~ 13. Kapitel ~
Das erste was ich am nächsten Morgen glaubte wahrzunehmen war das leise ins Schloss fallen meiner Wohnungstür gefolgt von vorsichtigen, federleichten Schritten, die sich in meine Richtung bewegten. Ich ignorierte es jedoch, murrte verschlafen etwas und drehte mich wieder auf die Seite – vermutlich befand ich mich geistig noch halb in einem Traum. Plötzlich hörte ich etwas unmittelbar neben meinem Ohr rascheln und ich öffnete dann schließlich doch verschlafen die Augen, blinzelte ein paar Mal und dann kam mir sofort wieder in den Sinn, dass ich die Nacht über ja nicht alleine in meiner Wohnung gewesen war. Abrupt drehte ich mich wieder auf die andere Seite und sah direkt in das strahlende Gesicht von Ben, der mich liebevoll – ja, ein anderes Wort fiel mir dafür echt nicht ein – anlächelte, vor meinem Bett in die Hocke gegangen war und mir in der einen Hand eine braune Papiertüte und in der anderen einen Behälter mit zwei To-Go Bechern entgegenhielt.
„Guten Morgen, Yasi. Ich hoffe du hast Hunger?"
„Wow, du bist ja tatsächlich immer noch hier", rutschte es mir unbeabsichtigt raus und ich verzog entgeistert das Gesicht, als mir bewusst wurde, was ich in meinem noch halb schlafenden Zustand von mir gegeben hatte, doch Ben lachte nur – dieses warme Lachen war einfach zum dahinschmelzen.
„Natürlich, was hast du denn gedacht?"
„Ich... äh... keine Ahnung. Vergiss das einfach wieder, ich bin manchmal morgens echt zu nichts zu gebrauchen. Mir scheint das heute ist so ein Tag", murmelte ich, setzte mich etwas auf und fuhr mir durch das vermutlich in allen Richtungen abstehende Haar. „Es ist wirklich eine halbe Ewigkeit her, dass ich morgens mal nicht alleine aufgewacht bin. Ich sehe bestimmt schrecklich aus, entschuldige, wenn ich etwas..."
„Du siehst einfach nur wunderschön aus, Yasi", unterbrach mich Ben kurzerhand, lehnte sich dann einfach vor und gab mir einen zarten Kuss auf die Wange – perplex hielt ich kurz die Luft an.
„Äh, danke. Du hättest aber doch nicht extra..."
„Oh doch, das hätte ich. Schließlich muss ich doch den Ruf von uns englischen Gentlemen in Ehren halten oder?", gab Ben zwinkernd zurück, nahm den einen Becher aus dem Transportkarton und reichte ihn mir. „Ich hoffe ich habe mich richtig daran erinnert wie du gerne deinen Kaffee trinkst", erklärte er und holte dann noch aus der Tüte einen mit Schokoladenstreuseln und Zuckerguss überzogenen Donut hervor, den er mir ebenfalls auffordern hinhielt.
Ich nahm beides dankbar entgegen, nahm einen tiefen Schluck von dem dampfenden Heißgetränk und schloss dann genießend kurz die Augen. Ben hatte meinen Geschmack absolut richtig getroffen. Ich lächelte zufrieden vor mich hin, biss ein großes Stück von Bens mitgebrachtem Donut ab und beobachtete ihn dabei, wie er sich den Stuhl wieder zurück an mein Bett holte und sich vor mich setzte.
„Wie ich sehe kannst du auch einem Donut zum Frühstück etwas abgewinnen. Da wären wir ja schon zu zweit", bemerkte er, hielt seine Hände noch wärmend um den Kaffeebehälter umschlungen, ehe er selbst einen tiefen Schluck nahm.
„Ich liebe Donuts, die Dinger gehen immer", sagte ich mit noch leicht vollem Mund, konnte es selbst noch nicht richtig fassen, wie frei ich mich bei Ben plötzlich verhalten konnte, doch er schenkte mir irgendwie einfach diese Sicherheit – unser Gespräch von gestern und alles was damit zu tun hatte, fühlte sich nur noch wie ein böser Traum an. „Danke, Ben. Das ist wirklich himmlisch. Um ehrlich zu sein kann ich mich nicht einmal daran erinnern, dass mir jemals irgendwann mal jemand Frühstück ans Bett gebracht hätte."
