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22


"Möchtest du Musik hören?" Erkundigt sich Santino. Ich schüttle wortlos den Kopf und wende das Gesicht dem Seitenfenster zu. Erinnerungsfetzen rasen an meinem inneren Auge vorbei. Wie er mich vor Raffael gerettet hat, als ich im Audienzimmer auf dem Boden lag und wir anschließend zur WG gefahren sind. Als er meine Hand nahm und mit seiner verschränkte. Wenn er jetzt dasselbe tun würde, würde ich es dann schaffen sie ihm zu entziehen?

"Alles in Ordnung, Apollonia?" Er hat gerade zwei Kleinwagen überholt von denen einer lautstark hupt. Nun mustert er mich strinrunzelnd, als ich ihm den Blick zuwende.

"Guck lieber nach vorne" seufze ich teilnahmslos. 

 Ich fühle mich komplett ausgelaugt und will eigentlich nur noch meine Ruhe haben. Nichts mehr sehen und hören. Stattdessen lasse ich mich von diesem Mafiosi- Adonis zur Freundin meines verschollenen Bruders fahren, die im Krankenhaus liegt, nachdem man versucht hat sie umzubringen. Toll.

Meine Kehle fühlt sich eng und trocken an, als ich die ersten Schilder sehe, die verkünden das das Krankenhaus nur noch wenige Meter entfernt ist.

Ich lasse mir vom Sizilianer die Autotür öffnen, als wäre ich irgendeine wichtige Person und er eine Art Diener oder sowas. Die Vorstellung amüsiert mich so sehr, dass ich grinsen muß. Allerdings lässt der feine Schmerz, welcher dabei meine Wage durchzuckt, meine Miene blitzartig versteinern.

"Machst du dich über mich lustig?" Santino zieht in gespieltem Ernst die Augenbrauen zusammen. 

"Ja." Lege ich die Tatsachen auf den nicht vorhandenen Tisch. 

"Fuck!" Er knallt die Autotür zu und versenkt die Hände in den Taschen seiner dunklen Jacke.

"Fuck? Galt das mir, oder wie?"

Zerstreut sieht er mich an. " Nein. Schon gut."

Sein Handrücken streicht über meine unversehrte Wange. Mein ganzer Körper kribbelt.

" Ich bin nur immer noch wütend auf mich selbst. Du weißt warum. " 

"Ja. Und du hast auch allen Grund dazu."Ich wende das Gesicht ab , um nicht in Versuchung zu geraten.

 Eine Frau beobachtet uns neugierig. 

"Guck mal Herbert, so waren wir auch mal, weißt du noch?" Der glatzköpfige Mann neben ihr ist mindestens 70. Er schiebt einen Rollator vor sich her, von dem ein Rad quietschend absteht. 

"Oh Mann. "Ich verdrehe die Augen und eile voraus. Nur gut, das mein Fuß wieder komplett in Ordnung zu sein scheint und ich mich zumindest schnell genug fortbewegen kann, um dieser peinlichen Situation zu entkommen.

"Warte doch, hast du gehört? Die Oma fand uns süss."

"Pah," zische ich. "Süß. Das aus deinem Mund. Du machst dich wohl gerne lächerlich, was? "

"Für dich immer." Grinst er. Mein Körper reagiert mit diesem blöden warmen Gefühl, als er mir eine Hand auf den Rücken legt, während wir nebeneinander her gehen. Ich hasse es, dass seine Körpergröße betont, wie klein ich bin, während ich es gleichzeitig genieße, wie sehr er mich überragt. Und ich hasse es, dass ich diesen Widerstreit in mir längst verloren habe. Das Einzige worum es jetzt noch geht ist, dass er nichts davon bemerkt. 

Je näher wir dem Eingang kommen, desto mulmiger wird mir.Der Geruch nach bitterer Arznei , Desinfektionsmittel und muffigen Verbandsmaterialien lässt mich nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken. An der Eingangstür werden wir freudig von einem Mann im Rollstuhl begrüsst. Erschrocken stelle ich fest, dass ihm ein Bein fehlt. Lediglich ein verbundener Stummel ruht auf dem Rand der Sitzfläche, während das andere Bein in einer geringelten Schlafanzughose steckt. "Guten Morgen. "Santnio lächelt dem Mann freundlich zu , bevor wir an ihm vorbeigehen.

