039 | Louis
Louis' P.o.V.
Wir waren mittlerweile seit einer Stunde in der Wohnung und Harry sah sich noch immer alles an. Er war die gesamte Zeit über still und vermutlich auch einfach überfordert. "Louis?" Direkt ging ich näher zu ihm. "Ja?"
"Ich kann das nicht... Ich...Tut mir leid, aber... Nein." Er biss sich fest auf die Lippe und Tränen sammelten sich in seinen Augen. "Hey...", wisperte ich und sah ihn besorgt an. "Was ist denn los?"
"Alleine wohnen... Ich... Ich kann das nicht, das... Ich- Lou-" Er fing vollkommen überfordert an zu weinen und schnell überbrückte ich den Meter und zog ihn fest in meine Arme. "Harry... Wenn du das nicht kannst, dann ist das doch kein Grund zu weinen. Ich hatte dir doch gesagt, dass du zu mir kannst."
"Nein- Ich..." Er schluchzte laut und krallte sich an meiner Jacke fest. "Ich- Lou... Ich hab' auf der Straße gelebt... Ich kann das alles nicht. Ich- Ich weiß nicht, wie das funktioniert... Ich... Ich..." Er weinte immer mehr und mir zerbrach es das Herz.
So fest ich konnte umarmte ich ihn und biss mir fest auf die Lippen, um nicht selbst zu weinen. "Harry", flüsterte ich benommen und schloss meine Augen für ein paar Sekunden. "Es tut mir so unglaublich leid... Ich- Verdammt-"
Wir standen eine Weile fest umschlungen im Wohnzimmer, bis Harry sich langsam beruhigte und zumindest nicht mehr schluchzte. "Hazza", murmelte ich leise und strich ihm die Tränen weg. "Sieh mich an", flüsterte ich und griff nach seiner Hand.
"Du bist nicht allein, okay? Ich- Das werde ich niemals zulassen. Du wirst nicht wieder auf die Straße kommen. Das verspreche ich dir."
Harry schniefte und nickte langsam. "Ich- Danke", murmelte er und rieb sich die Augen. Ich lächelte nur und küsste seine Wange. "Wie... Wie lange warst du..." Er sah zur Seite und schluckte. "Insgesamt drei Jahre und zwischendurch bei der Person, welche für..." Er hielt mir seine Hände hin, bei denen ich mich schon immer gefragt hatte, woher er diese feinen Narben hatte.
Ich konnte mir diesmal die Tränen nicht verkneifen und atmete tief durch. "Harry..." Er machte so viele Fortschritte, dass es mich regelrecht überforderte. Ich hätte niemals gedacht, dass ich heute noch so viel von ihm erfahren würde. Er hatte auf der Straße gelebt? Was war noch alles passiert? Ich wollte noch so vieles wissen, aber ich musste mich gedulden. Harry würde es mir erzählen, wenn er dazu bereit war.
Seine Hände nahm ich in meine und küsste seinen Handrücken. "Du bist bei mir sicher." Er sah mich mit großen Augen an und nickte dann langsam. "Danke." Ich lächelte und küsste seine Wange erneut.
"Wie... Wie wäre es, wenn diese Wohnung dein Rückzugsort wird? Meine Wohnung ist nicht die größte und wenn du Ruhe und Zeit für dich brauchst, dann kannst du immer hier her. Beide Wohnungen sind ja auch nicht weit auseinander. Vielleicht 20 Minuten zu Fuß."
"A-Aber heute Mittag hast du noch... noch gesagt, dass du nicht sicher bist ob wir beide zusammen funktionieren", erwiderte er und sah auf seine Hände. "Ich würde alles versuchen, damit es dir besser geht. Und ehrlich gesagt ist mir auch nicht wohl bei den Gedanken dich allein zu lassen. Nicht... Nicht in diesem Zustand und ich liebe dich Harry."
Er sah mich unsicher an, doch ich lächelte nur und nahm seine Hand. "Komm, wir sollten nach Hause. Wir beide brauchen Ruhe, der Tag war unglaublich lang und anstrengend."
Harry nickte leicht und kam mir ein kleines Stückchen näher, weswegen ich einfach nicht widerstehen konnte und meine Lippen sanft auf seine drückte. Ich küsste ihn zärtlich und legte meine Hände dabei in seinen Nacken. Harry erwiderte den Kuss nur zögerlich und war immer noch etwas zurückhaltend. Doch das konnte ich nur zu gut verstehen.
Als wir uns voneinander lösten lächelte ich ihn an und zog in an seiner Hand aus der Wohnung und gemeinsam gingen wir die Treppe hinunter. Ich klopfte an die Hauptwohnungstür und lächelte Frau Morris an, welche nach einem Moment die Tür öffnete.
"Ah, da haben Sie sich aber gründlich umgesehen. Ist soweit alles in Ordnung?" Ich sah kurz zu Harry, doch er schien nicht bereit zu sein mit ihr zu reden, weswegen ich es übernahm. "Es ist alles prima. Wie sieht es denn mit den ganzen Bedienungen aus?"
"Harry ist der Mieter der Wohnung und ich habe weder Interesse an Gegenleistungen oder sonstigen Kram. Ich kann meinen Enkeln Arbeit aufhalsen, wenn ich Hilfe benötige. Harry soll sich doch wohlfühlen, anstatt Verpflichtungen einzugehen." Ihr Blick senkte sich auf unsere Hände und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
"Außerdem wird er nicht oft hier sein, oder?" Ich musste schmunzeln. "Vermutlich nicht, ist das in Ordnung?" - "Aber natürlich! Ich mache an dem Programm mit, damit Menschen wie Harry ein Zuhause haben. Und wenn die Wohnung nur als... Wie sagt man gleich... Zuflucht dient, dann ist das so. Vielleicht wird es ja irgendwann nicht mehr gebraucht."
Ich bedankte mich nochmal bei der Dame und war so erstaunt darüber, dass sie tatsächlich einfach nur helfen wollte. Was für ein guter Mensch sie doch war. Die Schlüssel für die Wohnung nahm ich an mich.
Es dauerte nicht lange bis wir in meine Wohnung zurückgekehrt waren. "Haz?", ich zog meine Schuhe aus und drehte mich zu ihm herum. Seitdem Kuss hatte er gar nichts mehr gesagt. "Love?" Er reagierte immer noch nicht.
Vorsichtig zog ich ihn in meine Arme und atmete auf, als er seine Arme um mich schlang und die Umarmung erwiderte. Sanft strich ich ihm über den Rücken und zog ihn noch enger an mich heran. Plötzlich spürte ich unter meinen Händen wie er leicht zitterte und fühlte seine Tränen auf meiner Haut. Oh Harry...
Ich strich mit meiner Hand hoch zu seinem Nacken und fuhr ihm durch die Locken. "Es ist alles gut", flüsterte ich und wiederholte es immer wieder. Doch wie vor ein paar Stunden noch schien er sich nicht zu beruhigen. Vorsichtig löste ich mich von ihm und ging mit Harry ins Schlafzimmer.
Ohne nachzudenken zog ich mir die Hose aus und half auch Harry dabei. Er ließ es einfach mich sich machen, denn Harry war vollkommen in seinen Gedanken versunken. Ich zog ihn wieder zu mir und zusammen legte wir uns auf das Bett. Besorgt strich ich ihm durch die Haare, bis er mehrfach blinzelte und mich verwirrt ansah.
"Es ist alles gut, hörst du?" Harry biss auf die Lippe und schüttelte leicht seinen Kopf. "N-nichts", er schluchzte wieder und vergrub sein Gesicht an meiner Brust. Er war vollkommen fertig mit den Nerven. Harry sollte dringend zur Ruhe kommen, aber wie sollte ich das anstellen? Mir fiel einfach nichts mehr ein und so wie er sich an mich klammerte...
