29
" Es ist der perfekte Abend für ein gemeinsames Picknick." Santino grinst verschwörerisch, während ich ihm zusehe, wie er eine Decke aus der Kiste am Fußende seines Bettes kramt. Dazu eine Taschenlampe, die er ein paarmal prüft, bevor er sie mir in die Hand drückt.
Ich bin zwar etwas sauer, weil er diesen Tomasso grundlos angegriffen hat, aber da ich immer noch fest entschlossen bin, die verbleibende Zeit nicht mit Streiten zu verbringen , lege ich die Sachen aufs Bett und schlinge meine Arme um seine Hüften.
Er riecht heute besonders gut.
"Nimmst du die Decke oder den Korb?" Natürlich hat Sonny daran gedacht, ein paar Leckereien aus der Speisekammer mitzunehmen.
"Die Decke," seufze ich und geniesse es, wie er sich umdreht und seine Arme um mich legt.
Mir kommt ein Gedanke. Das Picknick wäre die perfekte Gelegenheit ihm Mamas Armbänder zu geben.
"Ich muß kurz in mein Zimmer. Wartest du hier?" Frage ich in unbeschwertem Tonfall.
Er mustert mich ,als hätte ich den Verstand verloren." Vergiss es! Ich komme mit."
"Aber es soll eine Überraschung sein. Du kannst vor der Tür warten!" lenke ich ein.
"Also gut. Warte eben noch." Er knufft die Decke unter seinem Arm zusammen und reicht sie mir, dann ergreift er den Korb.
"Wir können."
"Was habt ihr zwei Süßen denn vor?"
Ich bin gerade dabei in mein Zimmer zu gehen, als Nunzio hinter uns auftaucht. Dem leicht wankenden Gang nach zu urteilen hat er offenbar bereits mehrere Sektgläser geleert.
"Wir machen ein Picknick," erkläre ich .
"Ganz ohne Bodyguards," bemerkt Sonny. "Aha, verstehe." Nunzio zieht vielsagend einen Mundwinkel nach oben.
"Du wirst schon auf dein Mädchen aufpassen nicht wahr? "Er kneift Sonny ein Auge zu. " Aber das Gelände ist ohnehin umstellt. Überall Bodyguards, aber ich bin sicher ihr findet ein ruhiges, unbeobachtetes Fleckchen für euch."
"Geht dich nichts an," entgegnet Sonny kühl. "Und jetzt zisch ab".
Nunizio verschwindet kopfschüttelnd und ich schlüpfe in mein Zimmer.
Hastig ziehe ich das Kästchen mit den drei Armbändern unter meinem Bett hervor. Ich weiß selber nicht, warum ich es dort versteckt halte, schliesslich handelt sich nur um billigen Modeschmuck. Aber der ideelle Wert macht sie für mich unersetzbar. Immerhin hängen sie untrennbar mit der Liebesgeschichte meiner Eltern zusammen.
Ich nehme die Armbänder heraus und versenke sie in meiner Jackentasche. Dann prüfe ich nochmal kurz mein Äusseres im Spiegel und verlasse das Zimmer.
"Jetzt bin ich aber verdammt neugierig," gibt Sonny augenzwinkernd zu.
"Du mußt dich noch etwas gedulden ," grinse ich, bevor wir Hand in Hand das Schloss verlassen.
Es ist sehr mild draussen. Sonny hat Recht. Es ist wirklich der perfekte Abend für ein Picknick zu zweit.
In meinem Magen kribbelt es angenehm, als Sonny mich in den Wald führt. Ich geniesse das Gefühl der Geborgenheit, das seine Anwesenheit mir gibt mehr denn je. Ich vertraue ihm inzwischen vollkommen. Ja , aber nicht genug, um ihm von Raffaels Drohung zu erzählen, quält mich das Unterbewusstsein und ich muß ihm recht geben. Das Einzige was ich hoffe ist, dass er niemals davon erfahren wird , und wenn dann erst, wenn seine Gefühle für mich endgültig erloschen sind und er eine Frau an seiner Seite hat ,die nicht wie ich sein Leben in Gefahr bringt.
