T W E N T Y - S E V E N
Zitternd schmiegte ich mich an Damians Brust, als Ian weg war. "Alles okay?"
Sein Atem kitzelte meine Halsbeuge und leise wimmernd stimmte ich zu. "Das war nur gerade etwas unerwartet."
Die Arme meines Freundes zogen mich enger an ihn heran und ich hob meinen Blick an. "Du trägst Lippenstift...", stellte er fest und sah mich tadelnd an.
"Tut mir leid. Nur so konnte ihn Ian von mir fernhalten."
Die Finger von Damian zeichneten Kreise auf meinem unteren Rücken und ich drückte ihn an der Brust weg. "Ich war letzte Nacht bei Veron."
Ich musterte den Schönling und mir fielen dunkle Augenringe auf. "Du bist hier eingebrochen?"
Ich zeigte mit meiner Hand, dass er das nicht so laut sagen sollte und nickte zustimmend. "April und ich."
Kurz lenkte ich aber vom Thema ab, denn Damian sah nicht nur extrem müde aus. Nein, er war bleich. Nicht das bleich, das normal war. Eher so, als wäre er krank. "Geht es dir gut?"
Er nickte und sah auf seine Finger. "Wahrscheinlich eine leichte Grippe..." Er sah mit seinen dumpfen Augen auf in meine und ich blickte ihm nachdenklich entgegen.
"Ich werde eine Untersuchung anfordern."
Da ich wusste, dass Damian zu stolz war, um selbst nach ärztlicher Hilfe zu fragen, würde ich mich als seine Therapeutin einmischen. "Was hat Veron erzählt?"
Ich ordnete die Unterlagen und fixierte kurz die schwarze Locke, welche in Damians Stirn fiel.
"Owen... Big Bat wurde erpresst. Diese Frau will euch, vor allem dich tot. Es ist ein Rachezug. Du hast jemanden getötet, der ihr sehr nahe war."
Damian nickte verständlich. "Es soll ihr Sohn gewesen sein." Ich setzte mich gerade hin und sah meinen Freund bittend an.
"Bitte sag mir, dass du kein Kind getötet hast." Hastig schüttelte Damian seinen Kopf.
"Ich habe nicht viele Leben auf dem Gewissen. Also..." Kurz stoppte er und dachte nach. "Definitiv weniger, als mein Vater."
"Wer alles?"
Damians Blick hob sich wieder an und leise begann er gewisse Namen aufzuzählen.
Seine Lippen waren spröde und ich hatte Angst, dass er gleich einschlafen würde. Er sah so erschöpft aus.
Interessierte das die Beamten nicht?
"Mein erster Kill hieß Derek. Er war ein alter Herr, der Spion in unserer Gang gespielt hatte. Dann gab es noch die Zwillinge." Er rieb sich über sein Gesicht.
Seine Müdigkeit strahlte auf sein Denken aus. "Rachel und Janine... Sie gehörten zu Ramirez und Janine, glaube ich, hat meine Mutter angeschossen."
Ich schluckte, als Damian den nächsten Satz aussprach. "Sie war meine erste Freundin und hat sich durch mich an meine Familie herangearbeitet."
Seine erste Freundin? Die wievielte war ich denn?
Diesen Gedanken katapultierte ich hochkant aus meinem Kopf, denn das war jetzt nicht wichtig.
"Und dann noch Leo, die Verrückte mit den Messern und Big Bat." Damian sah mich verwirrt an, da er selbst nicht wusste, ob er jemanden vergessen hatte. "Können auch noch mehr sein. Ich kann mich nicht konzentrieren."
Meinen Kopf legte ich in meinen Nacken und dachte über all diese Namen nach.
Die Zwillinge fielen schonmal weg, denn es handelte sich um einen Sohn. "Wie alt würdest du diesen Derek schätzen?"
Mein Italiener verzog sein Gesicht und zuckte mit den Schultern. "Knappe 65."
Ich setzte mich auf und zweifelte an meiner Vermutung.
"Leo... Leos Mutter."
Damian riss seine Augen auf. "Kennst du Leos Mutter? Wie alt war Leo?" Damian schüttelte bloß den Kopf. "Er war vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als Dad. Also knapp so alt, wie meine Mom war, als sie starb." Kurz rechnete Damian und biss sich auf seine trockenen Lippen.
"Um die 37..."
Ich merkte, dass Damian dezent überfordert war und erhob mich von meinem Stuhl. "Danke."
Ich legte meine Arme von hinten um seinen Nacken und lehnte mein Kinn auf seiner Schulter an.
"Ich werde den Rest herausfinden und dann wirst du hier rauskommen, okay?"
Müde legte er seinen Kopf gegen meinen und atmete leise aus. Mit geschlossenen Augen suchte ich seine Hand mit meiner und wir beide schwiegen einfach für einen Moment.
Wie ich das vermisste...
Diese Nähe. Dieses Vertrauen.
"Was wird aus uns, wenn wir es hier herausgeschafft haben", murmelte Damian, als er sich gegen mich lehnte und meine Berührungen genoss. "Lass das meine Sorge sein."