Ich legte meine Arme wieder fest um ihn und drückte ihm die ganze Zeit kleine Küsse auf seine Locken. "Lou", murmelte er und legte seine Hand an mein Kinn und schob mich leicht weg. "Nicht so viel Liebe", wisperte er und versteckte sein Gesicht wieder an meiner Brust. Es brachte mich zum Schmunzeln und ich konnte einfach nicht wiedersteten und drückte noch einen Kuss auf seinen Kopf.
"Lou", grummelte Harry und stützte sich auf. Ich lächelte ihn an und legte meine Hand an seine gerötete Wange. "Geht es dir etwas besser?" - "Ich bin müde", erwiderte er stattdessen. "Komm, dann gehst du ins Bad und machst dich fürs Bett fertig."
Harry setzte sich ganz auf und nickte dann langsam. "K-Kommst du trotzdem mit? Alleine im Bad... Das geht nicht." Etwas verwirrt sah ich ihn an, bis es mir langsam dämmerte. "Du hast Angst?" Harry sah mich nicht an, nickte aber. Ich erinnerte mich an seine Panik, als ich ihn mal für ein paar Minuten alleine gelassen hatte.
"Du weißt, dass dir hier niemand etwas antun kann?" - "I-Ich weiß, aber-" Ich setzte mich auf und legte meine Hände an seine Wange. "Love, es ist alles gut. Du musst dich bei mir nicht rechtfertigen. Ich verstehe das. Wir machen es einfach so, wie wir es im Gefängnis auch getan haben."
Ich näherte mich ihm langsam und küsste seine Stirn. "Danke." Erneut küsste ich seine Stirn und stand dann mit ihm an der Hand auf. Wir machten uns schnell im Bad fertig und im Schlafzimmer sah Harry unschlüssig an sich herunter. "Warte, ich habe noch mehr Klamotten für dich. Aber nicht all zu viele. Ich wollte nicht jedes Mal raten. Außerdem sollst du dir selbst was aussuchen. Vielleicht können wir ja nach dem Wochenende in die Stadt. Dann ist nicht ganz so viel los."
Er sah mich überrascht an und schluckte leicht. "F-Für mich. Das?" Ich lächelte und nickte. "Natürlich ist das für dich. Ich weiß, im Gefängnis hast du immer nur lange Sachen getragen, aber... vielleicht... Du musst dich hier nicht verstecken, okay?"
Harry schien zu überlegen und nickte dann langsam. Ich lächelte ihn an und strich ihm kurz über die Wange. "Das ist alles so ungewohnt", flüsterte Harry und schluckte. "Ich weiß, aber du gewöhnst dich an all das. Du hast jetzt alle Zeit der Welt und ich helfe dir", versprach ich und küsste ihn kurz, bevor ich mich ins Bett legte und meinen Handywecker stellte.
Als er sich umgezogen hatte stand er unsicher neben dem Bett. "Komm her", lächelte ich. "Wir haben schon oft in dem kleinen Zellenbett gekuschelt. Und jetzt... Kuscheln wir einfach über ein paar Stunden hinweg." Es dauerte noch einen Moment, doch Harry legte sich dann zu mir ins Bett. Da es nicht so groß war, lag er relativ nah an mir. Doch keinen von uns beiden schien das wirklich zu stören.
Ich hatte sogar das Gefühl, dass Harry sich langsam immer mehr entspannte. Vorsichtig drehte ich mich um und sah ihn an. "Schlaf gut Haz", flüsterte ich und legte meine Lippen an seine Stirn. "G-Gute Nacht", nuschelte er leise und schloss seine Augen.
Harry war sehr schnell eingeschlafen, allerdings hatte ich noch eine Weile mit meinen Gedanken zu kämpfen. Ich lächelte, als meine Hände nicht mehr ganz so zitterten wie heute Morgen noch. Während ich über alles nachdachte strich ich ihm durch seine weichen Locken und wickelte mir immer eine Strähne um den Finger.
"Ich liebe dich so sehr Harry", murmelte ich leise und legte meine Stirn an seine. "Ich werde alles dafür tun, dass du endlich zu dir selbst findest und der sein kannst, der du immer sein wolltest. Versprochen."
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21/02/2021
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