T H I R T Y - S I X
Mit einem Handtuch auf dem Kopf lief ich aus dem Bad und tapste auf dem kalten Boden entlang in Damians Zimmer.
Milo war zu April gefahren. Anhand seines Gesichtsausdrucks konnte ich erkennen, dass er nicht freiwillig dorthin fuhr.
Er musste sich dazu zwingen, denn er hatte etwas vor, was er nicht gerne tat. Er wollte schlussmachen.
Ich akzeptierte es und redete nicht dazwischen. Ich war aber froh, dass er meinen Rat angenommen hatte und versuchte mit ihr befreundet zu bleiben.
Die Trennung war vielleicht ein bisschen schlecht getimed, aber durch meine und Damians Abwesenheit würden sie wahrscheinlich etwas aufeinander angewiesen sein. Also konnten sie sich gar nicht ignorieren und voneinander distanzieren.
Ich war ziemlich nervös. Morgen würden wir den Ausbruch durchführen und glauben konnte ich es gar nicht. Natürlich hatte ich Angst, da auch vieles schiefgehen könnte, aber einen Rückzieher würde ich jetzt nicht mehr bringen.
Ich hatte gestern übrigens einen größeren Anfall erlitten, da mir zu Sinne gekommen war, dass Ian vielleicht Milo erkennen hätte können. Der Teddybär hatte mir aber versichert, dass er den Beamten gekonnt gemieden hatte.
Ich schlüpfte in bequeme Kleidung und warf das nasse Handtuch auf die Heizung. Eigentlich wollte ich jetzt packen, um mich abzulenken, aber mein Telefon klingelte. Ich nahm es also zur Hand und las den Namen meiner besten Freundin.
Als ich abnahm, meinte ich direkt, "Ich weiß." April blieb kurz still. "Hat er mit dir darüber geredet?"
"Ja, hat er. Und ich bin ehrlich. Besser jetzt, als wenn es zu spät ist." April atmete laut aus. "Ich mag ihn wirklich..."
Ein flüchtiges Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Natürlich tat sie das. Aber liebte sie ihn?
"Aber liebst du ihn?" Meine Frage ließ sie schweigen und spätestens jetzt war ich mir zu 100% sicher, dass Milo das Richtige getan hatte.
"Siehst du... Wenn es nicht so geklappt hat, habt ihr immer noch die Möglichkeit Freunde zu sein. Versaue es dir einfach nicht, wenn ich weg bin."
"Wann gehst du?"
"Morgen... Ich habe Damian gesagt, dass er kurz vor 6 ausbrechen sollte. Also bitte komm heute noch vorbei. Morgen früh werde ich verschwinden." April wusste, wie schwer es mir fiel zu gehen, aber sie wusste, genauso wie ich es tat, dass mich meine eigenen Gefühle nicht stoppen würden.
Ich tat es für Damian. Für seine Freiheit und noch dazu wollte ich ihn bei mir haben. Da konnte ich über diesen Schmerz hinwegsehen.
"Ich komme gegen Abend. Ich kann dir beim Packen helfen oder bist du schon fertig?" Ich sprang auf Damians Bett und blickte auf die zwei Taschen, welche gleich gefüllt werden würden.
"Ich fange gleich an. Komm einfach dazu." April bejahte meinen Vorschlag und dann legte sie auf.
Ich war mir nicht sicher, aber es schien nicht so, als würde sie die Trennung mit Milo wirklich mitnehmen. Dies zeigte mir aber auch, dass es dann also nicht wirklich ernst war.
Sie sahen zusammen zwar ziemlich niedlich aus, aber wenn Milo es nicht mehr wollte, konnte ich, als Außenstehende nicht wirklich etwas dazu beitragen.
Ich sah nicht aus seinen Augen und es war nicht mein Herz, welches in seiner Brust schlug.
"Bin wieder da." Der Besagte betrat das Zimmer seines kleinen Bruders und sah dann bedrückt auf die Taschen.
"Ich hasse das", kam es aus seinem Mund. "Ich auch, wenn ich ehrlich bin. Aber es gibt kein zurück mehr."
Ich erhob mich seufzend und zog Damians Schrank auf. Hoffentlich würde er mich nicht umbringen, wenn ich die falsche Kleidung einpacken würde...
"April kommt gleich auch. Wenn du sie nicht sehen willst, würde ich dann in dein Zimmer gehen. Sie hilft mir beim Packen." Der Teddybär nickte und rieb sich erschöpft übers Gesicht.
"Ich weiß nicht, ob ich das kann." Seine Stimme klang angeschlagen und er lehnte sich an den kleinen Schrank. "Was?"
"Ich weiß nicht, ob ich meinen Bruder loslassen kann. Was, wenn er sich nicht beschützen kann?"
Ich zog meine Lippen zu einer Linie und faltete die verschiedensten Hoodies zusammen, damit auch viele in der Tasche Platz hatten.
"Ich werde auf ihn aufpassen und ich habe es dir schon mal versprochen. Du wirst uns wieder sehen. Früher als dir lieb sein wird."
Ich lachte leise und zog die Hosen aus dem Schrank. Milo sah mir zu. "Versprich mir aber, dass du auch auf dich aufpassen wirst."
"Wir werden aufeinander aufpassen und glaub mir. Dort, wo wir hingehen, wird Damian sich sicher wohlfühlen."
Milo quälte sich ein Lächeln auf die Lippen und man hörte, wie ein Auto vor dem Haus anhielt. "Ich komme später wieder", meinte er und verließ dann Damians Zimmer.
Keine 20 Sekunden später hörte ich, wie er seine Zimmertür zu zog und unten ging die Haustür auf. April war aber schnell hier gewesen.
Als sich ihr Blondschopf im Türrahmen zeigte, sah ich ihr entgegen. "Na, Sherlock?"
Sie grinste und nahm die zweite Tasche zur Hand. "Ist das alles deine Kleidung oder soll ich noch was von dir zu Hause holen?" Ich winkte ab. "Das meiste habe ich hier. Zu Hause liegen nur solche alte Fetzen."
April nickte und begann meine Kleidung zusammenzulegen. "Ich mag das nicht. Ich will nicht, dass du verschwindest." Ich schüttelte meinen Kopf.
"Du hast ja noch Milo. Und ich habe es ihm schon gesagt. Wir sehen uns wieder. Früher als du denkst."
Ich zog den Reißverschluss zu, als ich Damians Tasche gepackt hatte. Ich robbte dann zu meiner besten Freundin und half ihr. "Wie werdet ihr das mit den Taschen machen?"
"Ach ja... Ich wollte eigentlich noch fragen, ob du und Milo sie vielleicht schon an den Hafen bringen könntet." Fragend sah ich sie an und sie nickte widerwillig. "So kann ich dich wenigstens nochmals sehen. Aber was soll ich deinen Eltern sagen?"
Darüber hatte ich noch nicht wirklich nachgedacht. Was war mit meinen Eltern?
"Ich glaube, die Nachrichten werden für dich sprechen", murmelte ich bedrückt und rieb mir übers Gesicht.
Es nagte schon ziemlich an mir...
Das Zurücklassen von meinem alten Leben ging mir wirklich näher, als ich gedacht hatte. "Alles okay?" April sah mich besorgt an und legte eine Hand auf meine Schulter, um mir zu zeigen, dass sie hier war und ich mit ihr reden konnte.
"Es ist alles ein bisschen viel. Aber mach dir keine Sorgen um mich."
"Tu ich aber. Du siehst gestresst aus." Sie schloss meine Tasche und schob diese zur anderen.
"Versprich mir, dass du mit meinen Eltern in Kontakt bleibst. Wenn ich es schon nicht kann, sollten sie jemanden haben, der sie an mich erinnert." Es war eine schräge Bitte, aber meine beste Freundin verstand denn Sinn dahinter.
"Und schau, dass du ab und zu zu Jason gehst. Casey hat kaum noch Zeit für ihn seit er verlobt ist." Ich sprach alles aus, was mir auf dem Herzen lag und gegen Ende wurde meine Stimme immer zittriger.
Tränen bildeten sich in meinen Augen und wimmernd lehnte ich mich gegen April.
Sie sagte nichts und hielt mich einfach. Als ich ihre leisen Schluchzer hörte, war mir klar, dass es ihr genauso schwerfiel.
Wir hörten gar nicht, dass die Tür aufging und ein Milo kniete sich vor uns hin.
Seine großen Augen sahen uns traurig an und ohne weiteres zu sagen, nahm er uns beide in die Arme.
Unser Trauerkreis war nun komplett und ich kuschelte mich an meine besten Freunde.
Ich fand es ziemlich stark von beiden, dass sie ihre Trennung zur Seite schoben, damit sie für mich da sein konnten.
Es war nicht selbstverständlich und eigentlich wollte ich ihnen diesen Zwang nicht anhängen.
"Ich werde euch so vermissen", entfloh es meinem weinenden Mund und ich rieb mir die Augen. Meine Hände waren nass, da ich mir mit ihnen die Tränen zurückhalten wollte.
"Wir werden euch auch vermissen." Milos Stimme war ganz leise und ich schmiegte mich an die Wärme meiner Gegenüber.
"Ich schlage euch, wenn wir uns nie mehr sehen", kam es kleinlaut von mir und ich hörte, wie die anderen begannen zu lachen.
"Du hast es selbst gesagt. Wir werden uns wieder sehen. Egal, wie lange es dauern wird."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro