E I G H T
Gequält schluckte ich das trockene Brot runter. Das war so ziemlich das einzige, was einigermaßen essbar war. Ab und zu schnappte ich mir noch einen von diesen Möchtegern Desserts, aber gut schmecken taten sie selten.
Ich saß an keinem Tisch. Ich hatte mich an eine Wand gelehnt, um auch jede Bewegung von jedem Insassen zu bemerken.
Mein innerliche Wache war auf Hochtouren. Joshua hatte recht. Ohne Respekt würde ich hier untergehen. Ich würde mich nicht für immer selbst verteidigen können.
Ich atmete genervt aus, als ein paar Beamte hinter den Fensterscheiben vorbei schritten und gegen die Scheiben schlugen.
Manchmal vergaßen diese hirntoten Idioten, dass wir keine Tiere waren und nicht auf solche Dinge reagieren würden.
Ich jedenfalls nicht. Bei anderen Gefangenen war ich mir da nicht mehr so sicher.
"Na, Frischfleisch?" Josh stellte sich neben mich und sah mir schmunzelnd entgegen. Sein Haar war noch kürzer rasiert und sein Dreitagebart war verschwunden. "Wie waren die Therapiestunden heute Morgen?"
Amüsiert schüttelte ich den Kopf und sah auf den Boden. "Aha..."
Sein Grinsen konnte man wahrscheinlich bis nach New Zealand sehen und ich kratzte mir am Nacken. "Sie tut mir leid...", brachte ich über meine Lippen.
Bei meinem kurzen Nickerchen träumte ich etwas, was sich extrem echt angefühlt hatte.
Ich träumte, dass ich sie verlieren würde. Sie würde mich verlassen und jemanden finden, der ihr mehr bieten konnte. Der nicht eingesperrt war, keine Leben auf dem Gewissen hatte und ihr ein normales Leben schenken konnte.
Bis vor vier Wochen hatte ich das Gefühl ihr das geben zu können, aber anscheinend würde mein verkorkstes Leben nie an Ruhe finden.
Im Traum kam sie weinend in die Therapiestunde...
Sie weinte und schluchzte. Sie sah mich entschuldigend an. Ihre Augen tränten wie ein Wasserfall. Sie sagte hundertmal hintereinander, dass es ihr so leid tat.
Dass sie es niemals so weit kommen lassen wollte.
Sie seufzte, dass er ihr zu viel wurde und es nicht mehr ertragen konnte.
Ihr Lebewohl im Traum zerriss mir im Schlaf das Herz und ruckartig öffnete ich meine Augen, setzte mich auf und realisierte, dass es bloß ein Traum war.
"Sie sollte das nicht durchmachen. Sie sollte ein ruhiges, normales Leben führen und nicht dreimal die Woche hierhin kommen und jedes verdammte Mal hoffen, dass sie nicht auffliegt." Den Rest vom Brotstück warf ich weg und versuchte meine Traurigkeit zu sammeln und kontrollieren.
Ich konnte mir es nicht leisten Gefühle zu zeigen.
"Würde sie es nicht wollen oder ihr zu viel werden, würde sie nicht mehr auftauchen. Ich kenne deine Schnecke nicht, aber sie will es tun. Denn ansonsten würde sie gar nicht mehr zurückkommen." Er lehnte sich neben mich an die Wand und blickte in die Runde.
Jeder hatte uns im Augenwinkel, aber niemand wagte es, sich komplett in unsere Richtung zu drehen.
Nicht, weil sie Angst hatten. Eher, weil Big Bat sie windelweich prügeln würde, wenn sie mir auch nur einen Blick würdigten. Ich war es nämlich nicht Wert angeschaut zu werden.
Ich drehte meinen Kopf in Big Bats Richtung und musterte sein Verhalten. Es war beeindruckend, wie sich die anderen Insassen ihm unterwerfen. Wie Wölfe im Rudel.
Ich muss wohl ein wenig zu lange gestarrt haben, denn einer seiner Schoßhunde deutete auf mich. Als sich der große Kasten in meine Richtung drehte, wandte ich mich von ihm weg.
Toll gemacht, Damian.
Ich wünschte mir innerlich die Pest an den Hals, als ich im Augenwinkel erkennen konnte, wie er aufstand und zu mir und Joshua angelaufen kam.
"Was hast du jetzt wieder gemacht, Frischfleisch?" Josh's Stimme klang bissig und gleichzeitig beängstigt. "Vielleicht ein bisschen zu lange gestarrt?", gab ich mit einem fragenden Unterton von mir und sah auf den Boden, als der große Typ vor mir hielt.
