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3 | anticlimax

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a n t i c l i m a x

april 2018

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Harry || Als ich aufwache, habe ich einen Büschel braunes Haar in meinem Mund und drehe mich stöhnend zur Seite, nur um in Kates grinsendes Gesicht sehen zu können.

„Morgen, du Schlafmütze", murmelt sie.

„Morgen, Katie", erwidere ich mit verschlafener Stimme und ziehe sie in eine Umarmung, aus der sie sich direkt wieder freistrampelt.

„Nichts da, Harry. Heute ist dein freier Tag und du hast mir versprochen, dass wir ihn bis aufs vollste ausnutzen werden."

Ich stöhne. „Kann ich nicht einfach mit dir in meinen Armen aufwachen? Das ist doch definitiv auch eine Art, den Tag richtig zu nutzen."

Kate streckt mir die Zunge heraus. „Sei nicht so ein Langweiler, Harry. Früher warst du viel abenteuerlustiger."

Früher habe ich mich auch noch bemüht, mit ihrem Tempo mitzuhalten, aber mittlerweile sehne ich mich einfach einmal nach einem gemütlichen Nachmittag. Doch das sage ich Kate nicht, denn sie hat Recht. Ich habe ihr versprochen, dass der Tag heute uns gehören wird, bevor sie in wenigen Stunden wieder nach Australien aufbrechen wird.

Als Schauspielerin hat Kate den Luxus, zumindest monatelang an einem Ort zu verweilen, während ich als Musiker fröhlich durch die Weltgeschichte fliege. Da der Dreh ihrer aktuellen Rolle in der meist gehypten Serie der letzten Jahre allerdings am anderen Ende der Welt stattfindet, hilft uns dieser Luxus nicht wirklich weiter.

„Ich brauche einfach mal eine Pause", murmele ich und vergrabe mein Gesicht in ihren braunen Haaren, die wundervoll nach Apfel duften.

Kate kichert, als meine Finger unter ihr Schlaftop wandern und hält meine Hand auf, bevor sie unter ihrem Hosenbund verschwinden kann.

„Nichts da, H. Dafür haben wir heute Abend noch genug Zeit", meint sie lächelnd und stupst mir gegen die Nase. Ich grinse sie an und klaue mir einen Kuss von ihren Lippen.

Dann strecke ich mich einmal und erhebe mich schweren Herzens aus dem Bett.

Meine Hand streicht durch meine Haare, doch schon Sekunden später fallen mir die Locken wieder ins Gesicht, die langsam wieder zum Vorschein kommen. „Ich mache uns Eier zum Frühstück. Willst du sonst noch etwas anderes?"

Als ich zu Kate heruntersehe, wie sie mich lächelnd ansieht, mit verstrubelten Haaren und den funkelnden Augen, wird mir wieder bewusst, warum ich mich damals in sie verliebt habe. Sie sprudelt über vor guter Laune und Lebenslust.

Das ist es, was mir bei unserem ersten Treffen direkt aufgefallen ist. Das unwiderstehliche Lächeln, das Kate so besonders macht. Ihr Strahlen kann der Sonne Konkurrenz machen.

„Ein wenig Abenteuer wäre gut", entgegnet sie augenzwinkernd.

Lachend ziehe ich Kate aus dem Bett und werfe sie über meine Schulter, bevor ich sie die Treppen heruntertrage. Dort setze ich sie auf ihrem Stuhl ab, den sie seit ihrer ersten Übernachtung für sich beansprucht hat und drücke sie sanft an den Schultern, als sie Anstalten macht, aufzustehen.

„Du kennst unseren Deal, Katie. Das Kochen fällt in dein Gebiet, aber dafür mache ich wenigstens das Frühstück."

Achselzuckend umschlingt sie ihre Beine, was mich nur ablenkt, da sie außer ihrer knappen Shorts völlig nackte Haut zeigt. Das ist es, was mir am meisten fehlen wird, sobald sie wieder im Flugzeug nach Australien verschwindet. Die körperliche Nähe, ihre Haut auf meiner, ihr wunderschöner Anblick.

