Kapitel 6 - Ne-fargetan - Unvergessen
N/A: Danke an: Baumtraum, Blacky0809, Ich-bin-Groot, lilguineapig, Nightfire, Sherlockine
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»Ich habe nur einen kurzen Lidschlag für dich. Prinz Thor ist noch nicht da und Svea überfordert, mit Loan und Tiara.« Limiteti warf einen besorgten Blick zurück und folgte dann Falk in den kleinen Speiseraum, der um diese Tageszeit verlassen dalag.
Falk sah sie liebevoll an. »Du wirst eine großartige Mutter werden.«
Limiteti lächelte beschämt. »Danke. Eines Tages allenfalls. Es wird noch Zeit verstreichen, bevor Tiara mich nicht mehr benötigt.«
Um Falks Mundwinkel zuckte es und seine Stimme wurde sanft. »Es ist dir sehr wichtig für Tiara da zu sein.«
Limiteti blickte ihn eindringlich an. »Ich machte einen furchtbaren Fehler, Falk. Durch meinen Ungehorsam habe ich viele Asen in große Gefahr gebracht. Dennoch betraute mich Prinz Loki mit dieser wichtigen Aufgabe und so lange er nichts Gegenteiliges sagt, werde ich sie mit all meiner Kraft ausüben. Gleichsam sind mir die Kinder sehr ans Herz gewachsen und ich weiß, dass sie mich brauchen.«
Falk schluckte heftig. Er senkte das Haupt und Wehmut lag in seiner Stimme. »Und wenn... was wäre, wenn du dich entscheiden müsstest?«
Limitetis Lächeln erstarb. Sie griff nach seinen Armen. Er hob den Kopf und sah sie an. »Entscheiden? Für was entscheiden?«
»Für die zwei kleinen Hoheiten, oder... mich?«
Ungehalten ließ Limiteti ihn los. »Falk! Wir sprachen doch bereits darüber und du warst damit einverstanden, dass ich weiterhin Tiaras Kindermaid sein kann. Hat sich deine Meinung geändert? Willst du nun doch in das Schloss deines Vaters? Dazu sage ich dir gleich...«
»Nein Li, dem ist so nicht. Die Umstände haben sich geändert. Ich bin gezwungen unser gemeinsames Heil außerhalb von Asgard zu finden. Wir suchen uns einen schönen Platz zum Leben und werden...«
»Nein! Ich laufe nicht fort! Ich werde meine Pflichten nicht vernachlässigen. Schämst du dich für eine Gemahlin, die nicht deinem Stand entspricht und weiter für die königliche Familie Dienst tut?«
»Keineswegs... Limiteti... es ist...«, Falk holte tief Luft, »Der Allvater will mich zwingen eine Verbindung mit der vanischen Prinzessin einzugehen. Uns bleibt nur die Flucht, um dem zu entgehen.«
Limiteti riss die Augen auf und starrte ihn ungläubig an. »Mit Prinzessin Asderia?«
»Ich schwöre, ich habe sie noch nie gesehen.« Falk rang mit den Händen. »Keinen Lidschlag denke ich daran mich mit ihr zu vereinigen. Meine Liebe gehört nur dir allein. Glaubst du mir?«
Für einen Moment war Limiteti stumm, dann nickte sie. »Warum sollst du dich mit ihr vereinigen?«
»Der Allvater sprach davon, dass es meine Pflicht wäre, um den Frieden zwischen Vanaheim und Asgard zu wahren.« Zorn zeichnete sich auf seinem Gesicht. »Kannst du dir das vorstellen? Jahrhundertelang sprach er nicht ein Wort mit Vater und mir und nun soll ich Asgard retten. Was bildet er sich ein?«
Limiteti beobachtete stumm das fassungslose Ringen ihres Geliebten. Sanft griff sie nach Falks Händen und blickte ihm tief in die Augen. »Du wirst diese Verbindung eingehen. Für Asgard!«
Falk starrte sie betroffen an. »Aber... du... wir...«
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. »Das Heil von Asgard steht über meinen Wünschen. Sei tapfer und ehrenvoll... für mich.«
»So steht für dich die Ehre über allem? Über der Liebe, über meinem... und sogar über deinem eigenen Heil?« Er klang so gebrochen.
