Kapitel 14 - Die drei Narren und die Schande
»Hauptsache es geht schnell!« Fandral hielt den Reif in die Luft. Er funkelte im Sonnenlicht, das durch die Fenster schien.
»Mach dich bereit, bevor der Lügner kommt«, mahnte Volstagg.
Fandral nickte und verbarg sich hinter der Ecke des Seitenarms des Flügels. In diesem Teil des Palastes gab es keine Wachen. Der Weg führte zu den königlichen Gärten.
»Ich halte es immer noch für keine gute Idee.« Hogun verschränkte die Arme vor der Brust, um seine Abneigung für das Geplante deutlich zu machen.
Fandral wandte sich zu ihm um und reckte kämpferisch die Faust in die Höhe. »Wir tun es für Thor.«
Hogun machte ein ernstes Gesicht. »Sif ist sich unsicher. Sie glaubt nicht, dass Thor unter einem Bann steht.«
Fandral lachte bitter auf. »Unsicher? Dann verschaffen wir uns jetzt Sicherheit. Los Hogun, pass auf und sag Bescheid, wenn er kommt.«
Widerstrebend betrat Hogun den breiteren Gang. Thor würde es niemals gutheißen, was sie hier beabsichtigten. Doch alle Versuche, die beiden davon abzuhalten, waren gescheitert.
Sie waren Loki früher ein paar Mal aufgelauert, um ihm eine Lektion zu erteilen. Aber Loki war jetzt eine Lady. Und eine Lady in böser Absicht zu erschrecken war Unrecht, auch wenn diese Lady eigentlich ein Mann war.
Lady Runa bog um die Ecke. Alleine. Wieso war er immer alleine unterwegs? Bei den gegenwärtigen Anfeindungen aus dem Volk wäre eine begleitende Palastwache angeraten gewesen. Wieso trug er heute wieder ein Kleid? Seit dem Zwischenfall, der die Gerüchteküche zum Überkochen gebracht hatte, war Loki nur noch in Männerkleidung erschienen. Hogun seufzte, kam seiner Schuldigkeit als Waffenbruder nach und pfiff das vereinbarte Zeichen.
Ich gab einen erschrockenen Ausruf von mir, als plötzlich Fandral vor mir auftauchte, sich meines Armes bemächtigte und mir schmerzhaft einen Reif darüber schob.
»Ha! Das war's dann mit der Magie!«
Ich starrte auf den ungehobelten Kerl und auf den seltsamen Armreif, der nun mein Gelenk verunstaltete. »Ich muss doch sehr bitten. Wie könnt Ihr es wagen, einer versprochenen Dame den Hof zu machen?«
Fandral lachte böse und schubste Loki in den Seitengang.
»Hey! Lasst das! Wache! Hilfe!«
Volstagg legte von hinten seine dicke Pranke über Runas Mund und verhinderte, dass sie weiterschreien konnte. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie Fandral an, der sich drohend vor ihr aufbaute.
»So, Lügenkönig, keine Maskerade mehr.« Er stieß ihr mit einem Finger gegen das Brustbein und brachte sein Gesicht nahe an ihres.
»Mit deinem dummen Streich, gibst du Thor der Lächerlichkeit preis. Wandle dich! Sofort!«
Fandral lachte, als er sah, wie Tränen in Runas Augen stiegen. Beifallsheischend drehte er sich zu Hogun um und zu Volstagg zurück.
»Ist er nicht ein hervorragender Schauspieler? Sag, sieht alles an dir so echt aus, wie dein Äußeres?«
Er bückte sich, ergriff den Saum des Kleides und hob ihn bis zum Schritt hoch. Volstagg musste kräftiger zupacken, als Leben in Runa kam und sie sich unter seinem Griff zu winden begann. Ihr entsetzter Schrei drang nur gedämpft durch seine Hand.
»Wandle dich!« forderte Volstagg drängender. »Du hast uns zum Narren gehalten, genau wie Thor.«
Fandral tastete zwischen Lokis Beinen herum. Unter Volstaggs Hand begann die Frau nun zu kreischen.
»Er hat alle Tribute einer Frau. Abscheulich, dass du Thor damit... Ich wage nicht es auszusprechen.« Angewidert zog er seine Hand zurück.
»Warum wandelst du dich nicht? Sollen wir dir erst eine Abreibung verpassen?« Unsicher sah er zu Volstagg. Er würde eine Lady nicht schlagen können, selbst wenn diese Lady Loki war.
»Hey, hey!« Volstagg fing Runa auf, deren Beine nachgaben, dabei musste er die Hand von ihrem Mund nehmen. Sie schluchzte haltlos.
»Warum... warum... tut ihr...das?«
»Loki, du kannst dein Theater beenden.«
»Ich... bin nicht...«
Hogun, der die ganze Zeit immer wieder nach Wachen Ausschau hielt, gefiel diese Szene nicht. Als Lady Runas Reden erstarb und sich in einen Weinkrampf wandelte, stieß Hogun Fandral zur Seite und befreite sie aus den Armen Volstaggs. Er ließ sie sanft zu Boden gleiten.
