Chapter 17
(Sicht: Mimi)
Mein erster Reflex ist der Griff zum Handy, um Hilfe zu rufen, bloß fällt mir in dem Moment auf, dass ich meins nicht dabeihabe.
"Aish!", rufe ich.
Einige Schaulustige bleiben am Straßenrand stehen, um Fotos zu machen und ich bemerke wie Leute aus dem Eingang des brennenden Gebäudes strömen.
Erschüttert gehe ich zu ihnen.
"Viele sagen, die Gardinen der alten Dame aus dem zweiten Stock hätten Feuer gefangen.", erklärt mir ein Jugendlicher, nachdem ich mich erkundigt habe, was passiert ist.
"Kein Plan ob das stimmt, jeder gibt dem anderen die.... Ahhh Mist, mein Ipod ist noch da oben!"
Er will wieder reinrennen, aber seine Eltern halten ihn zurück.
Unter Schock sehe ich die weiße Fassade des Gebäudes hinauf.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, befindet sich Yooras Apartment direkt unter dem Dach. Ob ihr jemand wegen des Feuers Bescheid gesagt hat? Kommen sie und Chanyeol noch aus ihrer Wohnung?
Tausend Gedanken schwirren in meinem Kopf und während ich nichts tuend dastehe, bricht um mich herum Chaos aus.
Immer mehr Leute treten aus dem Gebäude, manche fangen an sich gegenseitig zu beschimpfen und eine verzweifelte Frau will wissen ob schon jemand die Feuerwehr gerufen hat. Keiner beachtet sie und mit grauen sehe ich dabei zu wie sich das Feuer ungehindert Fenster um Fenster ausbreitet.
Die Leute, die jetzt aus der Tür ins Freie treten, sehen eindeutig mitgenommener aus, als die zuvor. Ich lasse meinen Blick suchend über die Menge schweifen, jedoch ohne ein mir bekanntes Gesicht zu sehen.
Die Zeit vergeht und Yoora und Chanyeol tauchen nicht auf.
Vielleicht sind sie gar nicht Zuhause...
"Die Geschwister von ganz oben sind noch da drin!", ruft auf einmal ein Mädchen und meine Hoffnung wird zunichte gemacht.
Mehr Zeit vergeht.
Warum kommen sie nicht? Und verdammt, wo bleibt die Feuerwehr?
Wie elektrisch aufgeladen starre ich weiter auf den Eingang, warte und warte, bis anscheinend jeder das Haus verlassen hat.
Jeder außer Chanyeol und Yoora.
"Die Feuerwehr fährt jetzt los!", verkündet irgendjemand aus der Menschenmenge und hält sein Handy in die Höhe.
Sie fahren jetzt erst los?!
Die Feuerwehrstation ist auf der anderen Seite der Stadt, sie werden niemals rechtzeitig da sein!
Mein Blick huscht immer wieder zwischen den aufsteigenden Rauchwolken und der panischen Menschenmenge hin und her. Das Feuer wird Chanyeol und Yoora bald erreichen und die Flure dürften schon voll mit Rauch sein.
Ich wäge ab wie weit ich wohl noch in das Gebäude vordringen kann. Ob ich es bis ganz oben schaffe?
Aber was soll ich schon ausrichten können?
Was wenn die beiden nicht in der Lage sind, das Haus zu verlassen?
Aber ich muss etwas unternehmen!
Ich balle meine Faust zusammen, als ich einen Entschluss fasse und noch bevor mich jemand zurückhalten kann, presche ich nach vorne ins Innere, des in Flammen stehende Haus.
Du bist verrückt!, sage ich zu mir selbst, als ich die Treppenstufen hochspringe. Verrückt, verrückt, verrückt.
Aber jetzt kann ich nicht mehr zurück. Ich habe mich entschieden.
Treppe um Treppe arbeite ich mich vorwärts, in einer Geschwindigkeit, die ich mir selbst nie zugetraut hätte. Dabei rufe ich abwechselnd Chanyeols und Yooras Namen, in der Hoffnung, sie antworten oder kommen mir auf halbem Weg entgegen.
Natürlich passiert nichts von beidem und kaum erklimme ich den Absatz zum zweiten Stock, erwartet mich der beißende Geruch des Rauches, der langsam von oben nach unten zieht.