»Falk...« Limiteti schluckte heftig und zog die Hände ihres Geliebten an ihre Lippen, um ihn dann flehend in die Augen zu sehen. Falk erkannte, dass sich Tränen darin sammelten. »Mein Vater lehrte mich tapfer zu sein. Ich kam nicht in einer Familie zur Welt, die Krieger in ihrer Ahnentafel trägt. Mein Vater ist Kammerdiener, wie sein Vater zuvor und dessen Vater ebenso. Unsere Familie kann Asgard nicht auf dem Schlachtfeld verteidigen, um Tapferkeit und Mut unter Beweis zu stellen. Ja, ich liebe dich von ganzem Herzen und nichts sehnlichster wünsche ich mir, eine Familie mit dir zu gründen, dein Kind an meiner Brust zu säugen und eine starke Frau an deiner Seite zu sein. Doch dieser Weg scheint uns nicht vergönnt. Wir müssen auf unser Heil verzichten, um ein ganzes Volk vor dem Krieg zu bewahren. Sei du für mich der ehrenvolle Krieger.«
Falk riss sie in eine Umarmung, die sie fest erwiderte. Ihre Küsse waren so wild und inniglich als gäbe es kein Morgen mehr.
***
Endlich! Mein Vater stürmte mit großen Schritten auf mich zu. »Vater, auf ein Wort.«
»Jetzt nicht, Sohn.«
Abweisend lief Vater an mir vorbei und ich folgte ihm. Er war volle Zorn. Was rief ihn hervor? Die Verletzung seines Adlatus? Wohl kaum. »Wir müssen über Falk sprechen.«
»Ich sagte – jetzt nicht Thor!«
Ohne anzuhalten stürmte Vater in sein Regierungszimmer. Der Wächter schloss die Tür und ich blieb ratlos zurück.
»Hoheit, wünscht Ihr, dass ich einen Termin mit der Majestät belege, sobald er dafür bereit ist?«
Der Bursche war drei Köpfe kleiner als ich und schmal wie ein Knabe. »Wer bist du?«
Er schlug sich mit der Faust gegen die Brust und neigte sein Haupt. »Frowin Adalwinson. Ich vertrete meinen Vater.«
»Teile dem Allvater mit, dass ich dringlich mit ihm reden muss und lasse sofort nach mir schicken, wenn er bereit ist.«
»Sehr wohl, Prinz Thor.«
Ob Loki bereits in unserem Gemach war? Zügig ging ich voran und traf unterwegs auf Harivald.
»Ich muss Euch mitteilen, dass sich Prinz Loki ohne Bewusstsein in der Heilkammer befindet.«
***
Asderia sah mit verkniffenem Gesicht im Spiegel dabei zu, wie ihre Zofe sorgfältig die roten langen Haare bürstete. »Yr Gwisionyn! (Dieser Idiot) Wie hat er das gemacht?« Sie nahm eine Haarsträhne in die Hand und blickte zornig darauf.
Die Zofe hielt inne und blickte auf Asderias Hinterkopf. »Kannst du den Zauber nicht rückgängig machen?«
Ein tiefer Seufzer kam zur Antwort. »Das habe ich bereits getan, aber stets kommt nach kurzer Zeit diese Farbe zurück.« Die Prinzessin ließ die Strähne los und starrte missmutig auf den Becher vor sich. »Haben die wenigstens Magavensaft hier?«
»Nein Asda. Das gibt es hier nicht. Aber der Diener von Loki hat mir, wie heißt das Zeug... irgendwelche Beeren... Eronenbeeren, oder so... Ich hab den Saft probiert, ist geil.«
Asderia rollte mit den Augen. »Du wirst dich eines Tages noch verraten. Geil... niemals würde das ein Vane, oder Ase in den Mund nehmen.« Misstrauisch roch sie an der Flüssigkeit in dem Becher und nippte daran.
»Aber ich sage das nur, wenn wir unter uns sind.« Die Zofe legte die Bürste auf den Ankleidetisch und ließ sich auf das Kanapee fallen.