„Tatsächlich? Ich bin entsetzt", entgegnete Ben gespielt aufgebracht und zog theatralisch beide Augenbrauen weit nach oben. „Nun, falls du es länger mit mir aushältst – und das hoffe ich wirklich innständig, Yasi – dann garantiere ich dir hoch und heilig, dass du das ab sofort öfter bekommst. Und dann auch mit mehr Stil."
„Mit mehr Stil? Soso. Die Ritterlichkeit ist wohl doch noch nicht vollends ausgestorben, wie mir scheint", antwortete ich und grinste ihn breit an, nippte wieder etwas an meinem Kaffee. „Ich glaube daran könnte ich mich schneller gewöhnen, als mir eigentlich lieb ist."
In dieser angenehmen Atmosphäre aßen wir zusammen unser Frühstück, wurden beide langsam wacher und fit für den anstehenden Tag, doch je näher wir der Zeit kamen, bei der wir aufbrechen mussten, um zeitig am Set zu sein, desto nervöser wurde ich. Ben wartete geduldig, während ich mich im Bad fertig machte und dieses Mal deutlich länger brauchte, als sonst. Irgendwie versuchte ich mir Mut einzuverleiben, mein Herz schlug mir nämlich bis zum Hals. Offensichtlich hatte ich es maßlos unterschätzt wie hart mich das treffen würde, wieder ans Set zu gehen. Ich hatte auf einmal wirklich entsetzliche Angst vor all den Gesichtern, verurteilenden Blicken und dem Getuschel hinter meinem Rücken, obwohl ich jedes einzelne Mitglied der Crew als sehr umgänglich und nett kennengelernt hatte. Ben hatte mir mehrfach versichert, dass er mich auf keinen Fall zwingen würde mit ihm zu gehen und ich auch einfach noch zu Hause bleiben könnte, bis ich mich etwas wohler bei dem Gedanken an das erneute Aufeinandertreffen mit der versammelten Mannschaft fühlte, doch das hatte ich jedes Mal vehement abgelehnt.
Schlussendlich hatte ich mich gesammelt, holte noch einmal tief Luft und verließ dann wieder mein Badezimmer, um zu Ben zu gehen, der in meinem Wohnzimmer wartete. Als ich ihn erblickte und gerade fragen wollte, wie wir zum Set fahren würden, erstarrte ich vollends, blickte ihn mit großen Augen an und fing dann ungehalten an zu lachen.
„Tut mir leid, aber du siehst in dieser Aufmachung echt verdammt komisch aus", brachte ich schwerfällig hervor, beruhigte mich nur sehr langsam.
Zunächst dachte ich, ich hätte ihn damit vielleicht gekränkt, hatte nicht darüber nachgedacht, dass das alles möglicherweise noch ein heikles Thema war, doch ehe sich diese Zweifel manifestieren konnten, legte er nur seinen Kopf gespielt beleidigt schräg.
„Es freut mich sehr, dass ich dich so gut unterhalten kann", meinte Ben, grinste nun aber selbst. „Ich wollte Henry nicht anrufen und dachte daher wir fahren einfach mit der Tube. So haben wir noch etwas Zeit ganz unter uns und zudem fahre ich eigentlich echt gerne Tube. Damit fühlt man sich einfach... normal, weißt du."
„Echt? Also ich meine: Ich verstehe dich absolut, ich hätte nur nicht gedacht, dass jemand mit dem Bekanntheitsgrad wie du ihn hast noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt."
„Naja, sagen wir mal so: Es erfordert eben ein bestimmtes Maß an Vorsicht, wie du unschwer erkannt hast, aber sonst ist es eigentlich sehr angenehm", erklärte mir Ben achselzuckend und ich ließ meinen Blick erneut über die Baskenmütze, die breite Sonnenbrille und den dicken Schal gleiten, der ihm fast bis unter die Nase reichte und somit sein halbes Gesicht verdeckte.
„Na dann, ab zur Tube. Ich hoffe ich bekomme nicht doch noch weiche Knie."