Mir fällt auf, dass ein paar Leute zuerst mich , dann Santino missbilligend mustern. Ich kann mir schon denken, was in ihren Köpfen vorgeht. Beinahe wünschte ich, dass die Geschichte so einfach wäre wie sie glauben. Dann könnte ich den Sizilaner verlassen, denn ich hätte einen Grund nichts mehr für ihn zu empfinden, der so triftig wäre, dass ich sicher sein könnte, über ihn hinweg zu kommen. Aber diese Menschen hier ahnen ja nicht, dass ihre Vorstellungen im Gegensatz zu meiner Realität einem Kindergeburtstag gleichen. Meine Realität ist für sie ein Gangsterfilm. Einer von denen, die man sich nicht zu Ende ansehen will, weil man nicht erträgt wie die Protagonistin in ihr Verderben läuft. Sehenden Auges, wohlgemerkt.

Ich möchte zu Lillian Sommer. Erkläre ich der Frau hinter der Anmeldung.

Sie stochert mit einem Bleistift in ihrer Hochsteckfrisur herum und starrt auf den Bildschirm vor sich. "Lillian Sommer, Lillian Sommer. Ahja, da." Ihr zuerst konzentrierter Gesichtsausdruck verfinstert sich um einige Nuancen.

"Wie ist denn ihr Name?"

"Apollonia Greco. Ich bin quasi ihre Schwägerin."

"Quasi? Sind sie nun die Schwägerin oder nicht?"

"Lilly ist die Freundin meines Bruders." 

"Aha." Ihr kühler Blick ruht so lange auf meiner Wange, das mir die Hitze unter die Kopfhaut steigt. 

"Ich bin gestürzt," erkläre ich tonlos.

"Ja. Gestürzt. Das sagen sie alle. Lassen sie mich raten, die Treppe runter, nicht wahr?"

" Jetzt hören sie mal zu...," braust Sonny auf.

"Sonny!" Unterbreche ich ihn." Schon gut, okay?"

Die Frau schüttelt verächtlich den Kopf.

"Frau Sommer liegt auf der 4. Etage. Fahrstühle sind dort drüben. Sie müssen aber zuerst an Dr. Bänder und dem Kerl vorbei, der sich nicht von ihrer Zimmertür weg bewegen lässt." Sie nickt, um uns zu verstehen zu geben das das Gespräch beendet ist.

"Danke," zischt Santino aber die Frau ist gerade dabei eine Nummer zu wählen und beachtet uns nicht mehr.

Im Fahrstuhl ist es eng und muffig. Wir stehen so dicht zwischen den anderen Menschen, das unsere Köper sich aneinanderpressen. Bevor ich es verhindern kann, legt der Sizilianer einen Arm um meine Taille. Ich blicke hinauf in sein lächelndes Gesicht. "Ganz schön eng hier," murmele ich und weiche seinem Blick aus. Die Menschen um uns herum bleiben nichts als blasse Schatten. Ich sehe keinen von ihnen genauer an, als werde ich dadurch automatisch selber unsichtbar.

Endlich öffnen sich die Türen und wir entfliehen der stickigen Kabine. 

Auf der Station werden wir schon erwartet. Offenbar hat die Empfangsdame sich in sekundenschnelle mit der Ärztin in Verbindung gesetzt und ihr mitgeteilt, das ein verdächtiges Pärchen auf dem Weg zu ihrer Patientin ist.

"Guten Tag. Ich bin Apollonia Greco," erkläre ich höflich.

"Und sie sind?" Sie sieht den Sizilianer fragend an. 

"Ich bin Carlo -Santino Andolini. Ihr Freund."

Mein Herz macht einen so heftigen Satz, dass ich das Gefühl habe, auf der Stelle tot umzufallen.

Das kann nicht sein verdammter Erst sein! Nicht nach allem was er mir angetan hat.Und vor allem, was ist mit dem lächerlichen Tarnnamen passiert? 

Aber er hat dir doch gar nichts angetan. Das waren immer andere, und du hast ihn da mit hineingezogen. Meldet sich mein Unterbewusstsein. Gib doch zu, dass du dir nichts sehnlicher wünschst als mit ihm zusammen zu sein.

Die Frau veschränkt die Arme vor der Brust. "Sie sind mit Frau Sommer verwandt?" 

Nervös streiche ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. "Ich bin die Schwester ihres Freundes." 