»Hmmm... überraschend lecker.« Asderia trank den ganzen Becher in einem Zug und leckte sich anschließend über die Lippen. »Du verwendest dieses Wort so oft, dass es dir aus Gewohnheit aus deinem Mund entfleuchen wird.«
»Entfleuchen.« Die Zofe kicherte. »Alles Easy! Ich bin doch keine Anfängerin. Wir sollten runter zu Carlos gehen. Der kann dir die Haare wieder färben. Jetzt haben wir den Aufzug doch quasi um die Ecke.«
»Erst muss ich Frigga davon überzeugen, dass sie mich Bifröst nutzen lässt.«
»Nichts leichter als das. Der olle Typ will nix von dir wissen, da kannst du ganz leicht bei Kusinchen auf die Tränendrüse drücken. Ich hab in der Küche übrigens nach dem Kerl gefragt. Der soll ein Schnuckelchen sein.«
Asderia blickte im Spiegel interessiert zu ihrer Zofe, die rechts hinter ihr saß. »Ach ja? Wie sieht er denn aus?«
»So ähnlich wie Thor.«
Asderia riss die Augen auf und starrte in ihr entsetztes Gesicht. »Cachu!« (Scheiße)
***
Nur noch wenige Schritte bis zur Heilkammer, da eilte mir ein Wächter entgegen.
»Prinz Thor, die ehrwürdige Heilerin Irana schickt mich. Ich soll euch zum konditionierten Seelenleser für Prinz Loki bringen und Euch in ihrem Namen bitten Stille zu halten. Prinz Loki befindet sich in keinem guten Zustand.«
Ich nickte dem Mann kurz zu und beschleunigte meine Schritte. Was hieß in keinem guten Zustand? Um den Seelenleser standen Irana, Tarella und zwei weitere Heilerinnen. Zwischen ihnen erkannte ich blaue Haut. Sorge fraß sich in mein Herz und wollte ausbrechen, doch blieb ich ruhig, wie verlangt und wartete, bis Irana sich vom Seelenleser entfernte und zu mir trat.
»Ich bitte Euch inständig, ihn nicht zu berühren, Prinz Thor.«
Das klang beunruhigend. Ich drängte darauf seine ganze Gestalt zu sehen und nickte ungeduldig.
»Kommt!«
Was in allen neun Welten... Entsetzt starrte ich auf Lokis Gestalt. Wie unkontrolliert wechselte er ununterbrochen von einem Thursen in einen Asen. Nie gänzlich, stets nur teilweise. Langsam hob ich eine Hand.
»Nicht anfassen, Prinz Thor!«
Die Erinnerung war nicht notwendig. Ich rieb mir über die Stirn, als könne ich meine Sinne klären und aus diesem Nachtmahrtraum erwachen.
»Prinz Lokis Körper findet sich gerade erst wieder zusammen.« Irana langte nach einer seltsamen Vorrichtung über Lokis Kopf.
»Findet sich wieder zusammen?« Meine Stimme klang erstickt. Was redete sie da?
Lokis blaue Stirn trug die Zeichnungen der Argunen, seine Wangen die Bleiche eines kränklichen Asen. Vom Kinn abwärts, den Hals entlang, wieder blau. Der bleiche Oberkörper wechselte von blau, wieder zurück, desgleichen seine Arme, die reglos neben ihm lagen. »Was ist passiert?«
»Wir wissen es nicht. Prinz Loki schickte die Heiler aus der Kammer. Wir kümmerten uns um die anderen Genesenden, als ein fürchterlicher Schlag uns alle zusammenzucken ließ. Ein alter Krieger erschrak so sehr, dass er sich erbrach.«
Was interessierte mich jetzt der alte Krieger. »Und? So sprecht doch, ehrwürdige Irana.«
»Eiligst liefen wir in die Kammer. Dort lag Prinz Loki am Boden. Im ersten Lidschlag erkannten wir ihn nicht. Er war nur ein Haufen aus Fleisch und Knochen und schob sich gerade wieder in seine, uns bekannte, Gestalt. Wie ihr seht, tut er das noch immer. Als könne er sich nicht entscheiden, ob er ein Eisriese, oder ein Ase sein will.«
»Loki weiß genau was er sein will – ein Ase.« Irana verbeugte sich tief und für einen Moment war ich irritiert, bis ich die Stimme meiner Mutter vernahm.