Der Abstand zwischen mir und Ben wich zusehends, während wir zur nächstgelegensten U-Bahn Haltestelle liefen. Als wir schließlich an unserem Ziel ankamen, war Benedict so nahe neben mir, dass ich ohne eine große Bewegung nach seiner Hand hätte greifen können, doch ich verkniff es mir. Zum einen, weil ich die Sorge hatte, dass es ihn überrumpeln würde und zum anderen, weil ich immer noch die Sorge hatte, dass ihn jemand hier unten erkennen würde. Als wir dann aber in der passenden Linie nebeneinander saßen und durchgeschüttelt wurden, sank zumindest meine Nervosität deswegen bereits enorm. Bisher war mir niemand aufgefallen, der ihn irgendwie wissend angesehen hatte und das obwohl ich mich permanent aufmerksam umgesehen hatte. Seine Verkleidung schien gut zu funktionieren. Ben war völlig gelassen, er kannte das Spiel schließlich schon seit einigen Jahren und irgendwie beruhigte es mich, dass er sich unter all diesen Menschen so entspannen konnte, es übertrug sich sofort auf mich.
Etwas erleichtert atmete ich aus, das alles war so verdammt neu und viel, aber irgendwie auch aufregend. Ich hoffte innständig, dass Ben mir nicht anmerkte, dass mich das alles doch zugegebenermaßen etwas aufwühlte, denn nun kannte ich seine Erfahrungen damit. Er selbst schien sich jedenfalls gut unter Kontrolle zu haben. Vielleicht wollte er mir auch einfach nur ein gutes Gefühl geben?
So als ob er meine Gedanken hätte lesen können, griff er ohne jegliche Vorwarnung nach meiner Hand, umschlang sie vollends mit der seinen und drückte sie sanft, während er mit seinem Daumen sanft über meinen Handrücken strich und mich vielsagend von der Seite anblickte. Durch die stark getönten Gläser seiner Sonnenbrille konnte ich zwar seine Augen nicht sehen, aber ich spürte sie ganz genau auf mir ruhen. Die Nähe zu ihm wurde mir erst jetzt richtig bewusst. Unsere Oberschenkel berührten sich ganz leicht und ich spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging deutlich auf meiner Haut. Ganz automatisch lehnte ich mich etwas mehr auf seine Seite und ließ meinen Kopf an seiner Schulter ruhen. Kurze Zeit darauf legte Ben einfach seinen Arm um mich. So, als ob das zwischen uns schon lange so war. Wir schwiegen beide, genossen die Nähe zum jeweils anderen und ließen die Stationen an uns vorbeirasen, bis es auch für uns Zeit wurde die Tube leider zu verlassen.
Es fiel mir extrem schwer mich wieder aufzuraffen, zumal mich das automatisch dazu zwang mich wieder aus der direkten Nähe von Ben zu lösen. Er warf mir einen prüfenden Blick zu, als er mir bedeutete aufzustehen und mich sanft mit einer Hand an meinem hinteren Rücken nach vorne schob. So als ob er sich hier tag täglich aufhalten würde, bahnte er sich gekonnt seinen Weg durch die dichte Menschenmenge, die alle hektisch auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz waren. Immer wieder sah er neben sich und prüfte, ob ich noch da war.
Als wir wieder an der Oberfläche ankamen stellte ich schnell fest, dass wir an einem anderen Ausgang rausgekommen waren, als bei dem, den ich sonst immer nutzte. Ben hielt kurz inne, zog seine Mütze und die Sonnenbrille aus, steckte diese beiden Utensilien in die große Innentasche seiner Jacke und rückte den Schal weiter nach unten. Dieser Ausgang hier lag etwas mehr abseits, aber dennoch direkt um die Ecke vom Set, also konnte er sich direkt wieder auf die Fans einrichten, wenn wir eh gleich dort sein würden. Es war wirklich ein seltsames Gefühl wieder dorthin zu gehen, nicht nur wegen den von mir sehr gefürchteten Reaktionen der Crew Mitglieder, sondern wegen dem was sich zwischen mir und Ben entwickelte, auch wenn wir es noch nicht richtig betitelt hatten. Es war gleichermaßen ein überwältigendes, aber dennoch auch irgendwie beängstigendes Gefühl.
„Bist du bereit?", fragte Ben vorsichtig, als er meinen abwesenden Blick bemerkt zu haben schien – ich schmunzelte, als ich seine leicht zerzausten Haare musterte, die seine abgestreifte Mütze verursacht hatte.