"Sie wissen, dass Frau Sommer unter Personenschutz steht nehme ich an?" Sie spricht das Wort " Personenschutz " aus, als wäre es das Unwort des Jahrhunderts. 

"Ich kann es mir denken. Ja."

"Gut. Dann kommen sie mal mit." Wir folgen ihr den Flur entlang. Überall stehen Infsusonsständer herum . Geräte piepen. Ein Mann in Unterhose  und mit ofenstehendem Bademantel schlurft an uns vorbei. Sein Gesicht ist so schmal und aschfahl, dass ich den Blick abwenden muß, weil mir schon wieder übel wird.

"Sie ist erst kürzlich aus dem Koma aufgewacht. Ich gebe ihnen fünf Minuten."

"Lonia!" Ein Mann, der vor der Tür sitzt und eine völlige zerlesene Zeitschrift in den Händen hält springt auf, als er uns sieht. 

Es ist Big Tom. Ein Freund meines Vaters. Einer von uns. Ich beisse mir auf die Unterlippe . Es hilft nichts. Eine Träne bahnt sich ihren Weg.

"Komm her. "Er zieht mich in eine kameradschaftliche Umarmung. 

"Hey!" Santino schiebt einen Arm zwischen uns. "Lass sie los!"

Tom hält mich ein Stück von sich weg. "Du hast abgenommen. Und blass siehst du aus, Lonia. "

Er senkt die Stimme.

"Alles wird gut, hörst du! Amo bleibt nicht lange fort. Er sagt , er ist sehr stolz auf dich." 

Ich muss darüber lächeln, wie unbeeindruckt die Worte des Sizilianers ihn lassen.

Hastig wische ich die Tränen beiseite." Nicht weinen," Tom greift mir mit dem Daumen unters Kinn und ich nicke tapfer. 

"Das reicht jetzt." 

Santino umfasst meine Schulter und zieht mich weg.

"Hey, Carlo!" grinst Tom.

Doch der Sizilianer sieht ihn nur fest an.

 Dr. Bänder beobachtet uns mit verächtlicher Miene. "Kommen sie nun endlich?" Sie verdreht die Augen und drückt die Klinke herunter. 

"Frau Sommer, Besuch für sie!"  Verkündet die Ärztin und führt uns zu dem einzigen Bett am Fenster. Das Kopfteil ist leicht gekippt. Lilly wendet uns ihr blasses Gesicht zu. Die Wangen sind eingefallen, die Augen gerötet. Das blonde Haar klebt fettig an ihrem Kopf und lässt es dunkler wirken. Sie wirkt um Jahre gealtert. Der fröhliche Glanz ihrer Augen ist einem matten Funken gewichen, der versucht die Erinnerung an ein längst erloschenes Feuer aufrechtzuerhalten.

"Lonia."

"Fünf Minuten, "Dr. Bänder hält eine Hand hoch, bevor sie endlich den Raum verlässt

"Wie geht es dir?" Ich setze mich vorsichtig auf die Bettakante. 

Lilly sieht den Sizilianer fragend an.

"Oh, Sorry. Das ist Santino... Ich meine.. Carlo-Santino. Mein Mitbewohner."

Lillys Miene hellt sich auf. "Ja, ich erinnere mich. Der Mann wegen dem dein Vater und Amo so ein Theater gemacht haben. Amo hat immer behauptet, er wollte dir an die  Wäsche. Aber dein Vater meinte, dazu sei er zu anständig."

"Ähh," heisse Röte steigt mir in die Wangen. „Wir sind....nur Mitbewohner." 

„Sicher." Lilly holt tief Luft. Mein Blick fällt auf den Schlauch, der an einer Nadel in ihrem Handrücken befestigt ist und zu einer Blutkonserve führt, welche an einem Infusionsständer hängt.

"Ja, sie geben mir immer noch Blut. Hab viel davon verloren." Erklärt sie als sie meinen Blick verfolgt.  Ich betrachte ihre von Elektroden beklebte Brust. Die Herzfrequenz auf dem Monitor hat sich etwas erhört.

Lilly dreht den Kopf dem Fenster zu. "Es wird bald Sommer. Genießt die Wärme. Sie geht so schnell vorbei." Ihre Stimme wird mit jedem Wort leiser.

Plötzlich verspüre ich eine unendliche Wut auf die Person, die ihr das angetan hat.