„Hör auf zu starren. Du wolltest das Frühstück machen, H", meint Kate lachend und nickt in Richtung des Herds.

Ich muss mich zwingen, mich zum Herd umzudrehen. „Ich starre nicht."

„Du bist schon immer ein furchtbar schlechter Lügner gewesen", zieht meine Verlobte mich auf.

Ich schlucke, denn sie hat keine Ahnung, wie gut ich wirklich im Lügen bin. Die größte aller Lügen hat sie ohne jegliche Zweifel geschluckt, viel zu geblendet davon, dass sie ihren Traum erreicht hat.

Schnell nehme ich die Pfanne aus einer der unzähligen Schubladen, bevor sie die Falten auf meiner Stirn entdeckt.

Die Herdplatte wird langsam warm und ich klatsche die ersten beiden Eier in die Pfanne, die daraufhin leicht anfangen zu zischen. Natürlich verläuft mir eines der Eigelbs und lässt den Inhalt dadurch eher wie ein missratenes Studentenessen aussehen, keinesfalls wie ein fünf Sterne Mahl. Ich seufze, denn Kochen ist definitiv keines meiner Talente. Ich kann froh sein, wenn mir das Ei nicht anbrennt.

Ich beiße mir auf die Lippe, um mich besser konzentrieren zu können und sehe den Eiern kritisch dabei zu, wie sie in der Pfanne brutzeln, um sie nicht wieder anbrennen zu lassen. Bei Kates erster Übernachtung in meinem Haus bin ich so von der Rolle gewesen, dass sie sich am nächsten Morgen wirklich in meiner Küche befand, dass ich mit verbrannten Eiern den Rauchmelder ausgelöst habe.

Es ist mir furchtbar peinlich gewesen, doch Kate lachte nur und sagte, dass ich mich damit definitiv in ihr Herz geschlichen hätte. Ihre Worte hatten die gleiche Auswirkung bei mir.

„Erinnerst du dich an unser erstes Treffen, H?" Ich sehe kurz zu Kate herüber, die mich aus verträumten Augen mustert. „Damals bist du auch ein furchtbar schlechter Lügner gewesen."

Ich lache leicht, während ich den Pfannenwender nutze, um eines der Eier anzuheben.

„Ich bin viel zu überrascht davon gewesen, dass du mich nach diesem Casting überhaupt angesprochen hast. Da musste ich mir doch schnell etwas den Fingern saugen", erwidere ich mit roten Wangen.

„Du hast behauptet, dass ich mit dir ausgehen sollte, damit du nicht den ganzen Weg umsonst nach Los Angeles geflogen bist. Dabei weiß jeder, dass du fünf Minuten von dem Casting entfernt eine Luxusvilla hast", zieht Kate mich auf.

Ich zwinkere ihr zu. „Aber die Mitleidsschiene hat funktioniert, oder nicht? Ansonsten säßest du heute nicht bei mir halbnackt in der Küche."

Kate stützt ihren Kopf auf den Beinen ab und fängt an, eine ihrer Haarsträhnen zu mustern.

„Das halbnackt gefällt dir besonders, nicht wahr?"

„Ich mag dich auch angezogen. Solange du die gleiche Person bist", erwidere ich.

Sie erwidert mein Lächeln und für einen Moment lang habe ich Schmetterlinge im Bauch wie bei unseren ersten Treffen. Der Adrenalinkick ist wieder da, der mir immer wieder deutlich macht, dass ich nicht mit ihr kann und auch nicht ohne. Immer, wenn ich denke, dass es besser wäre, das mit uns zu beenden, weil wir uns andauernd in die Haare bekommen, erinnert Kate mich wieder daran, warum ich sie mag.