Es dämmert bereits, als wir eine moosbewachsene Fläche erreichen,die von großen Steinen und dicht gedrängt wachsenden Tannen umgeben ist . Eine kleine Brücke führt über einen schmalen Bachlauf hinweg, der ein Stück weiter in einem Tümpel mündet. In der Luft hängen die kleinen goldenen Lichter einzelner Glühwürmchen.
"Gefällt es dir?" Sonny krault mit den Fingerspitzen meinen Nacken. "Und wie..."sinniere ich verträumt.
Ein warmes Kribbeln durchflutet mich, als ich seine Lippen im Nacken spüre." Ich habe dir ja gesagt, ich möchte das es besonders ist", seufzt er. "Unvergesslich. So besonders, einzigartig und unvergesslich wie du."
Mein Herz hämmert gegen mein schmerzendes Brustbein.
Sonny führt mich zu einer Fläche unweit der Brücke und breitet die Decke auf dem moosbewachsenen Boden aus. Es sieht lustig aus, wie er da in seinem Anzug kniet und sorgfältig die Decke glatt streicht. Der Blick ,mit dem er zu mir aufsieht, ist verletzlicher als jemals zuvor. Amüsiert beobachte ich, wie er eine altmodische Lampe aus dem Korb holt und an einem kleinen Rädchen herumfummelt, bis sie aufleuchtet und er sie neben die Decke stellt.
Lächelnd streckt er seine Hand nach mir aus. "Komm her, Kleines."
Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös ich bin, als ich mich auf die Decke sinken lasse und ihm zusehe, wie er die Weinflasche neben den Korb lehnt und sich wieder mir zuwendet. "Möchtest du etwas essen? Ich hab gefüllte Oliven eingepackt."
" Danke, nein." Ich schüttle mit dem Kopf. "Ich möchte lieber etwas anderes machen als essen," höre ich mich tollkühn sagen.
"Ach ja?" Sonny setzt eine verblüffte Miene auf. "Was denn?"
"Cretino!" Halb entrüstet verschränke ich die Arme vor der Brust.
"Ach Kleines," er beugt sich vor und platziert kleine Küsse überall auf meinem Gesicht, "du bist so süß, wenn du dich über mich ärgerst."
"Ich glaube, wir müssen als erstes unsere Schuhe und Socken ausziehen, oder?" Frage ich dämlich , um meine Nervosität zu überspielen.
"Du hast Recht, Apollonia," grinst er und zieht sich beides aus.
"Ich streife meine Ballerinas von den Füssen. "Zufrieden?" will ich wissen, obwohl ich doch diejenige war, die den Vorschlag gemacht hat.
"Nein, zufrieden bin ich erst, wenn du nackt unter mir liegst, Kleines", erklärt der Sizilianer mit ernster Miene.
"Sonny!" Ich setze ein empörtes Gesicht auf. " Benimm dich!"
Er streichelt mit dem Zeigefinger meine Wange.
"Ich liebe dich, Apollonia."
"Hastig deute ich auf die Weinflasche. Ich glaube ich muß mir noch etwas Mut antrinken. "
Sonny legt den Kopf schräg und lässt seinen Blick über mein Gesicht schweifen.
"Du brauchst keinen Mut um mit mir zu schlafen. Du mußt mir einfach nur vertrauen, okay?"
"Das tue ich." Ich nestele am Saum der Decke herum. "Aber du weißt ja, das ich mich nicht so gut auskenne."
"Hey,"er nimmt mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. "Genau das gehört zu den vielen Dingen, die ich so sehr an dir liebe. Auch wenn ich weiß, dass sich das mit den Erfahrungen wohl im Laufe unserer Beziehung ändern wird," grinst er schelmisch. "Aber immerhin werde ich immer wissen, dass ich derjenige war, der sie dir geschenkt hat. Und das ich der Einzige bin, der sie geniessen darf."
Ich ignoriere den grausamen Stich, den seine Worte mir versetzten. Ich darf jetzt nicht anfangen zu heulen , verdammt. Zum Glück schafft ein anderer Gedanke es, mich von meiner Seelenqual abzulenken.