"Es war eine Kugel. Sie verfehlte das Rückenmark nur ganz knapp," erklärt sie. "Ich habe großes Glück gehabt. Zumindest sagen das die Ärzte."

Ich will etwas erwidern, aber sie kommt mir zuvor. 

"Mancuso. Der Mancuso war es. Die Bullen waren hier, wollten wissen wer es war. Ich habe gelogen. Hab gesagt ich könne mich an nichts erinnern. Denn sonst bin ich auch dran. Aber ich will leben. Ohne euch." Sie verzieht das Gesicht. Die Oberlippe entblösst die perfekten weißen Zähne. "Ohne euren Sumpf, euren Dreck. Du bist ein schönes, liebenswertes Mädchen. Aber du gehörst zu ihnen. Wie Armando."

"Lilly," wispere ich. "Bitte beruhige dich. Du darfst dich nicht aufregen."

"Wusstest du das Armando heiraten wird?" 

Sie sieht mich forschend an. Der matte Funke ist nun auch erloschen. Stattdessen lodert der Hass in den hellen Augen.

Der Monitor beginnt zu piepen. 

"Schon gut." Santino tritt neben mich und legt mir beschützend eine Hand auf die Schulter.

"Nein, nichts ist gut. Gar nichts. Du wusstest es, hab ich Recht? Das er eine andere heiraten wird, eines Tages. Und stell dir vor . Der  große Tag ist nun bald da. Sie ist blutjung. Und sie ist schon immer in ihn verliebt gewesen. Und jetzt kommts: Er liebt sie auch! Obwohl sie ein Kind ist, ein zickiges stures Kind. Und sie hat auch einen Freund, nur so zum Schein. Ist alles gar nicht echt. So wie bei dir und Jacob!" 

"Jacob? Was hat der jetzt damit zu tun?"

Neben mir ist Sonnys verächtliches Zischen zu hören. 

"Du hast ihn nie geliebt Apollonia!" nennt Lilly die Tatsache beim Namen, die ich mir nie eingestehen wollte. Weil ich einfach nicht wusste was verliebt sein überhaupt bedeutet. Zumindest nicht in dieser Form, die jemanden vergessen lässt, was gut für einen ist und was nicht.

"Lilly...es tut mir leid, das mit Amo. Aber vielleicht ist alles nur ein Missverständnis, oder so."

"Komm, Kleines.Lass uns gehen. Sie braucht Ruhe." Flüstert Santino mir zu.

Das Piepen wird beharrlicher. 

In diesem Moment klopft es an der Tür. 

Das reicht jetzt. Dr. Bänder kommt im Laufschrittt ans Bett. "Bitte gehen sie jetzt."

"Frau Sommer. Alles ist gut, ja?" 

Ich sehe Lilly nochmals an. "Es tut mir Leid." Flüstere ich mit tränenerstickter Stimme. Doch ihr Blick ist nun vollkommen leer. "Ja, ja, mir auch!" Sie hebt die schwache Hand. "Machs gut, Apollonia. Ich wünschte sie hätten dich gehen lassen."

"Lassen sie Frau Sommer nun bitte allein!" ! Das Piepen ist einem unerbittlichen Klingeln gewichen. Eine Schwester kommt dazu. "Geben sie ihr noch 20 Tropfen von dem Haldol !" Höre ich Dr. Bänder sagen.  Ein letzter Blick zu Lillys Bett und wir verlassen das Zimmer.

"Bis dann Apollonia!" Ruft Big Tom uns hinterher, als wir an ihm vorbeigehen. Wir sehen uns, bald schon. Bis dahin, pass auch dich auf, ja?" 

"Du auch auf dich!" Rufe ich und drehe mich nochmal zu ihm um. "Komm jetzt, Kleines!" drängt der Sizilianer, und auch ich kann es kaum  erwarten, dieses trostlose Gebäude zu verlassen.


"Scheiße. Tut das gut!" Santino schließt die Augen und atmet ein paar mal ein aus aus. Die Arme sind ausgebreitet.

"Luft. Frische Luft. Frühlingsluft!" Ruft er und ignoriert die missbilligenden Blicke der Leute auf dem Parkplatz. 

Ich bin ihm beinahe dankbar, dass er sich so albern benimmt. Lillys Worte haben ihn scheinbar nicht halb so entsetzt wie mich. Aber warum sollten sie auch? 