Es ist wie auf einer Achterbahnfahrt mit ihr, voller Höhen und Tiefen. Manchmal, da fliegen wir so hoch, dass ich glaube, nie wieder landen zu müssen und im nächsten Moment stürzen wir wieder ab, landen schmerzhaft auf dem Boden. Nichts mit Kate sind halbe Sachen, entweder ganz oder gar nicht. Das Fliegen heiße ich nur zu gerne Willkommen, doch ich habe andauernd Angst vor unserem nächsten Fall.

„Hättest du bei unserem ersten Treffen gedacht, dass wir irgendwann einmal hier enden würden?", frage ich, während ich die Eier auf einen Teller häufe und an den Tisch bringe.

Kate ist damit beschäftigt, den Tisch zu decken, hält bei meiner Frage jedoch inne und dreht ihr Gesicht in meine Richtung. „Du meinst, wir beiden hier in Unterwäsche, während ein Ed Sheeran Song aus deinem alten Radio auf uns herabrieselt?"

Ich lache. „Ich dachte eher an unsere Beziehung. Aber ja, so könnte man es auch sagen."

Sie hält kurz inne und denkt nach. Eine Seltenheit, denn normalerweise handelt Kate, bevor sie überhaupt eine Gelegenheit hat, die Handlung zu hinterfragen. Alles an ihr ist direkt und ohne Verluste. „Nein, ich hätte nicht gedacht, dass wir irgendwann einmal wirklich eine Beziehung haben werden. Dafür ist der Anfang viel zu verkorkst gewesen", gibt sie zu. „Aber gehofft habe ich es, denn ich bin gerade genau dort, wo ich hingehöre."

Ich lächele bloß, während sich ein Kloß in meinem Magen bildet.

„Das ist übrigens nicht Ed Sheeran, sondern Sam Smith", meine ich und drehe das Vintage-Radio lauter, welches Ally mir vor Jahren zum neunzehnten Geburtstag geschenkt hat. Ich weiß nicht, warum ich immer noch daran hänge. Wahrscheinlich weil ich einige schöne Erinnerungen damit verknüpfe.

„Wie auch immer. Ihr Musiker klingt alle gleich", scherzt Kate.

Ich bewerfe sie mit einem Stück Speck, dem sie lachend ausweicht und lasse mich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen.

„Findest du es nicht merkwürdig, dass wir auf verschiedenen Kontinenten geboren wurden und dennoch die gleiche Vorstellung vom traditionellen Frühstück in unseren Ländern haben?", merkt Kate irgendwann an, während sie nachdenklich das Toast auf ihrem Teller betrachtet.

Ich verschränke die Beine übereinander und denke kurz über ihre Frage nach. „Vielleicht. Aber da ihr Australier eure Wurzeln ja ohnehin in England habt, ist das doch eigentlich ganz logisch."

Sie verdreht grinsend die Augen. „Hättet ihr Briten nicht andauernd das Gefühl, alle anderen Länder erobern zu müssen, dann gäbe es bei uns vielleicht Pancakes zum Frühstück. Das wäre doch viel cooler!"
Ich lache leicht. „Dafür hättest du in Amerika geboren sein müssen."

Das wäre sowieso viel besser, weil es unsere Beziehung um einiges einfacher machen würde. Aber das spreche ich nicht laut aus.

Katie verzieht das Gesicht, was kleine Fältchen auf ihrer gebräunten Haut entstehen lässt. „Bleib mir bloß weg mit diesem Ami-Kram. Schon schlimm genug, dass du dich selbst als halben Amerikaner siehst."

„Tue ich nicht", protestiere ich sofort grinsend. „Ich habe bloß Los Angeles als meine Wahlheimat gewählt. Du musst zugeben, dass es sich dort ganz gut leben lässt."

Sie belegt ihr Toastbrot mit einer Schicht Spiegelei und träufelt einige Kräuter darüber, weil ich wie immer nicht genügend gewürzt habe. „Los Angeles ist wirklich ganz okay", entgegnet sie lächelnd. „Hast du vor, dass wir nach der Hochzeit dahin ziehen werden, H?"