Noch drei Stockwerke, bis zur letzten Etage.
Ich atme tief ein, ziehe mir mein T-Shirt über den Mund und bewältige die weiteren Flure und Treppenstufen.
Beim letzten Mal ist mir gar nicht aufgefallen, wie geräumig das Treppenhaus ist und jetzt verfluche ich diese große Fläche, da es viel Zeit braucht sie zu durchqueren.
Dass ich die Situation unterschätzt habe, fällt mir spätestens dann auf, als ich die ersten Flammen entdecke. Und spüre.
Die Hitze, die von ihnen ausgeht, macht mir das Atmen schwer und Schweiß bildet sich auf meiner Stirn. Die Tatsache, dass ich völlig außer Atem bin und der erstickende Gestank des Rauches Tränen in meine Augen bringt, macht die Situation nicht erträglicher.
Wann bin ich endlich da?
Die Erleichterung hält sich in Grenzen, als ich in der besagten Etage angekommen bin:
Der komplette Flur ist verraucht und Flammen tanzen über den Boden und die Wände hoch in den Dachstuhl, der ächzende Geräusche von sich gibt.
Panik und Zweifel breiten sich bei diesem Anblick in mir aus.
Schaffe ich es bis zur Wohnung? Das Dach wird das nicht lange aushalten, was wenn hier alles zusammenbricht?
Hartnäckig schüttle ich den Kopf. Ich muss diese Gedanken loswerden, schließlich bringen sie mich nicht an mein Ziel.
Mit von Tränen verschleiertem Blick kämpfe ich mich an den Flammen vorbei, zu der Tür, hinter der ich Park Yooras Apartment vermute.
Enttäuschung erfasst mich in einer heftigen Welle.
"Nein...", flüstere ich. Die Tür ist sperrangelweit offen und aus dem Inneren kommen dichte Rauchschwaden.
Sind sie noch da drin? Oder schon längst weg?
Aus dem nichts überkommt mich ein heftiger Hustenanfall, unter dem ich mich vorbeugen muss, bis ich auf dem Boden Knie.
Mist! Chanyeol wo bist du nur?
Nachdem ich mich etwas beruhigt habe, nehme ich all meine Kraft zusammen und schreie heiser: "Chanyeol? Yoora? Wo Seid ihr?".
Keiner antwortet. Ich will mich aufrichten, allerdings lässt das ein zweiter Hustenanfall nicht zu.
"Chanyeol! Yoora!".
Wieder niemand, nur das Knistern von brenndem Holz und das Quietschen von berstenden Türen.
Stolpernd rappele ich mich auf und durchsuche schwerfällig die anderen Wohnungen.
Sie sind genauso leer wie die erste.
Meine Beine werden schlapper, das Atmen wird schwerer und meine Gedanken, sowie mein Blick sind unscharf und benebelt.
Aus meinem zuversichtlichen Rufen wird immer mehr ein verzweifelter Hilferuf. "Hallo? Hört mich jemand?".
Ich bin schon auf dem Weg zurück zu den Treppen, da ich keinen anderen Ausweg sehe, als meine Beine einfach nachgeben und ich zur Seite falle. Der Stoff des T-Shirts rutscht mir dabei vom Gesicht, was mich erneut husten lässt. Regungslos bleibe ich liegen.
Ich will aufstehen und hier endlich verschwinden. Wieder an die frische Luft. Bitte.
Aber ich habe einfach keine Kraft mehr. So sehr ich mich dazu zwinge aufzustehen, gehorchen mir meine Glieder nicht.
Das einzige was ich aus der Verzweiflung heraus schaffe ist ein schwaches Klopfen auf den Boden.
Dong.
Dong.
Der Klag ist hohl und hallt nicht im Geringsten irgendwo nach. Es muss an ein Wunder grenzen, wenn das jemand hört.
"Chanyeol...?". Es ist nur noch ein Flüstern, das ich über die Lippen bringe. "Bitte... Irgendwer...".
Ist das hier das Ende? Werde ich hier in einem brennenden Haus an einer Rauchvergiftung sterben? Wegen meiner eigenen Dummheit?
Nein, ich will das nicht akzeptieren. Das kann nicht da Ende sein.
Nur bin ich nicht in der Verfassung etwas dagegen zu unternehmen.
Schicksalsergeben schließe ich die Augen. Die Wärme des Feuers kommt näher, mein Bewusstsein weicht mehr und mehr der Ohnmacht.
Wenn das wirklich das Ende ist, dann will ich Chanyeol noch einmal sehen. Ich will ihm erzählen, dass ich jetzt weiß wer er wirklich ist, damit er nicht traurig sein muss, dass ich gestorben bin, ohne es jemals zu erfahren. Das er glücklich ist.
Elendig liege ich da, gefangen in meiner eigenen Gedankenwelt.
Plötzlich nähern sich mir Schritte.
Ob sie Realität sind oder nicht, kann ich nicht sagen.
Gequält öffne ich die Augen einen Schlitz weit. Ich erkenne die schattenhaften Schemen der Flammen und der Feuer zerfressenden Türen und Wänden.
Und noch etwas. Etwas riesiges.
Ein Riese der auf mich zukommt.
Was ist das...? Wer ist das...?
Der laufende Schemen bleibt vor mir stehen, bückt sich und ein Arm legt sich um meine Hüfte.
Werde ich jetzt ins Jenseits gebracht?
Dumpfe Worte dringen in meinen Kopf vor, doch ich kriege es nicht hin sie zu entziffern. Auch bleibt mir keine Kraft mich zu wehren.
Ein Kopf senkt sich zu mir hinab.
"Bitte...", murmele ich. "Bitte sag ihm... Das es mir leid tut."
Dann hebe ich vom Boden ab und alles um mich herum wird schwarz.
[...]
Piep. Piep. Piep.
Es ist das wohl schlimmste Geräusch, von dem ich im Jenseits hätte empfangen werden können. So nervig und es erinnert an Krankenhäuser.
Meine Augen öffnen sich von alleine.
Da ist ein grelles Licht, welches mir direkt in die Augen scheint. Geblendet schließe ich die Augen, bis es verschwindet und ich einem Mitte vierzig jährigen Mann ins Gesicht schaue.
Dieser lächelt mich an.
"Willkommen zurück."
Verständnislos sehe ich ihn an. Was für zurück?
Ich bekomme nicht die Gelegenheit darüber nachzudenken was er meint, da eine Person auf mich zustürmt und umarmt.
"Li?", frage ich heiser. In meinem Hals herrscht ein unangenehmes Kratzten.
Mein Freundin nickt heftig und erwidert mit bebender Stimme: "Du hast ja so Glück, das du das überlebt hast. Wie kommst du nur auf die dumme Idee in ein brennendes Haus zu laufen? Du hättest sterben können!".
Kurz stutze ich, bis alles auf einmal zurückkommt. Wie Hagelkörner schlägt die Erinnerung in meinem Gedächtnis ein.
Ich bin nicht tot? Wie bin ich dann aus dem Gebäude ge-?
Panisch sehe ich Li an. "Wo ist Chanyeol? Und Yoora? Geht es ihnen gut?".
Ihr Blick verfinstert sich und sie antwortet nicht sofort. "Sie... haben beide überlebt."
Erleichtert will ich mich aufsetzten. "Wo sind sie? Kann ich sie sehe-".
Meine Freundin hält mich zurück.
"Mimi warte."
In ihren Augen schimmert ein trauriger Glanz, den ich nicht ganz einordnen kann.
"Was ist denn los?", frage ich sie besorgt.
Sie atmet tief ein. "Chanyeol...". Sie bricht ab. "Er... ist weg.
Meine Gesichtszüge entgleisen. "Was?"
Tränen bilden sich in ihren Augen und sie dreht den Kopf weg, während sie erklärt: "Du... Hast fast einen Monat geschlafen. Und Chanyeol ist jetzt weg."
Wenn Lian nicht eine kleine Träne die Wange runterlaufen würde, würde ich das wahrscheinlich als einen Scherz abtuen.
Aber Li weint nie.
Mein Gehirn will nicht verarbeiten, was sie gesagt hat und ich will es auch nicht glauben.
Doch die Worte wiederholen sich in Dauerschleife in meinem Kopf, bis absolute Leere in ihm herrscht.
Chanyeol ist... weg?
____________________________________
Quellen:
(tumblr.com)
(wattpad.com)
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro