
T H I R T Y - F O U R
Als Damians Therapeutin wurde ich natürlich informiert. Mir wurde erzählt, dass mein Patient im Moment krank war und auf Krebs getestet wurde.
Mir wurde dann die Frage gestellt, ob ich trotzdem auftauchen würde und wer es glauben mag oder nicht.
Ich hatte zugesagt.
Was eine Überraschung.
Ich war aber ziemlich kribbelig. Meine Fingerspitzen waren eiskalt und mein Puls extrem hoch.
Nicht nur, weil ich einen Gefängnisschüssel im BH hatte. Nein, auch weil ich Angst hatte, dass Damian wirklich Krebs hatte.
Die letzten zwei Tage hatte ich es einigermaßen unterdrückt, aber heute würde ich live dabei sein.
Ich, als seine Therapeutin natürlich, durfte als moralischer Support anwesend sein. Was mich aber am meisten störte, war, dass wir nicht allein sein konnten.
Das hieß, dass ich nicht schreien durfte, wenn der Test negativ oder positiv herauskommen würde.
Ich war dazu gezwungen meine Schnauze zu halten oder ganz leise aufzuatmen.
Ian hatte mich hierhin gebracht und um ehrlich zu sein, war es ziemlich unangenehm.
Aber es schien so, als hätte er seine Lektion gelernt, denn sein linkes Auge war nicht mehr grau, sondern blau.
Milo hatte also kräftig zugeschlagen und anscheinend kam er auch damit davon, denn er wurde auch nicht kontaktiert oder so.
"Guten Tag. Sie sind die Therapeutin, nicht wahr?" Ich nickte und drehte mich zum Arzt, der mich von Ians Blick befreit hatte.
"Ja. Ja, die bin ich. Veronica Blair." Ich hielt ihm meine Hand hin, welche er höflich entgegennahm und ich ließ meinen Blick durch das Zimmer fliegen.
Dafür, dass wir hier im Knast waren, sah es dem Krankenhaus ziemlich ähnlich.
An der Wand hingen die typischen Bilder, welche man aus den Filmen kannte.
Ein Bild, welches dir die einzelnen Knochen der Hand näherbrachte und noch eine genaue Beschreibung der Wirbelsäule.
Wo war ich hier gelandet? Grey's Anatomy?
Ich drehte mich zur Tür, als mir ein Damian ins Blickfeld lief.
Ach du Scheiße...
Mir stach es mitten in die Brust, als ich seinen erschöpften Blick erkannte und ich schluckte gequält, da ich meinen Jungen nicht in die Arme schließen durfte.
Er sah gebrochen aus. Viel bleicher als noch vor wenigen Tagen und seine Augenringe konnte man wahrscheinlich bis nach Narnia sehen.
Sein dumpfes, lebloses Blau traf auf mein Grün und ich versuchte ihm aufmunternd zuzulächeln, denn immerhin ging es hier um sein Leben.
Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie er sich fühlen musste, da es sich hier um ihn handelte.
"Setzen Sie sich doch zu Ihrem Patienten, Mrs Blair." Er deutete mir auf den Stuhl neben Damian, welcher so aussah, als würde er gleich wegklappen.
Seine schwache Hand lag auf seinem Schoß und liebend gern hätte ich danach gegriffen.
"Also. Bei solchen Fällen testen wir das Blutbild und wir mussten es ins Labor einschicken. Darum ging es auch wenige Tage, aber heute sind die Ergebnisse angekommen." Der Typ hielt einen Umschlag hoch.
"Ich muss zugeben, dass ich den Umschlag bereits geöffnet habe, um mich auf die Verkündung vorzubereiten und..."
Es klopfte an der Tür. Alle Köpfe drehten sich in die Richtung und mein Herz begann zu tanzen, als es den braunen Schopf von Milo erkannte.
Auch Damians Blick erhellte sich. "Tut mir leid, wenn ich störe, aber mir wurde zugelassen dabei zu sein. Ich bin der große Bruder." Man konnte Milo ansehen, dass er nervös war und zittrig hielt er dem Arzt seine Hand hin.
"Guten Tag. Kein Problem, setzen Sie sich doch zu Ihrem Bruder." Das Bild, was sich mir dann bot, ließ mich dahinschmelzen.
Als Milo sich neben seinen kleinen Bruder setzte, konnte man zusehen, wie es sich der Blauäugige auf der Schulter seines großen Bruders bequem machte.
Es war sicherlich schon eine Ewigkeit seit sich die beiden gesehen hatten und die Tatsache, dass sie sich trennen müssen, macht dieses Wiedersehen nur noch bedeutungsvoller.
