On the Storm
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Neues Kapitel und neues Cover.
Irgendwelche Meinungen dazu?
Lg CoolerBenutzername
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Er lebt.
Mein Bruder ist noch am Leben.
Fassungslos fahre ich mir bereits zum wiederholten Male durch meine schulterlangen Haare, die durch die pausenlosen Berührungen bereits anfangen sich protestierend zu locken. Unruhig tigere ich in meinem Schlafzimmer herum, auch wenn sich der Raum nicht länger wie ein Teil meines Lebens anfühlt. Er ist derselbe geblieben und doch hat sich alles hier verändert. Bilder, Nachrichten, Erinnerungen. Sie sind alle aus diesem Zimmer verschwunden und ich habe Angst, dass sie auch bald aus meinem Kopf verschwinden werden. Genau wie die Erinnerungen an meine Familie.
An Mom.
An Dad.
An Clay.
Clay.
Ich atme tief durch und versuche an der überwältigenden Hoffnung, meinen Bruder vielleicht wieder lebend zu sehen, nicht verrückt zu werden. Jedoch bohrt sich das Gefühl von Hoffnung in mein Herz, während mein rationales Denken dagegen anzukämpfen versucht. Ich möchte mir eigentlich keine Hoffnung machen, weil ich einer noch größeren Enttäuschung entgehen möchte. Noch ein zweites Mal von Clay's Tod zu erfahren würde ich wahrscheinlich nicht überstehen können.
Irgendwo in der Nachbarschaft fährt ein Auto mit quietschend lauten Reifen weg und unterbricht mein nervöses Beinevertreten.
Ich lasse mich langsam auf mein Bett nieder. Die Matratze gibt leicht unter meinem Gewicht nach und seufzend atme ich aus.
Die Ghostrider sind hier.
Sie haben mich aus den Erinnerungen meiner Familie und meiner Freund gelöscht.
Laut ihnen existiere ich nicht mehr.
Laut ihnen habe ich nie existiert.
Frustriert raufe ich mir die Haare und versuche mich selbst zur Ruhe zu zwingen. Scott und Stiles würden sich irgendwann wieder an mich erinnern können. Wir sind Freunde seit der Grundschule und selbst Clay war einer ihrer besten Freunde. Und mit ihrer Hilfe würde ich auch Mom und Dad wiederfinden, denn die beiden Freunde haben irgendwie ein Talent dafür mysteriöse Fälle zu lösen. Und mit Mom und Dad würde ich auch Clay finden - falls meine Hoffnungen tatsächlich stimmen und er wieder am Leben ist.
Langsam schüttele ich den Kopf und versuche die neu aufsteigende Hoffnung sofort mit einem ernüchternden Gedanken zu ersticken. Clay kam bei einem Unfall ums Leben. Selbst wenn ich nie existiert hätte, hätten die Ärzte im Krankenhaus sein Leben nicht retten können. Warum sollte er also in dieser Vision der Welt am Leben sein?
Ich versuche diese Frage ernsthaft zu beantworten und schließe dafür die Augen. Ich denke an meine Kindheit zurück. An unsere Kindergartentage in Florida. Der Umzug nach Beacon Hills. An unseren Schulanfang, bei dem Stiles ausversehen in Clay gestolpert ist und sie sich daraufhin angefreundet haben. Ich erinnere mich daran, wie mein Bruder sich erst mit dem braunhaarigen Junge, dann mit Scott, angefreundet hatte und mich dann irgendwie mit in die Freundschaft gezogen hat. Wir sind gemeinsam aufgewachsen. Doch nach Clays Tod hatte ich mich von den beiden Jungen schnell wieder distanziert.
Ohne Clay hat sich unsere Freundschaft einfach nicht richtig angefühlt.
Ich schlage die Augen auf und muss schmerzhaft plötzlich an den Todestag meines Bruders denken.
