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| DINNER |
Heute war Freitag und das bedeutete, dass ich dem bevorstehenden Tag immer näher kam. Diesem schrecklichen Tag, welchen ich umgehen wollte, jedesmal auf's neue in die hinterste Ecke meines Kopfes verbannte, ihn hinter anderen, wichtigeren, Dingen verdrängte. Ich sprach nicht, von der Party. "Ey," kurz blieb ich stehen, hob mein Kopf. Hatte ich mich gerade verhört? Ich war bestimmt nicht gemeint gewesen. Meine rechte Hand griff nach dem Geländer und ich lief, zusammen mit meinen Bücher in meiner linken Hand, die Treppe hinunter, als ich aufsah und eine Gestalt im Gedränge bemerkte. "Y-Yuta?" Flüsterte ich verwirrt, als er mich zwischen den anderen fokussiert hatte, schmunzelte, sich dann einfach umdrehte und verschwand. "Was zum..?" Runzelte ich meine Stirn über die vorherige Situation. Kopfschüttelnd lief ich einfach weiter hinunter zu den Chemie-Räumen, traf dort meine Kurskamaraden. Einige der Mädchen steuerten mich direkt an, irritiert blieb ich stehen, wollte sie grüßen, doch ich wurde garnicht erst zu Wort gelassen. "Was soll das Enya?!" Kam es aufgebracht von einem der Mädchen. Ich wusste nicht, wie zu reagieren. "Arrogant?! Warum schreibst du sowas?" Fragte jemand anderes, ich schüttelte meinen Kopf. "Wie bitte? Was soll ich getan haben?" Räusperte ich mich und alle hielten mir ihre Bildschirme entgegen, worauf ein Chat abgebildet war. Unverständlich, über die fiesen Zeilen, welche von meinem Handy verschickt worden seien, schüttelte ich nur erneut mein Kopf. "Nein, n-nein, das hab ich nicht geschrieben, ich...Moment." Als ich in meine Tasche griff war diese jedoch leer, kein Handy, es war weg. "Mein Handy, es ist weg." Murmelte ich, überlegend, wo ich es hätte liegen lassen können. "Dein Handy, es ist weg Enya? Komisch, genau jetzt? Aber du warst das bestimmt nicht. Kommt Mädels.." Sie drehten mir, sich kleinlaut entschuldigend, ihre Rücken entgegen. "Enya ist nicht so, sie ist zu lieb für sowas." Fügte eine hinzu, ich senkte meinen Kopf zu Boden, biss mir auf die Zunge. Ihr kanntet mich doch überhaupt nicht, woher wolltest ihr wissen, dass ich nicht auch diese Sachen über euch dachte? Dass ich so unschuldig dachte, wie ich wirkte? Dass ich tatsächlich so von euch dachte.
Dann fiel es mir ein und ich entschuldigte mich beim Lehrer, dass es mir nicht gut ginge, rannte auf den Campus. Dort angekommen empfing mich direkt die eisige Winterluft, umschlang meinen Körper komplett, ich machte meine Jacke zu. Sie erkennend lief ich auf die Jungs zu und bemerkte sofort, ihre erwartenden Blicke. Mittlerweile hatte ich nicht mehr diese enorme Angst, welche ich gegenüber anderen immer nur als 'angebrachten Respekt' beschrieb, ich sah sie mit anderen Augen. Angekommen schmunzelte Yuta nicht mehr so wie zuvor, nein, er hatte seinen kalten Todes-Blick aufgesetzt, doch zunächst drehte ich mich zum Blonden. "Ich hätte es gerne wieder." Meine blanke Handfläche kam ihm entgegen, er hob unschuldig seine Hände. "Ich wüsste nicht, was du meinst." Log er mir ins Gesicht, ich verdrehte meine Augen. "Jung Jaehyun, ich weiß genau, dass du mein Handy geklaut hast und dass du es auch warst, der diese Nachrichten an meine Klassenkameraden verschickt hat." Warf ich ihm vor und als er erneut dabei war alles zu leugnen, erklang eine weitere Stimme. "Jae, du hattest deinen Spaß, gib Prinzessin ihr Handy wieder." Mit seiner Zunge schnalzend zog mein gegenüber sein Handy aus seiner Hosentasche und gab es mir widerwillig zurück. Doch als sie mich stumm betrachteten und ich mich nicht vom Platz bewegte, wendete sich der Japaner an mich. "Was ist Prinzessin auf der Erbse? Du musst doch bestimmt zurück in den Unterricht." Johnny bekam eine Kippe von Jaehyun, lauschte abwartend meiner Antwort. "Welchen Grund hatte es, dass ihr es mir geklaut habt? Es muss einen gehabt haben, denn wenn ihr es nur so klauen wolltet, hättet ihr nicht diese Nachrichten verschickt. Ihr wolltet, dass ich komme."