"Was gibt's zu sehen, One Direction?" Ich machte mich ein wenig kleiner und versuchte ihm keinen Blick zu würdigen. Eine Antwort gab ich auch nicht.
"Ich habe dich etwas gefragt!" Eine riesige Bärentatze knallte gegen meine Brust und mit dem ganzen Rücken schlug ich gegen die Wand hinter mir. Es tat weh. Ich hatte immer noch viele Blutergüsse.
Ich hatte keine Ahnung warum, aber ich unterwarf mich seiner Wenigkeit. Vielleicht würde ich so in Ruhe gelassen werden.
"Nichts. Es gab nichts zusehen", murmelte ich und sah auf in sein Gesicht.
"Das will ich auch hoffen!" Erneut schlug er mich gegen die Wand und ein Knall hallte in der großen Halle. Am Rande stand ein Beamter, der mit seinem Schlagstock gegen die Bande schlug.
"Finger weg, Big Bat!" Der große Typ drehte sich wieder in meine Richtung. Er kam mir gefährlich nahe und flüsterte etwas in mein Ohr.
"Schau, dass du morgen um 10Uhr in den Kraftraum kommst."
Verwirrt sah ich ihm hinterher und drehte mich verdattert zu Josh, der eine Hand auf seine Stirn gelegt hatte. "Du bist am Arsch, Junge..."
"Wa- Warum?" Mit kratziger Stimme drehte ich mich zu meinem Zellennachbarn.
"Du wurdest gerade gekennzeichnet."
Ich wurde was?
Der Glatzkopf drückte sich von der Wand ab und deutete mir, ihm zu folgen. Es war nun wieder erlaubt in die Zellen zurückzugehen. Genau eine Stunde würden wir noch umhergehen dürfen, bis sie die einzelnen Zellen kontrollieren und absperren würden. "Was heißt das?"
Ich folgte Josh in seine Zelle und nickte seinem Kollegen zu, der mir nur mit einer Handdeutung zu zeigen gab, dass er mich auch gesehen hatte. "Es kann zwei Dinge heißen. Entweder er hofft darauf, dass du im Ring totgeschlagen wirst oder er hat Interesse an deiner Schlagfertigkeit."
Ich verschränkte meine Arme und sah zu dem kleinen Fenster. Josh war einer der glücklichen Bastarde, die ein Fenster hatten.
Bei mir, war es einfach dunkel, wenn die Lichter aus waren. "Du hast zwei Möglichkeiten..."
Er setzte sich auf sein Bett und knackte seine Finger. "Entweder du gehst nicht hin und musst hoffen, dass er dich nicht eigenhändig erwürgt oder du gehst hin, lässt dich darauf ein und kämpfst um dein Leben."
Kurz war es still, bis er weiterfuhr. "Ich weiß, dass du eigentlich nicht dazu bereit warst in diese Kämpfe einzuziehen, aber wenn ich du wäre, würde ich lieber Kämpfen, als ohne Widerstand getötet zu werden. Ich habe keine Ahnung gegen wen er dich kämpfen lassen würde..."
Geschaffen legte ich meinen Kopf in den Nacken. Das hatte meiner Wenigkeit natürlich gerade noch gefehlt.
Ich wollte ansetzen etwas zu sagen, aber Josh sprach weiter. "Bist du gut, verdienst du dir den Respekt. Gehst du unter, kannst du dir ja vorstellen, was passieren wird."
Einerseits wäre das eine Möglichkeit Veron näherzukommen, indem ich mir Big Bat zum Freund machte, aber andererseits hatte ich keine Ahnung, wie stark die anderen Insassen waren.
Ich hatte Training und Mumm, was das Kämpfen anging, aber es würde immer jemand stärkeren und besseren geben. Verzweifelt öffnete ich meine Augen und sah, wie auch Josh's Zellennachbar interessiert zu uns sah.
Plötzlich schwappte mir das Versprechen, dass ich Alexis gegeben hatte in die Gedanken. Ich hatte ihr versprochen auf mich aufzupassen, in keine Kämpfe zu geraten und zu überleben.
Andererseits versprach ich ihr mehr über Veron herauszufinden. Es tat mir weh eines ihrer Versprechen zu brechen und wahrscheinlich würde ich dazu gezwungen sein, ihr das zu verheimlichen.
Ich zog am Saum meinen Shirts und vergriff mich darin. Meine Zähne knabberten an meiner Unterlippe und ich verfluchte mich dafür, diese Entscheidung so zu treffen.
Ich wollte hier raus. Ich musste weiterkommen. Das hieß, dass ich kämpfen musste.
Ich würde morgen dorthin gehen.
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