Scott und Stiles hatten mich noch im Krankenhaus fest in den Arm genommen und dann plötzlich angefangen von Werwölfen und Jägern zu reden. Ich habe sie wütend weggestoßen, sie angeschrien den Tod meines Bruders auszunutzen und sie dann monatelang gemieden. Ich hatte ihnen damals keinen Glauben schenken wollen - können - und hatte ihren Geschichten erst geglaubt als ich die Veränderungen in Beacon Hills selbst bemerkt habe. Menschen sind verschwunden. Erinnerungen haben keinen Sinn mehr gemacht und geheimnisvolle Reiter waren unterwegs. Ich hatte mich bei Scott und Stiles sicher gefühlt und trotzdem sitze ich jetzt hier. Alleine.
Wie gerne hätte ich jetzt Clay an meiner Seite, er würde wissen was zu tun ist.
Ich stütze meine Ellenbogen auf meinen Oberschenkeln ab und lege meinen brummenden Kopf in meinen Händen ab. Clay wusste immer was zu tun ist. Clay wusste immer alles. Schon als Kinder war er immer der Schlauere. Der Kämpfer. Der Anführer und doch hatte ein dummer Unfall dazu geführt, dass er jetzt Tod ist.
Oder etwa nicht?
Nervös stehe ich vom Bett auf und fange wieder damit an, nervös durch das Zimmer zu tigern. Ich brauche einen Plan. Das würde Clay sich jetzt denken. Und Stiles und Scott. Selbst meine Freundin Lydia, würde in diesem Moment wohl so denken. Überzeugt nicke ich vor mich hin, während ich nachdenklich auf meiner Unterlippe kaue.
Die Ghostrider haben mich ausgelöscht.
Niemand erinnert sich mehr an mich.
Doch wo sind meine Eltern?
Clay?
Ich fahre mir mit einer nachdenklichen Bewegung durch die Haare und tigere weiterhin unruhig durch mein Zimmer. Die alten Holzdielen quietschen unter meinem Gewicht und irgendwie vermisse ich das regelmäßige Ticken unserer Standuhr, deren Klingeln immer zur vollen Stunde durch das gesamte Haus gehallt ist. In diesem Moment bewegt sich der Zeiger meiner Wanduhr. Es ist Punkt 12 Uhr, doch das dunkle Haus bleibt in schweigender Dunkelheit gehüllt.
Mom.
Dad.
Clay.
Ich spüre wie mein Herz bei dem Gedanken an meinen Bruder einen nervösen Sprung macht und schnell lenke ich meine Konzentration zurück auf mein Problem. Ich existiere nicht länger und kann mich plötzlich auch nicht mehr auf Freunde oder Familie verlassen.
Doch plötzlich fällt mein Blick auf die kleine Holzschachtel in meinem Bücherschrank. Nach dem Umzug nach Beacon Hills hatte ich sie dort verstaut, ohne jemals nochmal einen Blick hinein zu wagen. Doch in diesem Moment finden meine Augen nahezu automatisch die kleine Schachtel, in der ich damals Erinnerungen verschlossen habe. Bilder, Fotos, Spielzeug...und mit ihnen auch eine Nummer. Eine Nummer.
Um genau zu sein, erinnere ich mich plötzlich wieder an die alte Telefonnummer aus Florida. Meine Mutter hatte mir und Clay nach dem Umzug erzählt, dass wir mit dieser Nummer unser altes Leben anrufen und wir somit immer an Florida festhalten könnten. Seit dem hatte ich die Nummer nicht mehr in den Händen, doch mit der Telefonnummer kommt plötzlich auch ein Gedanke in meinen Kopf.
Ohne mich, wäre meine Familie vielleicht nie nach Beacon Hills gezogen.
Vielleicht wohnen sie noch immer in Florida, in dem alten Haus meiner Großeltern.
Mein Herz macht bei diesem Gedanken einen nervösen Sprung und plötzlich spüre ich das unruhige Zittern meine Hände. Ich eile zu meinem Schrank und ziehe die kleine Kiste hervor. Ich habe Angst die Existenz der Nummer wieder zu vergessen, weshalb ich den Deckel der Kiste fast schon panisch aufreiße. Dunkle Schatten liegen auf dem Inneren der Schachtel und schnell drehe ich sie dem Licht zu, um dir Sammlung im Inneren betrachten zu können.
Noch immer liegen die Fotos von mir und meinem Zwillingsbruder ganz oben. Doch ich bemerke sofort die Veränderungen in den Bildern. Mit zitternden Händen nehme ich sie aus der Kiste und blättere sie schweigend um. Auf jeden Foto fehlt mein Bruder. Nur ich bin zusehen und grinse manchmal lachend, manchmal genervt in die Kamera. Ich kann mich bei jedem Bild noch gut an die Grimasse von Clay erinnern, doch selbst meine Erinnerungen bringen die originalen Fotos nicht zurück.
Ich schlucke schwer und lege die Bilder neben mir auf das Bett. Ich versuche sie nicht länger anzustarren und meine Aufmerksamkeit zurück auf die Nummer zu richten. Doch ich befürchte bereits, dass auch sie aus der Kiste verschwunden ist, wie jegliche festgehaltene Erinnerung an meinen Bruder.
In diesem Moment finde ich eine getrocknete Blume. Ich hatte sie kurz vor dem Umzug von einem Jungen geschenkt bekommen. Damals wusste ich nicht mehr als seinen Namen und nachdem wir nach Beacon Hills gezogen sind, habe ich den Kontakt zu ihm verloren. Ich hatte deshalb wochenlang schlechte Laune und nur Clay hatte es geschafft mich aufzumuntern. Vor allem dann, als er sich mit Stiles angefreundet hatte und sie mich mit in ihre Gruppe aufgenommen.
Ich spüre wie sich bei dieser Erinnerung eine heiße Träne aus meinem Augenwinkel löst und langsam über meine Wange läuft. Ich möchte sie nicht wegwischen, auch wenn sie auf meiner Backe kitzelt. Stattdessen lege ich auch die getrocknete Blume vorsichtig neben mich auf das Bett, bevor ich erneut einen Blick in die Schachtel werfe und dann endlich das entdecke, was ich gesucht habe.
Die Nummer.
Sie steht auf einem länglichen Zettel, der ganz nach unten gerutscht ist. Jetzt halte ich ihn in meinen schwitzigen Händen und Falte ihn vorsichtig auseinander. Mein Herz schlägt rasend schnell gegen meinen Brustkorb und ein unruhiges Kribbeln macht sich in meinem Magen breit. Ich vergesse für wenige Sekunden zu atmen und klappe das Papier auseinander. Dann sehe ich die geschriebenen Zahlen und atme erleichtert aus.
Die Nummer.
Sie ist noch da.
Ich möchte nach meinem Handy greifen und sie so schnell wie möglich eintippen. Herausfinden ob die Nummer noch immer stimmt und ob jemand abnimmt. Ob Mom das Telefon abnimmt. Dad. Clay.
Meine Finger zittern so stark, dass ich mehrere Versuche brauche um überhaupt erstmal die Vorwahl von Florida einzutippen.
Dann mache ich mich an die Festnetznummer und brauche auch hier mehrere Versuche um die richtigen Zahlen einzutippen. Meine schwitzten Finger hinterlassen wässrige Schmierspuren auf dem Display und gerade als ich den Anruf starten möchte, wird mein Handy kurz schwarz, bevor es mir einen eingehenden Anruf anzeigt.
Scott McCall.
Vor Schreck lasse ich das Handy fallen. Es fällt auf den weichen Teppich und klingelt ununterbrochen weiter. Mein Herz rast und ich spüre den kalten Schweiß nun auch auf meiner Stirn. Ich starre mein Handy an und frage mich, was ich nun machen soll.
Annehmen?
Auflegen?
Nichts?
Ich bin nervös und lasse das Handy weiterklingen. Ich hoffe dass Scott irgendwann aufgibt und auflegt. Doch dann wird mir plötzlich klar, dass das hier vielleicht meine einzige Chance ist, um mit dem Teenager zu reden. Schnell bücke ich mich und hebe das Handy auf. Es klingelt noch immer und tief atme ich durch. Ich habe keine Ahnung was ich gleich sagen werde, doch ich vertraue auf mein Gefühl. Ich hebe den Finger und möchte den Anruf annehmen...im selben Moment wird der Bildschirm ein zweites Mal schwarz und der Anruf wird von alleine beendet.
Scott hat aufgelegt.
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