"Aber wenn uns hier jemand sieht." Besorgt hebe ich den Kopf und lasse meinen Blick über die moosbedeckten Stämme der Tannen schweifen. "Keine Sorge, Kleines. Die Bäume werden schweigen."
"Dann meinst du wirklich sie sehen uns zu?" Hake ich nach."
" Gönn ihnen doch ein bisschen Spass, die haben sowas Schönes sicherlich noch nie zu sehen bekommen. "
Mit diesen Worten schiebt er seine warmen rauen Hände unter mein Kleid. Eilig ziehe ich mir die viel zu warme Cordjacke aus und lehne mich zurück.
Das Gefühl, das seine Hände auf meinem Körper hinterlassen, ist so berauschend, dass ich beinahe vergesse, dass auch er so schnell wie möglich seine Klamotten loswerden muss. Ich richte mich ein Stück auf und mache mich mit zittrigen Fingern an seinem Hemd zu schaffen. Ungeduldig knöpfe ich es auf und schiebe es ihm nach hinten von den Schultern. Danach lehne ich mich wieder vor und berühre seine Brust und die Arme mit den Lippen, lasse sie an den Tattoos entlang wandern und knabbere zärtlich an der warmen Haut. Jeden Zentimeter will ich erkunden und mir für immer einprägen.
Sonnys Atem geht bereits abgehackt. Ich nestele am Verschluss des Pistolenhalfters herum und mir wird ein bisschen mulmig, als ich die Waffe sehe, die seitlich an dem Gurt befestigt ist. Sonny nimmt sanft meine Hände beiseite und zieht sich das hässliche Ding aus, um es zu meinem Leidwesen direkt neben uns zu legen. "Ich darf die Knarre leider nicht zu sehr aus den Augen lassen, Kleines." Wispert er .
Seine weichen Lippen streifen meinen Hals, nachdem er mir das Kleid über den Kopf gezogen hat . Es dauert nicht lange und ich bin vollbekomm nackt.
"Sonny", keuche ich. "Schnell. "
"Ja Kleines. Ja. " Hastig öffnet er seinen Gürtel und zieht sich die schwarze Anzughose aus.
"Die Boxershorts will ich dir ausziehen," ich richte mich auf und ziehe den Bund leicht nach vorne, bevor ich sie ihm von den Hüften schiebe. Als das lästige Kleidungsstück von seinem Körper entfernt ist, legt er sich zwischen meine Beine. Wir versinken in einem innigen Kuss, bevor seine Lippen wieder meine Halsbeuge streifen, wo er zärtliche Küsse bis zum Ansatz meiner Brüste platziert.
Dann sieht er mir in die Augen und legt seine Stirn an meine.
Die Wärme und Kraft seines Körpers so nah zu spüren, erzeugt ein nie gekanntes Glücksgefühl in jeder Faser meines Körpers. Ich fühle mich beschützt, geborgen und unfassbar begehrt.
Ich schliesse meine Arme um seinen Oberkörper, als er sein Gewicht verlagert und ganz langsam in mich eindringt.
Geduldig hält er inne, als ich aufstöhne und lässt mich den reissenden Schmerz verarbeiten, bis es mir gelungen ist , ihn vollständig in mich aufzunehmen. "Alles okay, Kleines?" Will er mit heiserer Stimme wissen. "Mir gehts gut" ,ich lege eine Hand an seine Wange. Sanft küsst er meine Stirn und beginnt sich vorsichtig in mir zu bewegen."Wenn du wüsstest, wie sehr ich mich nach diesem Moment gesehnt habe," gibt er zu und küsst zärtlich meine Wange bis herunter zu meinem Hals . Das es mir genauso ging, brauche ich ihm nicht zu erklären. Voller Ehrfurcht lege ich eine flache Hand an sein wild klopfendes Herz. "Es gehört allein dir," flüstert er heiser, bevor wir uns so leidenschaftlich küssen, dass ich ihm lustvoll mein Becken entgegen schiebe und wir wie von selbst einen gemeinsam Rhythmus finden, der den Schmerz endgültig vertreibt. Ich klammere mich an seine Schultern, als er sein Tempo behutsam beschleunigt. "Ti Amo Amore Mio. Ti amo." keucht er. "Tu sei il mio unico e Solo"( Du bist mein Ein und Alles).
