Verrat?
Prompt-Aufgabe: "Wie konntest du mir so etwas antun? Ich dachte, wir wären Brüder!"
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Gerade in dem Moment, wo der Körper unter mir aufhört, sich zu bewegen, sich gegen mich zu wehren, höre ich, wie ein Schlüssel in der Tür diese öffnet. Nachdenklich sehe ich auf die Uhr, die mir anzeigt, dass es noch zu zeitig ist, dass mein Bruder schon nach Hause kommen könnte. Und doch kann nur er es sein. Sonst hat niemand einen Schlüssel zu unserem Haus. Während ich das Kissen, von dem Gesicht des Mannes unter mir nehme, höre ich, wie sich jemand Schuhe und Jacke im Flur auszieht. Es dauert dann auch nicht mehr lange, bis mein Bruder in der Tür zur Wohnstube steht. Eigentlich wollte er diese wohl betreten, bei der Szene, die sich ihm aber bietet, bleibt er abrupt stehen und sieht ungläubig zu mir.
"Du bist zeitig zurück.", meine ich, während ich das Kissen auf die Couch schmeiße.
"Was hast du getan?", kommt als Antwort zurück, dabei klingen die Worte fast tonlos. Dennoch verstehe ich ihn.
"Ein Hindernis beseitigt." Wonach sieht es denn sonst aus? Und wieso ist er jetzt überhaupt schon zu Hause? Eigentlich sollte er davon nichts mitbekommen...
"Ein Hindernis? Er ist mein Freund!" Und wieso klingt er jetzt so hysterisch? Außerdem...
"Du meinst, war...", stelle ich mit einem Blick zu dem Mann auf dem Boden fest. Der sieht eindeutig tot aus. So starr, wie der nach oben schaut. Auch mein Bruder sieht nun zu dem Mann und schluckt hart, dann schüttelt er den Kopf und holt sein Handy aus seiner hinteren Hosentasche heraus.
"Das reicht.", meint er, während er auf dem Display herum drückt. In wenigen Schritten bin ich bei ihm und reiße ihm das Smartphone aus der Hand. Ohne einen Blick darauf zu werfen, schmeiße ich es einfach von mir fort und frage drohend: "Was sollte das werden?"
"Was wohl? Du bist hier eindeutig zu weit gegangen.", erwidert er aufgebracht, wieso auch immer, während er versucht wieder an sein Handy zu kommen, doch halte ich ihn fest, um ihn daran zu hindern.
"Du hast ihn umgebracht! Du solltest dich stellen!", redet er nun auf mich ein, doch schüttel ich nur den Kopf.
"Mich stellen? Wieso? Ich hab das doch für uns getan." Versteht er das denn nicht? Dieser Mann wollte sich immerhin zwischen uns stellen. "Er wollte dich mir wegnehmen. Das musste ich doch verhindern." Versteh das doch.
"Mich dir wegnehmen? Von wegen! Wir wollten zwar ein Leben zu zweit, dass heißt aber nicht, dass ich keinen Kontakt mehr zu dir gehabt hätte. Nur halt nicht mehr so oft, wie jetzt." Was im Grunde das Gleiche ist. Weniger Kontakt, heißt für mich, gar kein Kontakt. Und das konnte ich nicht zulassen.
"Er wollte sich zwischen uns drängen, dass du dich von mir entfernst. Verstehe doch, dass ich dass nicht zulassen konnte. Weder bei ihm noch bei..." Oh... Jetzt sollte ich wohl aufhören zu reden. Immerhin braucht er das nicht zu wissen. Doch scheinen ihn meine Worte schon stutzig genug gemacht zu haben. Seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen, aus denen er mich misstrauisch ansieht, während er sich erkundigt: "Bei wen? Wen hast du noch etwas angetan?"
Na gut... Wenn er es unbedingt wissen will. "Deine zwei Ex-Freunde, die eine ernstere Beziehung mit dir wollten und unsere Eltern." Alles Menschen, die sich zwischen uns stellen wollten, uns auseinander bringen wollten.