»Loki weiß es, aber seine Natur wird immer wieder versuchen zum Ursprung zu finden.«
»Gut, dass du hier bist. Kannst du Loki mit Magie unterstützen? Und hast du eine Idee, weshalb er sich in diesem Zustand befindet?«
»Danke, Irana für Eure Fürsorge, doch könnt Ihr nichts für Loki tun. Lasst uns allein.« Sie wartete, bis wir allein waren. »Loki ist noch nicht vollständig bewandert, in seiner neuen Art der Magie. Er hat einen Zauber angewandt, dem er nicht gewachsen war. Die Magie kehrte sich um und hat seine Moleküle zerrissen. Es braucht Zeit, damit sie wieder zusammenfinden. Er vermag das ganz alleine.«
Einem Zauber, dem er nicht gewachsen war? Ob es mit der Suche nach Heven zusammenhing? Suchend blickte ich mich um. Keine Spur von der Hyrule. So ein kleiner Körper wäre einem starken Magiestoß ohne Überlebenschance ausgeliefert. Alles nur wegen meiner unstillbaren Abenteuerlust.
***
Das aufdringliche Gezwitscher von Vögeln weckte mich. Ich fühlte mich völlig zerschlagen und wollte nicht aufwachen. Das hieß nur wieder den Tagespflichten nachzukommen und alles in mir sehnte sich nach Ruhe. Ich blinzelte. Mein Gemach lag im Halbdunkel. Die Vorhänge waren zum großen Teil zugezogen und bauschten leicht im Wind. Unzufrieden brummte ich und langte nach meinen anderen Decken, um sie mir überzuziehen. Eine Hand hielt mich auf.
»Endlich seid Ihr erwacht, mein Prinz. Ihr müsst dringlich zuerst den Heiltrank zu Euch nehmen.«
Heiltrank? Nun öffnete ich die Augen ganz und sah Harivald über mich gebeugt. Bevor ich reagieren konnte, langte er hinter mich, schob mir Kissen an den Rücken und brachte meinen Oberkörper aufrecht.
»Ist es Euch so recht?«
»J... ja.« Was für ein seltsames Gefühl. Ich beobachtete Harivald, wie er sich von mir wegdrehte, an meinem kleinen Tisch hantierte und sich mit einem großen schmalen Becher wieder zu mir wandte.
»Hier, mein Prinz. Die ehrwürdige Heilerin Irana bittet Euch diesen Tee, ohne abzusetzen, zu trinken.«
»Die ehrwürdige Heilerin Irana?« Ich starrte den Becher an. Harivald hielt ihn, in stoischer Ruhe, vor mich. »Wie lange habe ich geruht?«
»Fünf Tage wachten wir abwechselnd an Eurer Bettstatt.«
»Fünf Tage?« Bestürzt glitt mein Blick vom Becher zu Harivald. »Wie kann das sein?« Wir brachten die Hyrule Atrin in die Heilkammer. Atrins Flügel war gebrochen. Mir fehlte nichts... Wieso fühlte ich mich so schwach und gebrechlich? Wie kam ich in mein Gemach? Wo waren meine Kinder und Thor? Ganze fünf Tage verschlief ich?
Ich nahm den Becher vom Tablett und setzte ihn an die Lippen. Der Trank roch nach Nichts. Als ich den ersten Schluck nahm und die Flüssigkeit meine Geschmacksnerven traf, konnte ich kaum entscheiden, ob ich runterschlucken, oder alles herausspucken sollten. Ein unrühmlicher Laut entfuhr mir, während ich verzweifelt versuchte, weiterhin zu schlucken.
»Man fand Euch ohne Bewusstsein, in einem desolaten Zustand in der Heilkammer vor. Königin Frigga sprach von einem Zauber, der nicht Euren Wünschen folgte und Euch in diese Lage brachte.«
Ich starrte ihn entgeistert an und dann an mir herunter. Die gefühlte Gebrechlichkeit schwand. Mein Körper fühlte sich seltsam an. Als wäre er vollkommen erneuert. Unbekannt, verwirrend. Ich hievte meine Beine aus der Bettstatt. Nicht der übliche Zustand nach einer Genesung. Ich fühlte mich nicht schwach, sondern erfrischt. Der Heilungstrank? Harivald bemerkte meinen, zum Becher zurückkehrenden, Blick und meine verwundert hochgezogene Braue.