Hinter meinen Augen sammeln sich Tränen. Ich hebe den Kopf und küsse seine Schulter. Sauge an der warmen Haut und lausche wie gebannt seinem wohligen Stöhnen. Immer wieder küsst er meine Halsbeuge, meine Lippen, meine Wangen und meine Augenlider. "Nicht weinen, Kleines."wispert er und mustert voller Sorge mein Gesicht. "Ich bin einfach so froh, dass es dich gibt, Sonny," flüstere ich und er antwortet mit einem sanften, entrückten Lächeln.
Zwischendurch hebt er seinen Oberkörper leicht zur Seite hin an und beobachtetet mit einer Mischung aus Stolz und Neugier, wie meine Brüste sich im sanften Rhythmus seiner Stöße bewegen. Zärtlich streicht er mit einer Hand darüber und schließt mich dann wieder in seine Arme. "Apollonia, verdammt Kleines...Dio Mio was machst du mit mir?" Keucht er, während sich all meine Lust in einem Knoten zusammenschnürt, der unbedingt gelöst werden will. Es braucht nur ein paar weitere Stöße, um den Knoten zu sprengen und mir die ersehnte Erlösung zu verschaffen. Ich beiße in Sonnys Brust ,während ich mich stöhnend unter ihm aufbäume.
Als die Wellen meines Orgasmus verebbt sind, betrachte ich Sonnys Gesicht , und genieße das Gefühl , das nur ich ihm geben kann, als er mit meinem Namen auf den Lippen seinen Höhepunkt erreicht.Meine Arme schließen sich fester um seinen zitternden Oberkörper, bis er ganz still wird. Stirn an Stirn liegen wir da und sehen uns an, während unser Atem zur Ruhe kommt.
Sonny runzelt kaum merklich die Stirn. Ein glasiger Schimmer liegt auf seinen geweiteten Augen. Sanft streichle ich mit den Fingerspitzen seine Wange. "Ist alles gut?" Er nickt und zeigt ein dreckiges und zugleich absolut glückliches Grinsen. "Ich könnte jetzt sagen, es war geil, aber da ich dich liebe und dieses Wort dir und meinen Gefühlen zu dir nicht gerecht werden kann, wähle ich ein anders Wort: Wundervoll . Es war wundervoll, Kleines. Weil du wundervoll bist. Und ich danke dir, dass du mir etwas von dem Wunder das du bist, abgibst."
Meine Kehle wird von einem fetten Klos verschlossen. " Gern geschehen," Krächze ich mühsam.
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"Wenn wir uralt sind , werden uns hoffentlich immer noch an diesen Moment erinnern können. Kleines,"wispert er als wir irgendwann eng umschlungen daliegen und die ersten Sterne beobachten, die sich am Himmel zeigen. Sonny hat die Decke über uns ausgebreitet ,während unsere Körper auf dem weichen Moss liegen.Mein Herz schlägt schmerzhaft und schwer, der Klos in meiner Kehle dehnt sich immer weiter aus und lässt die Worte auf meiner Zunge bitter und bleiern werden. "Ich werde immer bei dir sein," bringe ich nach einer viel zu langen Pause hervor.
Er schiebt die Augenbrauen zusammen und streicht mit dem Daumen über meinen Wangenknochen.
Ich frage mich plötzlich, ob er unser erstes und einziges Mal wirklich in guter Erinnerung behalten wird, oder ob es ihn insgeheim gestört hat, das ich eigentlich kaum etwas dabei gemacht habe.
"Sonny?"
"Ja?"
"War es besser als mit dieser Martha?". Das Grinsen weicht einem verärgerten Ausdruck. Die Falte erscheint zwischen seinen Augen. "Apollonia," wispert er gefährlich leise. "Bitte vergleiche uns nicht mit dem, was ich mal mit irgendwelchen Weibern hatte. Sie sind alle ohne Bedeutung. Alles was ich mit ihnen hatte war wertlos . Keine kann es ansatzweise mit dir aufnehmen. Ich liebe nur dich. Und daran wird sich niemals etwas ändern. Egal was passiert. Bitte merke dir das."