Ich zucke mit den Achseln und versenke meine Gabel fester als nötig in meinen Eiern. „Keine Ahnung. Eigentlich ist es doch auch egal, oder? Du bist ohnehin immer monatelang in Australien."

Kate lässt ihre Gabel fallen, die mit einem lauten Knall auf einem der weißen Porzellanteller landet, die meine Mutter mir zum Einzug geschenkt hat. „Tut mir leid, Harry. Das ist nun einmal mein Job. Außerdem ist es ja nicht so, als wärst du viel zuhause. Egal wo wir wohnen, du bist ohnehin nicht da."

Seufzend fahre ich mir durch die Haare. „Lass uns nicht streiten, Katie. Wir haben nur noch ein paar Stunden zusammen, die will ich nicht schon wieder damit verschwenden."

„Es ist nicht meine Schuld, dass wir so wenig Zeit füreinander haben", murmelt sie leise. Dann zwingt sie ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Aber okay, lass uns die verbliebende Zeit lieber genießen."

Trotz unserer Einigung ist das restliche Frühstück seltsam angespannt und ich bin froh, als ich nach oben unter die Dusche verschwinden kann.

Nachdem wir uns ausgehfertig gemacht haben, schenkt mir Kate ein echtes Lächeln und ich verschränke unsere Hände miteinander. Augenblicklich kann ich mir vorgaukeln, dass alles wieder in Ordnung ist. Und vielleicht ist es das auch wirklich. Vielleicht bin ich einfach viel zu pessimistisch für diese Welt. Vielleicht denke ich nur zu viel nach.

Gemeinsam gehen wir zu meinem Audi herüber, wo ich ihr die Beifahrertür aufhalte. Kate schenkt mir ein dankbares Lächeln, als ich diese wieder hinter ihr schließe.

Als ich auf dem Fahrersitz Platz genommen habe, starte ich den Motor und sehe fragend zu meiner Verlobten herüber. „Wohin genau wollen wir überhaupt?"

Kate zuckt mit den Achseln. „Wie wäre es mit einem Ausflug in die Oxford Street? Wir sind schon lange nicht mehr in der Stadt gewesen."

Ich verziehe das Gesicht. „Du weißt, dass wir nicht einfach ohne Personenschützer dort auftauchen können."

„Kino?"

Ich seufze. „Zu viele Leute, zu wenig Fluchtwege."

„Das Natural History Museum?"

„Genauso unmöglich um diese Uhrzeit. Aber wir können spazieren gehen, wenn du willst."

Kate schüttelt den Kopf. „Wir gehen immer Spazieren. Lass uns mal etwas Interessantes machen."

Der Motor meines Audis heult auf. „Ich mag Spazierengehen."

Sie legt eine Hand auf meinen Oberschenkel und fängt an, kleine Kreise darauf zu malen. Wenn sie so weiter macht, dann kann ich mich gleich nicht mehr aufs Autofahren konzentrieren. „Ich doch auch, H. Aber können wir bitte einmal etwas anderes machen? Ich will etwas erleben."

„Wir könnten Essen gehen", schlage ich vor.

Als Antwort bekomme ich bloß ein Augenverdrehen, was mich trotz unserer Meinungsverschiedenheit grinsen lässt.

„Vertraust du mir?", fragt Kate schließlich mit leiser Stimme.

Ich zögere. „Meistens. Wieso?"

„Weil ich dich bitte, mir jetzt zu vertrauen. Ich habe eine Idee, was wir machen könnten. Aber du musst dich überraschen lassen", erwidert meine Verlobte mit sanfter Stimme.

Meine Hand streicht ein paar widerspenstige Locken aus dem Gesicht, während ich mich zur Seite drehe, sodass ich ihr genau in ihre braunen Augen sehen kann. Sie funkeln vergnügt und aus diesem Grund nicke ich langsam.