Amo, verlobt. Ja, Lilly hatte Recht , ich wußte davon. Aber irgendwie habe ich gedacht das Ganze würde sich schon irgendwie fügen. Keine Ahnung wie, aber irgendwie eben.

Der Sizilianer zieht mich in seine Arme . Ich spüre wie er mir einen Kuss auf den Scheitel drückt. 

"Vergiss das eben. Ganz schnell, ja?" 

"Lass mich los!" protestiere ich und stosse unsanft von mir weg. "Warum tust du so besorgt ?"

"Und überhaupt, es gibt Dinge die vergisst man niemals. Die brennen sich ein.Für immer. Und du weißt nicht mehr, ob das, was du fühlst real ist, oder nur Teil dieses grausamen Spiels dessen Protagonist man wider willen geworden ist."

Ich deute auf meine Wange."Ich werde vielleicht für immer entstellt sein." 

Er steht wie angewurzelt da und starrt mich an. Eine Hand fährt über sein Gesicht, als versuche er meine Worte von sich abzustreifen. Daumen und Zeigefinger legen sich an die Nasenwurzel. Diese Geste kenne ich nur zu gut von Amo. Sie war immer ein Zeichen dafür, dass ich ihn an den Rand der Verzweiflung getrieben habe. Ich will jetzt nicht mehr an meinen verschollenen Bruder denken, auch nicht mehr an Lilly und schon gar nicht an das Bild von heute morgen. Aber so war es schon immer. Ein Bild erzeugt einen Gedanken, welcher ungefragt den nächsten Gedanken heraufbeschwört. Und dann weiß man vor lauter Gedanken nicht mehr, was man eigentlich denken soll.Es ist ein einziger abgefuckter Kreislauf. 

Schnell wende ich mich ab und haste zum Auto. Die warme Frühlingsluft hüllt mich ein, mit ihrem trügerischen Duft nach Blumen und Erde. 

Ungeduldig betätige ich den Griff der Autotür, bis sie sich so abrupt öffnen lässt, dass ich nach hinten taumele bevor ich einsteige. 

"Tut mir leid." Der Sizilianer startet den Motor. Die Haut zwischen den Bartstoppeln lässt eine leichte Röte erahnen.

"Ich möchte nicht auf Schloss zurück. Nicht jetzt," höre ich mich sagen.

Santino nickt verständnisvoll.

"Marcio hat eine Pizzeria. Wenn du willst...also..ich meine..."

"Klingt gut." Gebe ich zu. 

"Aber lass uns nicht über Lilly reden, okay?" Ich nestele am Saum meiner Cordjacke herum.

"In Ordnung," erklärt der Sizilianer.

"Tut mir leid," murmele ich in die nachfolgende Stille hinein.

"Hm?" Santino hat so angestrengt auf sie Straße vor uns geschaut, dass er aussieht als hätte ich ihn gerade aus tiefen Gedanken gerissen

"Das ich dich gerade so angeschrien habe." 

Er legt den Kopf schräg. "Du hast ja Recht, Kleines."

"Ich meine, ich sage immer blöde Sachen. Und ich benehme mich wie der letzte Arsch. Du hast Recht mit allem was du sagst." Wiederholt er. 

Der Griff um das Lenkrad verstärkt sich. 

Ich lege eine Hand an seinen Arm. 

"Ich sage auch manchmal dumme Sachen." Flüstere ich.

"Nicht nur zu dir. " 

Lillys Worte hallen in meinem Kopf. Amos Gesicht, als ich ihn fragte, ob er Lilly liebt und er eine Antwort schuldig blieb. Jetzt weiß ich warum. Gott, ich vermisse ihn so. Ein Schluchzer dringt aus meiner Brust. Tränen bahnen sich mal wieder ihren Weg.

"Lass es raus, Kleines. Das tut gut. Ich weiß wovon ich rede."

"Achja? Beweinst du deine Mordopfer im stillen Kämmerlein oder was?"

"Ich beweine keinen von denen. Das wäre genauso sinnlos wie ihnen zu vergeben." 

"Hast du schon viele Leute ermordet?"

"Ich habe getan, was ich tun musste. Und irgendwann hörte ich damit auf. Ich wandte der Familie den Rücken zu."

 Er holt tief Luft bevor er weiterspricht. 