»Königin Frigga unterstützte Eure Heilung mit ihrer Magie.«
Ich erinnerte an die Heilkammer und die Hyrule. Sie bat mich herauszufinden, von wo ihr Volk ursprünglich stammte. Kein sonderlich schwerer magischer Akt. Jeder Magie-Novize wäre dazu in der Lage ... und dieser entglitt mir? »Wie geht es der Hyrule?«
Harivald zögerte einen winzigen Lidschlag. »Sie ist nicht auffindbar. Ihr befandet Euch allein in der Heilkammer.«
Ausdruckslosigkeit legte sich über mein Gesicht. Ubila! So wurde Atrin ein Opfer meines Versagens? Ich konnte es kaum glauben. Ursprungsfeststellungen gehörten zum einfachsten Seiðr-Gesang. Wie konnte mir dieser entgleiten? Weshalb war der Umschlag dieses Magieeinsatzes so groß, dass er mich fast auseinanderriss und mich fünf Tage schlafen ließ? Ich verbat mir den Gedanken an Atrin, wie sie mit mir in den magischen Rückstoß gelang. Ob es sie...? Nein! Diesen Gedankengang nicht weiterverfolgen! »Was ist mit Falk und Asderia?«
»Prinz Falks Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Er verschwand am Tage Eures Übels.«
Harivald räusperte sich. »Und Prinzessin Asderia... in Gegenwart vom Allvater ist sie untröstlich, in Gegenwart von Prinz Thor legt sie, wenn ich das so sagen darf, eine spitze Zunge an den Tag.«
Darüber musste ich mir erst Gedanken machen und dazu verspürte ich gerade keinerlei Lust. Mein Verlangen unterlag anderweitiger Sehnsucht »Schick nach Thor!«
»Prinz Thor und der Allvater sind zu einer Audienz bei König Njörðr.«
»Tiara? Loan?«
Harivald lächelte. »Die Prinzessin verlangte danach, zu ihren Schlafzeiten stets eingerollt neben Euch zu liegen. Prinz Loan eroberte sich Eure andere Seite. Beide sind wohlauf. Svea und Limiteti kümmern sich um die kleinen Hoheiten. Sie befinden sich jetzig mit Königin Frigga in den Gärten.«
Das beruhigte mich und stimmte mich zufrieden. »Kleide mich an! Ich will zu meinen Kindern.«
»Sehr wohl, mein Prinz.«
***
Auf den Weg zu den Gärten betrachtete ich nachdenklich ein Handgelenk nach dem anderen. Immer und immer wieder musste ich darauf sehen, denn ich konnte es kaum glauben. Meine Haut zeigte sich narbenfrei. Wie ärgerlich, dass ich meine Brust nicht gesehen hatte, da mich Harivald einkleidete. Ob die Narbe von Thors Blitz auch verschwunden war? Und alle anderen auch?
»Verzeiht mir meine Verwegenheit, Prinz Loki.«
Ich stoppte abrupt und starrte auf das schwarze, am Boden kniende Bündel. Ein verkrüppelter, alter Krieger, dem das Heil nicht treu blieb in der Schlacht zu sterben. »Steh auf! Kriech nicht im Staub vor mir! Was ist dein Begehr, alter Mann?«
»Ich musste mich vergewissern, dass Ihr lebt, Prinz Loki.«
Was sollte das? Nun gut, seit Thor und ich offiziell in Verbindung standen, änderte sich langsam die Meinung der Asen mir gegenüber. Sehr langsam, aber immerhin. Doch ein Herumrutschen auf Knien von einem alten Krieger mir gegenüber erwartete ich nicht. »Nun steht schon auf! Meine Geduld ist begrenzt. Wie Ihr seht, lebe ich.«
»Meine Sinne sind erleichtert. Der Schlag, den ich hörte, als Ihr verletzt wurdet, holte tief verborgene Erinnerungen zurück. Nur ein einziges Mal erlebte ich solch Gefühlswirrwarr.«
»Was?«
»Vergesst bitte was ich sagte. Ich will keine Wunden aufreißen. Es ist gut, dass Ihr lebt.« Endlich rappelte er sich vom Boden auf.
»Wartet!«
Er verneigte sich mehrmals, lief rückwärts, drehte sich um und lief eiligen Schritts davon. Hin und hergerissen, ihm zu folgen oder meinen Weg zu Mutter und meinen Kindern fortzusetzen, machte ich ein paar Schritte in die Richtung, in der er verschwand. Ich seufzte. Ich wollte zu meinen Kindern.