Johnny zog schmunzelnd eine Augenbraue hoch, sah zu seinen Jungs, Jae nickte leicht. "John, du hattest recht, die kleine ist ja doch gescheit." Über das offensichtlich ausgesprochene hinwegsehend, wartete ich noch immer auf eine Antwort, ein Erklären ihrerseits. "Es geht darum, dass die Feier bald sein wird und wir dich nur nochmal daran erinnern wollten, dass du dich bei uns herrichten wirst und vermutlich erst am Morgen zurück kommst. Wir wollen doch keinen unnötigen Stress mit deinem Vater oder deinen sonstigen Handlangern." Stumm nickte ich nur, hatte die Tatsache zwar komplett vergessen, doch ließ es so aussehen, als hätte ich bereits alles abgeklärt gehabt. "Gut-.." Wollte Johnny gerade weiter reden, als Jaemin plötzlich angerannt kam. Er war außer Atem, seine Stirn sowie Schläfen glänzten, es war Schweiß, ganz klar. In seiner Hand hatte er etwas blaues, eine Decke oder ein Kleidungsstück, welches er beim Stoppen schnell versuchte in seiner Tasche verschwinden zu lassen. "Der Bus hatte Verspätung, hat die Direktorin etwas gemeint?" Kam es ihm unter Sauerstoffmangel hinaus. Dabei fiel dem Jungen etwas zu Boden, ich bückte mich danach, drehte das weiße Kärtchen um. "Hier," flüsterte ich leise, als er es mir jedoch schon aus der Hand riss.
Garnicht weiter darauf eingehend und so tuend, als hätte ich nicht gesehen, was meine Augen erblickt hatten, lenkte ich ab. Diese Taktik hatte ich schon von kleinauf gelernt, das Schauspiel, nichts mitbekommen zu haben, das Talent, zu schweigen, die Erziehung, sich nichts anmerken zu lassen. "Weshalb sollte dich die Direktorin erwarten?" Jaemin sah zu mir nachdem er seine Tasche wieder umgegangen hatte. Er fuhr sich durch seine, an seiner Stirn klebenden, Haare, verlieh ihnen erneutes Volumen. "Ach, du kannst es dir bereits denken, ich hab mal wieder Mist gebaut." Kam es kühl von ihm, kühler als gewöhnlich. Ob er wohl bemerkt hatte, dass ich es gelesen hatte? "Dein Lehrer sucht dich sicherlich, Musterschülerin. Geh zurück in den Unterricht." Johnny schob mich leicht von ihnen weg und etwas überrumpelt stolperte ich zur Seite. "Ok." Murmelte ich leise, fühlte mich unerwünscht, war unerwünscht.