"Aber dann lernte ich ein Mädchen kennen. Eines, das den Ärger magisch anzog. Das war mir sofort klar , als ich sie zum ersten Mal sah. Ich wollte sie niemals an mich ranlassen. Aber sie stahl mein Herz, bevor ich Nein sagen konnte. Dabei ist sie eigentlich nichtmal mein Typ." Seine Mundwinkel zucken kaum merklich.

"Und dann erfuhr ich, dass auch sie ein Kind der Familie ist. Und das sie ihr den Rücken gekehrt hat, genau wie ich."

"Wer soll dieses Mädchen denn sein?" Mein Mund ist plötzlich ganz trocken. "Mach dich nicht lächerlich,"stichelt mein Unterbewusstsein.

Der Sizilianer dreht den Kopf langsam in meine Richtung und zieht eine Augenbraue hoch.

"Sie erinnert mich manchmal  an jemanden."

Er starrt wieder durch die Windschutzscheibe

"Filipa. Sie erinnert mich an Filipa. Meine Zwillingsschwester."

"Sie war auch so unachtsam und gleichzeitig furchtlos." Wieder holt er tief Luft." Ich habe mir geschworen, dass mir das nicht nochmal passiert."

Ich sollte jetzt aufhören Fragen zu stellen. Es geht mich nichts an. Sie war seine Schwester. Und diese andere...er kann damit doch unmöglich mich meinen, oder?  Das Terrain auf dem wir uns befinden ist gefährlich. Er läuft Gefahr Dinge zu sagen, die nicht mehr zurückgenommen werden können. Dinge, die etwas zwischen uns erschaffen könnten. Ein Band. Verdammt, ich brauche kein weiteres dieser Bänder in meinem Leben. Aber er meint sicherlich sowieso nicht mich.Schließlich hat er mich von Anfang an als einen Typ Frau bezeichnet, mit dem er niemals  etwas anfangen würde.

"Was meinst du damit, das so etwas nicht nochmal passiert?" Bohre ich mit rasendem Herzen nach. 

"Nicht für sie da zu sein, wenn sie mich braucht."

"Aber sie ist doch tot, oder?"

Die Hände umklammern das Lenkrad fester. Ich betrachte die aufgeplatzte Haut an seiner linken Hand. Hat er Capriccio alleine mit dieser Faust zur Strecke gebracht?

"Ja. Sie ist tot. Du hast Recht."

"Wurde sie...? Ich Meine..."

"Ja," entgegnet er. "Wurde sie."

"Tut mir leid. "Wispere ich tonlos.

Lediglich das Brummen des Motors ist  zu hören.

Santino tastet nach meiner Hand. Wärme durchflutet meinen gesamten Körper, als er sie nimmt und seine Finger zwischen meine gleiten lässt. Zaghaft legt er unsere miteinander verschränkten Hände an seine Brust. Ich spüre den schnellen Schlag seines Herzens an meinem Handrücken. 

"Wo ist eigentlich deine Mutter die ganze Zeit? Lebt sie gar nicht auf dem Schloss?" 

Ich beiße mir auf die Innenseiten der Wangen. Sicherlich nicht die passendste Frage in diesem Moment.

"Meine Mutter lebt auch bei uns. Sie hat aber einen eigenen Bereich. Mein Alter und sie sind quasi getrennt."

"Oh, das ist sicher nicht leicht..."

Er zuckt die Schultern. "Ich habe kein Problem damit. Lediglich der Alte will es nicht  wahr haben. Er meint immer noch, das sie bald wieder seine Gefühle erwidern wird."

Ich ziehe die Nase kraus. Der herzlose Katzenmensch und Gefühle?

"Ich habe Mitleid mit ihm. Vor allem in letzter Zeit. Denn ich weiß ja inzwischen auch wie sich sowas anfühlt." Bringt Santino hervor und wirft mir einen kurzen Blick zu . Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus. Er drückt meine Hand fester an seine Brust. Dann hebt er sie an und legt ganz sanft seine Lippen darauf, bevor er die Hände wieder an seine Brust legt.

"Es schlägt nur noch für eine Einzige." Heiser und tief schwingt seine Stimme und lässt die gewichtigen Worte dort hineinkriechen wo er sie hinhaben will. In mein Herz. 

