
32
Mit wild klopfendem Herzen schleiche ich mich den Gang entlang zu der Steintreppe, die in den Innenhof mit dem Brunnen führt. Ein paar Katzen lümmeln auf dem steinernen Boden herum und miauen verräterisch.
" Seid still!" Zische ich verärgert. Mein Blick erhascht etwas orange-rötliches."Garfield," wispere ich und mustere den Kater, der zwar immer noch dick, aber längst nicht mehr so fett ist wie das letze Mal, als ich ihn gesehen habe.
Ich zucke zusammen, als ich Schritte höre und fliehe in eine Nische an der Wand seitlich des Brunnens. Zitternd presse ich mich an das kühle Gemäuer und lausche den Stimmen zweier Männer.
"Ja...Carlo ist bereits unterwegs. Hoffentlich rast er nicht wieder so."
"Nunzio wird darauf bestehen, zu fahren. Ich glaube unser Hitzkopf hat ohnehin andere Sorgen, als sich darüber zu streiten, wer am Steuer sitzen darf."
"Hast Recht, nach dem Tod von Il Greco, dürfte sich Einiges neu aufteilen. Armando wird die Strippen in die Hand zu nehmen versuchen. Hoffen wir mal, das das Ganze nicht in neue Unstimmigkeiten ausartet."
" Wo wir gerade von Unstimmigkeiten sprechen...soll ich nochmal nach der kleinen Greco sehen? Nicht das sie auf dumme Gedanken kommt. Ist schliesslich die Tochter von Ill Greco." Lacht die Stimme.
" Nee, lass mal. Die braucht Ruhe, nicht das wir sie noch zusätzlich erschrecken. Stell dir mal vor, bei dir guckt mitten in der Nacht ein hässlicher Kerl in schwarzem Anzug ins Zimmer und fragt dich ob du schon eingeschlafen bist."
"Hast wahrscheinlich Recht," seufzt der andere. "Die schläft bestimmt längst und träumt von ihrem Carlo, der sie schon bald über den Tod ihres berüchtigten Alten hinwegtrösten wird."
"Nicht so wie Big Tom, der sich ganz alleine im stillen Kämmerlein die Augen ausheult."
"Manggia, diese verdammten Drecksviecher," eine Katze miaut protestierend, offenbar hat er dem Tier einen Tritt versetzt.
" Wenn das der Alte mitgekriegt hätte, wärst du jetzt ein toter Mann."
"Ja, ach Scheiß drauf. Ich geh pennen."
"Mach das du Pussy. "
"Schnauze oder ich blas dir die Birne weg. "
"Ja, mit Blasen kennst du dich ja aus."
Dreckiges Gelächter ertönt, das sich immer weiter entfernt.
Ich beuge mich leicht vor und erkenne, dass die Typen die Wendeltreppe hinuntergehen und sich eine gute Nacht wüschen.
Ohne weiter zu überlegen, laufe ich zu der steinernen Treppe , die hinunter auf die Wiese führt. Laue Nachtluft umgibt mich . Unwillkürlich muß ich an den Moment denken, als ich in Sonnys Armen lag. Ich rufe mir die Wärme und den vertrauten Geruch seiner Haut in Erinnerung, bevor ich einige Sekunden lang die Augen schliesse und diese Erinnerung zurück in die hinterste Ecke meines Herzens verbanne.
Hell leuchtend steht der Vollmond am Himmel. Ich muss schnell sein, wenn ich vermeiden will das mich irgendjemand sieht.
Keuchend erreiche die Stelle an der Raffael mich vor genau drei Tagen überfallen hat. Die Waffe in meinem Hosenbund wippt leicht hin und her.
" Alles Gute Zum Geburtstag kleiner Engel." Ich spüre eine kalte Hand am Rücken . Hastig drehe ich mich um. Raffaels Augen glänzen im Licht des Mondes. Instinktiv weiche ich zurück, doch er macht einen Satz auf mich zu und packt mich unsanft am Rücken. "Raffael," bringe ich atemlos hervor.
Seine langen Finger ertasten meinen Hals und drücken leicht zu. Ich bin froh, dass er seine Hände von meinem Rücken weggenommen hat, wo sie kurz davor waren die Waffe zu ertasten.
"Du bist dumm, Kleines. So dumm." Raunt er voller Häme, während ich langsam eine Hand an meinen Hosenbund wandern lasse und die Waffe herausziehe.
"Raffael," wiederhole ich, während er den Griff um meinen Hals etwas lockert. Angewidert kneife ich die Augen zusammen, als er seine Lippen auf meinen Mund presst und versucht seine Zunge zwischen meine Lippen zu drängen.
Wissend das es keinen anderen Weg gibt, gebe ich nach und halte im selben Moment die Waffe an seine Schläfe. Augenblicklich erstarrt er und löst seine widerlichen Lippen von Meinen.
"Na los. Drück ab!" Grinst er . Selbst im Halbdunkel kann ich das spöttische Blitzen seiner Augen erkennen.
Er macht einen Schritt zurück, und ich halte die Waffe auf seinen Körper gerichtet. Verdammt, warum habe ich nicht sofort abgedrückt?
"Bleib stehen!" rufe ich. "Oder ich knall dich ab!"
"Ach Kleines." Mit spöttischer Miene legt er den Kopf schräg und kommt auf mich zu.
"Hör auf mich so zu nennen," zische ich.
"Wie süß..." höhnisch schnalzt er mit der Zunge. "Darf nur dein süßes Papasöhnchen dich so nennen? Gott ..wie romantisch" säuselt er verträumt. Dann verfinstert sich seine Miene.
" Von mir aus kann er ruhig seine Spielchen mit dir weiter spielen.Glaubst du wirklich, ich bin so heiß auf dich, dass ich dich unbedingt fi**en und sogar heiraten will?"
"Ich meine, was bildest du dir ein? Zumal du ja mittlerweile gebrauchte Ware bist, nicht wahr? Er fand es ja ganz wundervoll, dir die Unschuld zu stehlen, wie ich hörte. Vor allem, weil das ja von Anfang Teil seines perfiden Plans war."
"Halt deinen verdammten Mund!" presse ich hervor, doch die Waffe in meiner Hand zittert verräterisch.
Raffael seufzt gelangweilt und betrachtet seine Fingernägel.
"Du glaubst mir nicht, stimmt's? Dabei ahnst du längst davon. All die Andeutungen, die du ständig so geflissentlich überhörst. "
"Glaubst du denn wirklich das es Zufall war, dass du auf seine WG, sagen wir mal , gestossen bist?" Das Wort erscheint mir so passend. Obwohl ja dann letztendlich er derjenige war, der gestossen hat, nicht wahr?"
"Halt endlich dein verdammtes Maul!" Voller Verzweiflung hallt meine Stimme durch die Nacht. Raffael macht zwei weitere Schritte auf mich zu. Mein Finger zittert am Abzug, als er seine kalte Hand um Meine schliesst. "Na los . Tu es!"Zischt er. "Du hast ja keine Ahnung, wie es sich anfühlt ein lebender Toter zu sein. Es wäre eine Erlösung. Also tu es!" Seine Hand wandert zum Lauf der Waffe und bohrt ihn förmlich in seine Brust .
" Aber sei dir gewiss, es ist ganz egal was du tust. Dein Sonny wird dich für immer hassen. Er wird sich an das erinnern, was er anfangs in dir gesehen hat. Du kannst dieses Spiel nicht mehr gewinnen , Kleines."