»Seid ihr des Wahnsinns? Seht ihr nicht, dass es eine Frau ist, die ihr hier in Bedrängnis bringt?«
Volstagg sah seinen Kampfkameraden an, als wäre er verrückt geworden. »Thor hat selbst zugegeben, dass es Loki ist. Und er da hat es auch gesagt.«
»Habt ihr noch nie davon gehört, dass man sich in einer Wandlung selbst verlieren kann? Schaut sie euch an. Loki trug in den letzten Tagen nur seine eigene Kleidung. Warum jetzt ein Kleid? Und hätte Loki nicht mit seiner Silberzunge gegen euch gekämpft? Betet, dass Thor euch nicht mit Mjölnir den Schädel spalten wird.«
Die Ablenkung durch Hogun nutzend, raffte Runa ihr Kleid und kam nach oben. Sie rannte ohne sich umzudrehen, als sei Fenris persönlich hinter ihr her.
***
Ich rannte, bis mein Herz mir bis zum Hals schlug und die Luft meine Lungen nicht mehr erreichte. Kopflos wie ich war, achtete ich nicht auf meinen Weg und sah mich orientierungslos um. Wo war ich gelandet? Mir erinnerte an einen Spaziergang mit Thor. Es waren die königlichen Gärten.
Beschmutzt! Sie beschmutzten meinen Körper und wieder kam dieser Name an mein Ohr – Loki! Meine Beine zitterten heftig. Ich ließ mich auf einer Bank im Schatten einer mächtigen Ulme nieder und weinte.
»Seht nur, was haben wir denn da?«
Alarmiert wollte ich hochfahren, da wurde ich bereits von kräftigen Händen gepackt. Ich riss mich los und sprang vorwärts, nur um festzustellen, dass ich eingekreist war. Drei Männer. Diesmal andere. Sie sahen verwahrlost aus, gehörten nicht zum Palast. Ich wollte schreien, war aber plötzlich wie gelähmt.
»Los! Zieh ihr das Armband an!«
»Sie trägt bereits eines.«
»Umso besser.«
Ich bekam einen Stoß gegen die Schulter und taumelte in die Arme eines dicken Kerls, mit strähnigen braunen Haaren. Er stank nach Met und seine Hände schlossen sich wie Schraubstöcke um meine Oberarme. Ich riss den Mund auf, um meine Stimme wieder zu finden.
»Das lässt du schön bleiben, Täubchen.«
Eine übel riechende Hand wurde mir schmerzhaft gegen den Mund gepresst. Beide Handgelenke hielt er mit der anderen Hand fest. Ich versuchte nach hinten zu treten.
»Kein Täubchen, eine Wildkatze.«
Vor mir baute sich ein hagerer Kerl, mit einer breiten Narbe über das ganze Gesicht, auf. Mit einem einzigen Ruck riss er mir das Kleid herunter. Ich schrie, doch die Hand erstickte jeden Laut. Nein! Nein! Das durfte nicht sein! Hilfe! Helft mir!
»Los jetzt! Bevor es jemand bemerkt. Bring sie hinter die Büsche dort.«
Ich gebärdete mich wie wild, strampelte mit den Füßen. Doch der Kerl war viel stärker. Panik stieg in mir hoch. Sie würden mich schänden! Ich würde das Kind eines Fremden in mir tragen! Nein! Das durfte nicht geschehen. Ungeahnte Kraft baute sich in mir auf. Ich entwand mich dem fetten Kerl.
»Bei den Nornen, sie ist stark!«
»Stellt euch nicht so an! Es ist nur ein Weib!«
»Hil...« Ein heftiger Faustschlag traf mich im Gesicht. Ich kreischte, fiel nach hinten und schlug hart auf den Boden auf. »Nein! Bitte! Nein!« Eine Hand packte mich an meiner freiliegenden Unterkleidung und zerrte mich nach hinten.
»Bei Hel! Jetzt haltet sie endlich fest, damit ich das hier beenden kann.«
Jemand drehte mich grob auf den Rücken, zog mich an den Haaren in die richtige Position, presste mir die Hand auf den Mund. Ich spürte, wie etwas in meinem Gesicht zerbrach und brüllte vor Schmerz. Meine Beine wurden auseinandergerissen. Der massige Körper rutschte grunzend über mich, meine Lunge wurde zusammengepresst. Ich wollte nach Luft ringen, aber die Hand auf meinem Mund verhinderte es.
»Ich will sie kosten.«
Zähne an meinem Hals. Lasst mich! Hört auf!
»Weg damit!«
Mit geblähten Nasenflügel sog ich die Luft ein. Nein! Nein! Nein! Meine Scham lag frei. Das Monster zerrte an seiner eigenen Hose. Nein! Thor! Hilf mir! Hilfe! Raue Hände tasteten grob suchend meine Scham ab. Ich schloss die Augen. Es würde geschehen. Sie würden mich schänden und vielleicht danach töten. Mein Schicksal war besiegelt. Ich würde niemals Königin von Asgard werden. Kein Luft... ich bekam keine Luft... mir schwanden die Sinne.
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