"Also, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja."
Er übergab Milo das Couvert und meinte, "Kein Krebs. Nur eine sehr starke Grippe. Die Blutungen kommen von dem Stress und der Erschöpfung. Die Blutergüsse zeigen Ihre Ausgelaugtheit und anhand Ihrer Unterernährung und Ihres Flüssigkeitsverlustes bildeten sich diese. Die nächsten paar Tage werden Sie an Infusionen gehängt, welche Ihre Werte wieder stabilisieren sollten. Also alles gut."
Mehr als nur erleichtert atmete ich aus, als der Arzt das Zimmer verließ. Ich wollte etwas sagen, als ich die Brüder genauer ansah.
Kopf an Kopf hatten beide ihre Augen geschlossen und es schien so, als würden sie per Gedanken kommunizieren.
Ich war hier fehl am Platz und leise verließ ich den Raum. Draußen kam ein Beamter auf mich zu und meinte, "Uns ist bewusst, dass wir anhand dieses Zwischenfalles die Therapiestunde verhindert haben und bieten an, dass Sie, wenn der Insasse seine erste Infusion bekommt, mit ihm die angemessene Stunde durchführen können." Ich nickte.
"Hier oder im grauen Raum?"
"Wo passt es Ihnen besser?"
Wie konnte ich jetzt professionell antworten? Was könnte ich von mir geben, ohne es komisch rüberkommen zu lassen?
"Ich denke, der Therapieraum ist vertrauter. Ich möchte, dass mein Patient sich wohlfühlt. Wenn es keine Umstände macht, würde ich das alles gerne dorthin verschieben."
Nailed it...
Der Beamte nickte und deutete einem Kollegen, was meine Entscheidung war.
Wenn diese Idioten wüssten, dass ich sie seit wenigen Wochen komplett an der Nase herumführte.
Lol... Gotcha Bitches.
Ich drehte mich zur Tür und konnte mich nicht zurückhalten.
Ich schielte durch den Türspalt und erkannte, wie sich die Brüder leise unterhielten. Milos Hand lag im Nacken meines Freundes und vertraut sahen sie sich entgegen.
Es tat mir weh. Ich konnte förmlich zusehen, wie sich die Brüder liebten und jetzt würden sie sich bald trennen müssen.
Es stand jetzt schon fest. Sobald sich die dicke Luft gelegt hatte, würde Milo uns besuchen kommen. Mir relativ egal, ob es für ihn umständlich werden würde.
Ich sah zu, wie eine junge Dame auf das Zimmer zuging und klopfte. Sie deutete Milo, dass er gehen musste und seinen Kopf ließ er bedrückt hängen. Er nickte aber gehorsam und erhob sich.
Auch von hier erkannte ich, wie er sich auf Italienisch verabschiedete und Damian sah ihm traurig hinterher, als sein Blick auf mich fiel.
Unsere Mundwinkel zuckten nach oben und kurz widmete ich mich Milo, der mich lieblich ansah.
Nachdem er fortgebracht wurde, schlossen sich die Blicke meines Freundes und mir wieder zusammen und Glückshormone rasten durch meinen Körper.
Damian hatte keinen Krebs. Ich wusste nicht, was ich getan hätte, hätte er Leukämie gehabt.
Im Moment hatte ich nur einen Drang. Dieser Drang entstand wahrscheinlich aus meiner Freude und aus meinem Eifer, aber ich wollte Damian spüren. Ich wollte ihn halten, ihm zeigen, dass ich immer noch hier war und mich an ihn schmiegen.
Ich wollte ihm zeigen, wie sehr ich ihn liebte. Mit meinem verliebten Blick sah ich zu, wie ihm eine Infusion angeschlossen wurde und anschließend wurde er dann vor mir, mit so einem Ständerdingens zum Therapieraum geführt.
In meinen Gedanken überlegte ich, wie ich ihm das mit dem Bleistift und dem Schlüssel erklären sollte und trat ebenfalls in den Raum.
Damian trug die ganze Zeit Handschellen und jetzt erst wurden sie ihm aufgeschlossen.
Er rieb sich seine Handgelenke und fokussierte sich dann auf mich, als wir endlich allein waren.
Ich wartete extra noch ein paar mehr Sekunden, bevor ich auf ihn zuging und meine Arme um seinen Körper schlang.
"Ich liebe dich." Ich spürte seine Hand, welche über meinen Kopf strich und anschließend übte sein Kopf einen leichten Druck auf meinem aus.
"Ich dich auch, Babe."
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