Flach atmend nickte er und zusammengekuschelt lauschte ich seinem Herzschlag. "Sag Milo, dass er auf dich aufpassen soll. Connor scheint richtig in dich verschossen zu sein."
Ich lächelte flüchtig. "Ich werde es ihm ausrichten, aber du musst dir keine Sorgen machen. Milo ist sowieso nicht so gut auf Ian zu sprechen."
Damians Lippen verzogen sich zu einem niedlichen Grinsen und er drehte seinen Kopf in meine Richtung.
"Was hat er angerichtet?" Ich lehnte meine Stirn gegen seine und unsere Nasen berührten sich ganz fein.
Es war eine reine Qual ihn nicht küssen zu können, aber diese Nähe brauchte ich jetzt einfach.
"Wir waren im Supermarkt und Ian hat mich nach einem Date gefragt. Milo war kein großer Fan davon und hat ihn ein bisschen angepöbelt. Milo halt."
Ich schloss meine Augen, als ich weiche Lippen auf meiner Wange spürte und kleinlaut meinte Damian, "Wenn wir hier herauskommen, werde ich 10 Sekunden dafür einplanen, dem Spacko eine zu knallen."
Ich begann zu kichern und ließ mich von Damians warmen Händen auf seinen Schoß ziehen. "Gib ihm zwei. Auch noch eine von mir." Sein Kopf kuschelte sich in meine Halsbeuge und schläfrig murmelte er, "Notiert."
Damian so schlapp zu sehen, war ziemlich ungewohnt. Ich hoffte einfach, dass es nur eine leichte Grippe war, aber so anhänglich und ermüdet gab es ihn nur, wenn er einen gröberen Kater hatte.
"Alles okay?" Meine Hand legte sich in seinen Nacken und besorgt versuchte ich sein Gesicht wahrzunehmen, was aber als unmöglich schien, da er dieses gegen meine Haut gelegt hatte.
"Geht schon. Nur ein bisschen schwindelig und schlecht."
"Nur ein bisschen?" Meine Stimme ertrank fast an meiner Besorgnis und Damian atmete geschaffen aus. "Vielleicht ein wenig mehr."
Sein Griff um mein Handgelenk nahm zu und ich bemerkte, wie er sein Gesicht verzog. "Hast du Kopfschmerzen?"
Es war immer so.
Hatte Damian etwas, gab er es nur selten zu und ich war jetzt dazu gezwungen ihm die Antworten aus der Nase zu ziehen. "Nein..."
Meine Finger fuhren durch seine Locken und ich fühlte mich wie eine Mutter, welche ein Kleinkind in den Armen hielt. Jedoch war dieses Kleinkind knappe 1.90 groß und fast mehr als die Hälfte schwerer als ich.
"Also ja", stellte ich aus seiner Verneinung fest.
Ich wusste, dass er mir nicht noch mehr Sorgen bereiten wollte und darum log er mich an. "Das erste, was ich am Empfang sagen werde, ist, dass du krank bist und eine Untersuchung brauchst."
"Kannst du nicht einfach hier bleiben?" Er klang wie ein verzweifeltes Kind und ich dachte schon, er würde gleich einschlafen.
"Glaub mir. Wenn ich könnte, würde ich, aber ich bin ja noch genau für 10 Minuten hier."
Meine Finger spielten mit seinen Locken. "Also nutzte diese 10 Minuten, um dich auszuruhen."
Er gab mir danach keine Antwort mehr und ich saß einfach nachdenkend auf seinem Schoß.
Seine gleichmäßige Atmung zeigte mir, dass er schlief und die Luft, die er immer wieder ausatmete, prallte an meinem Hals ab.
Er tat mir leid. Ich wollte mir nicht einmal vorstellen, wie viel Stunden Schlaf Damian in der Nacht bekam und anhand seiner Statur merkte man, dass er mehr Energie verbrauchten als er gegeben bekamen.
Ich legte meinen Kopf auf seinen und schloss meine Augen. Wie gerne ich jetzt auch einschlafen würde.
Nur konnte ich das vergessen, denn Ian würde gleich wieder angelaufen kommen.
Meine linke Hand spielte mit dem Saum von Damians Insassenkleidung und ich wollte laut aufstöhnen, als ich die Schritte von Ian wahrnahm.
Ich war dazu gezwungen meinen Jungen zu wecken und dieser hielt nicht viel davon.
Leise knurrte er auf und kuschelte sich wieder an mich ran.
"Ian kommt", gab ich dann aber von mir und Damian wurde bewusst, dass es ernst war.
Völlig benebelt setzte er sich gerade hin und rieb sich die Augen.
Das Blau war dumpf. Hatte keinen Glanz und schien leblos.
Ich presste meine Lippen zusammen und ließ den Schönling langsam los.
Fast zeitgleich kam Ian um die Ecke und ich seufzte aus, als dieser mich beleidigt anvisierte.
Sollte ich ihm sagen, dass der letzte Typ, der mich gegen meinen Willen angefasst hat, an einem Genickbruch starb?
Oder sollte ich es lassen?
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