Kapitel 39
Hermine
„Hermine, jetzt gehe endlich von dem Spiegel weg, du siehst toll aus! Das blaue Kleid passt perfekt! Und die silbernen Schuhe dazu sind traumhaft! Das Make-Up ist auch sehr schön geworden, genauso wie deine Haare. Natürlich sehen sie einfach am besten aus. Man sieht gar nicht mehr, dass du fast den ganzen Tag heimlich geweint hast und ja, das habe ich durchaus bemerkt", Ginny packte mich am Handgelenk und zerrte mich zur Tür.
Meine Unlust lag gar nicht an meinem Aussehen, sondern an der Tatsache, dass ich nicht mit Ron auf diesem Ball gehen wollte. Ich wollte ihm nicht gestehen, was ich für Malfoy empfand und ich wollte auch nicht wissen, ob mein Herz in Rons Anwesenheit schneller schlug. Am liebsten würde ich mich in meinem Zimmer verkriechen und den Rest des Abends in Selbstmitleid baden. Ich wusste selbst, wie kindisch das war und schämte mich auch etwas für meine Gedanken.
Hermine, du schaffst das, sprach ich mir Mut zu und reckte das Kinn. Malfoy würde ich es heute zeigen. Er würde es bitter bereuen, mich alleine stehen gelassen zu haben. Den heutigen Abend würde ich mein gefaktes Lächeln aufsetzen und mit Ron tanzen bis meine Füße vor Schmerz pochten, selbst wenn ich das eigentlich nicht wollte. Am Ende des Abends würde ich dann entscheiden, was ich Ron erzählte.
Ja, genau das würde ich tun!
Entschlossen ging ich im meinem elegantesten Gang die Treppen hinter Ginny hinunter. Die wenigen Meter zur Großen Halle strahlte ich jeden an, der in meine Richtung sah und zwinkerte Ginny noch zu als diese Harry in die Arme fiel.
Ich wandte mich nun Ron zu, der mit einem idiotischen Grinsen und einer Rose neben Harry stand. Er trug einen dunklen Festumhang, der etwas lächerlich an ihm aussah. Nur mit Mühe konnte ich mir das Lacheln verkneifen. Malfoy würde bestimmt besser... nein, ich würde nicht an ihn denken!
Nach wie vor lächelnd nahm ich Rons Rose entgegen und hakte mich an seinem Arm ein. Ron hatte diese letzte Chance und meine volle Aufmerksamkeit verdient! Dieser Abend würde über unsere weitere Zukunft entscheiden.
Sein Arm fühlte sich nicht nur warm, sondern heiß und feucht an meiner Haut an. Schwitzte er etwa jetzt schon? Das konnte ja heiter werden, wenn wir anfingen zu tanzen!
Hermine, denke nicht so negativ. Du solltest doch diesen Abend mit Ron genießen, schalt ich mich und ließ mir von ihm auf die Bank helfen. Seine hellen Augen strahlten mich an. Den Blickkontakt konnte ich jedoch nicht lange aufrechterhalten. Mit einem unwohlen Gefühl im Magen wandte ich den Blick ab und musterte stattdessen die Große Halle.
Der diesjährige Halloweenball sollte laut Professor McGonagall anders ablaufen als alle Bälle zuvor. Doch bis jetzt konnte ich nichts besonderes erkennen: Überall schwebten wie immer Kürbisse mit Gesichtern umher. Die Geister flogen wie verrückt durch die Halle und erschreckten die armen Erstklässler. Auf den Tischen warteten bereits Haufen von duftenden Köstlichkeiten.
Zwischen Ron und mir herrschte unangenehmes Schweigen. Ich wusste auch nicht, wie ich diese brechen sollte. Stattdessen sah ich ihm zu, wie er einfach anfing sich das Essen in den Mund zu stopfen.
Als Ginny und Harry sich endlich neben mich setzten, konnte ich mich wenigstens mit ihnen etwas unterhalten. Rons Oberschenkel drückte dabei unangenehm gegen meinen. Doch ich traute mich nicht wegzurutschen.
Langsam trudelten währenddessen die anderen Schüler zu meiner Erleichterung ein und die Große Halle füllte sich. Mit einem kleinen Lächeln erhob sich Professor McGonagall um ihre Rede zu halten: „Meine lieben Schüler, lasst uns einen Moment unserer Gefallenen gedenken, die ihr Leben für uns gelassen haben!"
Besorgt blickte ich zu Harry, doch dieser nickte mir beruhigend zu. Ihm ging es gut. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass er zusammenbrechen würde. Er war vor wenigen Monaten noch der Meinung gewesen, alles wäre seine Schuld.
Die eine Gedenkminute zog sich unwahrscheinlich in die Länge. Das Schweigen war kaum zu ertragen. Einige Schüler fingen an zu weinen, sodass ich selbst mit meinen Tränen kämpfen musste als ich an all die Ordensmitglieder denken musste, die ihr Leben gegeben haben. Ungewollt dachte ich an meine Eltern, die sich nach wie vor nicht an mich erinnern konnten.
„Genug der traurigen Gesichter, meine Lieben! Lasst uns feiern!", mit einem Schnipsen tauchte auf einmal eine riesige Tanzfläche, eine Discokugel, sowie eine Bühne mit einer Band auf, „Happy Halloween!"
Jetzt verstand ich, was sie gemeint hatte.
Mit einem fröhlichen Jubel sprangen die Schüler auf.
„Hermine, willst du etwas Kürbissaft vor dem Tanzen?", unterbrach Ron meine Gedanken.
„Oh, ja, gerne. Dank dir", erwiderte ich höflich. Das war ihm ja früh eingefallen.
Mit zitternden Händen griff er nach der Karaffe und meinem Glas. Oh je, würde das gut gehen? Vorsichtshalber lehnte ich mich leicht zurück, sodass wenigstens mein Kleid nicht schmutzig werden würde, falls er daneben schüttete.
Doch zu meiner eigenen Überraschung ging alles gut. Ich schenkte Ron erneut ein höfliches Lächeln und nahm einen Schluck. Dabei trafen meine Lippen plötzlich auf etwas hartes.
Verwirrt inspizierte ich den Becher und entdeckte ein zylinderförmiges Metallteil. Merkwürdig, war das einer von Professor McGonagalls Zauber?
Neugierig musterte ich das Metallteil genauer und fand heraus, dass es einen Deckel hatte. In nur wenigen Sekunden hatte ich den Deckel abgeschraubt und zog einen kleinen Zettel heraus.
Erstaunt klappte mein Mund auf. Mein Herz fing an unwahrscheinlich schnell zu schlagen. In einer wunderschönen schnörkeligen Schrift standen folgende Worte:
Darf ich um einen Tanz bitten und deine traurigen Augen wieder zum Leuchten bringen?
Es tut mir unwahrscheinlich leid.
DM
Ich musste mich verlesen haben. Da konnte unmöglich „DM" stehen. Diese Nachricht konnte nicht von Draco stammen. Mit pochendem Herzen las ich den Zettel wieder und wieder. Doch die Worte blieben die gleichen.
Voller Hoffnung sah ich zu dem Slytherintisch und konnte mich kaum mehr von den silbernen Augen lösen.
Draco schenkte mir ein kleines Lächeln.
Nein, so schnell würde ich nicht schwach werden. Da musste er sich schon mehr einfallen lassen!
„Hermine, alles okay?", erkundigte sich Ron.
Erleichtert wandte ich mich meiner Ablenkung zu. „Alles bestens. Komm, lass uns tanzen."
4/4 der Lesenacht 🙂
Danke fürs Lesen! 🤗
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