Ich schlucke nochmals und schmiege mein Gesicht an seine warme Brust, die oberhalb der linken Brustwarze von dem Abdruck meiner Zähne geziert wird. "Sorry dafür, übrigens." Ich deute auf die gerötete Hautstelle. Sonny blickt an seiner Brust herab und hebt amüsiert die Augenbrauen. "Meine Frau hat eben Biss," grinst er.
Ich streiche sanft über seine Haut . "Ich liebe dich so sehr".
"Und ich liebe dich noch viel mehr, "erwidert er tonlos.
Wenn ich nur für immer in seinen Armen liegen könnte. Wie wundervoll wäre das? Aber diese Welt ist nunmal nicht dazu geschaffen, dauerhaftes Glück zu dulden. Es kommt mir manchmal vor, als wäre da irgendwo jemand, der die glücklichen Momente eines jeden Menschen dokumentiert, um anschliessend die Rechnung in Form eines Schicksalsschlages zu schicken, mit dem man für all das erlebte Glück bezahlen muß.
"Was ist eigentlich mit meiner Überraschung?" erkundigt sich der Sizilianer und küsst meine Schulter.
Ich spüre eine Gänsehaut, als wir die Decke anheben.Es ist zwar noch immer nicht ganz dunkel, dafür aber verdammt kühl geworden. Sonny zieht seine Boxershorts an und hebt mich rücklings auf seinen Schoß um kleine, zarte Küsse auf meine Schulter zu hauchen. "Mmhh, ich freue mich jetzt schon auf das nächste Mal, am besten wir warten nicht zu lange damit," seufzt er und umschließt mit den Händen meine Brüste. "Du bist so wunderschön, Apollonia... aber jetzt will ich endlich meine Überraschung!" bricht er die Zärtlichkeiten viel zu abrupt ab.
Er hält die Lampe ein bisschen nach oben ,als ich mein Kleid anziehe und aufstehe um die drei Armbänder aus meiner Tasche zu nehmen . "Hey Augen zu!" Befehle ich. "Und Hand auf!" Folgsam stellt er die Lampe wieder ab und streckt eine Hand aus. " Zu Befehl, Amore!" Bei dem Anblick, wie er dasitzt, die Augen geschlossen, die verschwitzen Locken in der Stirn und dem Pistolenhalfter, das er sich unmittelbar nachdem wir uns geliebt haben, wieder um die Brust geschnallt hat, kann ich ein prustendes Lachen nicht zurückhalten.
Empört öffnet er die Augen. "Was?" Unmittelbar fällt sein Blick auf die Armbänder in meiner Hand.
"Mist," Zische ich."Du solltest doch warten, bis ich es dir erlaube die Augen wieder zu öffnen!"
Aber Sonny starrt nur auf die drei Bänder.
"Sind die für mich?"
"Nein, die sind für Mutter Theresa," wir werden heute noch zu ihrem Grab pilgern und sie dort niederlegen," Scherze ich.
"Ha Ha," Sonny zieht mich in seine Arme und nimmt mir die Bänder ab. "Machst du sie mir um?" Er hält sein Handgelenk in die Höhe und ich schiebe ihm die Armabänder über den Unterarm.
Sie passen haargenau.
"Danke, Kleines." Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn. "Für Jeden unserer verbleibenden drei Tage ein Armband." Rutscht es mir heraus.
Sofort huscht ein Schatten über das Gesicht des Sizilianers. Verdammt. Warum kann ich nicht einfach meine Klappe halten?!
"Verbleibende drei Tage?"
"Bist zu meinem 19. Geburtstag, der ist in drei Tagen," rede ich mich hastig heraus.
" Ja ich weiß, aber unsere gemeinsame Zeit endet doch nicht an deinem Geburtstag , Kleines."
Oh Mann!Der irritierte Ausdruck auf seinem Gesicht ist so süß.