„In Ordnung", stimme ich zu. „Solange du mir versprichst, dass wir uns nicht mitten in eine überfüllte Gegend begeben, denn ansonsten bekomme ich Stress mit meinem Management."

„Versprochen. So viele Leute werden nicht dort sein." Kate grinst zufrieden. „Gib die Adresse der O2-Arena ein."

Sie verdreht die Augen, als sie mein Zögern bemerkt. „Keine Panik, H. Wir werden nicht in die Arena gehen. Das halte selbst ich für riskant. Wir werden einfach in der Nähe parken und dort findet dann unsere Attraktion statt."

Kate zuliebe gebe ich die Adresse der Arena in das Navigationsgerät ein, während sie auf ihrem Handy herumtippt. Als ich mich zu ihr hin beuge, um zu sehen, was sie gerade tut, schüttelt sie nur grinsend den Kopf und hält das Handy aus meiner Sichtweite.

„Sei nicht immer so neugierig, H."

Achselzuckend wende ich mich ab und fange stattdessen an, das Auto endlich aus meiner Einfahrt zu fahren. Da es mitten in der Woche ist, herrscht zumindest in meinem Stadtviertel relativ wenig Verkehr, aber sobald wir uns der Innenstadt nähern, hängen wir im zähen Fluss der Großstadt fest.

„Ist es okay, wenn ich Musik anmache?", frage ich schließlich, als sich ein Sightseeingbus energisch in die viel zu kleine Lücke vor meinem Audi quetscht.

Kate zieht die Augenbraue hoch. „Ist es jemals nicht okay?"

Ich zucke mit den Achseln. „Ich weiß, dass du nicht wirklich auf Musik stehst."

„Das stimmt nicht. Ich bin nur nicht wählerisch", entgegnet sie grinsend.

„Außerdem hast du überhaupt keine Ahnung von jeglichen musikalischen Einflüssen oder anderen Dingen, die meine Branche betreffen."

Sie leugnet es nicht, sondern verschränkt stattdessen unsere Hände miteinander. „Es hat Zeiten gegeben, da hast du das erfrischend gefunden, H."

Ich lächele leicht. „Das tue ich immer noch", versichere ich ihr. „Ich bin jeden Tag dankbar dafür, dass du bei meinem Anblick nicht in Gekreische ausgebrochen bist. Ansonsten würden wir nämlich gerade nicht gemeinsam hier sitzen."

„Das hätte deinem Ego auch nicht gut getan", zieht Kate mich auf.

Ich lache. „Nein, wahrscheinlich hast du damit Recht."

Mein Daumen streichelt über ihren Handrücken, während wir uns in langsamem Tempo durch London bewegen und mich stört der stockende Verkehr nicht im Geringsten. Wenn es nach mir ginge, würden wir den ganzen Tag einfach nur nebeneinander sitzen und die Anwesenheit des anderen genießen.

Die restliche Fahrt unterhalten wir uns über alles, was uns in den Sinn kommt und mir fällt auf, dass wir schon seit langem nicht mehr so viel zusammen gelacht haben. Umso mehr genieße ich es jetzt.

Als wir uns der O2-Arena nähern, gibt Katie mir einige Anweisungen, denen ich folge und schließlich parken wir das Auto auf einem Parkplatz ganz in der Nähe der Konzerthalle. Es ist merkwürdig, dieser so nah zu sein und zu wissen, dass ich heute Abend nicht dort auftreten werde. Ich glaube, dass es das erste Mal ist, dass ich mich hier befinde, ohne einen Auftritt vor der Nase zu haben.

Das Bauchkribbeln fehlt, das ich ansonsten immer an diesem Ort verspüre. Ebenso der Adrenalinkick und das unglaubliche Gefühl, das mich immer dann überkommt, wenn ich nicht wirklich glauben kann, dass das wirklich die Realität ist. Ein wenig vermisse ich all das.