„Ich hoffe es", meinte ich nur, lächelte ihn schwach an, doch er nickte.
„Das wird schon werden, ich weiche dir nicht von der Seite", versicherte mir Ben und ich hörte wieder diesen selbstverachteten Tonfall in seiner Stimme, auch wenn er sehr darauf bedacht war das nicht durchdringen zu lassen – natürlich gab er sich für alles immer noch alleinig die Schuld.
Sobald wir um die Ecke und auf die Zielstraße abbogen spürte ich schnell, wie Benedict einen gehörigen Abstand zu mir nahm und deutlich mehr Luft zwischen uns brachte, als es seit unserer Aussprache der Fall gewesen war. Stirnrunzelnd sah ich zu ihm, erkannte jedoch schnell seinen unauffälligen, entschuldigenden Seitenblick. Ich konnte mir denken wieso er das machte. Zum einen um nicht zu früh irgendwelche Gerüchte aufkommen zu lassen, bei denen er mit Sicherheit die Sorge hatte, dass mir das rasch über den Kopf wachsen könnte und zum anderen, um mir eine gewisse Freiheit zu geben, um selbst zu entscheiden. Ich versuchte mich zunächst auf das unmittelbar Bevorstehende zu fokussieren, alles andere kam danach.
Sobald wir die Absperrung erreicht und Ben mir darunter durch geholfen hatte, ging das obligatorische Gekreische wieder los, was mir an diesem Morgen so enorm in den Ohren klingelte, dass ich mir am liebsten die Hände davor gehalten hätte. Es war in der Tat ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass Ben so eine riesige vor allem weibliche Fanbase hatte und ich die eine war, die er so ansah, wie es sich vermutlich jede Einzelne von ihnen wünschte. Hastig schob ich diesen Gedanken beiseite.
Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Ben sein professionelles Lächeln aufsetzte und seinen Fans euphorisch zuwinkte. Er wirkte fröhlich und ich wusste ja, dass er seine Fans trotz allem sehr liebte, doch mittlerweile kannte ich ihn gut genug um sagen zu können, dass er selbst merklich angespannt war und einfach nur froh war, als er sich vorerst mit mir in das Innere der vermeintlichen 221B flüchten konnte.
Draußen war uns niemand begegnet bis auf den ein oder anderen Techniker, doch diese hatten uns wenig Beachtung geschenkt, nachdem sie in ihrer Arbeit vertieft waren. Drinnen versteifte ich mich schlussendlich komplett und blieb wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen, sobald wir eingetreten waren, dabei war bisher weit und breit niemand zu sehen, offensichtlich waren alle oben. Ich spürte, wie Ben von hinten näher an mich trat, mir beruhigend einen Kuss auf die Schläfe gab und dann schließlich wieder meine Hand nahm. Es wäre albern zu behaupten, dass mich das nicht total freute und zugegebenermaßen extrem beruhigte, weil er sofort nachdem keine neugierigen Fan-Augen mehr auf uns lagen, wieder die Nähe zu mir suchte. Ich lächelte stumm vor mich hin, als Ben sich in Bewegung setzte und mich vorsichtig hinter sich herzog.
Ich hörte verschiedene Stimmen von oben, erkannte aber sofort Martin, Steven und Mark, die sich scheinbar über den letzten Feinschliff für die anstehende, erste Szene für heute austauschten. Ben trat als erster um die Ecke in den Raum, in dem das Wohnzimmer von Sherlock und John lag und augenblicklich verstummte das Gespräch. Mit wild pochendem Herzen blieb ich hinter Ben stehen und ich war froh, dass er mich auch nicht zwang direkt vor ihn zu treten, mir sogar versicherte, dass das okay war, indem er leicht meine Hand drückte, von der er nicht mehr abließ.
„Oh, guten Morgen, Ben", hörte ich Martin als erstes das Schweigen brechen.
„Guten Morgen", erwiderte Ben freundlich wie immer, aber dennoch etwas wachsam – er wollte definitiv nicht, dass mir jemand dumm kam.
„Du siehst... besser aus heute", bemerkte Mark vorsichtig, woraufhin Ben nickte.