Verdammt! Was bildet Raffael sich eigentlich ein? Mein Blick wandert zu der Waffe in Sonnys Halfter und mir kommt wieder dieser eine verrückte Gedanke. Wenn ich Raffael umbringe, kann er Sonny nichts mehr antun. Ich könnte ihm vorgaukeln, auf sein Angebot einzugehen, um ihn dann in einem unvorhergesehen Moment zu töten. Aber der Gedanke verflüchtigt sich schnell wieder, als mir klar wird, das ich dann endgültig wie mein Vater wäre. Und das will ich ja niemals sein. Und ausserdem sind da ja noch die anderen, die Sonny angeblich tot sehen wollen wenn er , wie Raffael sagte, mit mir zusammenbleibt..."
"Apllonia?" Sonny hat sich bereits das Hemd übergezogen und ist dabei es zuzuknöpfen."Ich war ganz schön nervös." Gibt er zu, als der letzte Knopf geschlossen ist und er nach seinem Sakko greift.
"Aber jetzt bin ich noch nervöser." Er holt tief Luft. "Kleines, ich habe eine Frage an dich. Die wichtigste Frage, die ich jemals in meinem Leben stellen werde. Vor allem, weil es nur bei diesem einem Mal bleiben wird. Egal wie deine Antwort ausfällt. Keine andere wird diese Frage jemals von mir zu hören bekommen. Denn keine andere ist wie du."
Mit einer widersprüchlichen Mischung aus Freude und Entsetzen beobachte ich, wie seine Hand in die Tasche des Sakkos wandert und ein kleines Kästchen hervorholt.
"Sonny...bitte..."
Seine Hand zittert, als er das Kästchen aufploppen lässt. Selbst in der Dunkelheit kann ich den Glanz in seinen Augen sehen.
Bitte lieber Gott, mach nicht das es hier schon endet. Tu mir das nicht an. Ich will meine drei Tage mit Sonny, ich habe ein Recht darauf! Flehe ich innerlich.
Ich werde Nein sagen. Auch wenn dieses Nein gegen alles spricht was ich fühle. Ich werde es sagen. Ich bin stark, ich bin die Tochter eines Don, ich kann das.
"Apollonia-Philomena Greco. Willst du meine Frau werden?" Fragt Sonny mit rauer Stimme.
Ich blicke in den verletzlichen Ausdruck hinein, wie in einen tiefen Abgrund. Er scheut sich nicht den Blick zu erwidern und tief in mein Innerstes zu schauen.
" Ich will deine Frau werden, Sonny, nur.."
Dann sag "Ja" unterbricht er mich hastig.
Seine Augen haben sich bereits panisch geweitet. Ich muß "Nein" sagen, obwohl ich "Ja "meine. Ich kann das. Sonnys Leben, das Leben des Menschen, der mir alles bedeutet, hängt davon ab.
" Ich kann nicht Sonny."
Die Panik in den grauen Augen vermischt sich mit Schmerz. "Was?"
Schon bahnt sich die erste Träne den Weg meine Wange herunter.
Noch nie hat mir irgendetwas so weh getan wie dieser Moment. Lieber würde ich barfuss über rostige Nägel laufen, als diese Worte auszusprechen.
Von wegen drei Tage. Nichtmal ein ganzer Tag davon ist mir vergönnt gewesen. Wenigstes weiß ich, wie es sich anfühlt, ihm vollkommen nahe gewesen zu sein und ihn voll und ganz zu spüren. Als müsste ich nun für diesen Augenblick mit den verbleibenden Stunden bezahlen.
Umso mehr du ihn liebst, umso mehr wirst du ihm weh tun. Hallt Raffaels widerliche Stimme in meinem Kopf.
"Ich habe gesagt, ich kann nicht." bringe ich mühsam hervor. Die letzten beiden Worte enden in einem verzweifelten Schluchzen.
Ganz langsam lässt Sonny seine Hand sinken.
"Dann sag Nein." Der schmerzerfüllte Klang seiner zitternden Stimme gleitet unter meine Haut und gräbt ich wie kleine Dolche in mein Fleisch hinein.
"Sonny, hör auf damit. Bitte."
"Los: Sag Nein!"
Doch ich schüttle nur mir dem Kopf.
"Liebst du mich überhaupt?" Ehrerbietig reckt er das Kinn in die Höhe. Fast erwarte ich, dass er die Hand ausstreckt und einen Handkuss von mir verlangt.
"Ja. Ich liebe dich , Sonny. Das weißt du doch. Aber...wir können nicht zusammen sein. Nicht mehr."