Als mein Blick jedoch aus dem Auto gleitet und langsam die Wand des Gebäudes vor uns hochwandert, hört mein Herz einen Moment an auf zu schlagen. Den Adrenalinkick werde ich heute ebenfalls bekommen, allerdings auf eine Art und Weise, die mir gar nicht behagt.

„Du willst Bungeejumping gehen?", stoße ich fassungslos aus.

Kate nickt begeistert. „Das ist mal ein Abenteuer, nicht wahr?"

Meine Hände umklammern das Lenkrad so fest, dass meine Fingerknochen weiß heraustreten. Keine zehn Pferde werden mich aus diesem Auto herausbekommen.

„Auf keinen Fall! Nie im Leben werde ich mich von einem Gebäude stürzen. Es hat einen Sinn, warum wir Menschen keine Flügel haben", meine ich panisch.

Kates Finger streichen beruhigend über meinen Oberschenkel und beginnen dann langsam, meine verkrampften Hände zu massieren. „Sei nicht so ein Schisser, H. Das macht garantiert total viel Spaß."

„Entschuldige, aber im Gegensatz zu dir hänge ich an meinem Leben", protestiere ich.

„Es wird schon keiner sterben. Hier gehen täglich Leute hin zum Bungeejumping", meint Kate mit sanfter Stimme.

„Die Leute sind alle lebensmüde", stoße ich aus.

Kate zwinkert mir zu und alles an ihr scheint vollkommen entspannt zu sein. „Wie gut, dass wir das ebenfalls sind."

Ich beiße mir auf die Unterlippe und versuche, meinen verkrampften Kiefer zu lockern. „Sind wir das?"

Mir ist es ein Rätsel, wie sie immer von Lebensfreude übersprudeln kann, selbst in Situationen wie diesen. Manchmal befürchte ich, dass sie gar nicht an ihrem Leben hängt. Andauernd stürzt sie sich in eine gefährliche Situation nach der nächsten.

„Bitte, bitte, bitte. Komm schon, Harry."

Ich sehe in Kates braune Augen, die mich flehend ansehen und seufze schließlich, weil ich weiß, dass ich verloren habe.

„Ich werde es mir anschauen, okay?", stimme ich zu, während mein Herz vor Panik immer noch viel zu schnell schlägt. Vielleicht liegt es aber auch an dem dankbaren Lächeln, mit dem meine Verlobte mich jetzt bedenkt.

„Okay", erwidert sie begeistert. „Und wenn du dann doch nicht mehr willst, dann akzeptiere ich das. Aber du musst es zumindest probieren."

Ich weiß, dass Kate das ernst meint und im Notfall auch alleine von dem Gebäude herunterstürzen wird. Doch auch dieser Gedanke kann mich gerade nicht wirklich trösten, während ich mit langsamen Schritten neben ihr zum Fahrstuhl herübergehe, der uns schließlich auf die Plattform fährt.

Dort befinden sich tatsächlich nur drei andere Personen, die genauso lebensmüde wie Kate auf den Sprung hinfiebern und ein paar Mitarbeiter. Meine Verlobte hat also zumindest an ihrem Versprechen festgehalten, mich keinen Menschenmengen auszusetzen. Das hilft mir gerade jedoch auch nicht weiter, denn am liebsten würde ich gerade lieber durch eine volle Oxfordstreet spazieren, als mein Leben zu riskieren.

Die drei Freunde im Alter meiner Mutter stürzen sich nacheinander vom Dach herunter und ich kann ihnen nur mit großen Augen hinterhersehen. Glücklicherweise zerplatzen sie nicht auf dem Asphalt in tausend Einzelstücke.

Wie mechanisch lasse ich mir von einem Angestellten all die Gurte festlegen und lausche den Instruktionen mit einer panischen Stille in mir. Jedes einzelne Wort versuche ich in mich aufzusaugen, um sicherzustellen, dass ich wirklich überleben werde. Kate dagegen strahlt von einem Ohr zum anderen und kann es kaum erwarten, sich endlich vom Gebäude zu stürzen.