"Aber... Unsere Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Und die Zwei... Du meintest, sie hätten mich verlassen und wollten mit mir nichts mehr zu tun haben. Das sie mir nur was vorgespielt hätten." Nun klingt er wieder ziemlich hysterisch, worüber ich nur meine Augen verdrehen konnte. Und auch über diese Worte. Eigentlich ist er doch sonst nicht so dumm.
"Was unsere Eltern betrifft... Ja, weil die Bremsen versagten. Es ist so einfach, diese zu manipulieren. Und die anderen Zwei. Na ja... Freiwillig verlassen hatten sie dich nicht. Doch Tot konnten sie dich nicht mehr kontaktieren." Und er sie ebenfalls nicht mehr erreichen. Dabei war es so einfach ihm weiß zu machen, dass sie nicht ans Handy gehen, weil sie nichts mehr von ihm wissen wollten. Und da keiner nach ihnen gesucht hatte oder wusste, dass sie uns kennen, hatte er auch nie erfahren, dass sie nicht mehr leben.
"Was?", meint er nun fast tonlos, schüttelt dann jedoch den Kopf und sagt immer wieder: "Nein. Das kann nicht sein." Mittlerweile hat er auch seine Hände in seinen Haaren vergraben und zieht leicht an ihnen. Was das auch immer bringen soll. Ich hoffe er beruhigt sich bald wieder, damit wir die Leiche beseitigen können.
Gerade als ich selber ihn dazu bringen wollte, sich endlich wieder zu beruhigen, klingelt es an der Tür, was mich fragend in den Flur sehen lässt. "Erwartest du Besuch?" Ich jedenfalls nicht, doch auch mein Bruder schüttelt nur den Kopf.
"Warte hier.", meine ich zu ihm. Es wäre wohl nicht so gut, wenn jemand Fremdes ihn so aufgewühlt sieht. Und zu meinem Glück scheint er auf mich hören zu wollen, da er mit einem Kopfnicken seine Zustimmung signalisiert. Somit gehe ich allein zur Tür und öffne diese. Allerdings möchte ich sie gleich darauf wieder schließen. Da stehen doch tatsächlich zwei Polizisten vor unserem Eingang. Nur warum? Wieso sind die hier?
"Wir haben einen Anruf aus dem Haus erhalten.", meint einer der zwei Männer in Uniform.
"Was?" Das kann nicht sein. Er hätte doch niemals.... Oder? Fassungslos drehe ich mich um, als ich Schritte hinter mir wahrnehme und kurz darauf steht mein Bruder hinter mir und meint: "Ich hab die Nummer der Polizei gewählt und noch bevor du mir das Handy aus der Hand nehmen konntest auf 'anrufen' gedrückt."
"Was?", wieder entkommt nur dieses eine Wort meine Lippen. Er will mich wohl verarschen? Wieso sollte er das tun? "Das heißt... Die ganze Zeit... lief das Telefonat?"
"Ja! So ist es. Und wir konnten alles mit anhören.", antwortet einer der Polizisten, anstelle meines Bruders, während der andere mich grob packt und mir Handschellen anlegt, bevor er meint: "Sie sind verhaften, wegen mehrfachen Mordes."
"Nein!", entkommt es mir ungläubig. Das kann doch nicht wahr sein. Er würde doch nicht... Nicht er... Wieso? Noch während ich versuche das alles zu begreifen, werde ich aus der Tür gezerrt und zu dem Polizeiwagen gebracht, der vor unserer Einfahrt steht. Mit aller Kraft, drückt man mich in das Auto hinein, hinten auf die Rückbank und währenddessen schaue ich zurück, zu meinen Bruder und rufe: "Wie konntest du mir so etwas antun? Ich dachte wir währen Brüder!" Und Brüder verraten sich nicht! Sie liefern einen nicht aus! Sie halten zu einem!
"Das selbe könnte ich dich fragen.", höre ich noch seine Antwort, ehe sich die Tür schließt und das Fahrzeug sich kurz darauf in Bewegung setzt.
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