Das ist noch nicht ganz das, was Raffael gefordert hat, aber zu mehr bin ich gerade einfach nicht im Stande. Ich kann ihm nicht noch mehr weh tun, auch wenn ich weiß das es sein muß.
Unbewusst versucht Sonny das Zittern seiner Hand zu verbergen, die immer noch das Kästchen hält. "Dann ist es also Aus zwischen uns? Du machst Schluss mit mir?" Er stösst ein ungläubiges Zischen aus. "Wir haben gerade miteinander geschlafen, Apollonia!" Er fährt sich mit einer Hand durch das Haar. "Merda! Ich Idiot. Du hast mich benutzt stimmt's?" Schreit er. "Sag schon. So wars, doch , oder?!"
Schluchzend stehe ich einfach nur da, wie das letzte Häuflein Elend auf diesem verdammten Erdball. "Oder?" Brüllt er voller Verzweiflung, als wolle er unbedingt, dass ich diese völlig unwahre Vermutung bestätige. Seine Stimme hallt zwischen den Bäumen. Ein Fuchs bellt heiser auf, wie um Sonnys absurde Frage zu beantworten, weil ich es nicht kann.
"Nein," so war das ganz und gar nicht Sonny," bringe ich schließlich hervor.
"Merda! Ich hätte es wissen müssen, verdammt!" Anscheinend hat er meine Worte nicht gehört. Oder er will es nicht. "Die Grecos sind allesamt ein Haufen Verräter. Du bist kein Stück besser als dein Vater und sein abgefuckter ehemaliger Consiglire. Geh doch zu ihm, er ist ja sowieso ganz scharf auf dich," brüllt er.
"Sonny, bitte sag das nicht! Sag alles , aber das nicht..."
"Halt den Mund du..." Gerade noch rechtzeitig bricht der Satz ab. Dann kommt er auf mich zu . Die sturmgrauen Augen funkeln mich an. Verzweifelt hebe ich eine Hand an seine Wange, aber er schiebt sie weg.
In diesem Moment brodelt ein so hemmungsloser Hass auf Raffael in mir auf, dass ich am liebsten Schreien würde. Doch in Wirklichkeit ist es kein Hass, sondern Schmerz, den ich empfinde. Der Schmerz in Sonnys Augen, der mir noch tausendmal mehr weh tut als ihm und den ich nicht überleben werde.
Ich muß bis zum Äussersten gehen, wenn ich nicht will, dass er mit mir stirbt.
Verzweifelt starre ich auf das inzwischen nachtschwarze Moos.
"Ich habe gelogen. Krächze ich mühevoll .Ich...ich liebe dich nicht, Sonny."
Er steckt das Kästchen zurück in die Tasche seines Sakkos.
"Dann haben wir das ja geklärt." Jegliche Emotion ist aus seiner Stimme verschwunden.
Dann tut er etwas, das das letzte bisschen Hoffnung in mir endgültig zerstört. Nichts wird mehr gut werden. Sonny geht zu dem kleinen Tümpel und fummelt an seinem Handgelenk herum. Ich laufe zu ihm und hänge mich an seinen Arm.
"Sonny...flehe ich...bitte wirf sie nicht einfach weg. Ich will das du sie behältst um dich an mich zu erinnern. Bitte Sonny...du wirst mich irgendwann verstehen!" Unsanft schüttelt er mich ab und ich falle rücklings zu Boden.
" Nenn.Mich.Nie.Wieder. Sonny." Droht er kalt und wirft die Armbänder in den dunklen Tümpel, wo sie mit einem leisen Gluckern versinken.
Mit diesen Worten zieht er sich die restlichen Sachen an und stapft an mir vorbei, um im Dunkel der Nacht zu verschwinden.
Mühsam rapple ich mich auf .Ich weiß nicht, wie lange ich dastehe und ihm nachstarre, wie er sich immer weiter entfernt. Erst als die Nacht ihn vollkommen verschluckt hat, sinke ich mit einem lauten Schluchzer zu Boden und weine solange, bis ich nichts mehr empfinde, als eine gähnende wundgescheuerte Leere.
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