Ungläubig schüttelt er den Kopf. "Das du den Mann verrätst, den du so sehr liebst, nur weil ich dir gedroht habe. Das ist so bittersüß, nicht wahr? Er hingegen ist weniger romantisch veranlagt, und hat sich bereits eine neue Dame zugelegt, die an seiner Seite weilt. Aber wen wundert das?" Seine perfekten Augenbrauen wandern höhnisch nach oben.
"Du lügst!" Presse ich hervor.
Raffaels Blick gleitet voller Schadenfreude an mir herab. " Das wünschst du dir, ich weiß, aber es ist wahr. Und wer könnte es ihm verübeln?"
"Du hast mir mehr vertraut als ihm."
Drück endlich ab, verdammt! fordert mein Unterbewusstsein, doch ich schaffe es einfach nicht meinen Zeigefinger das winzige Stück zu krümmen, das das Leben dieses Widerlings beenden würde.
Er scheint meine Gedanke zu erraten.
"Du bist zu weich." Grinsend lässt er den Lauf der Waffe los und dreht sich um. "Ich kriege dich, so oder so, nur momentan langweilst du mich, kleine Apollonia. Der Reiz , den du auf mich ausgeübt hast, ist weg." Abrupt fährt er herum. Der Mond erhellt seine hassverzerrten Züge.
" Du bist allein. Dein Alter ist verreckt, das liebe Sonnylein hasst dich und für Enza und den lächerlichen Katzenboss, bist du nur noch eine kleine dumme Last, die sie nur dulden, weil du ihrer drogensüchtigen Tochter so ähnlich bist. Glaub mir, ich werde dich noch f**cken , aber den Zeitpunkt musste ich aufgrund all dieser abtörnenden Tatsachen leider verschieben."
"F**ck dich selber!"Ich senke meine Arme auf seine empfindlichste Stelle und drücke ab. Sekundenlang durchzuckt ein ruckartiger Schmerz meine Arme als ich zurücktaumele.
Raffael liegt am Boden und hält sich das blutige Knie. Anscheinend habe ich seinen widerlichen Schwanz verfehlt.
"Du verdammte kleine F**tze!" presst er schmerzverzerrt hervor. "Das wirst du mir..." der Satz bleibt unvollendet.
Ich höre jemanden schreien, als Raffaels Gesicht vor meinen Augen in einer Wolke aus Blut zerreisst.
Jemand packt mich von hinten und zieht mich rückwärts mit sich.
Warum hört der schreckliche Schrei nicht endlich auf? Verzweifelt presse ich mir die Hände auf die Ohren.
"Shhh. Ist ja gut." Tröstet mich eine warme Stimme . "Er kann dir nichts mehr tun ,kleine Göttin der Untoten. "
"Tomasso? "Der Schrei verstummt. Erst jetzt wird mir klar, dass ich diejenige war, die geschrien hat.
Zögernd löse ich mich aus Tomassos Armen und wende mich der Stelle zu, wo Raffaels Leiche liegt.
Voller Entsetzen schlage ich beide Hände vor den Mund. Da, wo vorher seine rechte Wange war, klafft ein blutiges faustgroßes Loch. Einzelne Sehnenstränge schimmern in der blutigen Masse. Auf zittrigen Beinen gehe ich um ihn herum und stosse einen weiteren Schrei aus, als ich in die schreckensgeweiteten Augen blicke. Angwidert wende mich ab und sinke würgend auf die Knie. Tomasso steht da und sieht mir wortlos zu.
"Geht es?" Will er nach einer gefühlten Ewigkeit wissen.
Ich lasse die Frage unbeantwortet und erdulde, wie er fürsorglich seinen Arm um meine Schultern legt.
" Lass uns gehen. Ich sage Big Tom bescheid. Er wird die Leiche beseitigen, bevor jemand was merkt."
Sanft streicht er mir über das Haar. "Es ist vorbei, Apollonia. Er ist tot."
Den ganzen Rückweg über, bis wir das Schloß erreicht haben, versuche ich den Gedanken loszuwerden, das Raffael mir zugeblinzelt hat.
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