„Willst du als Erster springen? Oder soll ich?", fragt sie mich schließlich, nachdem unsere Gurte erneut kontrolliert worden sind.

Wahrscheinlich sollte ich mich anbieten, vor ihr zu springen. Immerhin sollte ich sicherstellen, dass sie überlebt. Aber mein Herz klopft so laut, dass ich es bis in meine Ohren hören kann.

„Spring du als erstes", murmele ich tonlos.

Kate klaut sich einen kurzen Kuss von meinen Lippen, der so schnell vorbei ist, dass ich es gar nicht richtig realisiere. Dann steht sie bereits am Rand des Gebäudes und stürzt nach unten.

Panisch sehe ich ihr hinterher, doch das Kreischen, das sie ausstößt, klingt so vergnügt, dass mein Herz etwas ruhiger wird. Richtig beruhigen kann ich mich jedoch nicht, auch nicht, als Kate schließlich auf dem Boden landet und zu mir nach oben winkt. Sie wirkt so klein, dass ich ihre Bewegung nur erahnen kann und mein Herz rutscht mir in die Hose.

„Bereit?", fragt mich einer der Mitarbeiter, während er mich zu der hervorgehobenen Plattform des Daches führt.

Nein, ich bin überhaupt nicht bereit. Lieber würde ich mich schreiend umdrehen und so schnell flüchten, wie es möglich ist. Aber meine Füße fühlen sich an wie Blei, so schwer, dass ich sie nicht mehr bewegen kann. Meine Lippen sind zusammengepresst, doch selbst wenn sie das nicht wären, würde kein Wort aus meinem Mund herauskommen.

Also nicke ich bloß und schließe mit meinem Leben ab.

Einen einzigen Schritt nach vorne und dann falle ich.

Der Wind umfasst mich und plötzlich kann ich meine Lippen wieder öffnen. Ich schreie, während mein Herz sich anfühlt, als würde es mit mir über den Abgrund fallen. Doch einen Augenblick später breche ich in herzhaftes Gelächter aus. Es fühlt sich an wie Fliegen.

Der Adrenalinstoß ist unglaublich, als würde ich zehn Konzerte gleichzeitig geben und dennoch ist das Gefühl immer noch nicht zu erreichen. Alles an mir ist bis aufs Äußerste angespannt, auf eine gute Art und Weise. Ich bin mir jedem einzelnen Muskel meines Körpers bewusst, jeder einzelnen Hautzelle, jeder winzigen Bewegung. Während ich durch die Luft fliege, bin ich einen Moment lang unsterblich.

Viel zu schnell ist es wieder vorbei und als mir ein Mitarbeiter hilft, auf beiden Füßen zu landen, pocht mein Herz immer noch wie verrückt.

Kate tritt grinsend neben mich. „Und? Wie war es?"

Ein breites Lächeln ist in meinem Gesicht. „Unglaublich toll."

Während ich sie euphorisch küsse, wird mir bewusst, dass die Adrenalinstöße, die Kate mir regelmäßig verpasst, vielleicht doch nicht so schlecht sind. Vielleicht brauche ich sie in meinem Leben, um mich daran zu erinnern, warum es überhaupt lebenswert ist.


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Ihr Lieben,

In diesem Kapitel gab es noch ein wenig Harry und Kate, bevor sie wieder zu ihrem Seriendreh abreisen muss. Ich hoffe, dass es euch gefallen hat.

Irgendwer von euch, der schon einmal einen Bungeesprung gewagt hat? Irgendwer, der es vorhat?

Vielen Dank übrigens für all eure Unterstützung! Das freut mich wirklich immer unheimlich!

Genießt das tolle Wetter, solange es so bleibt!

Bis zum nächsten Mal.

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