douglas entgegen gestellt hat. „Was meinst du damit?" falle ich dem Jungen verwundert ins Wort und verhindere somit, dass er sich weiter in Rage redet und dabei seinen eigentlichen Aussagepunkt vergisst.
„Er hat eine Weile lang mit den bösen Jungs zusammengearbeitet," ich kann sehen wie Stiles versucht ruhig zu bleiben, in seiner Stimme jedoch schon jetzt eine unglaubliche Wut mitschwingt, „Er hat seine Schwester getötet und wegen ihm sind Hayden und Corey fast gestorben. Er hat Liam gegen uns aufgebracht und dafür gesorgt, dass er Scott versucht zu töten. Als das fehlgeschlagen ist, hat er ihn eigenhändig getötet und...," erneut falle ich dem Jungen fassungslos ins Wort: „Gestorben? Getötet," ich atme zittrig ein und verschränke die Arme vor der Brust, „Was redest du da? Scott ist...er ist...," „Nur noch am Leben weil er ein Wahrer Alpha ist." „Er hat mir heute das Leben gerettet," ich schüttele ungläubig den Kopf und trete einen Schritt von Stiles zurück. Ich weiß, dass er die Wahrheit sagt. Zumindest seine Wahrheit und ich möchte ihm glauben. Doch seine Worte klingen verwirrend, seine Wut ist abschreckend und alles was ich in diesem Moment zu wissen glaube, ist die Tatsache, dass Theo mir heute Nacht das Leben gerettet hat, obwohl er auch hätte abhauen können. Ich möchte Stiles glauben, kann es in diesem Moment jedoch nicht. Er verhält sich aufgebracht und seine Worte scheinen keinen Sinn zu geben. In dieser Sekunde erkenne ich den Jungen vor mir nicht mehr wieder und das macht mir gehörig Angst.
„Und das wird er wieder tun," Stiles Stimme ist in der Zwischenzeit lauter geworden, doch noch immer nicht laut genug, damit sie an Theos Ohren dringen kann, „Und wieder und wieder. Bis er sich irgendwann dazu entscheidet, dass du nicht länger wichtig für seine Pläne bist und dann wird er entweder dich oder deine Freunde töten." Ich starre den Jungen fassungslos an, bevor ich langsam den Kopf schüttele. Ich spüre das unangenehme Brennen in meiner Kehle und den Druck hinter meinen Augen. Meine Finger krallen sich in den Stoff meiner Hose und ich muss meine ganze Körperkontrolle zusammenraufen, um nicht auf der Stelle loszuheulen. Stiles scheint meinen Gefühlsumschwung zu bemerken. Er lässt die Hände langsam sinken, fährt sich anschließend mit einer unruhigen Bewegung durch die Haare, bevor er mit einer leisen Stimme zugibt: „Ich möchte nur, dass du weißt worauf du dich bei ihm einlässt," er richtet seine braunen Augen auf mich und mir fällt es schwer die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, „Charley." Mit dem nachhallenden Klang meines Spitznamens dreht sich Stiles von mir weg und eilt mit schnellen Schritten zurück in die Hütte. Ich starre ihm sprachlos nach. Die Hitze in meinen Wangen brennt. Heiße Tränen laufen über meine Haut und zitternd schließe ich für wenige Sekunden die Augen.
Stiles hat sich an meinen Spitznamen erinnert.
Er hat mich vor Theo gewarnt und mir Dinge erzählt, die er getan haben soll.
Plötzlich weiß ich nicht länger, was ich denken oder tun soll.
„Charley?"
Die fragende Stimme von Theo tönt geschwächt durch die Nacht und langsam wische ich mir mit meiner Hand über das tränennasse Gesicht. Mein Spitznamen aus Theos Mund zu hören, hat einen ganz anderen Effekt auf mich, als ihn von Stiles zu hören. Trotzdem fühlt es sich in der Zwischenzeit richtig an, den Namen auch aus Theos Mund zu hören. Mit einer zögerlichen Bewegung drehe ich mich zu dem Jungen um, de geschwächt an seinem Wagen lehnt und geduldig auf mich wartet. Ich werfe noch einen letzten Blick zurück zu der heruntergekommenen Hütte, in der Stiles, Scott und die Anderen wahrscheinlich noch immer über die Geschehnisse des Abends philosophieren. Doch dann wandern meine Augen wie von selbst zu Theo, der mich schwach anlächelt. Ich wische mir ein letztes Mal über die tränennassen Augen, bevor ich mich in Bewegung setze und das Auto mit einem kleinen Lächeln ansteuere.
Er hat mir heute das Leben gerettet und egal, was Stiles mir gerade erzählt hat...in dieser Sekunde ist Theo mein Ritter in scheinender Rüstung.
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Hoffe euch gefällt das Kapitel. Würde mich über etwas Rückmeldung freuen - denkt ihr Charlotte vertraut Theo zu schnell oder sogar zu langsam?
Lg CoolerBenutzername
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