„Ja. Ja, es geht mir deutlich besser. Ich habe mit ihr gesprochen", sagte Ben ruhig, strich mir unentwegt über meine Hand, die er hinter seinem Rücken hielt, woraufhin ich mich unbeabsichtigt noch näher an ihn drückte, bis ich unmittelbar an seinem Rücken lehnte – die anderen schienen mich nicht bemerkt zu haben.
"Das ist wundervoll! Hast du ihr endlich...", begann Mark, doch dann fasste ich meinen ganzen Mut zusammen und entschied mich kurzerhand dafür dieses Katz und Maus Spiel zu beenden. Vorsichtig löste ich mich von Ben und trat entschloss neben ihn, fuhr mir dabei nervös über meinen Unterarm, seinen wachsamen Blick unentwegt auf mir spürend.
"Das hat er", kam ich ihm schließlich zuvor, traute mich dann doch endlich von meinen Füßen aufzusehen und blickte in die doch etwas verdutzten Gesichter von Mark, Steven und Martin. Scheinbar wusste niemand so recht was er hätte sagen sollen, ich trat aufgewühlt immer wieder von einem Bein aufs andere, sah mich unruhig um und bemerkte durchaus die neugierigen, teilweise auch seltsamen Seitenblicke, die mir vorbeikommende Crewmitglieder zuwarfen. "Ich wollte mich bei euch... in aller Form entschuldigen für das unprofessionelle Verhalten und die Art wie ich...", fuhr ich nach einem etwas lauterem Räuspern fort, konnte immer noch keinen der dreien so richtig ansehen, doch dann wurde ich beinahe harsch von Martin unterbrochen, der mich, wie ich erst nach ein paar Mal blinzeln feststellte, einfach in eine feste Umarmung gezogen hatte.
"Himmel bin ich froh, dass ihr das endlich geklärt habt. Ben war unausstehlich. Ich meine wirklich unausstehlich", brummte er und drückte mich so fest an seine Brust, dass ich kaum noch Luft bekam, ehe er wieder von mir abließ, mir freundschaftlich die Hände auf die Schulter legte und mir vielsagend zuzwinkerte.
In was für einer verrückten Welt lebte ich neuerdings eigentlich? Ich war mehr oder weniger mit Benedict Cumberbatch zusammen und Martin Freeman konnte nicht an sich halten und umarmte mich. Mein eigenes Ich von vor wenigen Wochen wäre ausgeflippt und hätte mich für verrückt erklärt.
Etwas verunsicherte blickte ich hoch zu Ben, doch er schien wieder beinahe ganz der Alte zu sein und auf diese Schiene mit Martin aufzuspringen. Ich war mir in diesem Augenblick nur nicht ganz sicher, ob diese Einstellung bis zu seinen Augen vordrang, aber er grinste seinen Freund und Kollegen schief an und zuckte nur mit den Achseln.
"Yasi, es ist echt schön dich wieder hier zu haben", sagte Mark strahlend, nahm mich ebenfalls kurz in den Arm und Steven löste ihn kurz darauf ebenfalls damit ab.
Damit war dieses ganze Horrorthema glücklicherweise abgeschlossen. Ich wusste nicht, ob sie das mir zu liebe unterließen weiter darauf rumzureiten, aber so oder so war ich wahnsinnig froh, dass das vom Tisch war. Mein Herzschlag beruhigte sich langsam aber sicher wieder, vor allem dann, als Ben mich kurzerhand an sich zog, um mir Halt zu geben. Dieses einfache Umgehen mit solchen Gesten überraschte mich immer noch, aber auf eine positive Art und Weise. Er gab sich alle Mühe über seinen eigenen Schatten zu springen und das ließ mir verdammt warm ums Herz werden. Die drei strahlenden Gesichter vor mir sagten mir auch ohne Sherlock zu sein sehr schnell, dass sie absolut begeistert davon waren und dieser ganze Zwischenfall wohl schnell vergessen sein würde. Die einzige Person, die ich immer noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, war Mary. Ich hoffte innständig, dass dieses erneute Aufeinandertreffen nicht noch aufs äußerste unangenehm werden würde.