Beim Gehen waren meinen meine Blicke starr auf den Boden gerichtet, auf den noch feuchten Untergrund des gestrigen starken Regens. Ich dachte nach, hatte im Endeffekt auch keine andere Wahl. Schließlich musste ich mir etwas einfallen lassen, wie ich beinahe zwei komplette Tage außer Haus verbringen konnte, ohne Verdacht bei meinem Vater zu schöpfen. Jedoch war dies nicht der einzige Gedanke, welcher mich plagte. Dieses Kärtchen..weshalb stand dort Jaemin's Name drauf? Lediglich sein Name, mehr nicht, was mich auch verwunderte, weshalb er so harsch reagiert hatte. Ein Schild mit seinem Vornamen und sofort will er es mir entreißen? Meine Gedanken schwirrten wirr in meinem Kopf umher, weshalb ich auch plötzlich ins Stottern begann, als ich im Englischunterricht ankam und mit leeren Worten im Türrahmen stand. "Ms. Huang, you are pretty late. For sure you have a good excuse, have you?" Meine Kehle war trocken, mein Kopf leer. Meine Gedanken von vorhin waren nun durcheinander gewürfelt, auf dem Boden meines Hirns zusammengefallen, versperrten einer plausiblen Antwort ihren Weg und ließen mich noch immer stumm erstarren. "Y-Yes, o-of course. I had a problem with my..foot, yes, I fell on the stairs and it hurts. But I'm fine now. Excuse myself." Wirklich? Mehr fiel mir nicht ein? Sofort spürte ich wie mein Gesicht Rot vor Scham anlief, selbst eine Notlüge konnte ich mir nicht einmal mehr zusammenreimen. Mein Lehrer nickte nur, ich lief direkt mit gesenktem Kopf auf meinen Platz zu, wollte nicht, dass jemand meine roten Wangen erkannte.
Von Konzentration konnte in dieser Stunde keine Rede sein. Meine Augen wanderten zum Fenster, zu den Baumkronen die man im dritten Stock perfekt erkenne konnte. Sie begannen sich zu bewegen, die Blätter raschelten und man hörte ein Donnern im Hintergrund. Ein Unwetter, erneut. Ich drehte mich zu Jisung's Platz, wollte diesen fragen, ob wir ihn erneut mitnehmen sollten, es würde bestimmt keine Umstände bereiten. Doch erst dann bemerkte ich, dass sein Platz leer war. Hatte ich den ganzen Tag seine fehlende Präsenz etwa nicht bemerkt? War ich so auf mich selbst fokussiert gewesen? Schnell sah ich zu Mia, sie wusste immerhin immer über alles Bescheid. Ich schrieb auf ein Blatt Papier, wo Jisung sei, ob sie eine Ahnung hätte, was er habe. Verdutzt von dem Zettel aufschauend schrieb sie dennoch etwas zurück und als ich das Blatt wieder entfaltete, hielt ich etwas inne. 'Park Jisung? Der fehlt doch bereits den ganzen Tag XD Ich hab jedenfalls gehört, dass er krank sein soll aber unter uns, Gerüchte meinen, dass er einen Kater vom zu vielen Trinken haben soll, unfassbar oder? Haha' Ich zerknüllte das Papier und ließ mich zurück in meinen Stuhl fallen. Wie hirnrissig. Jisung und Alkohol? Das ich nicht lache. Warum fragte ich sie überhaupt, Mia griff doch jedes Gerücht auf, selbst die ungläubigsten.
Es hatte draußen zwar noch nicht zu regnen begonnen, doch der strake Wind und der dunkle, von beinahe schon fast schwarzen Wolken überzogene, Himmel, verhießen nichts gutes. Mich langsam dem Jeep nähernd, langsamer als sonst, mit flauem Magen, holte ich noch einmal tief Luft, mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es vorerst mein letzter freier Atemzug war. Ich öffnete die Hintertür des Fahrzeugs, bemerkte direkt die zweite Person in dessen inneren. Eine zu viel. "Enya," begrüßte er mich, etwas kälter also gewöhnlich. Ich nahm Platz und schnallte mich an. "Vater," antwortete ich ihm und die Reifen setzten sich in Bewegung. Die beklemmende Stimmung war kaum zu ertragen, sie presste mich in meinen Sitz, drückte mich an ihn, ließ mich kaum atmen. Doch es war üblich, üblich dass wir uns so verhielten bis zu dem besagten Abend.
Bis zu dem Dinner.
..Fortsetzung folgt..
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Dies war nur ein zwischen Chapter, was nicht spannend war, ich weiß
Doch für die darauffolgenden Kapitel war es entscheidend
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