Kurz darauf betrat ich feuchtes Gras. Von weitem hörte ich das Lachen meiner Kinder, meiner Mutter und der Kindermaiden. Mutter webte Regenwolken und bewässerte die Anlage Stück für Stück, zur Freude von Tiara und Loan, die sich einen Spaß daraus machten, unter der Wolke zu hüpfen. Das sah so niedlich aus. Scheinbar waren sie in den fünf Tagen meines Schlafes viel draußen, da sich Loans helle Haut bräunlich und Tiaras hellblau zeigte.
Mein großes Herz entdeckte mich zuerst. Sie stellte ihr Hüpfen ein, bekam große Augen und rief: »Fäda, Fäda!« während sie auf mich zu rannte.
Loan schloss sich freudestrahlend an. »Wädä, Wädä!«
Ich ging in die Knie und empfing meine Kinder lachend.
Mutter winkte die Wolken weg und kam mir ebenfalls entgegen. »Loki! Du bist erwacht.«
»Dem ist so.« Loan zeigte aufgeregt in den Himmel und dann auf seine nassen Haare. »Wawaa.«
»Ganz in deinem Sinne oder, kleiner Wasserfrosch?« Limiteti und Svea standen mit Trockentüchern bereit und neigten ihre Häupter als sie meines Blickes gewahr wurden.
Tiara drückte meinen Hals. Ein erster Versuch den asischen Nackengriff anzuwenden? Sie sah ihn oft genug bei ihrem Vater. Auch, dass er mich küsste und so erreichten mich auch ihre Kakilaverschmierten Lippen. Loans Interesse galt bereits wieder seiner Kindermaid, denn in ihrer Schürze lockten wahrscheinlich verheißungsvolle Speisen.
Tiaras Aufmerksamkeit fesselte ein gelber Schmetterling, den sie versuchte, mit ihren kleinen Händchen zu fassen.
»Wie fühlst du dich?«
»Als hätte ich einen neuen Körper erhalten. In ehemaligen Zeiten misslangen mir einige Zauber, doch so eine Auswirkung verspürte ich niemals zuvor.«
»Auch ich vermag nicht zu sagen, was genau vorgefallen ist.«
Ihr Blick hing an meinem Hals. Eine schmerzliche Erinnerung der Rankenkäfer, die ich schlucken musste und die sich durch meinen Hals fraßen. Dass Heil war mir treu und es blieb nur eine schmale Narbe zurück. Meine Hand fasste automatisch an die Stelle. Wie vermutet war auch diese Narbe verschwunden.
»Denk nicht weiter darüber nach und freue dich, über den wunderbaren Effekt.«
Ich wurde das Gefühl nicht los, dass meine Mutter versuchte das Geschehene schnell der Vergessenheit zu überreichen. Ich strich über ein Blatt, von dem das Wasser, der gerade erfolgten Berieselung, tropfte. »So hast du die Aufgabe Thors übernommen und wässerst die Gärten? Zu einer frühen Stunda, wie mir scheint.«
»Die neuen Saaten müssen stets feucht bleiben und Loan liebt das Wasser so sehr.«
Ich blickte auf die jungen Triebe, die gerade erst den Kopf in ihre neue Welt streckten. Es waren etliche. »Die Samen, die ich dir vom Eisenwald mitbrachte, vom Baum der Sinne. Sind sie auch darunter?« Täuschte ich mich, oder wurde Mutters Haut einen Ton heller? Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt.
»Nach deinen Erzählungen birgt der Saft dieses Baumes Gefahr. Daher habe ich mich entschlossen, ihn vorerst nicht zu pflanzen.«
Eine Gefahr? »Gerade die Pflanzen mit den schönsten Blüten hier tragen Gift in sich. Deshalb wählst du doch stets einen sicheren Platz beim umpflanzen für sie.«
»Das Klima! Das Klima hier würde ihm nicht gut bekommen und die Ausstrahlung des Baumes vermag die Stimmung des Betrachters zu senken.«
Man betitelte mich oft den Gott der Lügen und nicht nur, weil ich in der ein oder anderen Situation die Wahrheit ab und an etwas beugte – nein, ich vermochte auch stets zu erkennen, wenn mein Gegenüber nicht die Wahrheit sprach. Und bei einer Sache war ich mir ganz sicher – meine Mutter belog mich.
***
Ne-fargetan (Nicht-Vergessen/Unvergessen)
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