                                                                                       ------- 

Wir schweigen. Es gibt keine weiteren Worte mehr. Hand in Hand gehen wir an einem stillgelegten Springbrunnen vorbei zu Marcios Pizzeria, die mit den Glasfronten und den vielen Grünpflanzen auf den ersten Blick aussieht wie ein riesiger Wintergarten.

"Hey, Bruderherz! "Der Geruch nach Oregano und geschmolzenem Käse steigt mir in die Nase und mein Magen beginnt augeblicklich zu knurren. Trotzdem bezweifle ich, das ich irgendetwas hinunterbekommen werde. "Wie schön das du deine Freundin mitbringst." Sekundenlang stehen die Worte im Raum. Ich halte die Luft an. Ich sollte ihn jetzt korrigieren, aber Marcio kommt mir zuvor. "Mio! Was ist passiert?" "Ich habe mich bereits darum gekümmert," erklärt Santnio knapp. "Wir reden später, okay?"  Marico nickt zögernd und deutet auf einen der freien Tische. In meinem Kopf schwirren nur diese beiden Worte herum: Deine Freundin. Sicherlich lässt das Missverständnis sich später noch aufklären. Wenn wir allein sind. Auf dem Schloss. "Sucht euch ein nettes Plätzchen aus, bevor der Ansturm losgeht. Noch ist es früh am Tag." Sagt Marcio auf Italienisch und kneift mir ein Auge zu.

"Wo möchtet du sitzen?" Santino spricht mit mir wie mit einem verwundeten Reh. Ich muß an Augenklappe denken. Wo er wohl hin ist? Hoffentlich nicht tot. Wundern würde es mich nicht. Der Sensenmann spielt schließlich eine der Hauptrollen im Leben meiner Mitmenschen. Ein Wunder eigentlich, dass er mich bislang verschont hat. Aber mein Gefühl sagt mir, dass er nicht mehr lange damit warten wird sich mir vorzuknöpfen. Schließlich läuft Raffael noch immer frei  herum.  Ich sollte Angst haben, aber zu meiner Verwunderung ist für dieses Gefühl kein Platz. Stattdessen ist da etwas anderes. Etwas warmes, leichtes. Es blendet sogar die Bilder in meinem Kopf teilweise aus. 

"Da vorne ." Ich deute auf einen Tisch direkt an der Glasfront, von wo aus man den Waldrand sehen kann.

"Okay!"

Geflissentlich weiche ich dem Blick des Sizilianers aus und setzte mich vorsichtshalber auf meine Hände nachdem wir Platz genommen haben.

Seine Mundwinkel zucken schon wieder verrätersich.

"Was?" Erkundige ich mich

"Nichts. Ich freue mich nur, das wir zusammen hier sitzen," meint er und hebt die starken Schultern. Ich ziehe die Serviette unter dem Besteck hervor, das auf unserem Tisch liegt und nestele daran herum. 

Die Türglocke lässt unseren Blick zum Eingang wandern.

Eine junge Frau mit tiefbraunem Haar betritt den Laden. Dicht gefolgt von einem großen Mann mit Sonnenbrille und Lederjacke. Mein Gesicht hellt sich auf. Niklas und Ylvi sind hier! Ein Riese mit Schwimmerkreuz und Goldkette bleibt mit verschränkten Armen am Eingang stehen. Wahrscheinlich ein Bodyguard. Diese Typen sind echt überall.

" Ylvi! " Rufe ich und schiebe meinen Stuhl nach hinten, um aufzustehen und auf uns aufmerksam zu machen. Aber sie hat uns bereits gesehen.

"Hi!" Zusammen mit Niklas an der Hand, bahnt sie sich ihren Weg zwischen den Tischen hindurch.

"Hey." Niklas schiebt sich die Sonnenbrille ins zusammengebundene Haar und mustert mich . Er sieht nicht gerade begeistert aus . Ich kann es ihm nicht verübeln, nach allem was auf dem Konzert passiert ist. Meine geschwollen Wange tut wahrscheinlich ihr übriges.

"Santino, das sind Niklas und Ylvi," erkläre ich . Doch dann sehe ich das der Sizilianer Niklas bereits ansieht. Er ist blass geworden. Und auch aus Niklas' Gesicht ist alle Farbe gewichen.

"Carlo?" Eine Mischung aus Lächeln und Verwunderung liegt auf dem hübschen Gesicht des Rockstars. "Das kann nicht sein. Ich dachte...du wärst tot."

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