"Eines muss ich dich aber noch fragen, Ben. Stimmt das was heute in den Zeitungen steht?", holte Martin mich zurück ins Hier und Jetzt und mit einem erneuten Blick nach oben zu Ben wurde mir schnell klar, dass er ebenso wenig wusste wovon Martin redete.
"Wenn ich wüsste was du meinst, dann könnte ich dir das sagen", gab dieser daraufhin wachsam zurück. "Du weißt doch: Ich versuche es zu vermeiden mir sowas anzusehen."
"Irgendein Kerl behauptet, dass er von niemand geringerem als Benedict Cumberbatch mehrfach eine verpasst bekommen hat, weil er seine vermeintliche Bekanntschaft schief angesehen hat", erklärte Martin und musterte Ben kritisch.
"Schief angesehen? Er wollte Yasmin...", begann Ben aufgebracht, hielt sich dann aber gerade noch rechtzeitig zurück. "Nein, davon wusste ich noch nichts, aber ich werde gleich mal meine Agentin anrufen. Vermutlich kümmert sie sich schon längst darum... Fakt ist der Kerl hatte es verdient", fing er sich wieder, küsste mich rasch auf die Wange, versicherte sich mit einem eindringlichen Blick, ob bei mir soweit alles in Ordnung war und verschwand dann wieder auf den Gang – das Handy bereits in der Hand.
"Wieso habe ich das Gefühl, dass jeder davon wusste nur ich mal wieder nicht?", beschwerte sich Martin, nachdem er an Stevens und Marks ernsten Gesichtern zu erkennen schien, dass die Beiden im Bilde darüber waren. "Wow, Yasi. Es tut mir leid, ich..."
"Nein, schon gut, Martin. Ich will wirklich nicht weiter darüber sprechen."
"Oh, natürlich. Okay, also dann. Willst du dann wieder deines Amtes walten und Moftiss helfen uns zum Arbeiten zu treiben?", lenkte Martin schnell vom Thema ab, wofür ich ihm sehr dankbar war und lächelte sogar wieder.
"Martin! Wie oft denn noch! Dieser Name ist scheußlich", meckerte Steven gespielt beleidigt und wir begannen nun alle lauthals zu lachen.
~~~*~~~
Natürlich hatte sich Bens Agentin längst um alles gekümmert, hatte ihn bloß nicht behelligen wollen. Sie hatte ihm versichert, dass sie alle weiteren Publikationen darüber verhindern würde und es zudem nur positives Feedback seiner Fans im Netz gegeben hatte, weil er mich verteidigt hatte. Mir war erst im Nachhinein klar geworden, dass ich mir hätte Sorgen machen müssen, ob mich der Kerl fotografiert hatte und nun jeder mich kannte, doch glücklicherweise berichtete mir Ben, dass niemand wusste wer ich war, wie ich aussah oder in welcher Beziehung ich zu Benedict stand. Ben erklärte mir, dass jeder auf sein Geheiß hin bei Rückfragen sagen würde, dass er nicht bereit dazu war ein Kommentar abzugeben. Unterschwellig schwang dabei wieder mit, dass er uns und vor allem mir die nötige Zeit geben wollte, bevor irgendetwas davon offiziell an die Presse gelangte.
Eigentlich lief alles wieder in gewohnten Bahnen und ich war wirklich mehr als erleichtert, dass ich mich wieder so in die Arbeit knien konnte. Ein kleiner aber feiner Unterschied war jedoch, dass Ben aka Sherlock immer wieder zu mir sah und mich anlächelte. Das war prinzipiell nichts anderes im Verhältnis zu vorher, aber die Art wie er mich ansah war eine deutlich andere. Es machte mich wirklich verlegen und manchmal musste ich sogar den Blick senken, um nicht noch mehr zu erröten. Das war wirklich sehr ungewohnt so von jemandem wie ihm angesehen zu werden. Ob man sich jemals daran gewöhnte?
"Yasmin? Können wir kurz reden?", ertönte hinter mir auf einmal die leise Stimme von Mary, die ich den gesamten Tag noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
"Wenn es denn sein muss", entgegnete ich kühl, gab Mark ein schnelles Zeichen und verschwand dann mit ihr nach draußen auf den Flur – Bens wachsamer, kritischer Blick auf mir ruhend, doch ich signalisierte ihm, dass es okay war, also ließ er mich ziehen.
Draußen angekommen suchten wir uns eine ruhige Ecke. Ich lehnte mich an der Wand an, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Mary kritisch.
"Also, was willst du?", fauchte ich beinahe, konnte es nicht unterdrücken.
"Ich wollte dir nur sagen, dass es mir leid tut. Wirklich. Ich... wusste nicht, dass du und Ben... ich wusste um ehrlich zu sein auch nichts darüber, was damals mit Kate passiert ist. Damals kannte ich Ben noch nicht und das ganze Thema war für die Presse sehr schnell tabu", begann sie, sah schuldbewusst auf den Boden und schüttelte den Kopf. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihr das wirklich abkaufen sollte. "Ich habe ihn wirklich gern, weißt du? Aber trotzdem ist er nur ein Freund für mich."
"So? Nur ein Freund? Ein Freund mit dem du schläfst, wenn dir danach ist?", giftete ich sie an und schluckte die Frage hinunter, ob Ben heute mit ihr gesprochen hatte, aber natürlich hatte er das, schließlich war sie immer noch unter anderem für die Maske zuständig – ich biss mir stark auf die Unterlippe.
"Verurteile mich nicht dafür, Yasi. Ich binde mich nicht gerne an Männer. Ich bin eher der Typ für One-Night-Stands und..."
"Mary, das will ich alles gar nicht wissen! Das einzige was ich von dir will ist, dass du in Zukunft verdammt nochmal die Pfoten von ihm lässt!", stellte ich entschieden mit Nachdruck in meiner Stimme klar, funkelte sie bestimmend an – sie nickte sofort entschieden und hob zusätzlich beschwichtigend die Hände. Es war wirklich interessant, wie besitzergreifend ich plötzlich wurde, aber ich sah mich in dieser Situation mehr als nur im Recht diese Aussage so zu treffen.
"Klar, natürlich. Ben war damit... heute Morgen auch mehr als deutlich. Ich hätte aber auch sonst nie..."
"Solange du dabei bleibst haben wir kein Problem miteinander. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", unterbrach ich sie erneut sofort schroff, woraufhin sie bedächtig verstummte. Ich hoffte ich hatte mich nun deutlich genug ausgedrückt.
"Yasi?", fragte Ben, trat wenige Sekunden später neben mich und legte mir entschieden einen Arm um die Taille. "Ist alles in Ordnung?", wollte er wissen, schenkte Mary einen beinahe vernichtenden Blick, bis sie sich dann schleunigst lautlos von uns löste – vielleicht sollte ich ihn doch irgendwann nochmal auf all das ansprechen? Wenn sich alles etwas gelegt hatte?
"Ja, natürlich."
"Wir sind für heute fertig. Ich muss mich noch umziehen, aber dann ist alles erledigt. Hättest du Lust mit mir noch ins Kino zu gehen?", wollte er an mich gewandt wieder wissen, sah mit strahlenden Augen auf eine Art zu mir herab, die nicht Sherlock untypischer hätte sein können.
"Einfach so?"
"Einfach so."
"Kannst du denn... äh... sowas überhaupt machen? Ich meine da sind ganz schön viele Menschen, die..."
"Lass das mal meine Sorge sein, das mache ich nicht zum ersten Mal, Yasi", sagte er nur, küsste mich aufs Haar und ließ mich seinen heißen Atem auf meiner Kopfhaut spüren. "Sofern das für dich in Ordnung ist, versteht sich."
"Okay", lachte ich. "Soll das etwa so eine Art Date werden, Mr. Cumberbatch?"
"Aber natürlich, Miss Chase. Genau das soll es sein. Das erste offizielle Date, wenn du so willst. Mit allem drum und dran."
"Also ein All-Inklusive Date? Da lässt du dich aber nicht lumpen, Mr. Cumberbatch", witzelte ich spielerisch, schmiegte mich an seine Brust, während er seinerseits von hinten die Arme um mich schlang.
"Das liegt ganz bei dir", murmelte Ben mit seiner tiefen Baritonstimme, die mir sofort am gesamten Körper Gänsehaut bescherte.
Zufrieden und einfachnur glücklich lächelte ich vor mich hin und freute mich verdammt nochmal aufden noch bevorstehenden Abend.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro